
Achtzehn
Nach dieser langer Nacht, bin ich erstaunlich früh erwacht. Langsam richte ich mich auf und strecke mich einmal ausgiebig.
Dabei fällt mir auf, dass Mephisto schlafend neben mir im Bett liegt.
Dieser Anblick lässt mich augenblicklich glücklich schmunzelnd, da er ja sonst immer vor mir wach ist.
Ich bewundere ihn, wie er friedlich auf dem Bauch schläft. Sein Rücken ist dabei zu mir gerichtet und das linke Bein hat er angewickelt. Die warme Bettdecke umhüllt nur gerade seine wichtigste Zone, weshalb er den Rest schamlos preisgibt.
Sein schlanker Oberkörper senkt sich regelmässig auf und ab und sein Dämonenschweif zuckt vereinzelt.
°Was er wohl gerade träumt?°
Ich gerate buchstäblich ins Schwärmen.
Vorsichtig streiche ich ihm dann eine Haarsträhne zur Seite, um ihm anschliessend einen Kuss auf die Wange zu geben.
Ein letztes Mal bestaune ich ihn noch, ehe ich mich vom Bett erhebe und einen Yukata aus seinem Schrank nehme.
Ich lege ihn mir flüchtig um und schleiche mich aus dem Zimmer.
Auf dem etwas kühleren Koridor blicke ich kurz zur grossen Standuhr, die in dieser Stille laut vor sich hin tickt.
"Nicht mal 6 Uhr", murmle ich und begebe mich zum nächsten Bad.
Auf dem Weg treffe ich auf zwei leuchten gelbe Augen.
"Na? Auch schon wach Liiv?", flüstere ich der Lydra zu und setze sie auf mein linkes Widderhorn, wobei sie ungewohnt anfängt zu säuseln.
"Was ist denn los?", möchte ich sie gerade Fragen, da höre ich urplötzlich einen lauten Krach.
"Bitte sag mir, dass das nicht Jambo ist!", und schreite leise in die Richtung, aus dem ich den Lärm vernommen habe.
Ich komme schliesslich zu einem Raum, dessen Tür einen Spalt offen steht. Helles Licht scheint durch diesen und ich höre fortlaufend, wie unterschiedliche Dinge auf den Boden aufprallen.
Entmutigt halte ich mir die Hand vor das Gesicht.
"Bitte nicht..", ich öffne die Tür, "Jambo, kannst du nicht einmal.."
Doch ich stoppe unverzüglich, als ich plötzlich den Rücken eines fremden Mannes sehe, der gerade den Kühlschrank plündert.
Total überrumpelt stottere ich:
"W-wer bist du?"
Der Fremde dreht sich gemächlich um und mustert mich gelangweilt.
"I-ich habe dir eine Frage gestellt!", versuche ich es erneut.
Doch der grünhaarige Mann betrachtet mich weiter ohne ledigliche Emotionen.
"Hey!", rufe ich ungeduldig und verspüre gleichzeitig ein ungutes Gefühl, als dieser langsam auf mich zu kommt.
Wie Mephisto, hat auch er eine blase Haut, lange dunkle Fingernägel, spitze Ohren und etwas dünklere Augenringe.
"Du bemerkst mich also endlich?!", stellt der Grünhaarige fest und starrt emotionslos in meine Augen.
"Was? Hä? Natürlich", antworte ich ihm verwirrt.
Er tritt näher an mich heran, was mich total verunsichert.
Nachdenklich kippt er seinen Kopf zur Seite.
"Hm.. Dabei warst du doch so blind vor Liebe", entgegnet er monoton und lässt seinen Mittelfinger, mit einer enormen Kraft, an meine Stirn spicken, weshalb ich auf meinen Hintern falle.
"AHHH", jaule ich schmerzvoll und halte meine Hand auf die pochende Stelle.
"SAG MAL GEHTS NOCH?!?", schreie ich ihn an, "wer bist du überhaupt und was hast du hier verloren?"
Er blick derweil finster auf mich hinab und hält sich die linke Hand auf die Brust.
"Ich bin Amaimon, der Erdkönig und dein Vater."
Meinen Augen weiten sich unverzüglich.
"MEIN VATER?!?!"
Einen Moment lang verharre ich noch, ehe ich laut loslache:
"PAHAHAHAHA."
"Was ist daran so witzig?", will dieser Amaimon wissen.
"Du und mein Vater? Pahaha", ich wische mir gekonnt eine Lachtränen bei Seite.
"Sieh dich doch mal an!", und lache mich weiter schlapp, wobei ich mir den Bauch halte.
Seine Augen formen sich zu kleinen Schlitzen und er packt mich verärgert am Hals.
"Hör auf zu lachen!"
"O-okay", röchle ich leise und er lässt mich tatsächlich wieder los.
Ich fahre mir kurz über die Druckstelle am Hals und entgegne ein wenig später:
"Ich wollte dich nicht beleidigen. Es ist nur so, also.. ehm.. wir sehen uns doch überhaupt nicht ähnlich?"
Ich schaue wieder hinauf in sein gelangweiltes Gesicht.
"Ich hatte vor deiner Geburt noch einen anderen Körper und musste mir daher dringend einen Neuen besorgen."
Ich hebe skeptisch die rechte Augenbraue.
"Aber dennoch", fährt er eintönig fort, "hast du denselben alligatoren Schweif wie ich und trägst auch das gleiche Mal am Rücken."
"Ah ja", antworte ich unglaubwürdig, wobei er sein Hemd aufknöpft und es auf den Boden fallen lässt.
"Tatsächlich", staune ich, als er mir den Rücken zuwendet.
"Dann habe ich dich also überzeugt?", möchte der grünhaarige Dämon wissen.
"Nö!"
Er kehrt sich wieder zu mir:
"Wieso nicht?"
"Einfach!
"Dann schau doch in meinen Gedanken nach!
"Was?! Nein, Igitt!", schaudert es mich, "das tu ich mir ganz bestimmt nicht an."
"Dann glaubst du mir jetzt?"
"Na~hain!", entgegne ich genervt, "Vermutlich haben nicht mal unsere Fähigkeiten was gemeinsam!"
"Das müssen sie auch nicht", unterbricht uns plötzlich eine bekannte Stimme, "jeder neue Abkömmling eines Dämonenkönigs weist andere Gaben auf."
"Bruderherz", begrüsst Amaimon Mephisto relativ öde, welcher mit verschränkten Armen, in einem schlichten hellblauen Yukata, am Türrahmen lehnt.
"Bruderherz?!", ich schaue abwechselnd zu ihnen.
"Ja, Amaimon ist mein jüngerer Bruder Naomi", bestätigt mich Mephisto.
Ich brauche einen Moment bis ich das alles verarbeitet habe.
"Wait wait wait!!! Wenn du wirklich mein Vater bist", ich zeige mit dem Finger auf Amaimon, "und du sein älterer Bruder bist", ich richte mein Finger nun auf Mephisto, "Dann, dann..", ich halte mir entsetzt die Hände an meinen Kopf und rufe schockiert:
"DANN HABE ICH SCHON ZWEI MAL MIT MEINEM ONKEL GESCHLAFEN?!?!?"
"Darüber mach dir mal keinen Kopf, Liebes."
Mephisto hockt sich derweil vor mich nieder und legt behutsam seine Hand auf mein linkes Horn.
"Denn unsere menschlichen Körper sind nicht blutsverwandt."
Obwohl ich noch immer erschüttert bin, frage ich trotzdem weiter:
"Und was ist dann mit meiner Mutter passiert?"
"Die ist schon lange tot", antwortet Amaimon gefühlslos und zuckt dabei kurz mit den Schultern, weswegen er von Mephisto einen bösen Blick kassiert.
Danach richtet sich dieser wieder zu mir.
"Sie hat ihr Leben für dich geopfert", merkt er fürsorglich an, "denn bei so einer Geburt, liegt die Chance nur bei knapp 10%, dass man sie überlebt."
Betrübt starre ich auf den Boden.
"Wenn meine Mutter bei der Geburt gestorben ist und Amaimon zu dieser Zeit einen neuen Wirt suchen musste... Wer hat mich dann ins Waisenhaus gebracht?"
"Das war wohl mein Vergehen", gesteht Mephisto schliesslich und kratz sich verlegen an der Schläfe.
Schnurstracks wende ich meinen Blick zu Samael, wobei meine Augen weitaufgerissen sind.
"HÄÄ?!? A-aber... aber wie..", stammle ich, "wieso hast du mich dann nicht selbst grossgezogen? Du magst die Menschen doch schliesslich?"
Er lächelt mich sanftmütig an.
"In der Tat, das tue ich! Sie sind wirklich faszinierend, wie sie mit den unterschiedlichsten Gefühlen und Denkweisen nach ihren Begierden streben. Aber ein Neugeborenes", er seufzt kurz, "ist da schon eine ganz andere Liga."
"Du hättest mich ja auch erst als Kind adoptieren können", flüstere ich schüchtern.
"Und dann?", fragt er mich, "dich im verborgen aufziehen? Dich von der kompletten Menschheit abschotten, damit der Vatikan ja kein Verdacht schöpft?"
Er macht eine Pause und sieht mich auffordernd an. Doch ich starre nur auf den Boden.
"Glaubst du ernsthaft, ich hätte nie an all diese Optionen gedacht Naomi? Ich habe mir buchtstäblich den Kopf darüber zerbrochen!".
Er räuspert sich, um seine mittlerweile laute Stimme etwas zu senken, ehe er hinzufügt:
"Das war die einzige, vernünftigste Entscheidung. Das Beste für deine Zukunft!"
Ich spüre, wie es mein Herz zerreisst und ich schliesslich davon stürme.
"NAOMI, WARTE!", höre ich Mephisto rufen.
Doch im Moment möchte ich nur alleine sein. So, wie ich es zuvor war. So, wie ich es schon mein ganzes Leben lang gewesen bin.
Schnell renne ich in irgendein Zimmer und schlage die Tür zu.
°'Das Beste für deine Zukunft!' Wer's glaubt!°
Tränen sammeln sich in meinen Augen und ich gleite verzweifelt mit dem Rücken die Tür hinunter.
Ich beginne zu schluchzen und lege meine Arme um die Knie.
°Woher will er bitteschön wissen, was das Beste für mich ist?!°
"Naomi?", klopft es leise an der Tür.
"GEH WEG!", schreie ich ihn traurig an.
"DU WUSSTEST VON ANFANG WER ICH BIN UND HAST MIR NICHTS GESAGT!"
Die Tränen kullern nur noch so über meine Wangen.
"Ich habe es erst bemerkt, als ich das Mal auf deinem Rück.. "
"DAS WAR AM ANFANG!!!", brülle ich dazwischen.
Ich höre, wie er seufzt:
"Hättest du denn einem Fremden einfach so geglaubt?"
Doch statt zu antworten, stampfe ich enttäuscht von der Tür weg.
Erst jetzt realisiere ich, dass ich mich in einem Badezimmer befinde, weshalb ich in die Dusche steige und sogleich den Duschvorhang ziehe.
Wieder kaure ich mich zusammen und wische meine neuen Tränen beiseite.
Ich höre, wie sich der Duschvorhang bewegt, doch schaue nicht auf.
"Naomi", flüstert Mephisto und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sich seine Hand nähert.
"Fass mich nicht an!", entgegne ich giftig, weshalb seine Hand einen kurzen Moment stoppt, ehe sie ihre Bewegung fortsetzt.
"FASS MICH NICHT AN!!", und schlage sie wütend beiseite.
"Dass du mir nichts davon erzählst hast, ist das eine", ich erhebe mich zornig aus der Wanne, "ABER DASS DU MIR DAS SOGAR VERHEIMLICHST, WÄHREND WIR GEDANKLICH MITEINANDER VERBUNDEN SIND", meine dämonische Fähigkeit ist ausser sich, weswegen der Duschvorhang zerreisst, "IST ECHT DAS LETZTE!"
Er mustert mich dabei ohne ledigliche Emotionen.
Wütend gehe ich einen Schritt auf ihn zu, während er einen zurück geht.
"Und wehe du sagst jetzt, ich hätte halt meine Gabe hartnäckiger gebrauchen sollen, dann wäre ich schon viel eher draufgekommen", fauche ich ihn mit nassen Augen an und nähere mich ihm erneut.
"Und das ist bestimmt auch der Grund, warum mich die Grigori am Leben lassen? Nicht wahr?"
Wütend, aber auch enttäuscht, blicke ich in seine giftgrünen Augen.
"WEIL ICH NÄMLICH DIE TOCHTER VON DIESEM DÄMON BIN!", schreie ich ihn traurig an.
"DIE TOCHTER DES ERDKÖNIGS!" und lasse durch meine Gedanken den grossen Spiegel neben uns in tausend Scherben zerspringen.
"WIE LANGE IST DIESER AMAIMON SCHON HIER MEPHISTO?", und schlage ihm verzweifelt meine Fäuste abwechselnd auf die Brust.
"WIE LANGE?!?", schluchze ich verloren.
"Ich bin doch auch nur ein Mensch verdammt, Mephisto!", und klammere mich weinend an seinen Yukata.
Er legt behutsam eine Hand auf meinen Hinterkopf und die andere um meine Taille.
"Ja, du bist ein Mensch", sagt er ruhig und drückt mich näher an sich, "Und darüber bin ich auch heilfroh."
Ich kralle mich regelrecht an ihm fest.
"Denn hätte ein Dämon diese Gabe geerbt, würde schon längst das reinste Chaos herrschen. Da er nebst den Gedanken auch die Gefühle der Menschen missbrauchen würde.
Aber du zollst gegenüber ihnen Respekt, versuchst ihr Empfinden zu verstehen und zeigst schliesslich Mitgefühl.
Was man auch ständig erkennt, wenn man mit dir unterwegs ist.
Sei es Mensch oder Dämon, du behandelst sie alle genau gleich."
Er macht kurz eine Pause, ehe er sanft weiterspricht:
"Ich kann es dir nicht übelnehmen, dass du sauer auf mich bist. Aber... auch wenn ich es noch änderen könnte, würde ich es trotzdem nicht tun wollen. Und weisst du warum?"
Ich schüttle nur den Kopf.
"Weil du dann nicht mehr diese Person bist, die du heute bist. Die, die einem nunmal so akzeptiert, wie man ist.
Und genau deshalb", er zögert einen Moment, "liebe ich unsere Zweisamkeit so sehr!"
Er gibt mir einen Kuss auf den Kopf und fügt hinzu:
"Und ja, ich denke, ich darf dieses Wort durchaus gebrauchen oder wie siehst du das?"
~~~~~ca. 1880 Wörter~~~~~~
Wie hättet ihr Mephisto geantwortet?
Ja. Nein. Vielleicht. Du Schleimer! Angeber! Idiot! Du Lauch!
Schreibt es mir gerne in die Kommentare XD.
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