Ich band mir eine Krawatte als es klopfte. Naja, ich versuchte es jedenfalls. „Herein" rief ich und konzentrierte mich wieder auf den Stoff zwischen meinen Händen. Doch auch dieses Mal wollte es nicht so. Dann bemerkte ich Kacchan hinter mir. Er schlang seine kräftigen Arme um mich und küsste meinen Hals. Ich versuchte mich zu konzentrieren, es gelang mir aber nicht. „Kacchan lass das. Ich bin noch nicht fertig." Er grummelte nur und die Vibration seines Mundes sorgte bei mir für eine Gänsehaut. „Bitte, wir wollen doch gleich los, oder?" Er hielt inne. „Hast ja recht. Was machst du da eigentlich?" „Krawatte binden, aber sie will nicht." Verzweifelt ließ ich meine Hände sinken. Kacchan drehte mich mit einer schnellen Bewegung um. Erst jetzt konnte ich ihn richtig bewundern. Aus seiner lockeren Kleidung waren ein schwarzes Hemd und eine ebenfalls schwarze Hose geworden. Die ersten beiden Knöpfe des Hemdes waren offen und eine locker sitzende, weiße Krawatte hing herunter. Mein Mund stand offen und ich konnte ihn nur anstarren. Währenddessen machte sich Kacchan an meiner Krawatte zu schaffen. Zwischendurch schaute er in mein Gesicht. „Guck nicht so", flüsterte er. Eine leichte Röte trat auf sein Gesicht. Es brachte mich zum Lachen. Er war noch nie wirklich rot geworden, erst als wir zusammenkamen. Noch hielten wir die Beziehung geheim. Es war in Ordnung für mich, obwohl ich mir mehr wünschte. Das ewige Versteckspiel wurde anstrengend. „Du bist ein ziemlicher Nerd, kannst aber keine Krawatte binden? Du Idiot", neckte er mich lächelnd. Ich rang mich zu einem Lächeln ab, doch fühlte es sich falsch an. Dass Kacchan die Beziehung nicht öffentlich machen wollte tat schon etwas weh. Schämte er sich etwa für mich? Zwei Finger unter meinem Kinn bekamen nun meine Aufmerksamkeit. Mein Blick wanderte zu seinen rubinroten Augen. „Was ist los?", fragte er besorgt. Ich hatte erst vor kurzem den „richtigen Kacchan" kennengelernt. So wie er früher war, bevor er eine Mauer um sich selbst gebaut hatte. Und ich liebte diese ruhige, einfühlsame Seite von ihm. Obwohl ich seine dominante, rebellische Art auch toll fand. Nur würde ich es nie freiwillig zugeben. 

Ich zauberte ein halbwegs überzeugendes Lächeln auf mein Gesicht und küsste ihn schnell zur Ablenkung. „Nein, alles gut. Ich vermisse nur meine Mutter." Es war sogar halbwegs die Wahrheit. Seit ich nicht mehr bei meiner Mutter lebte, hatte sie mehr Zeit für sich und war für ein paar Wochen in den Urlaub geflogen. Kacchan lächelte mich aufmunternd an. „Du kannst sie ja später anrufen. Wollen wir dann losgehen?" Ich nickte und zusammen gingen wir.

Ich wusste weder wohin wir gingen, noch was genau für den restlichen Tag geplant war. Aber ich vertraute Kacchan. Zusammen schlenderten wir durch Tokyo. Zu dieser Jahreszeit ging die Sonne früh unter und überall waren hell erleuchtete Geschäfte. Während wir durch die Stadt gingen, schaute ich Kacchan immer mal wieder von der Seite an. Aus seiner Miene war nichts zu lesen. Ich versuchte nach seiner Hand zu greifen, ließ aber doch bleiben. Wir waren nicht offiziell zusammen. Es war ein Geheimnis.

War ich ihm wirklich peinlich? Eine geheimgehaltene Beziehung ließ sich schneller und unauffälliger beenden. Wahrscheinlich wollte er das Risiko von zu viel Aufmerksamkeit nicht eingehen.

Es machte mich traurig so viel darüber nachzudenken. Noch hatte ich Hoffnung, dass ich ihm irgendwann wichtig genug war um uns offiziell zu machen. Denn lange könnte ich es nicht mehr aushalten. Kacchan war mein Freund und ich liebte ihn, weshalb ich dem Ganzen zugestimmt hatte. Trotzdem wollte ich es auch zeigen dürfen.

Als ich seine Hand im Nacken spürte, sein Daumen strich an meinem Hals entlang, hörte ich mit dem Murmeln auf. „Woran denkst du gerade?", fragte er mich. Ich setzte wieder ein Lächeln auf, das bestimmt aussah als hätte ich Schmerzen, aber es schien ihm nicht aufzufallen. „Nichts. Alles in Ordnung." Kacchan sah mich noch einmal kurz an, dann nahm er die Hand herunter und steckte sie seine Hosentasche. Sofort fehlte mir die Wärme.