Gerichtsverfahren
Zum Ende der Ferien waren die Stuten dann rossig und sie sollten gedeckt werden.
Für Jolly Roger hatten wir uns einen schönen, erfolgreichen Schimmel ausgesucht.
Fini wurde von einem Hengst gedeckt, der fast genauso aussah wie sie selber.
Trulli sollte ein Fohlen von einem dunkelbraunen Hengst bekommen und für Didi hatten wir einen Rappen ausgesucht.
Grace war die einzige Stute, die wir von Rocky decken ließen. Wir wollten unsere Zucht soweit erweitern, dass wir unsere Nachzuchten auch von unseren Hengsten decken lassen konnten.
Im Stall war viel los. Wir hatten Tierärzte da die, die Stuten besamen sollten, meine Eltern waren da und ich hatte Julien und Anton zum reiten eingeladen.
Die beiden hatten gefallen daran gefunden und ich wollte sie so oft wie möglich auf meinen Pferden reiten lassen.
An diesem Tag waren die beiden irgendwie ein bisschen komisch, so zurückhaltend und ruhig.
Natürlich fragte ich was los war und machte mir Sorgen, aber die Jungs versicherten mir, dass nichts gewesen ist.
Ich nahm Julien an die Longe und Alex Anton.
Anton ritt auf Conti und für Julien hatte ich Rocky fertig gemacht.
Die beiden Pferde hatten jeweils einen Voltigiergurt drauf, woran die Jungs sich festhalten konnten.
Ich gestaltete die Reitstunde fast genauso, wie Sabine es damals bei mir tat. Keine Zügel, kein Sattel, aber Gymnastikübung.
Ein bisschen was veränderte ich schon.
Beim Schritt beließ ich es nicht und ein bisschen traben war schon dabei.
Relativ am Ende der Reiteinheit wurde ich von meiner Mutter angerufen.
»Komm mal her Conni«, sagte sie am Telefon.
»Wo bist du?«, fragte ich.
»Wir sind bei Jolly Roger und Didi auf dem Paddock, sie wollen sich nicht einfangen lassen«, meinte Mama schon ein bisschen genervt.
»Okay, bin sofort da.«
Ich rief Clarissa, die gerade an der Halle vorbei ging, zu mir rüber.
»Kannst du kurz übernehmen? Ich muss zu meiner Mama«, fragte ich die Elfjährige.
»Na klar!«, rief sie freudig.
»Danke, dafür darfst du danach auch Rübchen reiten.«
Clarissa war immer wieder total glücklich, wenn man ihr eine Aufgabe gab. Meine Pferde fand sie sowieso total toll und wenn ich Clarissa um Hilfe bat, sagte sie nie nein.
Schnell eilte ich durch den Stall und ging zum Paddock. Mama, Papa, Ludwig und ein Tierarzt standen aufgebracht auf den weitläufigen Paddock und scheuchten die beiden Stuten von einer Seite zur nächsten.
»So wird das aber nichts«, sagte ich ein wenig schmunzelnd und stellte mich neben Ludwig.
»Deshalb bist du jetzt hier«, sagte Papa zu mir.
Selbstbewusst ging ich mit einer Möhre zuerst zu Jolly Roger. Mit ihr hatte ich mich schon ein bisschen eingespielt und sie sah mich schon als Herdenchef an. Didi war einfach noch Jung und frech. Bei ihr musste man den richtigen Moment abwarten und sie nicht scheuchen. Wenn sie erstmal das Ganze als Spiel ansah, hatte man große Probleme sie einzufangen.
Da ich aber Jolly Roger schnell unter Kontrolle hatte, kam auch Didi mit.
Ich führte die Mädels noch bis in ihre Boxen und ging dann wieder in die Halle.
Ich stand noch mit Ludwig an der Bande, als die Jungs von den Pferden abstiegen.
Als mir an Julien etwas auffiel, stürmte ich wütend zu ihm rüber.
»Was ist das?!«
Julien, der noch neben Rocky stand, sah mich verwirrt an.
Ich zog sein Shirt hoch.
»Warum habt ihr nichts gesagt?!«
Unter seinem Oberteil verbarg er große, blaue Flecke, die noch nicht alt waren.
»Conni, wir wollten dich nicht damit belasten«, meinte Anton, der auf einmal neben mir stand, ruhig.
Ich sah ihn entgeistert an.
»Ihr belastet mich mehr damit, wenn ihr es verschweigt! Wir haben doch extra abgemacht, dass ihr kommt wenn was ist!«
»Ja Conni, aber ihr habt schon genug für uns gemacht«, meinte Julien zurückhaltend.
»Wir haben erst genug gemacht, wenn es endlich vorbei ist!«
Ich rief meinen Vater an.
»Bist du noch im Stall?«, fragte ich ihn aufgebracht.
»Nein ich musste los in die Kanzlei. Ich bin um 15 Uhr wieder Zuhause.«
»Okay, ich muss mit dir reden. Bis später«, meinte ich ein wenig niedergeschlagen.
»Conni, du musst nicht...«
»Oh doch Julien! Wir werden mit meinem Vater reden und wagt es nicht abzuhauen. Ihr kommt später mit mir nach Hause!«
Die Jungs wussten wie ernst es mir war, also taten sie einfach das, was ich sagte.
Wir waren noch bis um halb vier im Stall.
Ich ließ Clarissa noch Rübchen reiten, unterrichtete sie und Vicky auf ihren Pferden, Alex und Allegra bekamen noch eine Trainingseinheit, Catchi ließ ich frei laufen, mit Camelot ritt ich mit Ludwig und Alex aus, anschließend striegelte ich die Stuten und mistete die Boxen. Das brauchte einfach Zeit.
Dann fuhren Julien, Anton und ich mit den Fahrrädern nach Hause. Charlie lief wie immer neben uns her.
Er war richtig in das Hofleben verliebt.
Die meiste Zeit, wenn wir im Stall waren, streute er auf dem Gelände umher und ich bekam ihn eher weniger zusehen. Er war schon so ein bisschen unser Hofhund geworden und so gut wie jeder mochte ihn.
Er haute nicht ab und wusste wie er sich auf dem Hof zu verhalten hatte.
Einen großen Teil der Zeit auf dem Hof verbrachte der junge Rüde aber in seinem Körbchen und schlief. Er war ein fauler Sack gewesen.
Als wir Zuhause ankamen klingelte ich an der Haustür. Ich nahm selten einen Schlüssel mit zum Stall und das wusste Mama.
Sie machte die Tür auf und als sie mich und die beiden Jungs, die mit gesenktem Blick hinter mir standen, sah, wusste sie sofort was los war und meinte: »Julius ist im Garten...«
Wortlos stampften wir an ihr vorbei und gingen direkt durch die offene Terrassentür in den Garten.
Wir hätten auch außen rum gehen können, aber der Weg durchs Haus war einfach kürzer.
Papa telefonierte gerade.
Ich schaute ihn mit einem hilfeschreienden Blick an und er verstand sofort.
»Vera, ich ruf gleich nochmal zurück. Es ist wichtig«, sagte er zu seiner Sekretärin am Telefon und legte mit einem kleinen geschockten Blick auf.
»Sagt mir nicht, dass es wieder passiert ist«, meinte er stöhnend und verdrehte die Augen.
Ich sah ihn nur mit großen Augen und einem gequälten zustimmenden Lächeln an.
»Zeigt mir eure Verletzungen«, forderte Papa die Jungs auf, die sofort ihre Oberteile
auszogen.
Beide waren mal wieder grün und blau geschlagen, wobei Julien mal wieder weitaus mehr Flecken hatte.
»Das reicht mir! Ich ruf Viktor an, der schuldet mir sowieso noch was!«, meinte er wütend und wählte eine Nummer in seinem Handy.
Viktor war ein befreundeter Richter, der einen bestimmten Bekanntheitsgrad genoss und Fälle von bekannten Politikern bearbeitete.
Er war ein wirklich guter Richter und ich hoffte einfach, dass Papa einen früheren Verhandlungstermin bekäme.
»Hallo Viktor altes Haus, ich hab da ein Anliegen - es ist äußerst wichtig«, meinte Papa und ging rein.
Wir warteten gespannt im Garten und nach zwanzig Minuten kam Papa mit einem breiten Grinsen wieder zu uns.
»Viktor darf unseren Fall aus Gründen der Interessen nicht behandeln, aber er kennt da wen, der mindestens genauso gut ist und dort konnte er uns dazwischen schieben. Der Termin ist in einer Woche«, meinte er freudig.
Ich fiel ihn in die Arme.
»Papa, du bist der Beste!«
»Dankeschön«, meinte Julien erleichtert und schüttelte Papa dankend die Hand.
Die eine Woche, die wir noch Zeit hatten, verbrachten wir viel in der Kanzlei.
Papa machte viele Überstunden und selbst Opa war für den einen Fall aus dem Ruhestand zurück. Seine Golfkameraden im Country-Club mussten die eine Woche wohl oder übel auf den alten Griesgram verzichten.
In der Kanzlei lief alles auf Hochtouren und wir spielten die Situation einer echten Gerichtsverhandlung oft mit den beiden Jungs nach.
Mein Vater bat mich, mich als Zeugin für den Fall der beiden Jungs zur Verfügung zustellen.
Ich kannte die Prozedur, damals als der Stalker vor Gericht stand, musste ich auch aussagen.
Ich wusste worauf es ankam, konnte mich aber trotzdem der Vorbereitung von Opa nicht entziehen.
»Constanze, du darfst nicht zögern! Du musst knallhart sein - so wie dein Vater und ich. Die Gegenseite hat einen super Anwalt, natürlich nicht so super wie unsere Jungs, aber mit dem Anwalt ist nicht gut Kirschen essen. Er wird dich auseinander nehmen, wenn du nicht aufpasst oder unsicher auftrittst«, belehrte mich der alte Herr.
»Ja Opa, ich weiß.«
»Constanze, das ist ernst! Das ist kein Spiel! Wir verlieren jetzt schon viel Geld mit dem Fall, aber wenn wir in Berufung müssen, dann arbeitest du mindestens 2 Jahre für umsonst hier!«
Ich war eingeschüchtert.
Die Jungs mussten nichts für unsere Dienste zahlen und alle laufenden Kosten trugen vorerst wir. Ich verstand wieso Opa das so schnell wie möglich hinter sich haben wollte.
Am Abend vor der Verhandlung war ich aufgeregt. Papa saß noch spät am Abend in seinem Arbeitszimmer und ich hörte ihn telefonieren.
Auf Zehenspitzen ging ich zu ihm. Ich hatte keine Socken an und der Boden unter meinen Füßen war eiskalt.
Vorsichtig drückte ich die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf. Er saß mit gedämmten Licht an seinem Schreibtisch und kritzelte ein paar Notizen auf einen Block.
Als er mich bemerkte drehte er sich zu mir um.
»Ach Conni Schatz, du schläfst ja noch gar nicht«, sagte er liebevoll und winkte mich zu sich rüber.
»Nein, ich bin aufgeregt.«
»Ich auch Schätzchen, ich auch.«
Sowas hatte ich ihn noch nie zuvor sagen hören. Er war immer so selbstbewusst und hatte niemals Angst vor einer Verhandlung - niemals! Es beunruhigte mich wirklich sehr.
»Wenn wir morgen verlieren, dann...«
Papa unterbrach mich.
»Nein Conni, sag sowas nicht. Wir Fiedlers denken nicht ans verlieren! Wir ziehen das morgen durch, gewinnen das Ding und holen die Jungs aus der verdammten Hölle« sagte er aufmunternd.
»Ich hab einfach Angst. Ich meine, das sind doch meine Freunde!«, meinte ich aufgebracht.
»Wir schaffen das! Du machst morgen einfach deine Aussage und um den Rest musst du dich gar nicht sorgen. Vertrau Opa und mir!«
Ich versuchte wirklich mir keine Sorgen zu machen, aber so richtig gelang es mir nicht.
Papa sagte mir, dass ich ins Bett gehen sollte. Ich musste gut ausgeschlafen sein. Da ich wusste was auf dem Spiel stand, hörte ich auf Papas Worte und ging in mein Bett.
Ich versuchte schnell einzuschlafen, aber es gelang einfach nicht.
Zu viele „was wäre wenn" Gedanken hielten mich wach. Sie quälten mich.
Charlie schlief schon eingemurmelt an meinem Fußende und ließ sich von mir nicht stören.
Ich griff zu meinem Handy und schrieb Emil.
»Hey, noch wach?«
»Ja, aber nicht mehr lange. Ich muss morgen früh raus. Was ist los?«
»Ich hab Angst«
»Was ist passiert? Geht es allen gut? Soll ich die Polizei rufen?!«, fragte er besorgt.
»Nein ist schon in Ordnung, aber ich hab morgen früh eine Gerichtsverhandlung.«
Emil laß meine Nachricht, antwortete aber zunächst nicht drauf. Nach zwei Minuten klingelte dann mein Handy.
»Was hast du angestellt?«
»Nichts, ich muss nur eine Aussage tätigen...«
»Ist der Stalker wieder da?!«, unterbrach er mich.
»Gott nein, Emil! Zwei Freunde von mir werden Zuhause geschlagen und mein Vater vertritt sie in diesem Fall. Wir haben wirklich schon viel erreicht, aber wenn wir morgen verlieren, dann war alles umsonst und sie werden wieder grün und blau geprügelt.«
»Ich verstehe deine Sorge, aber du bist unglaublich gut im Argumentieren und dein Vater ist einer der besten Anwälte aus ganz Deutschland, wenn nicht sogar Europa. Wenn jemand sowas schafft, dann du. Conni du bist die Beste! Du solltest schlafen gehen und nicht mehr drüber nachdenken«, sagte er in so einer beschützerischen Stimmlage und ich fühlte mich sofort wieder wohler.
»Du hast recht, ich sollte vielleicht wirklich schlafen gehen. Du hast mich aufgeheitert. Ich ruf dich morgen wieder an. Grüß die anderen.«
»Wir hören uns morgen. Wenn irgendwas ist, kannst du mich immer anrufen - auch wenn ich schon schlafe. Gute Nacht - hab dich lieb.«
»Ich dich auch«, sagte ich und legte auf.
Ich wusste, dass Emils versprechen ernst gemeint waren und er immer sein Wort hielt. Er war keiner, der etwas so dahin sagte - er war die Person, die ich angerufen hätte wenn meine Welt untergegangen wäre.
Aufgeregt zog ich an meiner Bluse während ich alleine vor dem Gerichtssaal auf meinen Auftritt wartete. Während Mama ihre Aussage tätigte musste ich noch warten.
Nach zwanzig Minuten elendiges warten, wurde ich dann endlich in den Gerichtssaal gebeten und durfte erzählen, was ich zu sagen hatte.
Ich habe mir unzählige Szenarien in meinem Kopf zusammengereimt und die jeweils passende Lösungen dazu. Ich dachte wirklich, dass ich auf jedes denkbare Szenario vorbereitet war.
Als ich dann aber auf dem Stuhl saß und mir Fragen gestellt wurden, hielt sich keiner mehr ans Skript. Die Fragen der Gegenseite waren so hasserfüllt und anschuldigend.
Wie konnte nur ein Vater sowas über seine eigenen Kinder sagen?!
Der Anwalt war ein ekelhafter Kerl. Seine schwarzen Haare waren streng zurückgekämmt und er war blass wie die Wand. Er sah aus wie Dracula und so gruselig war er übrigens auch noch dazu!
Außerdem hatte Opa recht - er nutzte wirklich jede Unsicherheit aus.
»Ist es nicht wahr, dass Sie fünf Jahre keinen Kontakt zu den Kindern meines Mandanten hatten?«, fragte er mich taktisch und sah mich durchdringend an.
»Ja, aber...«
Er unterbrach mich.
»Kein aber. Beantworten Sie nur meine Fragen.«
»Ist es wahr, dass Ihre Beobachtungen nur einen kurzen Zeitraum einschließen und Sie nicht mit eigenen Augen gesehen haben, was davor geschehen ist?«
»Ja...«
»Ist es wahr, dass Sie nicht einer der, wie Sie es betiteln, Misshandlungen selber miterlebt haben?«
»Ja, aber woher sollte ich denn...«
Er unterbrach mich erneut.
»Nur auf meine Fragen antworten.«
»Also kann ich als Fazit sagen, dass sie keine Ahnung von den Familienverhältnissen meines Mandanten haben und nicht wissen ob die Anschuldigungen stimmen oder eben von den egoistischen Söhnen frei erfunden sind.«
Wie ein unsicheres Häufchen Elend saß ich da und schaute ihn nur fassungslos an.
»So ein Idiot«, flüsterte Mama auf der Zuschauerbank Opa zu, der nur gespannt dem geschehen folgte.
Ich sah ratlos zu meinem Papa rüber, der mir nur zunickte.
»Das werte ich mal als eine Zustimmung von Ihnen«, sagte der Anwalt sicher nachdem ich erstmal nichts mehr sagte.
»Nein«, murmelte ich vor mich hin.
»Wir war das?«, fragte der Richter.
»Ich sagte nein!«, sagte ich energisch und stand auf.
»Diese beiden Jungen sind die zuvorkommendsten Typen die ich kenne! Sie helfen mir mit meinen Pferden, halten mir die Autotür auf, beschützen mich vor Idioten und tragen sogar meine Tasche!«
Ich ging rüber zu einer Pinnwand, an der die Bilder von den Verletzungen hingen.
»Sehen Sie sich diese Verletzungen an! Das ist nichts, was irgendwer von alleine macht.
Fakt ist, dass diese beiden Jungs alles andere als egoistisch sind und so einen Vater nicht verdient haben. Nur weil das Jugendamt in voller Linie versagt hat, werde ich dies nicht auch noch tun. Drehen wir doch mal den Spieß um.« Ich richtete mein Wort an den Anwalt.
»Waren Sie denn selbst bei den Misshandlungen dabei oder woher wissen Sie, dass Ihr lieber Mandant nicht der egoistische Vater ist?«
»Nein war ich nicht, aber...«
»Nein, kein aber. Nur auf meine Fragen antworten«, unterbrach ich provokant den blöden Typen.
»Constanze, was hat das mit der Sachlage zu tun?«, fragte mich der Richter.
»Ganz einfach, keiner von uns, außer die Familie Gruber, war an diesen Vorfällen beteiligt. Wir können also alle nicht sagen, was wahr ist oder eben nicht. Wir müssen uns an Fakten und Beweise halten! Wir haben wohl mehr als genug Beweise, die für eine Misshandlung sprechen. Sehen Sie sich diese Bilder an. DAS sind von Ärzten bestätigten Verletzungen von häuslicher Gewalt. Herr und Frau Gruber haben lediglich ihre Aussagen. Dass man diese vor Gericht nicht als stichfeste Beweise anerkennen kann, ist wohl uns allen klar. Fakt ist, dass Kinder vor ihren Eltern geschützt werden müssen! Aus diesen Gründen fordere ich die Höchststrafe Euer Ehren.«
»Interessante Argumentation Constanze, aber nur leider sind Sie hier Zeuge und können leider keinerlei Forderungen stellen«, machte sich der Anwalt über mich lustig.
»Werter Kollege, die Argumentation einer 17 Jährigen war gerade tatsächlich wertvoller als Ihre. Ich denke ich habe genug gehört, wir ziehen uns zurück und das Urteil verkündigen wir nach einer 30 minütigen Unterbrechung.«
Ich sah glücklich zu Papa rüber, der mir nur ein anerkennendes Nicken gab.
Nach 30 Minuten stand der Richter wieder im Raum und verkündete sein Urteil.
»Nachdem unsere letzte Zeugin mich nochmal daran erinnert hat, was eigentlich mein Job ist, habe ich mich dazu entschlossen, dass die Angeklagten schuldig sind. Herr Gruber, Sie haben nicht nur Ihre Söhne körperlich misshandelt, sondern auch seelisch. Frau Gruber, Sie haben passiv an dieser Misshandlung Ihrer Söhne mitgewirkt, indem Sie tatenlos zusahen und Ihre Kinder nicht geschützt haben. Demnach werden Sie, Herr Gruber, zur Höchststrafe von einem Jahr Haft verurteilt. Frau Gruber, Sie bekommen 6 Monate Haft, Ihre Strafe wird allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Wenn ich könnte, würde ich mehr geben!
An Ihre Söhne werden Sie beide Schmerzensgeld zahlen müssen«, sagte der Richter trocken.
»Anton und Julien Gruber, euch rate ich den Kontakt zu beiden Eltern erstmal abzubrechen und am Besten noch heute auszuziehen.
In Constanze habt ihr eine gute Freundin gefunden, ich denke auch für dieses Problem wird sie eine passende Lösung finden. Die Verhandlung ist geschlossen«, fügte der Richter abschließend nicht mehr so professionell hinzu.
Jubelnd verließen wir den Saal.
»Das ist meine Tochter!«, sagte Papa freudig und strubbelte mir durch meine ordentlich gekämmten Haare.
»Du bist die Beste!«, meinte Anton und gab mir eine dicke Umarmung.
»Gut gemacht Constanze«, sagte auch mein Opa und drückte mich einmal fest. Seine schroffe Art kannte ich ja und deshalb fand ich seine Umarmung sogar ganz herzlich, auch wenn es für Außenstehende ziemlich lieblos aussah.
»Das wird gefeiert! Ich rufe gleich im Restaurant an und reserviere uns ein Tisch«, verkündete Mama freudig.
Wir verließen das Gerichtsgebäude, wo eine Überraschung auf mich wartete.
Ben stand mit einem wunderschönen Blumenstrauß vor dem Gebäude und wartete auf mich.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich erfreut und umarmte ihn.
»Julien hat mich angerufen und mir erzählt was für eine herausragende Zeugin du bist«, schmunzelte er und gab mir die Blumen.
»Fahrt ihr schon mal vor, Ben und ich kommen später nach«, rief ich meiner Mama zu, die nur lachend winkte.
Den Abend verbrachten wir alle zusammen im Restaurant und feierten unseren Sieg.
Ich war so glücklich über alles. Ich hatte so viel erreicht und alles lief einfach nur gut.
Anton und Julien zogen vorerst bei uns ein, zwischen Ben und mir wurde es immer ernster, mit den Pferden lief alles problemlos und ich hatte so viele Freunde an meiner Seite.
Emil hatte ich natürlich auch noch angerufen und obwohl er die Zwillinge nicht kannte, freute er sich ziemlich dolle für uns alle.
Auch mit Nick hatte ich kurz gesprochen und er freute sich mindestens genauso sehr für mich.
Am Abend kuschelten Anton, Julien und ich uns in mein Bett und redeten noch eine Weile über Gott und die Welt. Wir redeten wirklich über alles, nur nicht über die Gerichtsverhandlung. Dieses Thema blieb für einen Moment mal komplett vergessen.
Charlie lag mal wieder zusammengerollt an unserem Fußende und schnarchte vor sich hin.
Bei diesem gleichmäßigen Geräusch wurde auch ich allmählich müde und tatsächlich war ich die Erste in dieser Nacht, die erschöpft einschlief.
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