Die Schnitzeljagd
Am nächsten Morgen hielt ich es nicht für nötig mit Mama zu reden. Noch bevor sie aufstand war ich schon weg.
Nick und ich gingen zum Hof und das was gestern Abend geschah war unser Geheimnis, wir verloren kein Wort darüber.
Ich denke er wollte seine Fragezeichen im Kopf klären und ausgiebige Diskussionen und Krisengespräche mit mir führen, aber er ließ es lieber vorerst bleiben - mir zu liebe.
Wir frühstückten am Hof und gingen danach direkt in den Stall.
Theo wartete schon auf mich.
»Rocky wartet schon auf dich. Wir sollten uns vielleicht ein wenig beeilen, heute ist der letzte Tag der Ferienkinder und wir werden eine riesige Pferdeschnitzeljagd machen. Dafür müssen wir noch einiges vorbereiten und deshalb ist unsere Zeit begrenzt.«
»Das hört sich ja cool an«, sagte ich.
»Ja das ist es, die Kinder werden in verschiedene Gruppen eingeteilt und müssen auf den Weg verschiedene Aufgaben erledigen. Welche Gruppe als erstes im Ziel ist, gewinnt«, meinte Nick aufgeregt.
»Stimmt das ist immer das Highlight der Ferien und für jeden ist was dabei. Die schwächsten Reiter haben ihre eigenen Bedingungen und werden immer von einen von uns begleitet, die stärkeren Reiter haben nur bestimmte Wegpunkte wo wir dann auf sie warten und ihnen weitere Aufgaben stellen. Da ist es ganz praktisch, dass die fortgeschritteneren Reiter viel dazu gelernt haben und wir sie ohne Probleme mit zu den stärkeren Reitern tun können, wir werden einfach immer darauf achten, dass ein starker Reiter mit einem vielleicht noch nicht ganz so starkem Reiter zusammen reitet. Für dich und Marc haben wir sogar auch was geplant«, sagte Theo mit einem Lächeln das vor Vorfreude nur so trotzte.
»Aber Theo ich denke nicht, dass ich schon so weit bin und alleine so einen Ausritt meistern kann. Außerdem denke ich, dass auch Marc noch nicht so weit ist, geschweige denn von Rune«, warf ich ein bisschen ängstlich ein.
»Nein nein keine Sorge, das ist mir natürlich bewusst und darauf haben wir ganz klar Rücksicht genommen. Marc und du werdet den Weg zu Fuß mit den Pferden beschreiten müssen.«
Das hörte sich großartig an und ich freute mich riesig drauf.
»Wir müssen nur überlegen was wir mit dieser Marie machen, mit Thor möchte ich sie nicht los schicken«, sagte Theo.
»Wenn man mich fragt möchte ich sie gar nicht los schicken«, meinte Emil schmunzelnd als er gerade in den Stall zu uns kam.
»Emil du bist gemein und das kann man ja auch nicht machen«, schmunzelte auch Theo.
»Verdient hat die blöde Ziege es nicht«, warf Nick ein.
»Hört nun auf ihr zwei«, lachte Theo. »Recht habt ihr ja und ich habe heute definitiv auch meine Bedenken, aber ausschließen dürfen wir sie nicht.«
»Ich überlege ja schon, ich muss halt aber ehrlich sagen, dass ich sie lieber mit in die Gruppe mit den schwachen Reitern nehmen würde, einfach damit wir sie die ganze Zeit beobachten können. Dann haben wir bei den schwachen 6 Reiter und bei den anderen 8, dann können wir schöne Gruppen machen. Was haltet ihr davon?«, fragte Theo in die Runde.
»So schlecht finde ich dein Gedanke gar nicht und finde dass, das die einzig vernünftige Lösung ist. Außerdem würde ich ihr heute auch lieber ein ruhigeres Pferd geben, wie wäre es mit Garfield?«, argumentierte Emil.
Garfield war ein dicker, verfressener, fauler Haflinger, der nicht mehr tat als er musste und es liebte beim Reiten ständig den Kopf zum Gras runter zuziehen. Aber er war ein unglaublich verkuschelter und lieber Wallach, einfach eine pelzige Knutschkugel
»Find ich gut, was anderes hat sie auch nicht verdient«, meinte Nick schadenfroh.
Auch Theo fand die Idee gar nicht so schlecht und stimmte ein.
»Gut das wäre dann ja beschlossen, Conni und ich müssen jetzt aber wirklich mal mit Rocky los legen, sonst wird das alles zu spät hier«, meinte Theo ein wenig drängelnd und ging mit mir zum Paddock.
Da ich am Vortag auch schon auf Jaromir getrabt bin, erweiterten wir auch das Training und trabten.
Rockys Trab war leichter zu sitzen als der von Jaromir, aber Jaromir hingegen war nicht so schnell. Alles in allem war es trotzdem komplett in Ordnung.
Die Reitstunde verlief wie immer gut, aber trotzdem fühlte ich mich schlecht. Ich fühlte mich so grottig, jetzt wo ich das mit meiner Mutter wusste.
Zum Glück kam Nick zu mir und weihte mich in die Organisation der Pferdeschnitzeljagd ein. Das lenkte mich wenigstens ein bisschen ab.
Nick erklärte mir, dass Marc und ich sogar auch eine ganz wichtige Aufgabe hatten, wir sollten die letzte Station leiten. Da zuerst die schwache Gruppe dran war, bei der immer einer von uns dabei war, brauchten Marc und ich noch nicht an unserer Station sein.
Tatsächlich mussten wir auch verschiedene Aufgaben erledigen, nur nicht die Art von Aufgaben wie die anderen. Bei uns waren es hauptsächlich Bodenarbeitsaufgaben, bei den anderen waren die Aufaben eher aufs reiten Orientiert.
»Das Ziel des ganzen ist eine Talentshow, jedes Team soll am Ende des Tages etwas aus dem zusammenstellen, was gelernt wurde und es am Ende vorführen. So zusagen ein bunter letzter Abend. Die schwachen Reiter werden in 2 Dreierteams aufgeteilt und die anderen in 4 Zweierteams.
Das erste Dreierteam besteht aus Freddy, Teddy und Klecks und das zweite aus Tom, Jerry und Garfield.
Das erste Team wird von mir begleitet und das zweite von Emil. Mama und Theo hingegen bereiten schonmal die verschiedenen Stationen für die stärke Reitgruppe vor.
Bei den stärkeren Reitern ist es eigentlich auch schon alles eingeteilt. Finn und Anton, Sugar und Bobby, Krümel und Johnny und das letzte Team wären Robin und Augustin«, erklärte Nick mir ausführlich.
»Und was müssen Marc und ich dann tun?«, fragte ich neugierigen.
»Das werdet ihr dann erfahren. An eurer Stelle würde ich jetzt aber die Pferde fertig machen. Der Weg ist lang, die Aufgaben nicht zu unterschätzen und eure Zeit begrenzt.«
Ich tat was Nick mir geraten hatte.
Marc und ich trafen uns an der Wiese und holten Jaromir und Rune. Rune freute sich schon richtig auf Marc und Jaromir war so treu wie eh und je.
Das machte natürlich das Einfangen viel leichter und wir sparten so viel Zeit.
Theo gab mir noch den Tipp am besten eine Trense zu wählen, so hätten wir am meisten Chancen in brenzligen Situationen gut einwirken zu können, sagte sie zumindest.
Jaromir und Rune wurden schön geputzt und dann trensten wir auf. Ich war noch ein bisschen unsicher mit dem Gebiss und deshalb half mir Marc. Er war ja immerhin geübter als ich.
Emil gab uns noch einen ersten Hinweis, eine Karte und einen Kompass, dazu sagte er uns noch kurz wie alles Funktionierte, und dann gingen wir auch schon los.
Zuerst schwiegen wir und keiner von uns wusste so recht wie das Eis gebrochen werden konnte.
Bis zum Waldrand herrschte wirklich eiserne Stille und nur Rune schnaubte zwischendurch zufrieden. Doch dann fing er an zu reden.
»Erzähl doch mal etwas über dich«, sagte er interessiert.
»Ähm, also ich bin Constanze Luise Fiedler, bin 12 und komme eigentlich aus München, aber meine Eltern haben sich getrennt und ich lebe jetzt mit meiner Mama Mathilde hier, ich glaube die hast du aber auch schon kennengelernt. Ich denke das war's«, sagte ich schulterzuckend.
»Hört sich doch nicht schlecht an. Also ich bin Marc Frederick Petsch, ich bin 14 Jahre alt, komme hier aus der Nähe und meine Familie ist schon gefühlt immer im Reitsport tätig.«
»Das muss ja wundervoll sein, ich hatte nie was mit Pferden am Hut. Das ist mein erster Pferdesommer.«
»Das kann ich mir ja gar nicht vorstellen, deine Mama liebt ja Pferde, ich meine wie sie mit Rocky umgeht und nachts noch im Stall steht und ihn striegelt, das ist wirklich sehr schön! Ist das denn ihr Pferd?«
Mama ist nachts im Stall? Ich war verwirrt. Das wusste ich nicht und fragte mich woher er es tat.
»Ähm nein... doch... man verdammt ich weiß es doch auch nicht!« Beschämt senkte ich den Blick und wollte ihn nicht mehr ansehen.
»Es tut mir leid, dass ich dich in Verlegenheit gebracht habe«, sagte er entschuldigend.
Zuerst schwiegen wir und dann sagte ich: »Nein mir tut es leid, es ist nur...« Ich redete nicht weiter.
»Wenn du es nicht sagen willst, musst du nicht mit mir reden«, sagte er mitfühlend und machte mir Mut.
»Nein alles in Ordnung, es ist nur kompliziert«, antwortete ich gekränkt.
»Dann fang an, fang an der Stelle an wo es nicht kompliziert ist. Mach es dir leicht, natürlich nur wenn du möchtest.«
Er war so ein mitfühlender Junge und es machte es wirklich viel leichter mit ihn offen zu reden.
»Also angefangen hat es, dass Mama meinen Papa geheiratet hat und den Namen Fiedler angenommen hat. Vorher war sie Mathilde Steiner und Rocky, also eigentlich Rock my life...«
Er unterbrach mich.
»Mathilde Steiner, ich kenne den Namen. Ist deine Mutter Turnierreiterin gewesen?«, hakte er nach.
»Nein, also ja, aber das weiß ich erst seit letzter Nacht«, sagte ich aufgebracht.
»Ach so, ich glaube ich verstehe so langsam, deine Mama, Mathilde, war Turnierreiterin und Rocky ist ihr Pferd. Dann seid ihr umgezogen, sie hat nicht mehr davon geredet und hat es dir dann letzte Nacht gesagt.«
Er war total schlau und konnte sehr gut eins und eins zusammen zählen.
»Fast richtig, sie hat es mir nicht gesagt und sie weiß auch nicht, dass ich es weiß. Ich habe es in der Nacht durch Zufall raus gefunden.«
»Krass...« War das Einzige was er rausbekam.
Nach einer Zeit ergriff ich also wieder das Wort.
»Woher kennst du jetzt also meine Mutter?«, fragte ich sehr interessiert.
»Also ich kenne sie indirekt. Ich glaube sie war mal eine sehr gute Freundin meiner Mutter. Sie waren im selben Kader gewesen und haben fast alles zusammen gemacht. Rocky kenne ich noch vom Turnier, der ist mir schon auf dem einen oder anderen begegnet und hat mich und meine Stute ganz schön alt aussehen lassen«, schmunzelte er.
»Seitdem ich hier bin frage ich mich schon die ganze Zeit ob er es wirklich ist, aber jetzt weiß ich es ja. Außerdem habe ich oft mit meiner Mama über Mathilde und Rocky geredet, sie schwärmt regelrecht von Mathilde und ihrer Reitweise. Sie hat sogar immer noch Bilder mit ihr an unserer Wand hängen. Und wir haben noch zwei Stuten aus ihrer Zucht. Nein ich meine eurer Zucht!«
»Toll da kennst du meine Mutter wohl besser als ich«, sagte ich genervt und verdrehte die Augen.
»Ach nein sag sowas nicht, sie hatte bestimmt ihre Gründe dir das nicht zu erzählen.«
»Mag sein, trotzdem ist es sehr traurig von jedem zu hören und zu sehen wie toll meine Mutter doch gewesen ist.«
»Ich kann auch aufhören zu erzählen wenn du das alles nicht mehr hören möchtest«, sagte er verständnisvoll.
»Nein es ist in Ordnung, ich möchte alles wissen, ich möchte nicht mehr nur die Hälfte wissen, ich möchte alles was du weißt bis ins kleinste Detail hören, einfach alles!« Ich wollte das erste mal freiwillig hören was so toll war, ich wollte es einfach wissen.
»Okay wenn du willst, ich sag dir einfach was ich weiß« Er machte eine kurze Pause und setzte dann wieder an. »Also zuerst mal die beiden Stuten heißen Amalia und Carly und die beiden sind einer der letzten Fohlen die aus eurer Zucht kommen. Die beiden sind wunderbare Mutterstuten und haben uns schon viele schöne Fohlen geschenkt, außerdem liefen sie auch sehr erfolgreich auf Turnieren. Meine Mutter liebt die beiden wirklich sehr, manchmal hab ich sogar das Gefühl, dass sie sie lieber mag als mich«, sagte er schmunzelnd.
Ich lachte und er erzählte charmant weiter.
»Ich kannte deine Mutter nicht persönlich, aber meine großen Brüder schon. Ich hab wirklich nur gutes von ihr gehört. Meine Mutter ist ein Stück älter als deine, aber das hat deren Freundschaft nie geschadet. Ich glaube sie haben sehr gerne Zeit miteinander verbracht. Mehr kann ich aber auch nicht sagen.« Er zuckte die Schultern und sah mich erwartungsvoll an.
»Das hört sich doch nicht schlecht an, denke ich. Also ehrlich gesagt kann ich mir das alles noch gar nicht so vorstellen. In München sind wir reich, hoch angesehen Gäste in Luxusrestaurantes und Boutiquen, haben ein riesiges Grundstück mit Villa, waren ständig unterwegs und nie hatte Mama etwas über ihr vorheriges Leben erzählt, einfach nie, egal wo wir waren. Also das Geld für die Pferdehaltung hatten wir, aber anscheinend wollte sie es nicht.«
»Ich kann mir vorstellen, dass das mit dem schweren Unfall ihrer Eltern zu tun hat. Weißt du was passiert war?«, fragte er mich zurückhaltend, so als ob er mir nicht schon wieder zu nahe treten wollte und mir wieder etwas erzählen würde was ich hätte wissen können. Nein, hätte wissen müssen!
Ich verneinte seine Frage woraufhin er nur schwer ausatmete und sagte: »Puh dann fangen wir mal an. Also es gab einen schweren Autounfall und danach ist deine Mutter einfach abgehauen, sie war einfach weg. Ihre Eltern hatten eine Kollision mit einem Tier und fuhren dann gegen einen Baum, es war schrecklich. Daraufhin verloren sich die Spuren deiner Mutter. Sie kümmerte sich nicht mehr um ihre Pferde, wir kauften also zwei Stuten. Sabine hatte den Rest auch noch verkauft, außer Rocky, den wollte sie für kein Geld der Welt hergeben. Jetzt reitest du ihn und der Kreis schließt sich.«
»Wie der Kreis schließt sich? Was meinst du damit?«, fragte ich verwirrt.
»Na ganz logisch, Rocky war das Lieblingspferd deiner Mutter und du wusstest nichts über ihre Vergangenheit oder über ihn. Schwups kommt ihr her und Rocky sucht sich die Tochter seiner Besitzerin aus und nun reitest du ihn. Es bleibt in der Familie...«
Ich dachte drüber nach und fragte mich ob es vielleicht nur ein Zufall war oder Rocky wirklich etwas gespürt hatte. Es war schon ziemlich seltsam, dass ein mir bis jetzt fremder Junge mehr über die Beziehung von meiner Mutter zu ihren Pferden und dem Reitsport wusste als ich. Ich glaubte wirklich, dass seine Mutter nur gutes über meine erzählte und sie immer noch ein sehr präsenter Teil in ihrem Leben war.
Ich dachte eine Zeitlang drüber nach und wir gingen schweigsam unseren Weg weiter bis zur ersten Station.
Die Aufgabe hatte was mit Vertrauen zu tun.
Einer von uns musste sich auf einer der Pferde setzen und die Augen wurden verbunden.
Der andere führte die beiden Ponys bis zur nächsten Station.
Für uns war klar, dass ich mich auf Jaromir setzte, Rune und Marc waren einfach noch nicht so weit.
Marc verband mir also die Augen und half mir aufs Pony.
Blind zu reiten war zuerst ein schreckliches Gefühl. Ehrlich gesagt hatte ich einfach nur Angst. Ich klammerte.
Marc bemerkte meine Angst und fing wieder an mit mir zu reden, dieses Mal aber über seine Geschichte.
»Ich bin schwer gefallen und seitdem ist nichts mehr wie es war. Ich habe Angst vor Pferden und vor allem vorm reiten. Wenn ich ans reiten denke fühle ich mich nicht mehr frei und es fühlt sich nicht mehr wie fliegen an, es ist nur noch ein Horror.«
»Das tut mir leid...«, sagte ich ruhig.
»Brauch es nicht, wirklich. Es geht mir schon besser. Ich kann schon wieder mit Pferden umgehen und so langsam verschwinden die dunklen Wolken in meinem Kopf. Hier zu sein hilft mir wirklich sehr, einfach mal in Ruhe gelassen zu werden und nicht immer unter Druck gesetzt werden, das hilft und Rune hilft...«
»Ich verstehe, ihr habt eine ganz bestimmte Beziehung zu einander, hab ich recht?«, fragte ich vorsichtig. Ich wollte ihn nicht zu nahe treten oder gar noch Salz in die Wunde streuen.
»Stimmt, er ist wirklich was besonderes und wunderschön ist er noch dazu.« Marc klopfte Rune liebevoll den Hals - das hörte ich.
Marc hatte recht, Rune war ein Dunkelfuchs mit einer hellen Mähne. Dazu war er gar nicht so klein und hatte ein korrekten sportlichen Körperbau. Er war wirklich hübsch.
Für mich war es schwer nachvollziehbar was einen Reiter so aus der Bahn werfen konnte, dass er sogar Angst im Umgang mit den wunderbaren Tieren hat, also fragte ich vorsichtig nach.
»Du Marc, was ist denn eigentlich passiert?«
Er atmete einmal tief ein und fing an zu erzählen.
»Ähm also ich war mit meiner Stute auf einem Vielseitigkeitsturnier und es lief wirklich gut, dann hat sie sich aber vor irgendwas erschreckt und ist einfach kopflos über den Platz galoppiert. Ich dachte sie würde sich schnell beruhigen, aber sie fing an zu bocken und lief immer weiter und weiter. Als wir dann am Ende des Platzes ankamen wollte sie dort weg und versuchte über den Zaun zu springen.« Seine Stimme stockte und er brauchte erst eine Pause bevor er weitermachen konnte.
»Also sie setzte zum Sprung an und blieb mit ihren Vorderbeinen hängen, ich fiel runter und sie fiel auf mich. Ich dachte ich würde sterben. Mir tat alles weh. Es war schrecklich...«
Er versuchte wirklich sich zusammen zu reißen, aber ich hörte wie schwer es ihm fiel. Ich bekam Gänsehaut.
Ich sah es zwar nicht aber ich konnte mir sehr gut vorstellen wie er gerade mit den Tränen kämpfte.
Zum Glück kreuzte Theo unseren Weg, so lenkte sie uns wenigstens ein bisschen ab.
Unsere Strecke war so konzipiert, dass wir nach jeder Station den Weg mit Sabine oder Theo kreuzten, so konnten sie kontrollieren ob wir wirklich das ausführten was wir auch sollten.
»Wie ich sehe läuft alles so wie es sollte«, meinte Theo freundlich.
Ich sah zwar nicht wo sie war, konnte aber erahnen an welcher Stelle sie wohl gestanden haben musste.
»Geht noch ein Stück weiter bis um die Kurve, da ist eure 2. Station. Hier das werdet ihr brauchen.« Theo gab Marc einen Strick und ließ uns weiter gehen.
Endlich durfte ich meine Augenbinde abnehmen.
Meine Augen mussten sich erst wieder an das Licht gewöhnen und ich versuchte erstmal vorsichtig zu blinzeln, es war hell hier draußen und eigentlich wunderschön.
Ich hatte keinen blassen Schimmer wo wir mittlerweile gewesen waren, aber dies störte mich auch nicht.
Die zweite Aufgabe bestand darin, dass Marc und ich unsere Beine aneinander binden und so weiter gehen mussten.
Dies war nicht weiter schwer und stärkte eigentlich noch mehr das Vertrauen zwischen uns. Ich glaube das war auch das Ziel dieser Schnitzeljagd, vertrauen im Team aufbauen. Sowohl zwischen Mensch und Tier als auch untereinander.
Diese Aufgabe ließ uns noch mehr über Gott und der Welt quatschen und der Weg erschien nur noch halb so lang.
Als wir unseren Weg mit Sabine kreuzten erzählte sie uns nur kurz wo wir wieder hin mussten und ließ uns dann auch schon weiter.
Die dritte Aufgabe war schon ein wenig gewagter und zeigte wie sehr Sabine uns und unseren Ponys vertraute.
Wir sollten eine Strecke mit unseren Ponys absolvieren ohne sie festzuhalten oder mit ihnen zu reden. Also reine Kommunikation über die Körpersprache.
Wir hingen also die Zügel über die Hälse und probierten erstmal ein wenig rum. Ich wusste, dass Marc das schon auf dem Reitplatz mit Rune gemacht hatte, aus diesem Grund war es für sie natürlich ein leichteres Spiel als für mich und Jaromir. Bei den beiden funktionierte das Ganze auf Anhieb gut, natürlich gab es ein paar anfängliche Schwierigkeiten, aber alles in allem haben sie das mit Bravour gemeistert. Jaromir war zuerst extrem stur und bewegte sich keinen Meter vorwärts, dann hat Marc mir einen langen, dünnen Stock zur Hilfe gegeben. Auf einmal lief es richtig gut, ich konnte meine Hilfen viel deutlicher machen und Jaromir wusste viel schneller was ich meinte.
Zur 4. Station war es nicht so weit, diese hatte es aber in sich.
Wir mussten zusammen mit unseren Pferden einen steilen Abhang hinunter, durch einen kleinen Bach und dann wieder auf der anderen Seite hoch gehen. Es forderte höchste Konzentration und gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Diese Station war die Erste wo Sabine und Theo aufpassten.
Wir gingen sehr langsam den Abhang hinunter. Wir mussten wirklich aufpassen, dass Rune und Jaromir nicht weg rutschten. Zum Glück vertrauten sie uns wirklich blind, sie taten alles für uns.
Mich überraschte es, dass Rune dort runter gegangen ist, obwohl er ja so einen schweren Unfall an einem Abhang hatte, dies zeigte aber einfach was für ein menschenorientiertes Pony er doch gewesen war. Es war toll.
Am Bach hatte Jaromir kurz gezickt, er wollte partout dort nicht durch gehen.
Sturer Esel, dachte ich, aber als ich dann im Bach stand ging auch er mit viel Geduld endlich durch. Das Hochgehen war dann nicht ganz so schwer gewesen, es war einfach nur anstrengend.
Die 5. Station war direkt dort wo wir waren und Theo sagte uns was zu tun war.
Wir mussten ein Kunststück ausführen.
Sie gab uns verschiedene Karten mit verschiedenen Kunststücken und wir sollten eine Karte ziehen und das was draufstand einstudieren.
Erst als wir es korrekt ausgeführt hatten, durften wir weiter.
»Das wird auch eure Station sein, ihr müsst den anderen eine Karte geben und sie müssen es einstudieren, sie dürfen erst weiter wenn es richtig ist.«
Wir nickten und Theo ließ uns eine Karte ziehen. Unsere Übung war echt nicht schwer und wir schafften es schon in wenigen Minuten.
Wir mussten einfach Rune und Jaromir rückwärts durch einen kleinen Parcours schicken und dann Rückwärts einparken.
»Ihr habt das super gemacht, jetzt müsst ihr nur noch 500m weiter gerade aus, bis zur Lichtung und dort positioniert ihr euch.«
Das Theo uns lobte machte mich richtig Stolz, das war einfach eine Bestätigung für unsere harte Arbeit, die wir dort unter Beweis stellen konnten.
Marc hatte sich unglaublich viel mit Rune erarbeitet und das zahlte sich echt aus.
Unsere Station war für viele eine große Herausforderung. Man hat gesehen, dass sie sich nicht mit der Bodenarbeit beschäftigt hatten, obwohl sie genug Möglichkeiten gehabt haben.
Es war ein Chaos und an dieser Stelle konnte man noch nicht sagen wer gewinnen würde.
Sie standen alle lange bei uns und am Ende entschied sich das Rennen Kopf am Kopf im Endspurt.
Tja so schnell kann man Letzter werden.
Auf dem Rückweg taten mir die Füße weh und Marc bot mir an mich auf Jaromir zu setzen.
Ich lehnte dankend ab und beschritt den Weg zu Fuß, genauso wie er auch.
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