Die 1. Reitstunde
Ich streichelte den kleinen Wallach und sah, dass Emil und Theo auf mich zu kamen.
»Darf ich vorstellen, Jaromir«, meinte Theo während sie ihre Hand auf seine Mähne legte.
Jaromir hingegen graste einfach weiter und ließ sich von uns nicht stören.
»Dann können wir ja los«, trug Emil an unserem Gespräch bei.
»Au ja, super gerne. Aber ich verstehe es nicht ganz, warum stand ich hier so lange? Warum sind wir nicht schon vor einer halben Stunde los gegangen?« Ich verstand noch nicht so ganz den Zusammenhang zwischen dem was passiert war und dem Verhalten von den anderen beiden und dies äußerte ich auch so.
»Ganz einfach, du warst noch nicht so weit.«
Ich verstand nicht was Theo mir damit sagen wollte.
»Wie ich war noch nicht soweit? Bin ich jetzt etwa weiter?«, warf ich noch viel verwirrter ein.
»Was ist schon eine Reiterin ohne Pferd?«, sagte Emil.
»Keine Reiterin, schätze ich«, witzelte ich.
»Da hast du wohl Recht«, grinste er zurück.
»Ja aber hättet ihr mir nicht einfach irgendeins geben können?« Ich verstand immer noch nicht so recht, worauf sie hinaus wollten.
»Doch schon«, fügte Theo hinzu. »Aber so wissen wir doch garnicht ob das Pferd dich leiden kann.«
»Du musst mit deinem Pferd klar kommen und ihr müsst euch vertrauen, anders könnt ihr keine Einheit bilden«, meinte Emil.
»Er hat recht. Du könntest dir einfach ein Pferd hier aussuchen, welches du hübsch findest oder dir auf dem ersten Blick gefällt, aber gefällst du auch ihn? Was ich damit sagen will ist, dass Jaromir dich ausgesucht hat, weil ihm was an dir auffällt, was ihn neugierig macht. Für die anderen warst du nicht vertraut genug oder sie fühlten sich einfach nicht zu dir hingezogen. Jaromir hingegen hat dich bewusst ausgewählt. Und wenn ich ehrlich sein soll ist er ein Glücksfall.« Theo schwärmte nur so von dem kleinen Wallach und ich betrachtete das Ganze auf einmal von einer ganz anderen Seite.
Wir gingen zusammen mit Jaromir zurück zum Hof, der kleine Wallach tapste einfach neben mir her und folgte uns auf Schritt und Tritt.
Sabine wartete schon auf uns und als sie uns die Auffahrt entlang gingen sah meinte sie nur schmunzelnd: »Jaromir also. Ich hab mir schon gedacht, dass Theo dir nicht einfach irgendein Pferd in die Hand drückt.«
Theo grinste und erwiderte: »Du kennst mich halt zu gut!«
Der kleine Jaromir wurde blitzschnell angebunden und fertig für die Reitstunde gemacht.
Wir gingen in den Roundpen und dort kam ich an die Longe.
Sabine war noch kurz in der Sattelkammer, während Theo mir beim aufsteigen geholfen hatte.
»Absteigen.«
Hörte ich aus der Richtung des Stalls und drehte mich um.
»Raus aus dem Sattel, den brauchen wir heute noch nicht.« Sabine kam aus dem Stall und hielt einen Voltigiergurt in der rechten Hand. In ihrer linken hatte sie ein gebissloses Reithalfter.
Mit einem Schwung stand ich schon wieder neben Jaromir und Theo öffnete den Sattelgurt. Emil öffnete die Trense und zog Jaromir die Zügel über den Kopf.
Sabine Betrag den Roundpen.
»Wir fangen ganz leicht an und Zügel brauchen wir erstmal nicht«, sagte sie und stellte sich in die Mitte des kreisrunden Sandplatzes.
Jaromir hatte in der Zwischenzeit den Gurt und das Reithalfter auf bekommen.
Mit einem Schwung warf Emil mich wieder auf Jaromirs Rücken und Theo befestigte die Longe.
Die Zügel nahm Theo noch schnell ab und setzte sich dann mit Emil auf den Holzzaun des Roundpens.
»Fühlst du dich wohl?«, fragte Sabine und musterte meinen Sitz.
»Es ist sehr gemütlich auf Jaromir«, antwortete ich und lächelte.
»Oh ja genau das ist er! Er ist so gemütlich wie ein Sofa und seine Gänge sind butterweich. Jaromir hat schon sehr vielen Kindern das Reiten beigebracht«, schwärmte auch Sabine.
»Nichts desto Trotz, musst du dich ein Stück weiter nach vorne setzen, deine Beine ganz lang machen und deine Hacken runter. Deine Hände lässt du am besten erstmal einfach an den Haltegriffen, wenn du dich traust kannst du auch loslassen.«
Das Tat ich auch, ich fühlte mich auf dem kleinen Wallach so wohl und ließ einfach los.
Sabine sagte mir, dass ich mich in verschiedene Richtungen strecken und mich lockerer in der Hüfte machen sollte.
Ich verstand zuerst gar nicht so richtig was Sabine damit meinte, aber als ich mich dann von der Bewegung von Jaromir leiten ließ und nicht mehr so verkrampft da saß, merkte ich einfach wie entspannter es auf einmal für mich war.
»Wir halten es heute wirklich noch ganz leicht, Schritt und mehr erst einmal nicht«, meinte Sabine in einem strengen, aber dennoch liebevollen Reitlehrerton.
Für mich war es ganz klar in Ordnung, mir war bewusst, dass ich nicht einfach mich drauf schwingen und dann so los reiten komntebwie Theo oder Nick.
Gerade mit Jaromir musste ich mich erst einfinden, er war so viel fauler als Rocky und er blieb gerne stehen wenn ich unaufmerksam war. Obwohl er ein gutes und langjähriges Schulpferd gewesen war, war er dennoch alles andere als abgestumpft. Er war einfach ein sehr ruhiges und gemütliches Pferd.
Ich hatte ordentlich was zu tun mit meinen Beinen. Vorhin hatte Theo die meiste Arbeit gemacht und ich ließ mich einfach durchschaukeln, dann aber musste ich alles alleine machen und nur im äußersten Notfall half Sabine sanft mit einer langen Peitsche aus.
Im Großen und Ganzen aber war das eine richtig tolle erste Reitstunde. Ich hab mich richtig wohl gefühlt und auch Jaromir gefiel mir sehr gut.
Sabine als Reitlehrerin gefiel mir auch, sie hatte zwar eine gewisse Strenge an sich, die sie nur hatte wenn sie Reitstunden gab, aber sie war trotzdem sehr nett und stets auf den einzelnen Reitschüler angepasst.
Ich glaube mich hätte es zu dem Zeitpunkt nicht besser treffen können, die Reitlehrerin, das Pferd und auch die Umgebung waren einfach traumhaft.
Nach der Reitstunde haben wir Jaromir abgesattelt und fertig für die Weide gemacht.
Der kleine Wallach war auch hier stets artig, auch als Nick auf einmal hinter mir auftauchte und ich mich so erschreckte, dass ich einen lauten Schrei von mir gab, stand er da und zuckte nicht einmal mit den Wimpern.
»Meine Güte hast du mich erschreckt«, meinte ich und schlug Nick freundschaftlich gegen seine Schulter.
Nick lachte nur und fragte dann: »Kommt ihr gleich wieder zum Spielplatz?«
Theo, Emil und auch ich waren uns einig und willigten ein.
Jaromir war fertig für die Weide und wartete nur darauf, dass es los ging.
Emil setzte mich auf Jaromir und führte mich vom Hof.
Ich ließ mich also durch schaukeln und Emil führte mich bis zur Weide. Theo und Nick hingegen waren schon mit dem Fahrrad zum Spielplatz gefahren.
Jaromir freute sich darüber, dass er sich wieder den Bauch voll hauen konnte und mit seinen Freunden um die Wette flitzen durfte.
Er war wirklich ein wunderschönes und sehr liebenswertes Kerlchen und er gefiel mir von Anfang an super gut.
Emil und ich schauten uns das Treiben der Pferde noch für ein paar Minuten an und gingen dann zusammen zum Spielplatz um mit den anderen bis zum Abend zu spielen.
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