Kapitel 18
"Ich weiß, es war nicht in Ordnung von uns, dir das so lange nicht zu verraten, aber wir dachten, es ist besser so", begann meine Mutter. "Jetzt komm endlich auf den Punkt!", fauchte ich. "Gut, ich komme auf den Punkt. Aber sei mir bitte nicht böse." Bevor miene Mutter weiter sprach, machte sie eine kurze Pause. Wahrscheinlich um die Spannung zu steigern, oder so. "Anna", sagte sie dann, "Du dürftest eigentlich gar nicht existieren."
Ok, warte mal. Was?! Das war mal ein Schock auf einem ganz anderen Niveau. Fragend schaute ich meine Mutter an. Endlich erklärte sie mir alles:
"Dein Vater war ein Wolf, Anna. Du weißt, ich habe dir immer erzählt, dass er nach deiner Geburt gestorben wäre. Das ist nur halb richtig, denn er wurde ermordet. Von seinem eigenen Rudel. Er war früher der Alpha der Dunklen. Wahrscheinlich fragst du dich jetzt, warum er getötet wurde. Nun... Wegen dir."
Heiliger Bimbam, das wurde ja immer schlimmer! Um nicht vor Schreck umzukippen, musste ich mich doch hinsetzen, um meiner Mutter weiter zuhören zu können.
"Ich bin ein Mensch. Das kann ich dir garantieren. Und genau das ist das Problem. Die Wölfe haben schon immer großen Wert darauf gelegt, dass ihre Existenz geheim bleibt, dass weißt du mittlerweile sicher auch. Deshalb durften keine Menschen dem Rudel zu nahe kommen, geschweige denn durfte ein Wolf in irgendeiner Art und Weise eine Beziehung mit einem Menschen eingehen. Dein Vater hat sich immer an diese Regeln gehalten. Er war ein guter Mann. Als wir uns dann aber kennengelernt haben, geriet alles aus dem Ruder. Vor allem, als du dann da warst. Dein Vater hatte gegen die Wichtigste aller Regeln verstoßen: Kein Wolf durfte mit einem Menschen Kinder zeugen, und somit Halbblüter erschaffen, denn die Wölfe sagten immer, dass Halbblüter ihr Geheimnis gefährden könnten.
Normalerweise werden Halbblüter vom Rudel getötet, und nur wenige überleben. Dein Vater hat mich früh genug gewarnt, und ich konnte gemeinsam mit dir flüchten. Er aber wollte dem Rudel nicht verraten, wo wir waren, deswegen wurde er an deiner Stelle getötet. Es tut mir so leid, Anna!"
Für einen Moment musste ich meiner Mutter klar machen, dass ich kurz eine Pause brauchte. Kein Wort kam über meine Lippen. Als ich mich ein wenig erholt hatte, wurde ich weiter mit der Wahrheit überschwemmt:
"Jan, dein Vater, hat mir gesagt, an welchen Anzeichen ich erkennen würde, ob du wirklich ein Halbblut bist. Ich stellte fest, dass du äußerlich kaum Zeichen eines Wolfs aufweist, aber innerlich fast ein ganzer bist. Du hast dunkle Augen, Anna. Eines der Zeichen, und das einzige deiner äußeren Zeichen.
Du hast stärkere Sinneswahrnehmungen als normale Menschen. Das ist dir wahrscheinlich nie aufgefallen, weil du es nicht anders kennst. Du bist nachtaktiv, und wirst abends nur sehr langsam müde. Wenn du es willst, kannst du schnell laufen, und du hast dieses starke Verlangen nach Wald in dir. Das stimmt doch alles. Oder, Anna?"
Ich konnte nur nicken, da ich zu sehr mit Informationen zugeschüttet wurde. Endlich ergab mein ganzes Leben einen Sinn.
"Eine Sache noch", lenkte meine Mutter ein, "Bitte bleib hier. Du gehörst in meine Welt. In die Welt der Menschen. Wenn die Dunklen herausfinden, wer du bist, werden sie dich töten!"
"Dann sollen sie mich eben töten. Hauptsache ich bin zuhause!", dachte ich, denn so wie ich die Erzählung meiner Mutter intepretierte, gehörte ich sehr wohl zu den Wölfen. Denn ich hatte mehr Wolf als Mensch in mir.
Ich hatte die Informationen noch gar nicht richtig verarbeitet, als ich vom Tisch aufsprang. "Tut mir leid, Mum. Aber ich muss nach Hause!", presste ich hervor, und stürmte aus dem Haus.
Die Tränen unterdrückend lief ich auf den Wald zu. Ob ich zum Rudel sollte, wusste ich noch nicht, aber ich wollte wenigstens in den Wald.
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