Noch schläfrig schlurfte ich zur Bushaltestelle am anderen Ende unseres Dorfes.

Als endlich der Bus ankam, und ich einstieg, rechnete ich nicht damit, meine beste Freundin Sophie dort sitzen zu sehen. Normalerweise fährt sie nämlich nicht mit dem Bus. Ich lies mich neben ihr in den Sitz plumpsen. "Morgen!", begrüßte sie mich fröhlich. Es war mir nach all den Jahren unsere Freundschaft immer noch ein Rätsel wie man so früh schon so viel Energie haben konnte. "Morgen", knurrte ich zurück. Erst jetzt bemerkte ich , dass Sophie ihr Englischbuch in der Hand hielt. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, fragte sie: "Und? Hast du für den Vokabeltest gelernt?" Ich schreckte hoch. Vokabeltest?! Ich wusste doch, dass ich irgendetwas vergessen hatte!

Ich wandte mich zu Sophie um und schüttelte nur müde den Kopf. Andererseits machte ich mir wegen dem Test keine Sorgen. Ich war in Englisch eigentlich schon immer ziemlich gut, und hoffte deswegen einfach, dass der Test nicht so schlecht ausfallen wird.

Als wir nach 20 Minuten vor der Schule ausstiegen,  wurde meine Nervosität doch etwas größer, denn bis jetzt war es noch nie vorgekommen, dass ich völlig unvorbereitet einen Test schrieb. Ich würde mich nicht als Streberin bezeichnen, jedoch war es mir sehr wichtig, gute Noten zu schreiben, mal ganz abgesehen von meiner Mutter. Sie war echt immer nett und geduldig, doch wenn es zum Thema Noten kam, war sie sehr, naja... Sagen wir mal perfektionistisch. Ich durfte höchstens eine 2 schreiben, alles darunter war der Weltuntergang für sie. Ich meine, ich bin es gewohnt das sie so ist, deswegen hinterfrage ich es nicht und bin da einfach selbst sehr perfektionistisch geworden.

Jedenfalls schrieben wir den Vokabeltest gleich in der ersten Stunde, was alle ungemein freute, denn so hatten wir es schnell hinter uns. Als unser Lehrer die Tests austeilte, war es tatsächlich nicht so schlimm. Ich konnte alle Wörter übersetzten, war mir jedoch bei manchen nicht sicher. Meine Konzentration schweifte oft ab und ich dachte an Abend, wenn ich das Rudel wieder besuchen konnte. Jedenfalls gab ich den Test ab, und ging nach draußen, wo wir immer warten sollten, bis die anderen fertig waren.

Als ich am Nachmittag nach der Schule nach Hause kam, stand das Auto meiner Mutter schon in der Einfahrt, was mich sehr wunderte, da sie sich erst für später angeküdigt hatte. Ich betrat das Haus, und wurde von einem himmlischen Duft überrascht. "Hallo, Mum!", rief ich in die Küche. "Hallo, Anna! Es wurde doch etwas früher. Setz dich schon mal an den Tisch, das Essen ist gleich fertig!", rief sie zurück.

Ich hatte doch gewusst, warum ich mit dem Rudelbesuch noch warten wollte. Wäre ich nicht pünktlich von der Schule nach Hause gekommen, wäre meine Mutter wahrscheinlich durchgedreht.