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„Was hast du an mir bewundert?", frage ich perplex.
„Du hast schon so früh gewusst, was dich glücklich macht. Du warst so stolz, als dir Betty deine erste Nähmaschine geschenkt hat, dass du allen in der Schule davon berichtet hast. Ash hat sich damals schon selbst Klamotten genäht. Darauf waren die anderen immer sehr neidisch. Und jetzt bist du mit die erfolgreichste Designerin. Die Leute reißen sich um deine Sachen". Caleb hat mich die gesamte Zeit mit funkelnden Augen und einem dicken Grinsen angesehen.
„Unsere Wohnung ist manchmal wie ein zweites Atelier. Aber ich liebe das. Ash ist so produktiv. Aber das was ich so an ihr liebe ist, dass sie trotz des ganzen Erfolgs und Presse überhaupt nicht abgehoben ist. Sie ist die beste Freundin die ich je hatte. Eigentlich mehr wie die Schwester dich ich nie hatte", meint Teddy und sieht mich lächelnd an.
„Daher kann ich auch nicht verstehen, wieso sie keinen Mann abbekommt. Sie ist so eine tolle Frau. Bist du in einer Beziehung, Caleb?", fragt Teddy grinsend.
Jetzt weiß ich was ihr Plan ist. Sie ist in keinster Weise an ihm interessiert. Sie preist mich Caleb ja regelrecht an.
„Nein, ich bin in keiner Beziehung. Vielleicht schüchtert Ash's Erfolg auch einfach die Männer ein", meint Caleb und zuckt grinsend mit den Schultern, während er sich über sein Kinn streicht.
Er trägt heute einen hellblauen Pullover und eine dunkle Jeans. So wie immer. Casual. Ehrlich gesagt, kann ich ihn mir auch gar nicht anders vorstellen. Nur die Brille ist neu. Damit habe ich ihn noch nie gesehen.
„Es gibt durchaus Männer, die mein Beruf nicht einschüchtert. Es sind nicht alles Idioten. Ich gehe mir etwas vom Buffet holen", sage ich und stehe von meinem Platz auf. Wie soll ich den restlichen Tag bitte überstehen, wenn Caleb ständig in meiner Nähe ist? Mit seinen dunklen, wuscheligen Haaren, macht er mich noch ganz verrückt.
„Hey, wieso haust du denn einfach ab? Gib es zu du findest ihn noch immer attraktiv. Ich finde, ihr wärt ein tolles Paar", meint Teddy nachdem sie hinter mir her gekommen ist.
„Ich haue doch nicht ab, so ein Quatsch. Sein Gerede nervt mich. Ich hab dir erzählt was er damals gemacht hat. Keine Ahnung wieso er mich nicht einfach in Ruhe lassen kann".
Um ehrlich zu sein, habe ich auch keine Lust weiter darüber nachzudenken.
„Betty, du siehst heute richtig gut aus. Dieses Kleid steht dir ausgesprochen gut. Da hast du ein gutes Händchen beim Kauf bewiesen", meint Cindy und sieht meine Gran bewundernd an.
Na toll. Verfolgt sie mich etwa? Teddy merkt meine Anspannung und legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.
„Vielen Dank, Kindchen. Allerdings habe ich es nicht gekauft. Ashley hat es mir zum Geburtstag geschenkt und es eigens für mich entworfen", antwortet Granny strahlend.
„Das ist wirklich nett". Cindy's Blick offenbart allerdings ihre wahren Gefühle.
„Tja, Ashley hat es einfach drauf. Betty, ich gratuliere dir auch noch mal persönlich. Auf die nächsten achtzig Jahre", meint meine beste Freundin grinsend und rettet mich somit aus einer Situation, die mit Sicherheit auch anders hätte enden können. Cindy scheut schließlich vor keinerlei Konfrontation.
Da Teddy mit Granny ins Gespräch vertieft ist, gehe ich alleine zurück zu unserem Tisch. Natürlich wartet ein grinsender Caleb auf mich.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, du gehst mir aus dem Weg", meint er und sieht mich grübelnd an.
Was hat er denn bitte erwartet? Das ich seine Aktionen von damals einfach vergesse und so tue als wäre nie etwas gewesen? Da hat er sich aber geschnitten.
„Scheinbar kannst du dich auf dein Gefühl sehr gut verlassen. Ich habe überhaupt keine Lust mich mit dir zu unterhalten. Der Zug ist lange abgefahren".
Ich höre ihn seufzen.
„Ash, das ganze ist so lang her, meinst du nicht wir sollten das Kriegsbeil begraben und uns wie zwei Erwachsene verhalten?"
Ich schließe grinsend meine Augen und schüttele kaum merklich den Kopf.
„Caleb, das war kein Dummerjungenstreich. Du hast mit deinen tollen Kumpels gewettet, mich, die kleine schüchterne und unbeliebte Ashley herumzukriegen. Du hast mir vorgetäuscht in mich verliebt zu sein. Und als du es dann endlich geschafft hast, hast du nicht einfach so aufgehört, nein. Ihr habt mein Tagebuch geklaut und meine Gedanken in der Schule verbreitet. Hast du eigentlich eine Ahnung was ihr mir damit angetan habt? Und jetzt soll ich so tun als wäre alles vergessen und verziehen? Darauf kannst du lange warten".
Ich schiebe meinen Teller gequält zur Seite. Mir ist der Appetit vergangen.
„Du hast Recht. Ich war ein Arschloch. Es tut mir leid. Können wir nicht nochmal von vorn beginnen?", fragt er und reicht mir seine Hand.
Ich sehe ihn unschlüssig an.
„Los gib dir einen Ruck und ich beweise dir das ich mich geändert habe".
Naja. Was hätte ich schon zu verlieren? Sobald ich zurück in Washington bin, werde ich ihn ohnehin nicht mehr sehen.
„Also gut. Aber das heißt nicht, dass ich dir wieder vollkommen vertrau. Das ist vorbei. Vielleicht habe ich so eine Chance, meine restlichen Tage in Rosehill nicht ganz verkrampft zu verbringen", stimme ich zu und nehme seine Hand entgegen.
Dann ist es soweit.
Haut an Haut.
Nicht das ich die letzten Jahre wie eine Nonne gelebt habe. Allerdings habe ich schon lange nicht mehr so ein Kribbeln gespürt. Nichtmal bei Marc.
„Ja, also. Gehst du auf das Klassentreffen?" Innerlich haue ich mir die Hand vor die Stirn.
Caleb räuspert sich kurz und setzt dann ein neutrales Gesicht auf. „Ich weiß es noch nicht. Als vor ein paar Monaten diese dämliche Einladung bekommen habe, wollte ich eigentlich sofort absagen. Aber irgendwie wäre es doch spannend zu erfahren, was aus den anderen so geworden ist, findest du nicht?"
„Im Ernst? Ich glaube wir beide sind die einzigen, die jemals aus diesem Kaff rausgekommen sind. Außerdem habe ich keine Einladung bekommen. Nicht das ich darauf bestanden hätte. Ich würde ohnehin nicht hingehen", antworte ich und sehe zu Teddy. Diese hat sich ihren Teller besonders voll gemacht. Typisch Teddy.
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