7️⃣
Marco's Sicht
"Hey! Aufwachen!!" ein lautes Gebrüll fegt durch den Raum und reißt mich aus meinem leichten Dämmerschlaf.
Eine große Pranke packt grob an meinem Oberarm und zieht mich von meinem Stuhl herunter, so das ich nicht reagieren kann und mit voller Wucht mit den Knien auf dem Boden aufschlage:
"Aaaaah!"
"Stell dich nicht so an, wegen den paar Kratzern! Aufstehen, dalli!"
Mit leichten Tränen in den Augen richte ich mich wackelig auf und schaue Sergej direkt ins Gesicht.
"Rücken zu mir drehen!" heute ist er wirklich noch wortkarger als sonst und ungeduldig scheint er ebenfalls zu sein.
Keine Sekunde nach dem Beenden seines Satzes, ist er mir gewaltsam bei meiner Drehung behilflich.
"Hände auf den Rücken!" knurrt mir der Russe in mein Ohr, was ich sofort ausführe.
Sergej bindet meine Handgelenke mit einem der Seile zusammen, mit denen ich damals auch die Frauen habe fesseln müssen und schnürt mir fast das Blut damit ab.
"Das ist zu fest!" knurre ich vor mich hin, doch das interessiert Sergej natürlich kein Stück:
"Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt? Halt die Schnauze!"
Ich senke meinen Kopf, starre den Boden an und hoffe, das mir meine Hände nicht im laufe der nächsten paar Minuten absterben werden.
Völlig überraschend legt mir Maxim's Bodyguard eine Augenbinde an, die er zum Glück nicht ganz so fest zuschnürt und somit eine gute Aussicht besteht, das ich mein Augenlicht nicht verliere.
"Du hältst deinen Mund! Haben wir uns verstanden? Ansonsten werde ich ihn dir stopfen!"
"Ja!" mein Herz beginnt im Dreieck zu springen, da ich nicht weiß was jetzt passiert und wo wir hingehen.
Einen kurzen Moment ist alles still.
Nur Sergej's und meine Atemgeräusche sind noch in dem Raum zu hören.
In meinem Kopf sammeln sich so viele Fragen, die nach einer Antwort verlangen, aber leider nicht ausgesprochen werden dürfen und können.
Direkt vor mir spüre ich eine körperliche Präsenz.
Kurz darauf drückt mir etwas in den Magen, eine Hand platziert sich in meine Kniekehlen und mit einem Ruck erhebe ich mich in die Lüfte.
Da ich überhaupt keine Möglichkeit habe mich zu orientieren, zappel ich vor lauter Angst so wild herum, das Sergej's Griff unerträglich schmerzt:
"Ich sage das nur einmal! Halt still! Ausser, du möchtest mit deinem Kopf ungebremst auf den Boden fallen."
Ganz ruhig Marco!
Er wird dich nicht fallen lassen, sonst hätte er dich nicht gewarnt!
Während sich die russische Schulter in Dauerschleife in meinen Magen drückt und Sergej mich aus diesem Raum raustransportiert, muss ich wieder an Cedric denken und hoffe so sehr, das er wirklich noch lebt.
"Sergej?"
"Du sollst deine scheiß Fresse halten!"
"Aber... Ich will wissen ob Cedric wirklich lebt. Ich will den Beweis!"
"Hahhahaa. Du musst dich schon auf unser Wort verlassen. Wenn sie ihn rechtzeitig gefunden haben, lebt er auch!"
Seine Worte stoßen mir unangenehm auf.
Diese Ungewissheit, ob Cedric lebt oder nicht, frisst mich innerlich fast auf.
Als wir das Gebäude verlassen, höre ich die aufgeregte Stimme meines Vater's.
Leider spricht er wieder nur diese dämliche Fremdsprache, mit der ich rein gar nichts anfangen kann.
Nachdem das Geräusch einer zuknallenden Autotüre zu hören ist, läuft mein Packesel ein paar Schritte weiter und geht leicht in die Hocke.
Ich werde auf einer Art schmalen Steg angesetzt.
"Kopf einziehen, Füße anwinkeln, Klappe halten und so wenig wie Möglich atmen!"
"Warum?"
Anscheinend war diese Frage zuviel, denn direkt nachdem ich mein Mund geschlossen habe, verspüre ich einen brennenden Schmerz auf meiner Wange während mein Kopf auf die rechte Seite geschleudert wird.
Er hat es oft genug gesagt!
Halt einfach den Mund!
Wie befohlen ziehe ich mein Kinn so nah wie möglich an mein Brustbein und krümme meinen Oberkörper.
Nach einen kurzen, heftigen Stoß falle ich rückwärts in einen kleinen engen Raum.
Sergej hilft etwas nach und bricht mir fast meine Beine, was ich mit schmerzerfüllten Lauten kund tue.
Letztendlich knallt direkt über mir etwas zu, was jegliche Geräuschkulisse verschlingt.
Als ich mich gerade frage, wo genau ich mich befinde, wird ein Motor gestartet.
Mir wird schlagartig bewusst, das ich mich in einem Kofferraum befinden muss.
Nicht gerade angenehm wenn man sich in so einem engen und schlecht belüfteten Raum aufhält und man nicht weis, was mit einem geschieht.
Ich verstehe nicht genau, warum die Idioten mir eine Augenbinde verpasst haben, wenn ich doch jetzt in diesem Kofferraum liege und eh nichts sehen kann.
Die Fahrt dauert nicht wirklich lange, jedoch bin ich überaus froh, als der Kofferraum wieder geöffnet wird und somit frische Luft meine Lungen erreicht.
Zwei kräftige Arme ziehen meine Beine grob über die Kante des Kofferraum und packen anschließend nach meinem Oberkörper, um mich heraus zu ziehen.
Als ich wieder mit beiden Beinen auf festen Boden stehe, macht mir die Orientierungslosigkeit schwer zu schaffen, was mein Körper mit starkem Schwanken preis gibt.
Ob sie meine Füße jetzt mit Beton umhüllen und mich irgendwo versenken?
Neeein, dann könnte Maxim sich doch nicht mehr an dir austoben.
An meiner Seite trifft eine Person ein, die mich wieder grob an meinem Oberarm packt.
Diesmal muss es mein Vater sein, denn seine Hände sind etwas kleiner als die der gewaltsamen Gorillas.
"Maxim?"
"Was?" zischt er mir zu.
"Ich will wissen, ob Cedric lebt!" nuschel ich mit zittriger Stimme, da ich jederzeit mit einem Schlag oder ähnlichem rechne.
"Er lebt und sie haben ihn vor kurzem gefunden. Damit ist das Thema erledigt und ich will nichts mehr von dir hören, verstanden?" knurrt er mir entgegen und zerrt mich näher zu sich.
Ein großer Stein fällt mir vom Herzen.
Natürlich kann ich mir nicht zu hundert Prozent sicher sein, ob Maxim die Wahrheit sagt oder nicht.
Allerdings hätte er von einer Lüge rein gar nichts.
Ihm wird es egal sein ob ich kooperiere oder nicht, denn letztendlich bekommt er eh was er will, sei es freiwillig oder mit roher Gewalt.
"Vorsicht! Hier sind zwei Stufen! Kopf einziehen!" ertönt eine fremde Stimme vor mir, während eine Hand an den Kragen meines Shirts packt und eine andere meinen Kopf etwas nach unten drückt.
Maxim lässt von meinem Arm ab und übergibt mich somit der unbekannten Stimme:
"Haben wir noch Zeit?"
"Wir müssen sofort los. Es wird nicht mehr lange dauern, bis alles überwacht wird!" der Unbekannte ist etwas gefühlvoller im Umgang mit mir und buxiert mich auf eine Art Sitz und schnallt mich fest.
Kurz darauf bekomme ich etwas auf meine Ohren gesetzt, das die Umgebungsgeräusche nur noch in gedämpfter Form an mein Ohr dringen lässt.
Ich lehne meinen Kopf zurück und versuche mich etwas zu entspannen.
Mein Kopf platzt fast vor Schmerzen, mein Mund ist schon so gut wie ausgetrocknet und jeder einzelne Muskel meines Körpers brennt wie Feuer.
So lange ich hier drin sitze, wo immer das sein mag, fühle ich mich ein klein Wenig sicher.
Diese Sicherheit nutze ich aus und versuche etwas zu schlafen, damit ich später wieder etwas fitter bin.
Der Schlaf übermannt mich wie eine große Flutwelle und reißt mein Bewusstsein in Sekundenschnelle mit sich.
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Als ich wieder aufwache, habe ich nichts mehr auf den Ohren und die Sitzgelegenheit unter mir, fühlt sich ganz anders an als zuvor.
Wenn mich nicht alles täuscht sitze ich in einem Auto.
Mir ist unbegreiflich wie ich den Wechsel zwischen meinem letzten Aufenthaltsort und dem Auto nicht mitbekommen konnte.
Ich versuche mich auf mein Gehör zu konzentrieren um herauszufinden, wer alles bei mir ist.
Doch ausser dem Motorengeräusch kann ich nichts hilfreiches herausfiltern.
Erst als wir eine sehr lange Zeit später anhalten und nur eine Türe geöffnet und auch wieder geschlossen wird, weis ich, das sich nur noch eine weitere Person hier im Wagen aufgehalten hat.
Neben mir wird die Türe ebenfalls geöffnet:
"Aussteigen!"
Ich folge dem Befehl meines Erzeugers und bemühe mich unfallfrei aus dem Auto zu kommen.
Kaum stehe mit meinen Füßen auf festem Boden und will meinem Bedürfniss, mich zu strecken, nachkommen, werde ich links und rechts wieder an den Armen gepackt und unsanft mitgezogen.
Vermutlich betreten wir ein Haus, durch dessen Flur wir zu einer Treppe gelangen, die uns abwärts führt.
Dort durchqueren wir insgesamt drei Türen, bis wir in unserem Zielraum ankommen.
Zu meiner Überraschung werden mir meine Handfesseln und auch die Augenbinde abgenommen.
Das grelle Neonlicht beißt sich sofort in meine Netzhaut und sorgt für einen ekelhaften Schmerz in meinen Augen.
Durch mehrmaliges Blinzeln versuche ich meine Augen wieder an das Licht zu gewöhnen, während meine Handgelenke unangenehm kribbeln, da das Blut wieder ungehindert und in normalen Mengen hindurch fließen kann.
Ich höre wieder Schritte und dass das Türblatt abermals bewegt wird.
Als ich es endlich schaffe meine Augen offen zu halten, steht Maxim direkt vor mir und mustert mich ganz genau.
"Weist du Sohnemann, da wir uns hier auf für dich fremden Terrain befinden, habe ich mir etwas ausgedacht! Da es schnell mal zu Verwechslungen kommen kann, da sich so viele Menschen in den Bordellen und Auktionen herumtreiben, sollten wir doch jedem auf den ersten Blick klar machen, wer du bist!" das dreckige Grinsen verrät mir, das dieses Vorhaben nichts Gutes sein kann!
Maxim schnippt mit den Fingern, worauf Iwan und Mikail, so nennt er sie jedenfalls, zur Türe hereinkommen.
"Zieh dein Pullover und deine Hose aus!" befiehlt mir mein Vater.
Obwohl es mir total wiederstrebt, tue ich, was mir befohlen wird.
Ich habe mein Wort dafür gegeben, das Cedric Leben darf und darum werde ich Gehorsam sein.
Als ich nur noch in Boxershorts dastehe, legt mein Vater auf dem Boden eine Art Decke aus und zeigt anschließend mit seinem Zeigefinger auf das rote flauschige Stück Stoff:
"Hinlegen und zwar mit dem Bauch auf den Boden!"
Wie in Zeitlupe, lasse ich mich zuerst auf meine Knie fallen, stütze mich darauf auf meinen Händen ab und lege letztendlich meinen Oberkörper auf den Boden.
"Hände seitlich wegstrecken!" knurrt mir Iwan entgegen, dessen Schuhspitzen in meinem Sichtfeld auftauchen.
Was zur Hölle haben die vor?
Meine Arme lege ich wie angewiesen auf dem Boden ab und spüre im selben Moment, wie sich eine tonnenschwere Last auf mein Hinterteil legt.
Mikail sitzt mit vollem Gewicht auf meinem Körper und zertrümmert mir fast mein Becken.
"Mund auf!" schnauzt mich jetzt wieder Maxim an und stopft mir kurz darauf ein großes Stück Stoff in den Mund:
"Das wirst du brauchen!"
Kurz darauf lässt sich auch Iwan auf mich fallen und das Gefühl, erstickt zu werden breitet sich in meinem Körper aus.
Der russische Fettsack hat meine Oberarme unter seinen Schienbeinen vergraben, während er seinen Arsch in meinem Nacken geparkt hat.
Ersticken oder Genickbruch?
Fifty/Fifty würde ich sagen.
Ich weiß gar nicht was mir am meisten weh tut.
Sind es meine Oberarme, mein Becken oder doch mein Nacken?
Macht mir die Luftnot oder die Ungewissheit, über das was bald passieren wird, mehr zu schaffen?
Als ich mich gedanklich festgelegt habe, das mein Nacken mir die größten Probleme bereitet, durchfährt mich ein neuer Schmerz.
Mir treten unweigerlich Tränen in die Augen, als der unbändige Schmerz, einer langsam, aber sehr tief einschneidenden Klinge, auf meinem Rücken zu spüren ist.
Mein Körper versteift sich, soweit es noch möglich ist und meine Zähne rammen sich so fest in den Stoff in meinem Mund, das ich mit meinen zusammengepressten Augen nur noch Sternchen sehe.
Der stumme Schrei, der gerne die ganze Welt zum beben bringen möchte, ist für alle Anwesenden nicht zu vernehmen.
Nur in meinem Kopf dröhnt es so laut, das dieser fast zu platzen droht.
Die paar Laute, die meinen Stimmbänder doch irgendwie entweichen, werden zum Glück nicht kommentiert.
Es fühlt sich an, als wenn das Messer einmal komplett durch meinen Rücken durchgestochen wird und an meiner Brust wieder zum Vorschein kommt.
Meine Sinne gaukeln mir manchmal den Schmerz auch an meinem kleinen Zeh oder unter den Armen vor.
Ich weiß absolut nicht, wohin mit mir selbst.
Die geballte Ladung Schmerz, ist viel zu viel für meinen Körper.
Ich beginne fürchterlich zu schwitzen, mein Puls rast.
Durch meine Atmung kann ich absolut gar nichts regulieren, da ich eh schon um jedes bisschen Luft, das es in meinen Körper schafft, dankbar sein muss.
Meine Sicht wird verschwommen.
Die Welt dreht sich, wie ein Karussell, das mit Speed gefüttert wurde.
Ich merke, wie sich meine Augen von selbst verdrehen, ich habe keine Macht mehr über meinen Körper.
Das Letzte das ich höre, ist das Gemotze meines Vaters:
"Das muss besser sichtbar sein! Es soll auf Lebzeiten jedem ersichtlich sein, das ER mir gehört!"
Kurz danach wird alles schwarz um mich herum.
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