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ZUFÄLLIG PERFEKT

Das leise Knarren der alten Holzbalken unter seinen Stiefeln erinnerte Harry an längst vergangene Tage in Hogwarts. Der Krieg lag inzwischen fünf Jahre zurück, doch die Narben, die er hinterlassen hatte, waren noch immer deutlich spürbar. Nicht nur auf seiner Haut, sondern auch in seinem Herzen. Nach Voldemorts endgültiger Niederlage hatten sich die Leben der Überlebenden in verschiedene Richtungen bewegt. Harry hatte eine Weile gebraucht, um seinen Platz in der Welt zu finden. Auror zu werden, wie er es einst geplant hatte, fühlte sich nicht richtig an. Stattdessen hatte er eine Stelle in der Abteilung für den Missbrauch von Muggelartefakten angenommen – eine Mischung aus Detektivarbeit und magischer Strafverfolgung, die ihm die Möglichkeit gab, anderen zu helfen, ohne ständig an der Front zu stehen. Sein persönliches Leben hingegen war weniger stabil gewesen. Harry hatte versucht, nach dem Krieg mit Ginny eine Zukunft aufzubauen, doch es war nicht so gelaufen, wie beide es sich erhofft hatten. Ginny war jemand, der mit Leidenschaft für ihre Träume kämpfte, und Harry ... nun, Harry hatte irgendwann erkannt, dass er ihre Träume nicht teilen konnte. Die Trennung war einvernehmlich, aber sie hatte ihn mit einer Frage zurückgelassen, die lange an ihm nagte: Hatte er überhaupt einen Platz in jemandes Leben? Seitdem hatte er versucht, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Ein oder zwei Versuche, jemanden kennenzulernen, waren im Sand verlaufen. Nicht weil es ihm an Möglichkeiten gefehlt hätte, sondern weil nichts sich je richtig angefühlt hatte. Die meiste Zeit redete er sich ein, dass er einfach nicht der Typ für Beziehungen war. Er ahnte nicht, dass sich sein Leben innerhalb kaum eines Wimpernschlages für immer verändern würde, und der Grund war sein ehemaliger Erzrivale. Draco Malfoy schien mit seinem Leben klarzukommen, zumindest auf den ersten Blick. Nach seiner überraschenden Entscheidung, Auror zu werden, hatte er sich einen Ruf als verlässlicher und hochkompetenter Kollege aufgebaut. Niemand, am wenigsten Harry, hätte gedacht, dass Malfoy so viel Disziplin und Engagement aufbringen würde. Doch es gab Gerüchte, dass Draco jede freie Minute in die Arbeit steckte. Als hätte er keinen Platz für etwas anderes in seinem Leben – oder für jemanden. Die wenigen Male, die Harry und Draco in den letzten Jahren aufeinandergetroffen waren, hatten sie höflich miteinander gesprochen. Manchmal war es fast angenehm. Doch Harry konnte die Anspannung, die immer in der Luft lag, nicht ignorieren. Vielleicht war es die gemeinsame Vergangenheit. Vielleicht war es einfach die Tatsache, dass Draco immer noch ein Rätsel war, selbst jetzt, Jahre später. Harry schob den Gedanken beiseite. Es gab keinen Grund, sich über Draco Malfoys Leben den Kopf zu zerbrechen. Er hatte genug mit seinem eigenen zu tun. Weihnachten stand vor der Tür, und er hatte nicht einmal daran gedacht, den Weasleys oder Luna und Neville Bescheid zu geben, ob er bei einem der geplanten Festessen auftauchen würde. Vielleicht war es einfacher, die Feiertage mit einer Flasche Feuerwhisky und ein paar Büchern zu verbringen. So wie letztes Jahr. Und das Jahr davor.

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Der Tag vor Heiligabend hätte so entspannt sein können. Draco hatte es fast geschafft, die üblichen endlosen Berichte abzuarbeiten, und sein Schreibtisch war ungewöhnlich leer. Zum ersten Mal in Wochen hatte er die Aussicht, pünktlich zu gehen, und er hatte sogar darüber nachgedacht, den Abend für sich selbst zu nutzen – vielleicht mit einem Buch und einem Glas Rotwein. Doch natürlich war das zu viel verlangt.

»Malfoy!« Die Stimme seines Vorgesetzten riss ihn aus seinen Gedanken. Draco sah auf und entdeckte Chefauror Grayson, der zielstrebig auf ihn zusteuerte. Der ältere Mann wirkte wie immer, als hätte er keine Zeit für Kleinigkeiten, und schob Draco eine dünne Akte in die Hand, bevor dieser überhaupt etwas sagen konnte.

»Ein letzter Fall für dich. Hat nichts mit deinem üblichen Bereich zu tun, aber jemand muss es machen.« Draco zog eine Augenbraue hoch und öffnete die Mappe. Der Text war knapp gehalten, aber er erkannte sofort, dass es um magische Artefakte ging – und um Muggel. Sein Blick glitt über die Beschreibung eines Vorfalls, bei dem ein Muggel in einem kleinen Dorf offenbar Kontakt mit einem verzauberten Gegenstand gehabt hatte. Typischer Fall für die Abteilung für den Missbrauch von Muggelartefakten, nicht für einen Auror.

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich der richtige Mann dafür bin«, begann Draco, doch Grayson unterbrach ihn mit einem knappen Lächeln.

»Genau deshalb nimmst du Potter mit. Der Fall wurde ursprünglich seiner Abteilung zugeteilt, aber sie sind knapp besetzt, und Potter ist der Einzige, der verfügbar ist. Er kennt sich mit Muggelkram aus. Das sollte nicht lange dauern. Ein paar Stunden, höchstens. Das bekommst du hin, oder?« Draco biss sich auf die Zunge, um eine scharfe Bemerkung zu unterdrücken. Natürlich bekam er das hin. Aber es war typisch, dass man ihm so etwas im letzten Moment aufdrückte. Er hatte das Gefühl, dass Grayson ihm insgeheim einen Gefallen tat, indem er Potter mit ins Boot holte. Die beiden hatten zwar nie eng zusammengearbeitet, aber Draco wusste, dass Potter seine Arbeit ernst nahm. Zumindest konnte man sich auf ihn verlassen.

»Natürlich«, sagte Draco schließlich kühl und klappte die Akte zu. Grayson nickte zufrieden und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Mit einem resignierten Seufzen zog Draco sich seinen Mantel über und machte sich auf die Suche nach Potter. Es war fast Feierabend, und er vermutete, dass der Held der Zaubererwelt bereits auf dem Sprung war. Nicht, dass Draco es ihm verübeln konnte – er wäre selbst gern schon auf dem Weg nach Hause gewesen. Er fand den anderen schließlich in der Eingangshalle des Ministeriums, wie er gerade seinen Schal zurechtrückte und sich eine Tasche über die Schulter warf. Die Menschenmenge um sie herum war hektisch, überall wimmelte es von Zauberern und Hexen, die offenbar alle noch letzte Besorgungen machen wollten, bevor die Läden schlossen.

»Potter!« Draco schob sich durch die Menge und erreichte ihn gerade, als er den Weg zum Flohnetzwerk einschlagen wollte. Harry drehte sich um, eine Mischung aus Überraschung und Unmut in seinem Gesicht.

»Malfoy? Was gibt's?« Draco zögerte nicht.

»Ich brauche dich für einen Einsatz. Grayson hat mir gerade einen Fall aufs Auge gedrückt, der eindeutig in deinen Bereich fällt. Irgendetwas mit Muggelartefakten.« Harrys Augenbrauen zogen sich zusammen.

»Ich dachte, ich hätte Feierabend.«

»Glaubst du, das habe ich nicht?« Draco verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber offenbar können wir beide unsere Pläne für den Abend vergessen.« Harry musterte ihn für einen Moment, dann seufzte er.

»Fein. Was ist das Problem?« Draco hielt ihm die Akte hin, die Harry mit geübtem Blick überflog. Sein Gesichtsausdruck wurde zunehmend skeptischer.

»Das klingt nicht nach einer großen Sache«, murmelte Harry schließlich.

»Wunderbar. Dann lass es uns erledigen, und wir können beide nach Hause gehen.« Draco machte eine ausladende Geste Richtung Apparierzone. »Bist du dabei, oder soll ich Grayson erklären, dass der große Harry Potter sich weigert, seinem Land zu dienen?« Harry warf ihm einen müden Blick zu, doch ein Hauch eines Lächelns zuckte um seine Lippen.

»Du bist unmöglich, weißt du das?«

»Ich nehme das als ein Ja.« Ohne ein weiteres Wort drehten sie sich beide um und apparierten in das kleine Dorf, das laut Akte der Schauplatz ihres letzten Einsatzes vor den Feiertagen sein würde.

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Das Gefühl des Apparierens ließ Draco wie immer kurz schwindelig werden, aber er schüttelte es schnell ab und sah sich um. Sie standen auf einem kleinen Dorfplatz, umgeben von verschneiten Fachwerkhäusern. Über ihnen hing eine Reihe von Lichterketten, die in warmem, goldenem Licht schimmerten und den Platz in eine einladende Atmosphäre tauchten. Der Schnee unter ihren Füßen knirschte, während kleine Schneeflocken sachte vom Himmel herabfielen.

»Wow«, murmelte Harry und zog seinen Schal etwas höher, um der eisigen Luft zu trotzen. »Das ist... hübsch.« Draco war gezwungen, ihm insgeheim recht zu geben. Das Dorf sah aus wie eine dieser Postkarten, die Muggel zu Weihnachten verschickten. Die Fenster der Häuser waren mit grünen Girlanden geschmückt, und vor einem kleinen Laden stand ein leuchtender Weihnachtsbaum, dessen funkelnde Lichter von der Schneedecke reflektiert wurden.

»Ja, sehr idyllisch«, sagte Draco trocken, während er die Akte erneut aufschlug. »Jetzt müssen wir nur herausfinden, wohin wir müssen.« Harry verschränkte die Arme vor der Brust und trat näher zu Draco.

»Ich dachte, du hast den Auftrag bekommen. Weißt du nicht, wo wir hinsollen?« Draco schnaubte und blätterte durch die Notizen.

»Es steht hier nur, dass sich der Vorfall irgendwo im Dorf ereignet hat. Das genaue Haus wurde nicht angegeben.« Harry zog eine Augenbraue hoch.

»Sehr hilfreich.«

»Willst du dich gleich beschweren, oder soll ich zuerst einen Plan machen?«, fragte Draco bissig.

»Bitte, nur zu.« Harrys Tonfall war mit unverhohlenem Sarkasmus durchzogen. Draco ignorierte ihn und sah sich erneut um. Es war ruhig, fast zu ruhig für diese Uhrzeit. Obwohl einige Fenster in den Häusern erleuchtet waren, war niemand auf der Straße zu sehen. Kein Mensch, nicht einmal eine Katze.

»Okay, wenn du so schlau bist«, begann Draco und wandte sich an Harry, »wo würdest du anfangen?« Harry überlegte einen Moment und deutete dann auf eine kleine Kirche am Ende der Straße.

»Die Kirche. In solchen Dörfern weiß der Pfarrer meistens, was los ist.« Draco zog eine Augenbraue hoch, musste aber zugeben, dass der Gedanke nicht schlecht war. Doch bevor sie sich in Bewegung setzen konnten, fiel ihm etwas Ungewöhnliches auf. In einer Gasse zwischen zwei Häusern leuchtete ein schwaches, bläuliches Licht, das aus dem Schnee zu kommen schien. Es war kaum sichtbar, doch für Draco war klar, dass das kein gewöhnliches Licht war.

»Warte«, sagte er und legte Harry eine Hand auf den Arm, um ihn aufzuhalten.

»Was ist?« Draco deutete auf das Licht.

»Siehst du das dort? Das ist Magie.« Harry kniff die Augen zusammen und folgte Dracos Blick. Dann nickte er.

»Ich sehe es. Lass uns nachsehen.« Vorsichtig stapften sie durch den tiefen Schnee in die Gasse. Das blaue Licht pulsierte schwach, als würde es sie locken, und als sie näher kamen, entdeckten sie die Quelle: eine kleine, scheinbar unscheinbare Kugel, die halb im Schnee verborgen lag. Doch Draco spürte sofort, dass sie von intensiver Magie durchdrungen war.

»Eine Sphäre«, murmelte er und ging in die Hocke, um sie genauer zu betrachten.

»Kennst du das Ding?«, fragte Harry und kniete sich neben ihn. Draco nickte langsam.

»Das ist keine gewöhnliche magische Kugel. Sie wird in alten Ritualen verwendet, um Schutzbarrieren oder magische Botschaften zu verstärken. Aber warum liegt sie hier, mitten im Schnee?« Bevor Harry etwas erwidern konnte, begann die Kugel plötzlich heller zu leuchten. Ein Summen erfüllte die Luft, und Draco spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.

»Das ist definitiv nicht normal«, sagte Harry leise.

»Nein, wirklich nicht«, stimmte Draco zu und griff vorsichtig nach seinem Zauberstab. »Ich denke, wir haben unseren ersten Hinweis.« Die Kugel pulsierte noch einmal, und dann – völlig unerwartet – erlosch das Licht. Der Schnee um sie herum sank in sich zusammen, als hätte die Kugel etwas aufgesogen. Ein eisiger Windstoß wehte durch die Gasse, und für einen Moment war alles still.

»Ich nehme an, das war nicht alles«, sagte Harry. Draco stand auf und sah sich um.

»Oh nein. Das war nur der Anfang.« Kaum hatte er das gesagt, begann ein weiterer Schimmer in der Ferne zu leuchten. Diesmal war es eine zweite Sphäre, die am Rand des Dorfplatzes schwebte, nur ein paar Zentimeter über dem Schnee.

»Das scheint eine Art Spur zu sein«, murmelte Draco, während er sich die Handschuhe zurechtrückte. Harry nickte, zog seinen Schal enger und folgte dem Licht, das nun langsam in Richtung des Dorfes zu gleiten schien. Die beiden stapften durch den frisch gefallenen Schnee, der unter ihren Füßen knirschte.

»Hast du so was schon mal gesehen?«, fragte Harry, während er seinen Zauberstab griffbereit hielt.

»Nicht in dieser Form«, antwortete Draco, der mit scharfen Augen die Umgebung absuchte. »Magische Sphären sind nichts Neues, aber so viele hintereinander? Sie scheinen uns zu führen, aber ich habe keine Ahnung, wohin oder warum.« Die zweite Sphäre verharrte am Ausgang des Dorfes, wo sie auf eine kleine, mit Schnee bedeckte Straße deutete. Der Wind frischte auf, und der zuvor sanfte Schneefall verwandelte sich in dicke, wirbelnde Flocken, die die Sicht erschwerten.

»Perfektes Timing«, murmelte Harry sarkastisch, zog aber seinen Zauberstab und richtete einen Wärmeschutz-Zauber auf sich und Draco.

»Ich schätze, wir folgen dem Kaninchen«, sagte Draco trocken und stapfte weiter durch den zunehmend tieferen Schnee. Kaum hatten sie die zweite Sphäre erreicht, tauchte die nächste auf. Diese schwebte weiter die Straße hinunter, wo das Dorf in einen dichten, verschneiten Wald überging. Die Bäume waren von einer dicken Schneeschicht bedeckt, und die Äste knarrten unter dem Gewicht des Eises. Der Wind pfiff zwischen den Stämmen hindurch, und Draco spürte, wie die Kälte selbst durch den Zauber hindurch drang.

»Das wird immer besser«, murmelte er und zog seinen Mantel enger um sich. Harry schnaubte leise, während er an der nächsten Sphäre vorbeiging.

»Wenigstens haben wir jetzt eine Richtung. Aber was auch immer das ist – es wirkt nicht wie ein einfacher Zufall. Jemand hat das geplant.« Draco nickte. Es war schwer zu ignorieren, dass die Sphären nicht nur führten, sondern sie fast herausforderten, ihnen zu folgen. Nach weiteren zehn Minuten Fußmarsch tauchte schließlich ein weiterer Punkt in der Ferne auf, diesmal weiter entfernt als die vorherigen. Die Sphäre schwebte vor einem alten, verlassenen Bauernhof, der sich am Ende des Weges abzeichnete. Die Gebäude waren verfallen, das Dach des Haupthauses teilweise eingestürzt. Eine große, zugeschneite Scheune stand schief und wirkte, als würde sie beim nächsten Windstoß zusammenbrechen.

»Das sieht ... einladend aus«, sagte Draco, die Worte dick vor Sarkasmus getränkt.

»Kein Grund zur Begeisterung.« Harry zog die Schultern hoch und betrachtete das Gelände. »Was denkst du? Reingehen oder erst prüfen?« Draco runzelte die Stirn und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen.

»Die Sphäre führt uns direkt dorthin. Es wäre unklug, einfach reinzuplatzen.« Gerade als er diese Worte aussprach, schwebte die Sphäre weiter und hielt direkt vor der Eingangstür des Hauses. Sie pulsierte, als wollte sie sie drängen, hereinzukommen. Gleichzeitig wurde der Wind noch heftiger, und der Schneefall nahm weiter zu. Es war, als wolle die Natur sie zwingen, Unterschlupf zu suchen.

»Ich hasse es, wenn Magie so ... manipulativ ist«, murmelte Draco.

»Es gibt keinen anderen Weg«, sagte Harry und richtete seinen Zauberstab auf die Tür. »Bereit?« Draco zog ebenfalls seinen Zauberstab und nickte.

»Immer.« Gemeinsam näherten sie sich vorsichtig der knarrenden Tür, während die Sphäre ein letztes Mal aufleuchtete und dann verschwand. Im Inneren des alten Hauses war es nicht weniger kalt als draußen, aber zumindest waren sie vor dem peitschenden Wind geschützt. Harry hob seinen Zauberstab, um den Raum auszuleuchten, und Dracos Augen weiteten sich, als er sah, was sie entdeckt hatten. Der Raum war voller Regale, Tische und Kisten, alle beladen mit merkwürdigen, eindeutig verzauberten Objekten. Muggelgegenstände, wie Draco sofort erkannte: alte Radios, Uhren, Küchenmaschinen, sogar ein paar Fahrräder. Doch jedes einzelne strahlte Magie aus, manche schimmerten leicht, andere pulsieren in einem unheimlichen Rhythmus.

»Ein geheimes Lager«, murmelte Draco und ließ seinen Blick über die Sammlung schweifen. »Ich hätte nie gedacht, dass jemand so dreist wäre, etwas in diesem Maßstab zu betreiben.« Harry ging zu einem der Regale und hob ein kleines, seltsam geformtes Gerät auf, das aussah wie ein veraltetes Handy. Als er es näher betrachtete, zuckte ein blauer Funken aus der Antenne und ließ ihn das Ding schnell zurücklegen.

»Diese Sachen sind hochgradig instabil«, stellte er fest. »Das hier ist keine Sammlung für den Eigengebrauch. Das ist für den Handel gedacht.« Draco nickte.

»Die Sphären waren eine Art Wegweiser. Sie sollten nicht uns hierherführen, sondern Käufer.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, hörten sie es: Schritte. Leise, vorsichtige Schritte, die vom hinteren Teil des Raumes kamen. Draco und Harry tauschten einen Blick, bevor sie beide ihre Zauberstäbe auf die Geräuschquelle richteten.

»Wer auch immer da ist, kommen Sie heraus! Im Namen des Ministeriums!«, rief Draco scharf. Die Schritte verstummten, und für einen Moment war nur das leise Summen der magischen Artefakte zu hören. Dann, ganz plötzlich, sprang ein dunkler Schatten aus der Deckung.

»Stupor!«, rief Draco, während Harry gleichzeitig »Petrificus Totalus!« schrie. Die beiden Zauber prallten in der Mitte des Raumes aufeinander und verpufften mit einem lauten Knall. Der Verdächtige nutzte die Verwirrung, duckte sich geschickt unter den beiden hindurch und apparierte mit einem leisen Plopp!

»Verdammt, Potter!« fauchte Draco und drehte sich zu ihm um. »Hättest du nicht warten können, bis ich ihn hatte?«

»Warten? Du bist mir ins Gehege gekommen!« Harry starrte Draco an, seine Wangen vor Wut gerötet.

»Natürlich. Weil ich dich immer retten muss.« Draco verschränkte die Arme und sah Harry herausfordernd an.

»Das ist ja lächerlich!« Harry wollte noch etwas sagen, doch ein weiteres seltsames Summen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Artefakte.

»Streit hilft uns jetzt auch nicht weiter«, sagte Harry schließlich, seine Stimme etwas ruhiger. »Diese Sachen dürfen nicht in falsche Hände geraten. Lass uns das hier sichern.« Draco nickte widerwillig.

»Einverstanden. Aber das klären wir später.« Zusammen arbeiteten sie daran, die Artefakte zu verkleinern und in eine Tasche zu packen, die Draco mit einem Ausdehnungszauber präparierte. Es dauerte eine Weile, aber schließlich war der Raum leer, und alle Gegenstände waren sicher verstaut.

»Das sollte reichen«, sagte Draco, während er die Tasche schloss und über die Schulter warf. »Lass uns von hier verschwinden.« Als sie die Tür öffneten, schlug ihnen der volle Zorn des Sturms entgegen. Der Wind war so stark, dass Draco einen Schritt zurücktaumelte, und der Schnee peitschte ihnen ins Gesicht wie winzige Nadeln.

»Das ist ... nicht normal«, murmelte Harry und hob eine Hand, um sein Gesicht zu schützen. Draco versuchte zu apparieren, doch es funktionierte nicht. Er fühlte, wie die Magie blockiert wurde, als würde eine unsichtbare Barriere den gesamten Bereich umspannen.

»Verdammt«, fluchte er. »Apparieren ist unmöglich. Da ist etwas Magisches im Spiel.«

»Ja, hab ich auch gemerkt«, erwiderte Harry trocken. »Lass mich versuchen, die Blockade zu brechen.« Er zog seinen Zauberstab und murmelte einen Gegenzauber, doch der Sturm ließ nicht nach, und die magische Barriere blieb bestehen.

»Das bringt nichts«, stellte er schließlich fest. »Wir sitzen hier fest, bis der Sturm vorbei ist – oder bis wir herausfinden, wer dafür verantwortlich ist.« Draco sah ihn an, sein Gesicht angespannt.

»Großartig. Eingesperrt mit dir mitten im Nirgendwo. Was könnte es Besseres geben?« Harry schnaubte und zog seinen Schal fester.

»Lass uns ins Haus zurückgehen. Vielleicht finden wir etwas, das uns weiterhilft – oder zumindest einen Ort, der wärmer ist als hier draußen.« Widerwillig folgte Draco ihm zurück ins Haus, während der Sturm draußen immer heftiger tobte. Es war klar, dass dies kein natürlicher Wetterumschwung war. Irgendjemand oder irgendetwas hatte sie hier festgesetzt. Das Knarren der alten Holzbalken und der durchdringende Geruch von Schimmel machten schnell klar, dass das verlassene Bauernhaus keine Lösung für die Nacht sein konnte. Draco ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und bemerkte, wie der Wind durch die Ritzen der Fenster pfiff und den ohnehin niedrigen Temperaturen noch mehr Kälte hinzufügte.

»Das hier fällt aus«, sagte er schließlich und wandte sich an Harry, der mit gerunzelter Stirn eine Ecke des Raumes inspizierte. »Wir können hier nicht bleiben. Das Dach könnte beim nächsten Windstoß einstürzen.« Harry nickte zögernd.

»Stimmt schon. Zurück ins Dorf? Vielleicht finden wir dort einen Ort, um die Nacht zu überstehen.« Draco verzog das Gesicht. Der Gedanke, durch den tobenden Sturm zu stapfen, war alles andere als verlockend, aber es gab keine andere Möglichkeit.

»Zur Not suchen wir Hilfe in der Kirche«, sagte er. »Die ist stabiler als das hier.« Ohne ein weiteres Wort zogen sie ihre Mäntel enger um sich und traten hinaus in den tobenden Sturm. Der Wind schlug ihnen wie ein lebendiges Wesen entgegen, und die Schneeflocken, die zuvor noch friedlich vom Himmel gesegelt waren, verwandelten sich in dichte, wirbelnde Schleier, die die Sicht auf kaum mehr als ein paar Meter begrenzten. Harry stapfte entschlossen voran, aber Draco bemerkte bald, dass er Schwierigkeiten hatte, sich gegen den Wind zu behaupten. Der Schnee war inzwischen so hoch, dass es mühsam war, die Beine überhaupt zu heben, und Harrys kleinere Statur machte es ihm noch schwerer.

»Potter!«, rief Draco über den tosenden Wind hinweg. »Bleib stehen!« Harry wandte sich um, seine Brille beschlagen und von Schnee bedeckt.

»Was ist?«, fragte er atemlos.

»Du kommst so nicht weiter!« Draco trat zu ihm, packte ihn an der Schulter und zog ihn ein Stück zurück. »Lass mich dir helfen.« Harry öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Draco war schneller.

»Kein Heldengetue jetzt. Wir haben keine Zeit für deine Sturheit.« Er legte einen Arm um Harrys Schulter und zog ihn näher zu sich, sodass der Wind nicht mehr direkt auf ihn einwirken konnte.

»Lehn dich ein bisschen gegen mich«, sagte er knapp. »Das wird es leichter machen.« Harry zögerte, dann nickte er und folgte Dracos Anweisungen. Gemeinsam kämpften sie sich Schritt für Schritt durch den Schnee, während die Kälte in jede ungeschützte Stelle drang. Nach einer Weile tauchte das erste Zeichen des Dorfes vor ihnen auf – die schemenhaften Umrisse der Kirche, deren hoher Turm aus dem wirbelnden Schnee herausragte. Doch bevor sie die Kirche erreichen konnten, fiel Dracos Blick auf ein anderes Gebäude: ein Gasthaus, dessen Fenster warm erleuchtet waren.

»Dort«, sagte er und deutete mit einem Nicken auf das Gebäude. »Das Gasthaus. Da ist Licht.« Harry folgte seinem Blick und nickte.

»Das sieht besser aus als die Kirche.« Ohne ein weiteres Wort schlugen sie den Weg dorthin ein, Draco immer noch mit einem Arm um Harry, um ihn vor dem Sturm zu schützen. Als sie näher kamen, sahen sie das Schild über der Tür – es schwang im Wind hin und her, aber die geschnörkelte Schrift war gerade noch lesbar: »Zum Berghang.« Draco drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür. Ein warmer Schwall von Licht und angenehmer Luft empfing sie, als sie eintraten. Das warme Licht und der Duft von Essen, der aus der Küche des Gasthauses drang, waren eine willkommene Abwechslung zu der eisigen Kälte draußen. Draco schob die Tür hinter sich zu und stampfte den Schnee von seinen Stiefeln, während Harry den Schal abnahm und sich nach der Theke umsah. Der Gastraum war klein, aber gemütlich. An der Wand prasselte ein Kaminfeuer, und ein paar alte Holztische waren spärlich mit Einheimischen besetzt, die ihre Köpfe bei ihrem Eintopf oder Bier zusammensteckten. Doch als die beiden Fremden eintraten, verstummte das leise Gemurmel, und alle Augen richteten sich auf sie. Harry spürte die Blicke auf sich und zog unbewusst den Mantel enger um seine Schultern. Draco hingegen ignorierte das Starren der wenigen Gäste völlig und ging zielstrebig zur Theke, an der eine ältere Frau mit grauen Haaren stand, die sie skeptisch musterte.

»Entschuldigen Sie«, begann Draco höflich, »haben Sie noch ein Zimmer frei?« Die Frau musterte sie einen Moment, bevor sie langsam nickte.

»Nur eines. Wir sind gut belegt wegen des Sturms.« Harry öffnete den Mund, um nach einer anderen Lösung zu fragen, doch Draco war schneller.

»Das reicht. Wir kommen zurecht.« Die Wirtin zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts weiter. Stattdessen griff sie hinter die Theke, zog einen Schlüssel hervor und legte ihn auf die abgenutzte Holzplatte.

»Zimmer zwei. Die Treppe rauf, zweite Tür links.«

»Und etwas zu essen?«, fragte Draco, während er den Schlüssel an sich nahm. Die Frau nickte langsam.

»Wir haben nur noch Eintopf. Nichts Besonderes, aber es wird Sie warm halten.«

»Das reicht uns«, sagte Draco knapp. Harry lächelte die Wirtin dankbar an.

»Vielen Dank.« Die Wirtin nickte, wandte sich dann ab und verschwand in der Küche, während die anderen Gäste ihre Gespräche leise wieder aufnahmen, auch wenn die neugierigen Blicke weiterhin auf ihnen ruhten. Mit einem kleinen Seufzen ließ Harry sich auf einen der freien Tische nahe dem Kamin fallen.

»Die Leute hier sind ... freundlich«, sagte er trocken, während er seinen Mantel ablegte. Draco setzte sich ihm gegenüber und schnaubte leise.

»Du kannst ihnen keinen Vorwurf machen. Zwei Fremde, die mitten im schlimmsten Schneesturm des Jahres auftauchen? Kein Wunder, dass sie neugierig sind.« Harry wollte gerade etwas erwidern, als ein Mann von einem der Nachbartische aufstand und sich zu ihnen gesellte. Er war groß und kräftig, mit einem wettergegerbten Gesicht und einem dichten Bart. Seine Augen musterten die beiden mit unverhohlener Neugier.

»Und?« begann der Mann, während er die Arme vor der Brust verschränkte. »Was macht ihr hier? Seid nicht von hier, das ist klar.« Draco lehnte sich entspannt zurück, als hätte er auf diese Frage gewartet.

»Wir sind Reisende«, sagte er glatt. »Auf dem Weg zu unserer Familie. Der Sturm hat uns überrascht.« Harry blinzelte überrascht. Die Lüge kam Draco so mühelos über die Lippen, dass es fast bewundernswert war. Der Mann schien jedoch nicht völlig überzeugt.

»Familie, ja?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Wo genau?« Draco lächelte charmant, als hätte er mit nichts anderem gerechnet.

»Ein kleines Dorf ein paar Stunden von hier. Ich bin mir sicher, dass Sie es nicht kennen.« Harry spürte, wie sich sein Magen leicht verkrampfte. Draco wirkte vollkommen ruhig, doch Harry konnte nicht umhin zu bemerken, wie präzise und schnell er log. Es war, als hätte er das schon tausendmal gemacht. Der Mann musterte Draco noch einen Moment, dann nickte er langsam.

»Na gut. Der Sturm hat einige Reisende überrascht. Ihr solltet euch beeilen, wenn das Wetter sich beruhigt. Es wird hier nicht besser.«

»Das hatten wir vor«, erwiderte Draco, während er sich wieder Harry zuwandte, deutlich signalisiert, dass das Gespräch beendet war. Der Mann zögerte, nickte dann aber und kehrte an seinen Tisch zurück. Harry wartete einen Moment, bis er sicher war, dass sie nicht mehr belauscht wurden, bevor er sich zu Draco vorbeugte.

»Das war ... überzeugend«, murmelte er.

»Natürlich war es das«, erwiderte Draco mit einem leichten Schulterzucken. »Man muss nur die richtigen Details nennen. Die meisten Leute wollen keine genauen Antworten, nur eine, die plausibel genug klingt.«

»Ich frage mich, wie oft du so was schon gemacht hast.« Harry zog eine Augenbraue hoch, seine Stimme leicht neckend. Draco erwiderte den Blick und grinste leicht.

»Genug, um darin gut zu sein.« Bevor Harry etwas darauf erwidern konnte, erschien die Wirtin mit zwei dampfenden Tellern Eintopf.

»Das ist alles, was ich Ihnen heute Abend anbieten kann«, sagte sie knapp, während sie die Schüsseln vor ihnen abstellte.

»Das ist perfekt, danke«, sagte Harry schnell, bevor Draco etwas sagen konnte, und schenkte ihr ein warmes Lächeln. Die Wirtin brummte etwas, das vage wie ein »Gern geschehen« klang, und ging wieder. Harry griff nach dem Löffel und sah zu Draco hinüber.

»Nun, zumindest ist das Essen warm. Ich hoffe, das Zimmer ist es auch.« Draco nahm einen ersten Bissen vom Eintopf und nickte.

»Wenn nicht, bist du herzlich eingeladen, dich in meinem Mantel einzuwickeln.« Harry schnaubte und begann zu essen. Trotz der Anspannung und der Kälte fühlte sich der Moment für einen Augenblick ... fast angenehm an. Der Eintopf war einfach, aber genau das, was Harry gebraucht hatte, um sich ein wenig aufzuwärmen. Das Gasthaus hatte zwar seine eigenartige Atmosphäre, doch es war weit angenehmer als der eisige Wind draußen oder das baufällige Bauernhaus. Draco aß in gemessenem Tempo, sein Blick abwesend, während er immer wieder zur Tür hinüber sah, als würde er erwarten, dass jemand hereinkommt. Harry legte seinen Löffel zur Seite und lehnte sich zurück, den wärmenden Schein des Kamins im Rücken.

»Also«, begann er leise, damit die anderen Gäste sie nicht hören konnten. »Hast du eine Ahnung, warum wir nicht apparieren können?« Draco hob eine Augenbraue und schob die leere Schüssel von sich.

»Wenn ich es wüsste, wären wir vermutlich nicht hier.«

»Danke, sehr hilfreich«, murmelte Harry trocken. »Aber hast du eine Vermutung?« Draco verschränkte die Arme und lehnte sich zurück.

»Es könnte mit den Sphären zusammenhängen. Sie waren eindeutig magisch, und sie haben uns – oder eher den potenziellen Käufer – geführt. Es wäre denkbar, dass sie eine Art magische Blockade erzeugt haben.«

»Eine Blockade, die das Apparieren verhindert?« Harry zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.

»Nicht nur das«, erklärte Draco. »Die Sphären könnten auch den Sturm beeinflussen. Denk doch mal nach: Der Sturm wurde schlimmer, je näher wir dem Bauernhof kamen. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn sie einen Schutzmechanismus aktiviert haben, um sicherzustellen, dass niemand entkommt – oder um sicherzustellen, dass jemand gezwungen wird, in die Falle zu laufen.« Harry runzelte die Stirn.

»Eine Falle für den potenziellen Käufer?« Draco nickte.

»Das ergibt Sinn. Wenn jemand mit genug Macht oder Ressourcen daran interessiert war, solche magischen Artefakte zu kaufen, dann könnte der Verkäufer – oder vielleicht ein Konkurrent – versucht haben, sie zu täuschen oder auszurauben.«

»Das klingt wie etwas, das ...« Harry hielt inne und wählte seine Worte sorgfältig. »... gewisse Leute aus deiner Vergangenheit tun würden.« Dracos Augen verengten sich, doch er ließ sich nicht provozieren.

»Mag sein. Aber die Frage ist, ob wir überhaupt herausfinden können, wer dahintersteckt, solange wir hier festsitzen.« Harry schüttelte leicht den Kopf.

»Das ist das Problem. Wenn das eine Falle ist, dann wissen wir nicht, ob wir die Zielscheiben sind oder ob wir zufällig dazwischen geraten sind.« Draco betrachtete ihn eine Weile schweigend. Schließlich lehnte er sich vor und stützte die Ellenbogen auf den Tisch.

»Die Frage ist, Potter: Was schlägst du vor? Bleiben wir hier und hoffen, dass der Sturm irgendwann nachlässt? Oder versuchen wir, die Quelle dieser Blockade zu finden?« Harry seufzte und rieb sich die Schläfen.

»Ich bin nicht begeistert davon, wieder hinauszugehen, ehrlich gesagt. Aber wenn der Sturm magisch ist, kann es Tage dauern, bis er aufhört.« Draco nickte langsam.

»Dann sollten wir uns ausruhen und morgen früh nach einem Weg suchen, um die Magie zu brechen.«

»Meinst du, wir sollten zurück zum Bauernhof?«, fragte Harry. Draco zuckte mit den Schultern.

»Möglich. Oder wir finden hier im Dorf jemanden, der uns mehr erzählen kann. So klein wie dieser Ort ist, muss jemand etwas über den Sturm oder die Sphären wissen.«Harry nickte.

»Dann ist das der Plan.« Er lehnte sich zurück und sah Draco an, der inzwischen seine Schüssel beiseitegeschoben hatte und einen nachdenklichen Ausdruck trug.

»Du bist wirklich gut darin, Dinge zu analysieren«, sagte Harry nach einer Weile. Draco sah auf und zog eine Augenbraue hoch.

»Das ist eine seltsame Feststellung.«

»Ich meine es ernst«, erwiderte Harry. »Du hast das alles schnell zusammengesetzt. Die Verbindung zwischen den Sphären, der Falle und dem Sturm – das hätte ich so nicht gesehen.« Draco zuckte mit den Schultern, doch ein Hauch von Zufriedenheit schlich sich in seine Haltung.

»Man muss einfach lernen, die richtigen Details zu sehen. Vielleicht solltest du dir das merken, Potter.« Harry schnaubte leise und lehnte sich wieder zurück.

»Vielleicht tue ich das.« Das Gespräch verebbte, und beide widmeten sich wieder dem Feuer, während draußen der Sturm unvermindert tobte. Trotz der seltsamen Situation fühlte sich Harry ein wenig sicherer – was vielleicht daran lag, dass er wusste, dass er nicht allein war.

Die Treppe zum Zimmer war schmal und knarrte bei jedem Schritt, den sie machten. Harry fühlte die unangenehmen Blicke der wenigen Gäste noch immer in seinem Rücken, aber er war zu müde, um sich weiter darüber Gedanken zu machen. Als Draco die Tür zu ihrem Zimmer aufschloss, traten sie ein und sahen sich um. Das Zimmer war, gelinde gesagt, schlicht. Die Wände waren mit verblasster Tapete bedeckt, die schon bessere Tage gesehen hatte, und ein winziges Fenster ließ den Lichtschein des Gasthauses in die Dunkelheit draußen sickern. Das Bett – ein einziges, breites Doppelbett – stand in der Mitte des Raumes, flankiert von einem kleinen Nachttisch mit einer alten Lampe, die flackernd leuchtete.

»Oh, wunderbar«, sagte Draco trocken und ließ seine Tasche auf den Boden fallen. »Ein romantisches Doppelzimmer. Genau das, was ich mir gewünscht habe.« Harry stieß ein trockenes Lachen aus, warf seinen Mantel auf einen Stuhl in der Ecke und trat ans Fenster, um hinauszusehen. Der Sturm tobte noch immer, und die Schneeflocken wirbelten wie ein undurchdringlicher Schleier umher.

»Es ist nur für eine Nacht«, sagte Harry und wandte sich wieder dem Zimmer zu.

»Hoffentlich«, erwiderte Draco und ließ sich auf die Bettkante fallen. Er musterte die dünne, verwaschene Bettdecke mit einem kritischen Blick. »Das hier ist kaum luxuriös.« Harry zuckte mit den Schultern und setzte sich auf die andere Seite des Bettes.

»Wenn du einen anderen Vorschlag hast, höre ich gerne zu.« Draco schüttelte den Kopf, zog seine Schuhe aus und ließ sich zurückfallen.

»Was für eine Wahl habe ich? Wenigstens ist es wärmer als draußen.« Harry folgte seinem Beispiel, zog seinen Zauberstab hervor und murmelte einen leichten Reinigungszauber über das Bett, bevor er sich hinlegte. Draco beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und grinste leicht.

»Misstraust du den ländlichen Hygienevorschriften, Potter?«

»Ich misstraue allem, was sich in dieser Matratze verstecken könnte«, erwiderte Harry trocken und zog die Decke über sich. Für einen Moment herrschte Stille, unterbrochen nur vom gelegentlichen Knarren des Gebäudes und dem Heulen des Windes draußen. Doch dann brach Draco die Stille.

»Wirst du nicht vermisst?«, fragte er beiläufig, aber seine Stimme klang ehrlich interessiert. Harry drehte sich auf die Seite, den Blick zur Wand gerichtet.

»Nicht wirklich. Ich meine, Grayson wird sich wundern, wo wir sind, aber er wird davon ausgehen, dass wir den Auftrag ausführen.«

»Ich meinte nicht im Ministerium«, sagte Draco. »Ich meinte ... von deinen Freunden. Hermine und Weasley.« Harry seufzte leise.

»Hermine und Ron sind in Australien bei Hermines Eltern. Sie sind über die Feiertage dort.«

»Und Ginny?«, fragte Draco, seine Stimme vorsichtig. Harry schwieg für einen Moment, dann drehte er sich auf den Rücken und starrte zur Decke.

»Ginny ist auf Kreta. Mit ihrem Verlobten.« Dracos Kopf schnellte herum, und er musterte Harry überrascht.

»Verlobt?« Harry nickte.

»Seit einem Jahr. Sie ist glücklich, und das ist alles, was zählt.«

»Ich wusste nicht, dass ihr nicht mehr zusammen seid«, sagte Draco, seine Stimme ungewohnt zurückhaltend. Harry zuckte leicht mit den Schultern.

»Es ist schon eine Weile her. Hat einfach nicht funktioniert.«

»Warum nicht?«, fragte Draco, und es war schwer zu sagen, ob es reine Neugier war oder ob er wirklich daran interessiert war. Harry schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf.

»Es war einfach nicht das Richtige. Manchmal merkt man das erst, wenn man versucht, es zum Laufen zu bringen.« Draco beobachtete ihn einen Moment, als wollte er mehr aus Harry herauslesen, doch schließlich ließ er das Thema fallen.

»Und du? Hast du jemanden, der dich vermissen würde?«, fragte Harry plötzlich und richtete seinen Blick auf Draco. Dieser lachte leise, ein kurzer, humorloser Laut.

»Nicht wirklich. Meine Eltern erwarten mich erst am 26. Dezember. Blaise ist irgendwo auf den Bahamas, wie er es immer zu Weihnachten macht. Und sonst ... gibt es niemanden.« Harry runzelte die Stirn.

»Du meinst, du bist Weihnachten meistens allein?«

»Ich bevorzuge es, es ruhig anzugehen«, sagte Draco mit einem Schulterzucken. »Es ist nicht so, als ob ich ein großes Fest feiern müsste. Die Feiertage sind überbewertet.«

»Das sagst du jetzt«, murmelte Harry, »aber irgendwie klingt das ziemlich ... einsam.« Draco richtete sich leicht auf und sah ihn an.

»Ich könnte das Gleiche über dich sagen, Potter. Du scheinst auch nicht gerade vor Einladungen zu strotzen.«

»Vielleicht«, gab Harry zu. »Aber ich bin daran gewöhnt. Weihnachten war nie wirklich ... magisch für mich.«Draco lehnte sich zurück und betrachtete Harry nachdenklich.

»Das ist ... erstaunlich deprimierend. Du bist Harry Potter. Du solltest in einem Schloss feiern, mit einem Festessen und hundert Leuten, die nur darauf warten, dir die Hand zu schütteln.«

»Das klingt wie dein Albtraum«, erwiderte Harry mit einem schwachen Lächeln.

»Du hast keine Ahnung.« Draco ließ sich wieder zurückfallen und starrte zur Decke. »Aber vielleicht hat es doch etwas für sich, hier zu sein. Immerhin muss ich niemanden ertragen, den ich nicht ausstehen kann.«

»Ich fühle mich geehrt, dass ich nicht auf dieser Liste stehe«, sagte Harry, und sein Tonfall war schwer zu deuten – ein Mix aus Sarkasmus und etwas anderem, das Draco nicht ganz greifen konnte.

»Noch nicht«, murmelte Draco, zog die Decke über sich und schloss die Augen. Die Stille kehrte zurück, doch diesmal war sie nicht unangenehm. Draußen tobte der Sturm, und die Welt war in Dunkelheit und Schnee gehüllt. Aber für einen Moment fühlte sich das kleine Zimmer trotz allem ... fast sicher an.

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Ein fahles, graues Licht drang durch das kleine Fenster des Zimmers und legte sich über die schlichten Möbel. Draco öffnete langsam die Augen und blinzelte in die kalte Morgenluft, die trotz des geschlossenen Fensters in den Raum drang. Es war ruhig, bis auf das leise Knistern des Kamins aus dem Gastraum unten und das entfernte Ticken einer Uhr. Er lag auf dem Rücken, die Decke bis zur Brust hochgezogen, und für einen Moment erinnerte er sich nicht, wo er war. Doch dann kamen die Ereignisse des Vorabends zurück: das Dorf, der Sturm, das Lagerhaus voller Artefakte ... und Potter. Draco drehte den Kopf zur Seite. Harry lag noch immer da, halb in die Decke eingewickelt, das Gesicht zur Wand gedreht. Sein Atem war gleichmäßig und tief, und seine Brille lag ordentlich auf dem Nachttisch neben ihm. Seltsam, dachte Draco. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so gut geschlafen hatte. Trotz der dünnen Matratze und der Tatsache, dass er ein Bett mit Potter geteilt hatte, war er ausgeruhter, als er es seit Wochen gewesen war. Leise setzte er sich auf und zog die Decke beiseite. Die Luft war eisig, und er schauderte, als seine Füße den kalten Boden berührten. Ein schneller Reinigungszauber ließ ihn wieder frischer fühlen, und er begann, sich anzuziehen, als hinter ihm ein leises Rascheln erklang.

»Du bist früh wach«, murmelte Harry, seine Stimme noch verschlafen. Draco drehte sich zu ihm um. Harry war auf der Seite liegen geblieben, hatte aber die Augen geöffnet und blinzelte träge in seine Richtung.

»Jemand muss hier die Verantwortung übernehmen«, erwiderte Draco trocken. Harry schnaubte leise und setzte sich auf. Seine Haare waren noch wilder als sonst, und er gähnte ausgiebig, während er sich streckte.

»Seltsamerweise hab ich gut geschlafen«, murmelte er, mehr zu sich selbst. Draco zog eine Augenbraue hoch.

»Das ist mir auch aufgefallen.«

»Liegt vielleicht daran, dass wir gestern so erschöpft waren«, überlegte Harry, stand dann auf und griff nach seiner Brille. »Aber es ist schon ... ungewöhnlich.«

»Ungewöhnlich ist eine Untertreibung«, sagte Draco und zog sich seinen Mantel über. »Ich habe schon in Luxusbettwäsche geschlafen, die weniger angenehm war als diese alte Matratze.« Harry lachte leise und begann ebenfalls, sich fertigzumachen.

»Vielleicht liegt es daran, dass wir hier mal keine Verantwortung tragen mussten. Außer, weißt du, den Sturm zu überleben.« Draco grinste schief.

»Wirklich erholsam, Potter.« Während Harry sich ankleidete, trat Draco ans Fenster und zog die Vorhänge ein Stück zur Seite. Der Sturm hatte tatsächlich etwas nachgelassen, aber die Welt draußen war noch immer in winterliches Grau gehüllt. Der Schnee war weniger dicht geworden, fiel aber weiterhin in leisen Flocken, die das Dorf wie ein Bild aus einem Märchen erscheinen ließen.

»Es hat aufgehört zu toben«, sagte Draco und ließ den Vorhang zurückfallen. »Aber es ist noch immer eisig und alles andere als einladend.«

»Hast du schon darüber nachgedacht, wie wir das Problem mit der magischen Blockade lösen?«, fragte Harry, während er seine Schuhe schnürte. Draco schüttelte den Kopf.

»Noch nicht. Aber ich schlage vor, wir sehen uns im Dorf weiter um. Vielleicht finden wir jemanden, der uns etwas über diese Sphären und den Sturm sagen kann.« Harry nickte, nahm seinen Mantel und richtete den Kragen.

»Dann lass uns runtergehen und frühstücken. Vielleicht bekommen wir ja auch ein paar Informationen von den anderen Gästen.« Draco seufzte und folgte ihm.

»Nur wenn sie uns nicht weiterhin anstarren wie seltene magische Kreaturen.«

»Ich bin sicher, du kannst sie mit deinem Charme überzeugen«, sagte Harry grinsend.

»Du unterschätzt meinen Charme, Potter«, erwiderte Draco, während sie die Tür hinter sich schlossen und die Treppe hinuntergingen. Als sie hinunter in den Gastraum traten, wurden sie von einem lebhaften Gemurmel und dem Klang von klirrendem Geschirr begrüßt. Der Raum war voller Menschen, die dicht gedrängt an den kleinen Holztischen saßen und einfache Teller mit Brot, Butter und Marmelade oder dampfenden Haferbrei vor sich hatten. Ein angenehmer Duft nach Kaffee und frisch gebackenem Brot hing in der Luft, gemischt mit dem sanften Knistern des Feuers im Kamin. Die Atmosphäre war auf seltsame Weise beruhigend, auch wenn Draco sofort bemerkte, dass mehrere Köpfe in ihre Richtung schwenkten, als sie den Raum betraten.

»Immer noch die Hauptattraktion«, murmelte er trocken, während er Harry folgte, der einen freien Tisch in der Nähe des Fensters entdeckt hatte.

»Wir sind Fremde in einem kleinen Dorf. Das ist normal«, erwiderte Harry und zog seinen Stuhl zurück.

»Normal heißt nicht angenehm«, murmelte Draco, setzte sich aber dennoch und griff nach der bereitstehenden Kanne, um sich eine Tasse Kaffee einzuschenken. Kurz darauf brachte die Wirtin zwei Teller mit einem einfachen Frühstück: dick geschnittenes Brot, Butter, Marmelade und eine kleine Schüssel Haferbrei.

»Für Sie«, sagte sie knapp, bevor sie wieder verschwand.

»Danke«, sagte Harry, mehr zu sich selbst und begann, sein Brot zu bestreichen. Ein paar Minuten aßen sie schweigend, beide noch etwas müde und in Gedanken versunken. Schließlich legte Draco sein Messer beiseite, verschränkte die Arme auf dem Tisch und sah Harry an.

»Wir müssen zurück zum Bauernhof«, sagte er leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Harry sah auf und runzelte die Stirn.

»Glaubst du wirklich, dass wir dort mehr herausfinden?«

»Wo sonst sollen wir anfangen?«, fragte Draco. »Die magische Blockade, der Sturm, die Sphären – alles führt dorthin. Selbst wenn wir nichts finden, ist es besser, als im Kreis zu laufen.« Harry nickte langsam.

»In Ordnung. Aber vielleicht sollten wir vorher ein paar Informationen sammeln. Jemand hier muss etwas über den Hof wissen.« Draco schnaubte leise.

»Ich bezweifle, dass die Leute hier begeistert sind, wenn wir anfangen, Fragen zu stellen.«

»Das werden wir herausfinden«, erwiderte Harry und widmete sich wieder seinem Frühstück.

Nach dem Essen suchten sie die Wirtin, die an der Theke stand und leere Teller abräumte. Sie sah auf, als die beiden Männer sich näherten, und hob eine Augenbraue.

»Noch etwas?«, fragte sie, ihre Stimme freundlich, aber distanziert. Harry trat einen Schritt nach vorne.

»Eigentlich ja. Wissen Sie etwas über den Bauernhof außerhalb des Dorfes? Der, den man über die alte Straße erreicht.« Die Wirtin hielt in ihrer Bewegung inne und runzelte die Stirn.

»Der Hof? Warum fragen Sie?« Draco schaltete sich ein, seine Stimme betont beiläufig.

»Wir haben gestern dort Schutz gesucht, als der Sturm uns überrascht hat. Das Gebäude sieht verlassen aus, aber es schien, als hätte es früher jemandem gehört.« Die Wirtin betrachtete die beiden einen Moment, bevor sie schließlich antwortete.

»Der Hof gehörte einem Mann namens Caleb Norwood. Ist schon lange her. Er war ... eigenartig, wenn ihr versteht, was ich meine. Die Leute im Dorf haben sich nicht viel mit ihm abgegeben.«

»Was ist mit ihm passiert?«, fragte Harry. Die Wirtin zuckte mit den Schultern.

»Er ist vor Jahren gestorben. Niemand hat sich um den Hof gekümmert, und seitdem steht er leer. Einige sagen, es spukt dort.« Draco verzog das Gesicht.

»Spuken? Wirklich?«

»Das ist es, was die Leute sagen«, erwiderte die Wirtin mit einem Hauch von Trotz. »Seltsame Dinge sind dort passiert, noch bevor Norwood gestorben ist. Danach wurde es nur schlimmer.« Harry tauschte einen Blick mit Draco, der kaum merklich nickte.

»Danke für die Information«, sagte Harry schließlich. »Das war hilfreich.« Die Wirtin brummte etwas Unverständliches und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Harry und Draco traten zurück in den Gastraum, wo das Gemurmel der anderen Gäste weiterging, als hätten sie nie aufgehört, über die beiden Fremden zu tuscheln.

»Nun?«, fragte Harry leise, während sie sich ihre Mäntel überzogen.

»Wir haben einen Namen«, sagte Draco. »Und eine seltsame Geschichte, die wir vielleicht entwirren sollten. Norwood war anscheinend kein einfacher Bauer.«

»Das scheint klar zu sein«, murmelte Harry. »Also zurück zum Hof?«

»Zurück zum Hof«, bestätigte Draco und zog seinen Schal fester, bevor sie die Tür öffneten und hinaus in die eisige Morgenluft traten.

Draußen empfing sie die kalte, graue Luft des Morgens. Der Schnee hatte sich gelegt, doch die Kälte war so beißend, dass selbst die dicksten Schichten von Mantel und Schal kaum Schutz boten. Draco zog seinen Zauberstab und versuchte erneut zu apparieren, doch die gleiche unsichtbare Barriere blockierte seinen Versuch wie am Abend zuvor.

»Es funktioniert immer noch nicht«, sagte er mit einem genervten Tonfall und ließ seinen Zauberstab wieder sinken. »Keine Überraschung.« Harry schüttelte den Kopf.

»Also gehen oder bessergesagt stapfen wir wieder zu Fuß.«

»Wunderbar«, murmelte Draco trocken, zog seinen Mantel fester um sich und setzte sich in Bewegung. Die alte Straße zum Bauernhof war schneebedeckt und rutschig, und sie mussten ihre Schritte vorsichtig setzen, um nicht auszurutschen. Der Himmel war noch immer von schweren, grauen Wolken verhangen, und der leichte Schneefall, der auf ihre Köpfe niederging, fühlte sich fast friedlich an, wären die Umstände nicht so unangenehm gewesen.

»Was machen wir eigentlich, wenn wir den Sturm und die Blockade nicht lösen können?«, fragte Harry plötzlich, während sie nebeneinander durch den Schnee stapften. Draco warf ihm einen Seitenblick zu.

»Wie meinst du das?«

»Na ja, wenn wir hier festsitzen, wie kommen wir dann nach Hause? Auf Muggelart?« Draco hielt inne und drehte sich zu ihm um. Einen Moment lang sah er Harry an, dann brach er in ein leises Lachen aus, das von den stillen Bäumen widerhallte.

»Muggelart? Potter, weißt du überhaupt, wo wir sind? Wir stecken irgendwo im hohen Schottland fest, in einem winzigen Dorf, in dem der Schnee vier Meter hoch liegt. Es gibt keine Züge, keine Busse, und ich bezweifle stark, dass hier uns jemand ein Auto leiht, mal abgesehen davon, dass wir damit nicht weiterkommen würden.« Harry schürzte die Lippen, sagte aber nichts. Draco erkannte den leicht beleidigten Ausdruck auf seinem Gesicht und hob eine Hand.

»Entschuldigung«, sagte Draco, diesmal mit einem sanfteren Tonfall. »Ich meine nur ... es ist ein bisschen absurd, sich das vorzustellen. Obwohl, wer weiß? Vielleicht könnten wir ja einen Schneemobil-Verleih finden.«

»Ha ha«, sagte Harry trocken, während sie weitergingen.

»Aber vielleicht wäre Hogwarts tatsächlich sogar gar nicht so weit weg«, fuhr Draco fort, diesmal mit einem Anflug von Scherzhaftigkeit in seiner Stimme. Harry blieb stehen, sah ihn an und lachte plötzlich.

»Stell dir vor, wir würden einfach bei Minerva auftauchen. Sie würde uns ansehen, als hätten wir den Verstand verloren.« Draco grinste und legte einen Finger ans Kinn, als würde er nachdenken.

»'Potter und Malfoy. Gemeinsam unterwegs, auf der Suche nach einem warmen Bett und einem Teller Suppe.' Ich glaube, sie würde uns eher für eine Tragikomödie halten.« Harry schüttelte den Kopf, immer noch lachend.

»Sie würde uns wahrscheinlich direkt nach Gryffindor und Slytherin zurückschicken und uns mit Strafarbeiten bestrafen.«

»Oder mit einer hitzigen Diskussion darüber, warum wir es nicht geschafft haben, ein magisches Problem selbst zu lösen«, ergänzte Draco. Das Lachen verebbte allmählich, und sie setzten ihren Weg schweigend fort, die Stimmung zwischen ihnen jedoch spürbar entspannter als zuvor.

»Weißt du«, sagte Draco schließlich, »es ist irgendwie ... seltsam, mit dir unterwegs zu sein. Ich hätte nie gedacht, dass wir einmal so ein ... Team sein könnten.« Harry warf ihm einen Blick zu, nickte aber.

»Das hätte ich auch nicht gedacht. Aber ... es ist nicht so schlimm, wie ich erwartet habe.«

»Ein erstaunliches Kompliment«, sagte Draco mit einem schiefen Lächeln, bevor er wieder nach vorne blickte. Der Bauernhof kam langsam wieder in Sicht, seine schiefen Gebäude und das zerfallene Dach wirkten unter der Schneedecke fast friedlich. Sie traten wieder in das Bauernhaus ein, das nun im grauen Licht des Tages noch trostloser wirkte. Der Raum war von einer unangenehmen Stille erfüllt, nur unterbrochen von gelegentlichem Knarren, als der Wind durch die Ritzen in den Wänden fuhr.

»Wir sollten uns diesmal gründlicher umsehen«, sagte Draco, als er seinen Zauberstab zog und die Spitze mit einem leisen »Lumos« erhellte.

»Gute Idee«, murmelte Harry, während er ebenfalls seinen Zauberstab aktivierte. Die beiden durchsuchten methodisch die Räume im Erdgeschoss. Es war klar, dass der Hof seit Jahren verlassen war, doch die Spuren von Magie waren immer noch spürbar. In einem der Räume entdeckte Harry einen alten Schreibtisch, dessen Schubladen sich trotz des Alters erstaunlich leicht öffnen ließen. Darin fand er eine Ansammlung von Notizen – kryptische Aufzeichnungen über Zaubersprüche und Formeln, die eindeutig von einem Zauberer stammten.

»Sieht aus, als wäre Caleb Norwood ein Zauberer gewesen«, sagte Harry, während er die Notizen durchblätterte.

»Was auch erklärt, warum die Leute ihn für seltsam hielten«, fügte Draco hinzu. »Ein Magier, der sich unter Muggeln versteckt. Kein Wunder, dass sie nicht viel mit ihm zu tun haben wollten.«

»Aber warum hier? Warum so isoliert?«, fragte Harry, mehr zu sich selbst als zu Draco. Dieser zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht wollte er allein sein. Oder er hatte etwas zu verbergen.« Sie arbeiteten sich durch die Räume, fanden aber nichts, was die Blockade oder den Sturm direkt erklärte. Schließlich wagten sie sich die knarrende Treppe hinauf ins Obergeschoss.

»Pass auf die Dielen auf«, warnte Harry, als die ersten Stufen unter Dracos Gewicht bedrohlich knarrten.

»Danke für den Hinweis«, murmelte Draco sarkastisch, doch er setzte seine Schritte vorsichtiger. Das Obergeschoss war nicht viel größer als das Erdgeschoss, aber es wirkte noch baufälliger. Einige der Dielen waren bereits durchgebrochen, und die Dachbalken hingen in bedrohlichen Winkeln herab. Trotzdem war der Raum auf seltsame Weise weniger staubig, als sie erwartet hatten.

»Hier oben hat er anscheinend gelebt«, sagte Draco und zeigte auf einen alten Sessel, der vor einem kleinen Kamin stand. Daneben stand ein Bücherstapel, der überraschend gut erhalten war. Harry ging zu einem kleinen Tisch, auf dem eine Kugel lag – fast identisch mit der Sphäre, die sie am Abend zuvor entdeckt hatten. Doch diese war nicht aktiv; sie schimmerte nicht und wirkte wie ein gewöhnlicher Gegenstand.

»Noch eine Sphäre«, murmelte er und beugte sich vor, um sie genauer zu betrachten. Draco trat näher.

»Sie ist inaktiv. Aber warum?«

»Vielleicht hat sie ihren Zweck bereits erfüllt«, sagte Harry. »Oder sie wurde deaktiviert, als wir die andere gefunden haben.«

»Was auch immer der Grund ist, wir sollten sie mitnehmen«, sagte Draco und griff nach der Kugel. »Wenn wir sie ins Ministerium bringen, können wir vielleicht herausfinden, wer sie erschaffen hat.«

»Und vielleicht etwas über Norwood«, stimmte Harry zu. »Mit seinem Namen können wir sicher einiges in den Archiven finden.« Gerade als Draco die Sphäre sicher in die Tasche steckte, machte er einen Schritt zurück – und die Dielen unter ihm gaben plötzlich nach.

»Draco!«, rief Harry, doch es war zu spät. Der andere fiel mit einem lauten Knacken durch den Boden, zusammen mit einer Wolke aus Staub und Splittern. Er landete mit einem dumpfen Aufprall im Erdgeschoss, gefolgt von einem Laut, der zwischen Schmerz und Fluch lag. Harry eilte zur Kante des Lochs und blickte hinunter.

»Malfoy! Alles in Ordnung?« Dracos Stimme war gedämpft, aber sichtlich genervt.

»Ich bin nicht tot, wenn du das meinst. Aber ich hasse dieses verfluchte Haus.«

»Bleib da, ich komme runter«, sagte Harry, während er vorsichtig die Treppe zurück hinunterlief.

»Wollte nicht weggehen«, kam es sarkastisch von Draco. Als Harry im Erdgeschoss ankam, sah er Draco auf dem Boden sitzen, den Rücken gegen einen alten Schrank gelehnt. Sein Gesicht war vor Staub verschmiert, und er rieb sich die Rippen.

»Geht es dir wirklich gut?«, fragte Harry, während er sich neben ihn kniete. Draco warf ihm einen mürrischen Blick zu.

»Ich habe schon bessere Tage gehabt, aber ja. Nichts ist gebrochen – denk ich. Ich brauche nur einen Moment.« Harry zog seinen Zauberstab hervor und murmelte einen Heilzauber, der das Blut abschwächte, das aus einer kleinen Schnittwunde an Dracos Stirn sickerte.

»Danke«, sagte dieser leise, bevor er sich wieder aufrichtete. »Ich hoffe, das war der letzte Zwischenfall. Dieses Haus hat eindeutig etwas gegen mich.« Harry lächelte schwach.

»Komm, wir bringen dich hier raus.« Draco ließ sich von Harry aufhelfen, und zusammen verließen sie das Bauernhaus erneut. Der Rückweg ins Dorf war mühsam, und die Kälte nagte an ihnen wie kleine, unsichtbare Zähne. Draco stapfte voran, doch Harry bemerkte bald, dass sein Atem schneller ging und seine Bewegungen unkoordiniert wurden.

»Malfoy, alles okay?«, fragte er, als Draco plötzlich langsamer wurde.

»Mir geht's ... gut«, stieß Draco hervor, aber seine blasse Haut und der Schweiß, der sich trotz der eisigen Temperaturen auf seiner Stirn sammelte, erzählten eine andere Geschichte. Harry trat neben ihn und griff nach seinem Arm.

»Du siehst nicht gut aus. Sag mir ehrlich, was los ist.«Draco schüttelte den Kopf und zog seinen Arm weg.

»Es ist nur die Kälte...« Doch kaum hatte er das gesagt, stolperte er, und Harry musste ihn stützen, damit er nicht in den Schnee fiel.

»Das reicht«, sagte Harry entschlossen. »Du bist verletzt. Wir müssen zurück ins Gasthaus.« Draco wollte protestieren, doch er war zu erschöpft, um etwas zu sagen. Stattdessen ließ er sich von Harry stützen, der ihn mit einem festen Griff zurück ins Dorf führte. Als sie das Gasthaus erreichten, war Harry froh, dass der Gastraum nicht so voll war wie am Morgen. Die Wirtin sah sie hereinkommen, legte den Lappen beiseite, den sie gerade in den Händen hielt, und eilte auf sie zu.

»Was ist passiert?«, fragte sie, während sie Draco musterte.

»Er ist gestürzt und verletzt«, erklärte Harry schnell. »Wir brauchen das Zimmer für eine weitere Nacht. Ich bezahle sofort.« Die Wirtin nickte und reichte ihm den Schlüssel.

»Gehen sie schon mal nach oben, ich bringe später etwas Tee und Suppe.«

»Danke«, murmelte Harry, während er Draco die Treppe hinaufhalf. Draco ließ es geschehen, obwohl er normalerweise jegliche Hilfe von Harry abgelehnt hätte. Doch die Schmerzen und die Erschöpfung hatten seinen Widerstand gebrochen. Im Zimmer angekommen, half Harry ihm, sich aufs Bett zu setzen, und schob seine Schuhe beiseite. Draco ließ sich zurücksinken und schloss kurz die Augen, während Harry einen Stuhl heranzog und ihn musternd ansah.

»Du bist härter getroffen worden, als du zugeben willst«, sagte Harry. »Lass mich nachsehen.« Draco öffnete die Augen und zog eine Grimasse.

»Wie du willst, Potter. Aber wenn du irgendeinen dummen Kommentar machst, bereust du es.« Harry ignorierte die spitze Bemerkung und griff vorsichtig nach Dracos Pullover.

»Ich ziehe ihn aus, okay?« Draco nickte knapp, und Harry begann, den Pullover behutsam über Dracos Kopf zu ziehen. Darunter trug er ein schlichtes Hemd, das Harry ebenfalls vorsichtig öffnete und beiseite schob. Sein Blick fiel auf Dracos Brustkorb, und sein Atem stockte kurz. Die Haut um seine Rippen war verfärbt, ein tiefes, ungesundes Blau und Lila breitete sich aus.

»Verdammt«, murmelte Harry, während er vorsichtig seine Hand über die verletzte Stelle schweben ließ, ohne sie zu berühren. »Deine Rippen sind gebrochen. Das sieht nicht gut aus.« Draco verzog das Gesicht vor Schmerz, als er sich aufrichten wollte.

»Danke, Schwester Potter, das hätte ich auch selbst erraten.«

»Bleib ruhig liegen«, sagte Harry bestimmt. »Ich muss sehen, wie schlimm es ist.« Harry schob vorsichtig Dracos Hemd weiter beiseite und musterte den geschundenen Brustkorb. Die Verfärbungen waren schlimmer, als er erwartet hatte, und als er behutsam seine Finger an Dracos Seite legte, zuckte dieser scharf zusammen.

»Tut mir leid«, murmelte Harry, während er mit sanftem Druck die Rippen abtastete, um die Brüche zu lokalisieren.

»Au, verdammt«, murmelte Draco durch zusammengebissene Zähne. »Wirklich, Potter, könntest du das ein bisschen sanfter machen?«

»Ich bin vorsichtig«, erwiderte Harry und schüttelte leicht den Kopf. »Aber ich bin kein Heiler, also müssen wir improvisieren.« Er zog seinen Zauberstab und murmelte einen Beschwörungszauber. Verbände erschienen aus dünner Luft und schwebten in seine Hand. Draco beobachtete das skeptisch.

»Was machst du da?«, fragte er und verzog das Gesicht, als Harry die Verbände entrollte.

»Deine Rippen müssen gestützt werden«, erklärte Harry. »Das heilt die Brüche zwar nicht, aber es stabilisiert sie, damit du dich nicht noch schlimmer verletzt.«

»Wunderbar«, sagte Draco sarkastisch, doch er leistete keinen Widerstand, als Harry begann, die Verbände um seinen Brustkorb zu wickeln. Harry arbeitete konzentriert, die Bewegungen seiner Hände ruhig und vorsichtig. Doch es war unmöglich, die Tatsache zu ignorieren, dass Draco ohne Hemd besser aussah, als Harry erwartet hatte. Seine Haut war blass, aber glatt, fast makellos bis auf die blauen Flecken und die Spuren des Sturzes. Seine Schultern waren schmal, aber muskulös, und sein Brustkorb hob und senkte sich unter Harrys Berührungen in einem gleichmäßigen Rhythmus, so kontrolliert, dass es fast hypnotisch war. Dracos Hals war schmal und elegant, und die Art, wie sich sein Adamsapfel bewegte, als er nervös schluckte, ließ Harry unwillkürlich länger hinschauen, als er sollte. Selbst jetzt, blass und verletzt, sah Draco erstaunlich gut aus – nicht auf die überhebliche Weise, die Harry früher mit ihm in Verbindung gebracht hatte, sondern auf eine Weise, die Harry fast ... bewunderte.

»Potter, hörst du mir überhaupt zu?« Dracos Stimme riss Harry aus seinen Gedanken. Harry blinzelte und zog die Verbände fest.

»Entschuldige, was?«

»Ich sagte, du ziehst das Ding zu fest an«, beschwerte sich Draco, doch seine Stimme klang schwächer, und er lehnte sich zurück, als Harry den Verband mit einem Zauber sicherte.

»Das muss fest sein, damit es hält«, erklärte Harry ruhig und ließ seinen Zauberstab wieder verschwinden.

»Ich kann deine Brüche nicht heilen. Dafür bräuchten wir einen richtigen Heiler, und der ist gerade nicht verfügbar. Aber...«, er griff in seine Manteltasche und zog eine kleine Phiole hervor, in der ein dunkelblauer Trank glitzerte. »...ich habe einen Schmerztrank dabei. Das sollte dir ein wenig Erleichterung verschaffen.« Draco hob eine Augenbraue, wirkte jedoch zu erschöpft, um zu protestieren.

»Fein. Gib her.« Harry zog den Korken der Phiole ab und hielt sie ihm hin.

»Trink langsam. Und lass mich wissen, wenn du dich schwindelig fühlst.« Draco nahm die Phiole entgegen und trank einen Schluck. Der Effekt war fast sofort sichtbar – seine Schultern entspannten sich, und das angespannte Zucken seiner Gesichtsmuskeln ließ nach.

»Besser?«, fragte Harry, während er die leere Phiole entgegennahm. Draco nickte leicht.

»Besser. Aber wenn du das hier noch mal irgendwo erwähnst, leugne ich alles.« Harry konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, auch wenn seine Gedanken noch immer um die Tatsache kreisten, dass Draco Malfoy, selbst in diesem Zustand, auf eine Weise faszinierend war, die er nicht recht in Worte fassen konnte.

»Ruh dich aus«, sagte Harry schließlich, seine Stimme ein wenig rauer, als er erwartet hatte. Draco schloss die Augen, ein leichtes Murmeln als Antwort, und Harry ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder. Kurz darauf klopfte die Wirtin leise an die Tür und trat ein, eine Tablett mit dampfender Suppe und einer Teekanne in der Hand. Ihr Blick fiel sofort auf Draco, der blass und erschöpft auf dem Bett lag.

»Wie geht's ihm?«, fragte sie, während sie das Tablett auf dem kleinen Tisch abstellte.

»Besser«, sagte Harry, während er aufstand, um die Suppe zu holen. »Zumindest vorerst. Ich denke, er braucht nur Ruhe.« Die Wirtin betrachtete Draco skeptisch.

»Soll ich einen Arzt holen? Es gibt einen im nächsten Dorf, er ist zwar ein bisschen ... eigen, aber er weiß, was er tut.« Harry schüttelte schnell den Kopf.

»Danke, aber das ist nicht nötig. Ich habe ihn versorgt, und er nimmt Schmerzmittel. Wir schaffen das.«

»Na gut«, sagte die Wirtin und sah sich kurz im Zimmer um. »Wir feiern heute Abend unten in der Wirtschaft. Es gibt Braten, ein bisschen Musik, nichts Großes. Sie sind herzlich eingeladen, wenn es ihm besser geht.« Harry schenkte ihr ein dankbares Lächeln.

»Vielen Dank. Wir überlegen es uns.« Mit einem kurzen Nicken verschwand die Wirtin, und Harry brachte die Suppe zu Draco, der inzwischen halb aufgerichtet im Bett saß.

»Was hat sie gesagt?«, fragte dieser und nahm vorsichtig die Schüssel entgegen.

»Sie feiern heute Abend Weihnachten unten im Gastraum«, sagte Harry, während er sich seine eigene Schüssel holte. »Wenn es dir besser geht, sollten wir hingehen.« Draco hob eine Augenbraue und begann langsam, die Suppe zu essen.

»Du bist ganz schön versessen auf diesen Weihnachtsquatsch, Potter. Warum? Du bist doch nicht der Typ für gesellige Feiern.« Harry zuckte die Schultern und löffelte schweigend seine Suppe.

»Komm schon«, drängte Draco nach einer Weile. »Was ist es? Warum bist du so scharf auf Weihnachten?«

»Es ist nichts«, sagte Harry, ein wenig zu schnell, und wich Dracos Blick aus.

»Potter«, sagte Draco, seine Stimme plötzlich ernst. »Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass das nicht stimmt. Warum ist Weihnachten für dich so wichtig?« Harry seufzte und stellte seine Schüssel ab.

»Es ist nicht wichtig. Es ist nur ...«, er hielt inne, als suchte er nach den richtigen Worten. »Weil es für mich lange Zeit kein Weihnachten gab.« Dracos Stirn legte sich in tiefe Falten.

»Was soll das heißen? Jeder hat Weihnachten.« Harry schüttelte den Kopf, ein bitteres Lächeln auf den Lippen.

»Nicht jeder. Nicht ich.« Draco setzte sich auf und ignorierte den Schmerz in seiner Brust.

»Deine Verwandten, oder? Ich habe Gerüchte gehört, aber niemand hat je...«, Harry unterbrach ihn mit einem leisen, aber scharfen Ton.

»Es ist egal, Draco. Lass es einfach.«

»Es ist nicht egal«, beharrte Draco, und seine grauen Augen bohrten sich in Harrys. »Sag es mir. Was haben sie dir angetan?« Harry zögerte, sein Blick wanderte zum Fenster, wo die Schneeflocken sanft niedergingen. Schließlich sprach er, seine Stimme leise und tonlos.

»Sie haben mich gehasst«, begann er. »Von dem Moment an, als ich bei ihnen abgeladen wurde, war ich für sie nichts weiter als ... eine Bürde. Ich habe in einem Schrank unter der Treppe geschlafen, Draco. Ein Schrank. Bis ich elf war.« Draco starrte ihn ungläubig an, wagte aber nicht, ihn zu unterbrechen.

»Weihnachten war für sie eine Zeit für Dudley«, fuhr Harry fort, und ein bitteres Lächeln spielte um seine Lippen. »Er hat Berge von Geschenken bekommen, während ich froh sein konnte, wenn ich nicht den ganzen Tag in meinem Schrank bleiben musste. Wenn ich Glück hatte, gab es einen alten Socken oder einen Apfel für mich.« Dracos Hände krampften sich um die Decke, die über seinem Schoß lag.

»Das ist... unmenschlich.« Harry zuckte die Schultern, als wäre es ihm egal.

»Ich war für sie kein Mensch, nur der Freak, der ihnen aufgedrängt wurde. Es gab Misshandlungen, ja. Aber schlimmer war die Einsamkeit. Niemand wollte mich. Niemand hat mir je gesagt, dass ich etwas wert bin. Bis ich nach Hogwarts kam.« Die Stille, die darauf folgte, war schwer und drückend. Harry hob seine Schüssel wieder an, als wollte er das Gespräch beenden, doch Draco sprach erneut.

»Und trotzdem bist du... du«, sagte er leise. Harry sah ihn mit einem schwachen Lächeln an.

»Man wird nicht stärker, weil man durch die Hölle geht. Man wird stärker, weil man entscheidet, nicht in der Hölle zu bleiben.« Draco schwieg lange, bevor er schließlich sagte.

»Das ist mehr, als ich je erwartet hätte, Potter. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

»Sag nichts«, murmelte Harry und schüttelte leicht den Kopf. »Das ist lange her. Ich hab's überlebt. Und ich hab ein paar nützliche Dinge gelernt.«

»Wie man gebrochene Rippen behandelt?«, fragte Draco, und seine Stimme war schwach, aber ein Hauch von Humor schwang mit. Harry lachte leise.

»Unter anderem.« Draco legte sich zurück und schloss die Augen.

»Du bist ein verdammtes Rätsel, Potter.«

»Das sagen viele Leute«, erwiderte Harry, bevor er sich wieder seiner Suppe widmete, die inzwischen fast kalt war. Doch die Atmosphäre zwischen ihnen hatte sich verändert. Irgendwie fühlte sich der Raum trotz der Kälte draußen ein wenig wärmer an. Draco lag inzwischen wieder mit geschlossenen Augen da, die dünne Decke bis zur Brust hochgezogen, während Harry still seine Suppe zu Ende löffelte. Doch die Ruhe im Zimmer war nur äußerlich – unter der Oberfläche wirbelten Gedanken und Gefühle, die Draco nicht ignorieren konnte. Schließlich sprach er, seine Stimme leise und fast zögerlich.

»Es ist seltsam«, begann er, ohne die Augen zu öffnen. »Ich hätte nie gedacht, dass wir irgendetwas gemeinsam haben könnten, Potter. Aber ... vielleicht habe ich mich geirrt.« Harry hob den Blick und musterte Draco aufmerksam.

»Wie meinst du das?« Draco öffnete langsam die Augen und drehte den Kopf, sodass er Harry ansehen konnte.

»Ich meine, dass meine Kindheit vielleicht nicht so anders war als deine. Zumindest, was ... das Gefühl angeht, allein zu sein.« Harry runzelte die Stirn, ließ die Schüssel auf den Nachttisch sinken und drehte sich Draco voll zu.

»Du hast in einem Anwesen gelebt. Mit Hauselfen, die dir alles gebracht haben, was du wolltest. Wie kannst du dich da allein fühlen?« Draco lachte leise, aber ohne Freude. »Das Anwesen mag prachtvoll gewesen sein, aber das heißt nicht, dass es ein Zuhause war.« Er setzte sich vorsichtig auf, stützte sich mit einem leisen Zischen des Schmerzes auf seinen Arm und richtete sich so weit wie möglich auf.

»Meine Eltern ... sie sind nicht die Menschen, die du kennst. Zumindest nicht nur. Lucius Malfoy, der treue Diener des Dunklen Lords. Narzissa Malfoy, die kalte, unnahbare Hexe. Das ist, was die Welt sieht. Aber hinter verschlossenen Türen waren sie ... komplizierter.« Harry schwieg, sein Blick fixierte Draco, während dieser sprach.

»Mein Vater liebt mich«, fuhr Draco fort, seine Stimme gesenkt. »Aber seine Art, das zu zeigen, war... distanziert. Für ihn ging es immer um Ehre, um den Namen Malfoy, um Macht. Ich war nie nur sein Sohn. Ich war der Erbe. Alles, was ich tat, alles, was ich sagte, musste perfekt sein. Keine Fehler. Keine Schwächen. Und wenn ich sie zeigte...«, er hielt inne und zog scharf die Luft ein, bevor er weitersprach. »...hat er mich daran erinnert, wie wichtig es ist, niemals zu versagen.« Harrys Herz zog sich unwillkürlich zusammen.

»Er hat dich bestraft?«, fragte er vorsichtig.

»Nicht körperlich«, sagte Draco leise. »Das hat er nie getan. Aber Worte können härter treffen als jeder Fluch. Er wusste, wie er mich fühlen lassen konnte, dass ich ein Versager war, ohne es direkt zu sagen. Und meine Mutter...«, Draco hielt inne, und sein Blick wurde weicher, fast melancholisch.

»Sie liebt mich, auf ihre Weise. Aber ihre Liebe war damals... still. Sie hat immer versucht, mich zu schützen, vor allem, was draußen war. Aber auch vor ihm. Sie hat dafür gesorgt, dass er nicht zu weit ging. Aber sie konnte mich nicht beschützen, als der Dunkle Lord kam.«

»Der Krieg«, murmelte Harry. Draco nickte.

»Ich war fünfzehn. Fünfzehn, als er in unser Haus kam und sagte, dass meine Familie ihm gehört. Mein Vater hatte alles aufs Spiel gesetzt, und er hatte verloren. Wir waren keine Anhänger mehr. Wir waren Werkzeuge. Und ich war das, was er am liebsten zerbrechen wollte.« Harry spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, doch er sagte nichts. Draco fuhr fort, seine Stimme leise und gezwungen ruhig.

»Ich hatte keine Wahl. Mein Vater war im Gefängnis, meine Mutter war alles, was ich hatte, und der Dunkle Lord...«, er hielt inne, schluckte und sprach dann weiter. »Er wusste, wie er Menschen brechen konnte. Das war es, was er mit mir wollte. Und als er mir den Auftrag gab, Dumbledore zu töten, wusste ich, dass es nicht darum ging, ob ich es schaffte. Es ging darum, dass ich versage.« Dracos Stimme zitterte, doch er zwang sich, weiterzusprechen. »Meine Eltern waren keine Unschuldigen. Sie haben Fehler gemacht, große Fehler. Aber alles, was sie taten, taten sie, um mich zu schützen. Selbst als sie wussten, dass es nichts mehr zu schützen gab.« Harry fühlte, wie sein Atem schwer wurde. Er hatte Draco immer als arrogant, verwöhnt und egoistisch gesehen, doch jetzt sah er einen jungen Mann, der die Last einer ganzen Familie auf seinen Schultern getragen hatte – und darunter fast zerbrochen wäre.

»Warum erzählst du mir das?«, fragte er schließlich, seine Stimme gedämpft. Draco sah ihn an, ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen.

»Weil du mir von dir erzählt hast. Und weil ich denke, dass du es vielleicht verstehen kannst.« Harry nickte langsam.

»Das tue ich.« Draco lehnte sich zurück, sein Blick wanderte zur Decke.

»Ich habe meine Eltern nie wirklich verstanden, bis der Krieg vorbei war. Sie haben versucht, mich zu beschützen, aber sie haben auch Fehler gemacht. Vielleicht ist das, das Einzige, was wir gemeinsam haben, Potter. Wir hatten keine perfekte Kindheit. Aber irgendwie sind wir immer noch hier.« Harry lächelte schwach.

»Und irgendwie feiern wir Weihnachten in einem verschneiten Dorf in Schottland.« Draco lachte leise und hielt sich dann die Rippen.

»Bitte, Potter. Spar dir die Witze. Meine Rippen machen das nicht mit.« Harry lachte ebenfalls, diesmal etwas entspannter.

»Entschuldige.« Draco starrte eine Weile zur Decke, seine Gedanken noch bei den Erinnerungen, die er gerade geteilt hatte. Doch dann wandte er den Blick wieder zu Harry, der mit leicht gerunzelter Stirn auf das Fenster schaute. Irgendetwas lag in der Luft – etwas, das unausgesprochen zwischen ihnen schwebte.

»Potter«, begann Draco langsam, seine Stimme gedämpft.

»Hm?« Harry drehte sich zu ihm um, wirkte aber abwesend, als hätte er seine Gedanken noch nicht ganz verlassen.

»Ich denke, ich habe dich unterschätzt.« Harry blinzelte, überrascht von der Offenheit in Dracos Ton.

»Wie meinst du das?« Draco setzte sich ein Stück auf, ignorierte den Schmerz in seinen Rippen und stützte sich auf einen Ellbogen.

»Ich habe immer gedacht, dass du einfach ... Glück gehabt hast. Du warst der Auserwählte, der Junge, der den Dunklen Lord besiegt hat. Der Held. Aber jetzt...«, er hielt kurz inne, als suche er nach den richtigen Worten. »Jetzt verstehe ich, was du wirklich verloren hast.« Harrys Augenbrauen zogen sich zusammen, und er wollte etwas sagen, doch Draco fuhr unbeirrt fort.

»Es waren nicht nur deine Eltern, oder?«, sagte Draco leise. »Du hast mehr verloren, als ich mir je vorgestellt habe.« Harrys Schultern sanken leicht, und sein Blick wanderte wieder zum Fenster.

»Ja«, sagte er schließlich, seine Stimme leise. Draco sprach weiter, ohne die Augen von ihm zu nehmen.

»Sirius Black. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, was er für dich war. Aber ich weiß, was es bedeutet, jemanden zu verlieren, der einem das Gefühl gibt, dass man etwas wert ist. Und dann Remus Lupin. Und seine Frau. Sie haben gekämpft, sie haben...« Er verstummte, unsicher, wie er weitermachen sollte.

»Sie haben für eine Welt gekämpft, in der ihr Sohn ohne sie aufwachsen musste«, beendete Harry den Satz, sein Ton voller Bitterkeit. »Und ich war derjenige, der Teddy am Ende sagen musste, dass er keine Eltern mehr hat.« Dracos Blick wurde weich, doch er sagte nichts.

»Sirius war der erste Mensch, der mir das Gefühl gegeben hat, dass ich zu einer Familie gehöre«, fuhr Harry fort. »Er war chaotisch, impulsiv, aber er hat mich geliebt. Und dann war er weg. Gerade als ich dachte, ich hätte jemanden, der mich versteht, der...«, er schüttelte den Kopf und brach ab. Draco schwieg einen Moment, bevor er vorsichtig fragte: »Und Lupin?«

»Er war wie ein Anker«, sagte Harry, und seine Stimme zitterte leicht. »Er hat nie viel gesagt, aber er war da. Er hat mir gezeigt, dass man auch nach allem, was man durchgemacht hat, immer noch ein guter Mensch sein kann. Aber dann kam der Krieg, und er hat ihn mir auch genommen.« Draco ließ sich langsam wieder zurücksinken, seine Stirn in tiefe Falten gelegt. Zum ersten Mal begriff er wirklich, was Harrys Leben geprägt hatte – nicht nur die Kämpfe, die er überlebt hatte, sondern die Menschen, die er verloren hatte.

»Und trotzdem bist du ... du«, sagte Draco schließlich leise, die Worte widerwillig, aber ehrlich. »Ich hätte das nicht gekonnt, Potter. Nach all dem.« Harry schnaubte leise, aber ohne Humor.

»Man hat keine Wahl, Draco. Man lebt weiter, weil man muss.« Draco nickte langsam, dann sah er Harry wieder an, seine grauen Augen voller einer neuen Art von Verständnis.

»Vielleicht. Aber du hast auch etwas aufgebaut. Freunde, die dich unterstützen. Eine Welt, die dich bewundert. Du hast einen Weg gefunden, trotz allem ... zu leben.« Harry zuckte leicht die Schultern, doch ein Hauch von Dankbarkeit lag in seinem Blick.

»Vielleicht. Aber es macht die Verluste nicht weniger schmerzhaft.« Draco schwieg und starrte zur Decke.

»Ich denke, ich habe nie wirklich verstanden, was es bedeutet, jemanden zu verlieren, den man liebt. Bis der Krieg kam.« Harry sah ihn einen Moment lang an, bevor er schließlich nickte.

»Der Krieg hat uns alle verändert. Auf die eine oder andere Weise.« Die Stille, die folgte, war schwer, aber nicht unangenehm. Beide Männer saßen in ihren Gedanken versunken da, und zum ersten Mal schien es, als hätten sie einander wirklich verstanden. Die Stille zwischen ihnen war schwer, doch nicht unangenehm. Es schien, als hätten sie alles gesagt, was im Moment gesagt werden konnte. Harry richtete sich schließlich auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das nach dem Tag voller Schnee und Staub noch wilder war als sonst.

»Ich denke, ich probiere mal das Bad aus«, sagte er und warf einen Blick zur Tür, die zur winzigen Nasszelle führte. »Es sieht zwar aus, als wäre es seit dem letzten Jahrhundert nicht renoviert worden, aber ich gebe ihm eine Chance.« Draco hob eine Augenbraue und ließ sich wieder gegen die Kopfstütze des Bettes sinken.

»Viel Glück. Wenn du zurückkommst, als wärst du verflucht oder mit einer Wasserleiche befreundet, werde ich nicht überrascht sein.«

»Sehr ermutigend, danke«, erwiderte Harry trocken, während er sich vom Bett erhob. Er begann, seinen Pullover über den Kopf zu ziehen, und Draco beobachtete ihn aus den Augenwinkeln – zunächst beiläufig, doch als Harry auch das darunterliegende T-Shirt über den Kopf zog und seine Brust entblößte, war es mit Dracos entspannter Haltung vorbei. Er spürte, wie seine Ohren heiß wurden, und wandte hastig den Blick ab, doch seine Gedanken hatten bereits zu rasen begonnen. Harry war schmal, fast drahtig, doch seine Schultern und Arme waren stärker, als Draco erwartet hatte. Seine Haut war nicht perfekt – hier und da zogen sich dünne, helle Narben über sie, Erinnerungen an den Krieg und vermutlich auch an die Dursleys. Draco hätte sich gern auf etwas anderes konzentriert – den Verband um seine eigenen Rippen, die unangenehm kratzige Bettdecke, irgendwas – doch sein Blick wanderte unweigerlich zurück, als Harry sich vorbeugte, um seine Schuhe auszuziehen. Als Harry schließlich seine Hose abstreifte und nur noch in seiner dunkelgrauen Unterhose dastand, wurde Draco plötzlich bewusst, wie eng der Raum war. Er räusperte sich, versuchte, die aufkommende Unsicherheit zu überspielen, und richtete seinen Blick demonstrativ zur Decke.

»Potter«, sagte er, seine Stimme schärfer als beabsichtigt, »könntest du wenigstens warten, bis ich tot bin, bevor du dich so ... öffentlich entblätterst?« Harry warf ihm einen belustigten Blick über die Schulter zu, während er sein Handtuch griff.

»Entspanne dich, Malfoy. Es ist nur ein Oberkörper. Du hast doch sicher schon mal einen gesehen.«

»Nicht in dieser ... Qualität«, murmelte Draco, bevor er sich selbst zurückhalten konnte. Harry hielt inne, drehte sich halb um und sah ihn fragend an.

»Was hast du gesagt?« Draco winkte hastig ab, das Blut stieg ihm in die Wangen.

»Nichts. Geh duschen, Potter. Bevor ich es mir anders überlege und dich wirklich verfluche.« Harry schüttelte lachend den Kopf, warf das Handtuch über die Schulter und verschwand im Bad, während Draco mit einem leisen Fluch seine Decke über seinen Kopf zog.

»Verdammter Potter«, murmelte er, während sein Herz viel schneller schlug, als es sollte.

Das Wasser war warm – überraschend warm, wenn man den Zustand des Bades bedachte – und fiel in einem gleichmäßigen Strahl auf Harrys müde Schultern. Er seufzte leise und ließ den Kopf sinken, das Wasser wusch den Staub und die Anspannung des Tages von seiner Haut. Für einen Moment schloss er die Augen und versuchte, seinen Kopf freizubekommen. Doch das Bild, das sich ihm aufdrängte, war nicht das des verschneiten Bauernhofs oder der gefährlichen Artefakte. Es war Draco. Draco, wie er im Bett lag, blass und erschöpft, aber trotzdem mit dieser unverkennbaren Eleganz, die ihn immer umgab. Die Art, wie seine grauen Augen funkelten, selbst wenn er sarkastische Bemerkungen machte. Die Anspannung in seiner Haltung, die Harry erst jetzt richtig zu verstehen begann – das Gewicht, das er seit seiner Kindheit getragen hatte. Harry schüttelte leicht den Kopf, versuchte, das Bild zu verdrängen, doch es brachte nichts. Sein Körper reagierte, bevor sein Verstand die Kontrolle übernehmen konnte, und er spürte, wie sich eine Erektion in ihm regte.

»Mieser Verräter«, murmelte Harry, einen Blick nach unten werfend, als hätte sein Schritt ihn direkt hintergangen. Er drehte das Wasser kurz kälter, in der Hoffnung, dass es helfen würde, doch die Gedanken ließen sich nicht so leicht abschütteln. Er ließ das Wasser wieder wärmer werden und legte eine Hand an die geflieste Wand, den Kopf dagegen gelehnt, während er tief durchatmete. Es war nicht das erste Mal, dass er sich in einer Situation wie dieser wiederfand. Harry hatte inzwischen akzeptiert, dass er schwul war, auch wenn es lange gedauert hatte, bis er sich das eingestand. Ginny hatte ihn nach dem Krieg geliebt, doch er hatte nie die Gefühle für sie erwidern können, die sie verdiente. Es hatte eine Weile gedauert, bis er sich von ihr trennte – und noch länger, bis er den Mut fand, überhaupt über seine eigene Sexualität nachzudenken. Seine bisherigen Erfahrungen waren überschaubar. Ein paar Dates mit Muggeln, nichts Ernstes, nur zwei anonyme Begegnungen, die ihm mehr Bestätigung als wirkliche Befriedigung gegeben hatten. Sie hatten ihm gezeigt, dass er wirklich schwul war, ja. Aber sie hatten ihm auch vor Augen geführt, wie wenig er über sich selbst und seine Wünsche wusste. Es war einfacher, mit Muggeln auszugehen. Sicherer. Sie wussten nichts von seiner Vergangenheit, seinen Verlusten, dem Krieg. Doch die Distanz, die er zu ihnen wahren musste, machte jede Verbindung hohl. Und jetzt war da Draco. Harry schnaubte leise und ließ das Wasser über sein Gesicht laufen, als wollte er die Gedanken wegwaschen. Draco war schwierig, eigensinnig und oft unerträglich – aber er war auch klug, loyal und auf eine seltsame Weise faszinierend.

»Das ist bescheuert«, murmelte er zu sich selbst. Doch der Gedanke blieb, auch als er schließlich das Wasser abdrehte, sich ein Handtuch um die Hüften. Er trat aus dem Bad, das Handtuch noch um die Hüften geschlungen, während er mit einer Hand durch sein feuchtes Haar fuhr. Sein Blick fiel auf Draco, der im Bett lag und den Kopf gegen das Kissen gelehnt hatte. Die grauen Augen wanderten unweigerlich über Harrys Oberkörper, bevor Draco es bemerkte und hastig seinen Blick abwandte, sein Gesicht so neutral wie möglich haltend.

»Ich dachte schon, du seist ertrunken«, sagte Draco beiläufig, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Harry grinste schief.

»Das Wasser war überraschend warm, aber wir sollten es nicht übertreiben. Ich bin sicher, die Rohre halten nicht viel aus.« Mit einem leichten Schwung seines Zauberstabs zauberte Harry sich seine Kleidung wieder an. Draco konnte nicht verhindern, dass er ein wenig enttäuscht war, obwohl er diesen Gedanken sofort verdrängte.

»Praktisch«, murmelte er trocken und richtete sich vorsichtig ein Stück auf. Harry ließ sich auf den Stuhl neben dem Bett sinken und streckte die Beine aus. Dracos Blick wanderte unwillkürlich zu Harrys Armen, wo er die feinen, silbrigen Linien von Narben erkannte.

»Das sind viele Narben«, sagte er schließlich, seine Stimme leise, fast nachdenklich. Harry zuckte leicht mit den Schultern.

»Jede erzählt eine Geschichte.«

»Und welche Geschichten sind das?« ,fragte Draco, seine Augen immer noch auf die Linien gerichtet. Harry zögerte, bevor er antwortete.

»Kämpfe. Fehler. Verluste.« Er hielt kurz inne und sah dann zu Draco hinüber. »Manche sind alt. Manche ... fühlen sich an, als wären sie nie verheilt.« Draco sah ihn lange an.

»Ist das der Grund, warum du einen Schmerztrank dabei hast?« Harry nickte langsam, ein schwaches Lächeln auf den Lippen.

»Manche Schmerzen verschwinden nie ganz. Sie kommen zurück, wann sie wollen, wie alte Freunde, die du nie eingeladen hast.« Draco schwieg und ließ die Worte auf sich wirken. Zum ersten Mal verstand er, dass Harrys Stärke nicht nur aus seinen Taten im Krieg stammte, sondern aus der Art, wie er gelernt hatte, mit den Narben zu leben – sowohl den sichtbaren als auch den unsichtbaren.

»Es ist seltsam«, sagte er schließlich, seine Stimme gedämpft. »Ich habe dich immer als unverwundbar gesehen. Den Auserwählten, der alles überlebt. Aber jetzt...«, er hielt inne, bevor er fortfuhr. »Jetzt sehe ich, dass es nicht so ist.« Harry sah ihn einen Moment an, bevor er leise antwortete.

»Niemand ist unverwundbar. Wir tun nur so, als wären wir es.« Die Stille, die folgte, war schwer, aber nicht unangenehm. Beide Männer saßen in ihren Gedanken versunken da, die Distanz zwischen ihnen kleiner, als sie es je für möglich gehalten hätten.

Der Nachmittag verging in einer merkwürdigen Mischung aus Stille und unerwartetem Frieden. Draco war irgendwann wieder in einen tiefen Schlaf gefallen, seine Atmung ruhig und gleichmäßig, während Harry in einem alten, zerfledderten Buch las, das er im Zimmer gefunden hatte. Es war ein alter Roman, vermutlich von einem Gast zurückgelassen, und obwohl die Geschichte nicht besonders spannend war, half es Harry, den Kopf freizubekommen. Gelegentlich wanderte sein Blick zu Draco. Es war fast surreal, ihn so ruhig zu sehen – ohne den üblichen Sarkasmus, ohne die spöttischen Bemerkungen. Einfach nur Draco, wie er war. Als die ersten Schatten des Abends sich ankündigten, klappte Harry das Buch zu und stellte es zurück auf den Nachttisch. Er stand auf und trat leise ans Bett, wo Draco noch immer lag, das Gesicht entspannt, abgesehen von einer leichten Falte auf seiner Stirn.

»Malfoy«, sagte Harry leise, während er eine Hand auf Dracos Schulter legte und sie leicht schüttelte. »Es wird Zeit, aufzuwachen.« Draco grummelte etwas Unverständliches und blinzelte langsam, als er die Augen öffnete. Sein Blick war noch glasig vor Müdigkeit, doch er richtete sich vorsichtig auf, als er Harry über sich sah.

»Was ist?«, fragte er mit rauer Stimme.

»Ich wollte wissen, ob du runtergehen möchtest«, sagte Harry und trat einen Schritt zurück, um ihm Platz zu geben. »Oder soll ich etwas zu essen holen und wir bleiben hier?« Draco rieb sich die Augen und ließ sich ein paar Sekunden Zeit, bevor er antwortete.

»Oh, was für eine Freude«, begann er sarkastisch. »Weihnachten mit einer Gruppe von Muggeln feiern. Genau das, was ich mir immer gewünscht habe.« Harry verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue.

»Also soll ich etwas holen?« Draco zögerte, sah zu Harry auf und atmete schließlich tief durch.

»Nein, Potter. Wenn wir schon in diesem verschneiten Nirgendwo festsitzen, können wir uns genauso gut den anderen anschließen. Es wird sicher ... interessant.« Harry schmunzelte, hielt Draco dann eine Hand hin.

»Komm, ich helfe dir.« Draco sah die Hand kurz an, als wolle er protestieren, doch schließlich griff er zu. Harry zog ihn vorsichtig hoch und hielt ihn einen Moment fest, als Draco leicht das Gleichgewicht verlor.

»Langsam«, sagte Harry und hielt ihn am Arm.

»Ich bin nicht aus Glas«, murmelte Draco, obwohl er den Halt nicht ablehnte. Gemeinsam gingen sie zur Tür, und Harry stützte Draco, als sie die schmale Treppe hinunter in den Gastraum gingen. Der Duft von Braten und Gewürzen hing in der Luft, begleitet von leiser, fröhlicher Musik, die von einem alten Radio kam. Der Raum war mit Tannengirlanden geschmückt, und das Feuer im Kamin flackerte warm.

»Na, sieh mal einer an«, sagte Draco mit einem schwachen Lächeln. »Ein richtiges Muggel-Weihnachtsidyll.« Harry schüttelte den Kopf, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen.

»Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen.« Draco sah ihn kurz an, und seine Augen glitzerten einen Moment lang auf eine Weise, die Harry fast den Atem raubte.

»Vielleicht«, murmelte er. Sie suchten sich einen freien Platz an einem der Tische, die mit einfachen Tischtüchern gedeckt waren. Die meisten Gäste des Gasthauses hatten sich bereits versammelt, und der Raum war erfüllt von einem angenehmen Gemurmel und gelegentlichem Lachen. Der Duft von Braten und Gewürzen lag schwer in der Luft, und Harry spürte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Sie setzten sich zu einem älteren Ehepaar, das sie freundlich anlächelte. Der Mann war kräftig gebaut, mit einer Glatze und einem gutmütigen Gesicht, während die Frau eine warmherzige Ausstrahlung hatte, ihre grauen Haare zu einem ordentlichen Knoten gebunden.

»Guten Abend«, sagte die Frau mit einem freundlichen Lächeln. »Ihr seid also die Fremden, die den Sturm überlebt haben?« Draco nickte knapp, ein höfliches, aber distanziertes Lächeln auf den Lippen.

»So könnte man es sagen. Wir waren ... unterwegs, als das Wetter uns überrascht hat.« Harry warf Draco einen Blick zu, erkannte jedoch schnell, dass dieser wieder eine seiner spontanen Lügen auspackte. Er beschloss, nichts zu sagen, und wandte sich stattdessen den beiden älteren Leuten zu.

»Das Wetter hier ist wirklich unberechenbar«, sagte der Mann und schüttelte den Kopf. »Gut, dass ihr hier Unterschlupf gefunden habt. Es ist nicht sicher, in solchen Stürmen unterwegs zu sein.«

»Da hatten wir tatsächlich Glück«, erwiderte Draco ruhig, bevor er sich lässig zurücklehnte. »Das Gasthaus ist ... gemütlich.« Die Frau lächelte und sah die beiden einen Moment nachdenklich an.

»Ihr seht euch nicht sehr ähnlich. Seid ihr Brüder?« Draco hob eine Augenbraue und schmunzelte, bevor er antwortete.

»Nein, wir sind ein Paar.« Die Worte waren so beiläufig und selbstverständlich, dass Harry beinahe seinen Wein, von dem er eben getrunken hatte, wieder ausspuckte. Er spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg, und starrte Draco ungläubig an, doch dieser hielt den Blick der Frau. Das Ehepaar sah sie beide überrascht an, bevor die Frau zögernd lächelte.

»Oh, das ist ... wie schön.« Doch ihre leichte Verunsicherung war nicht zu übersehen.

»Ja, wir genießen die Zeit zusammen«, fügte Draco hinzu, seine Stimme perfekt neutral. Harry rang nach Worten, entschied sich aber, nichts zu sagen. Er war sich nicht sicher, ob er Draco hier vor allen anderen widersprechen sollte, und der Moment verging, als die Wirtin das Essen brachte. Ein großer Teller mit Braten, dampfendem Gemüse und kleinen, knusprigen Kartoffeln wurde vor ihnen abgestellt, begleitet von einer kleinen Karaffe mit Soße. Der Duft war unwiderstehlich, und Harry war dankbar für die Ablenkung.

»Das sieht fantastisch aus«, murmelte er, während er sich seine Portion nahm.

»Das ist es auch«, sagte der Mann und begann, eifrig zu essen. Für einen Moment war der Tisch in das angenehme Schweigen einer guten Mahlzeit gehüllt, doch Harrys Gedanken rasten noch immer. Was hatte Draco sich dabei gedacht? Und warum hatte es ihn so sehr durcheinandergebracht? Draco hingegen aß in aller Ruhe, als sei nichts geschehen, und warf Harry hin und wieder einen kleinen, amüsierten Blick zu.

Der Abend hatte sich zu etwas entwickelt, das Harry schon lange nicht mehr erlebt hatte: einer richtigen Weihnachtsfeier. Die warme Atmosphäre, die fröhliche Musik und die freundlichen Menschen im Gasthaus ließen die Sorgen des Tages fast vergessen. Selbst Draco, der anfangs nur widerwillig zugestimmt hatte, schien aufzutauen – wenn auch auf seine ganz eigene Art. Während die anderen Gäste sich an Weihnachtsliedern versuchten, hatte Draco entschieden, dass er laut und schief mitsingen würde, was bei den anderen für schallendes Gelächter sorgte. Harry hielt sich vor Lachen den Bauch, während Draco ungeniert grinste und seine schiefe Darbietung fortsetzte. Später wurden Spiele gespielt, von Pantomime bis hin zu einem merkwürdigen Kartenspiel, dessen Regeln Harry nicht wirklich verstand, aber dennoch Spaß machte. Irgendwann am späten Abend, als die anderen Gäste nach und nach auf ihre Zimmer gingen, setzten sich Harry und Draco in zwei bequeme Sessel vor den Kamin. Das Feuer knisterte leise, und Draco streckte die Beine aus, während Harry sich zurücklehnte und die Wärme genoss. Der Tag war lang gewesen, doch jetzt fühlte sich alles leichter an – zumindest für den Moment.

»Das war überraschend angenehm«, murmelte Draco und sah in die Flammen. Harry grinste.

»Sogar für dich? Du hast ja fast begeistert mitgesungen.«

»Fast?« Draco hob eine Augenbraue und tat so, als wäre er empört. »Ich habe dem Abend meinen besonderen Charme verliehen.« Harry schüttelte den Kopf, konnte aber nicht aufhören zu lächeln. Bevor er etwas sagen konnte, setzte sich ein Mann auf den Stuhl gegenüber von ihnen. Er war groß und schlank, mit einem scharfen Gesicht und einem dichten Bart, der leicht ergraut war. Seine Kleidung war schlicht, aber sauber, und er trug eine dicke Jacke, die er nun abstreifte.

»Einen schönen Abend«, sagte er leise und musterte die beiden mit einem neugierigen Blick. Harry und Draco sahen sich kurz an, bevor Harry nickte.

»Guten Abend.« Der Mann beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie und sprach leiser. »Mein Name ist Elias Faulkner. Ich bin, also ich bin ... Zauberer.« Harrys Augen weiteten sich leicht, doch er behielt seine Haltung.

»Wie kommen Sie darauf, uns das zu sagen?« Elias lächelte schwach.

»Ich habe Sie erkannt, Harry Potter. Ihre Narbe mag nicht mehr so bekannt sein, aber Ihr Gesicht schon. Ich wollte mich nicht aufdrängen, aber ich denke, wir könnten ein ähnliches Problem haben.« Draco lehnte sich zurück, seine Augen schmal.

»Was meinen Sie?« Elias ließ seinen Blick zwischen den beiden wandern, bevor er erklärte:

»Ich wollte eigentlich in ein anderes Dorf apparieren – etwa hundert Kilometer von hier entfernt. Aber gestern, als ich apparieren wollte, bin ich plötzlich hier gelandet. Keine Ahnung, wie das passiert ist. Ich konnte nicht mehr disapparieren. Es war spät und ich habe in der Kirche geschlafen, bis ich heute Morgen dieses Gasthaus gefunden habe. Es gab kein Zimmer mehr, aber die Wirtin hat mir eine Kammer hinter der Küche überlassen.« Harry und Draco tauschten einen Blick.

»Wir sind ebenfalls gestrandet. Es scheint, als hätte jemand eine magische Barriere errichtet, die Apparieren verhindert«, erklärte Harry dann.

»Und es gibt Hinweise darauf, dass es mit einem verlassenen Bauernhof außerhalb des Dorfes zu tun hat«, fügte Draco hinzu. Elias nickte langsam.

»Das ergibt Sinn. Ich habe den Sturm gespürt, als ich ankam. Magie dieser Art ist nicht leicht zu erzeugen. Wenn Sie mich fragen, war das geplant.« Draco hob eine Augenbraue.

»Das war auch unser Verdacht. Jemand wollte potenzielle Käufer von illegalen Artefakten anlocken und vielleicht festsetzen.« Elias nickte erneut und schwieg einen Moment. Schließlich sah er Draco an, sein Blick wanderte kurz zu dessen Brust, die Draco sich immer wieder hielt.

»Sie sind verletzt, oder?« Draco zuckte leicht zusammen, als hätte er versucht, es zu verbergen, doch Harry sprach für ihn.

»Er hat gebrochene Rippen. Können Sie helfen?« Elias' Blick wurde weicher.

»Ich bin Heiler. Wenn Sie es mir erlauben, kann ich die Rippen reparieren. Aber wir müssen es diskret machen.« Draco sah ihn skeptisch an, doch schließlich nickte er.

»Wenn Sie meinen.« Elias zog seinen Zauberstab und murmelte leise einen Heilzauber, wobei er darauf achtete, dass niemand in der Nähe war. Ein warmes Licht umgab Draco, und er atmete tief ein, als der Schmerz plötzlich verschwand.

»Das war ... beeindruckend«, murmelte Draco und richtete sich vorsichtig auf.

»Ich tue mein Bestes«, sagte Elias mit einem freundlichen Lächeln. Er lehnte sich zurück und betrachtete die beiden.

»Sie beide sind das Gesprächsthema des Abends.« Harry runzelte die Stirn.

»Was meinen Sie?« Elias grinste leicht.

»Das ältere Paar, bei dem ihr gesessen habt, hat erzählt, dass ihr ein Paar seid. Das hat die Runde gemacht.« Harrys Gesicht lief rot an, und er schüttelte hastig den Kopf.

»Das war ein Missverständnis. Wir sind kein Paar. Draco hat das nur ... gesagt.« Draco zuckte mit den Schultern und grinste schief.

»Ich fand es passend.« Harry warf ihm einen wütenden Blick zu, doch Elias lachte leise.

»Ihr macht euch gut zusammen, das muss ich sagen.« Draco sagte nichts, doch sein Grinsen blieb, während Harry den Kopf schüttelte und leise murmelte: »Unglaublich.«

»Ich werde dann mal in meine Kammer gehen. Gute Nacht und vielleicht finden wir ja morgen zusammen eine Lösung«, sagte Elias dann und erhob sich.

»Ja, gute Nacht und danke für die Hilfe«, sagte Draco und Harry nickte dem Mann zu. Nachdem Elias gegangen war, blieb Harry einen Moment still vor dem Kamin sitzen, den Blick in die Flammen gerichtet. Der Abend hatte eine Wendung genommen, die er nicht erwartet hatte. Ein weiterer Zauberer, gefangen wie sie, und die Aussicht, dass sie vielleicht gemeinsam herausfinden konnten, was los war. Neben ihm schien Draco ebenfalls in Gedanken versunken, doch Harry bemerkte die leichte Entspannung in seiner Haltung. Die Heilung schien Wunder gewirkt zu haben.

»Er war ... nett«, sagte Harry schließlich, die Stille brechend. Draco schnaubte leise.

»Nett? Ich würde ihn eher als aufdringlich bezeichnen.«

»Er hat dir die Rippen geheilt«, erwiderte Harry trocken.

»Ja, und dafür bin ich ihm dankbar«, sagte Draco mit einem leichten Schulterzucken. »Aber ich traue ihm trotzdem nicht. Keiner von uns weiß, warum er wirklich hier ist.« Harry nickte langsam.

»Das stimmt. Aber im Moment scheint er unser einziger Verbündeter zu sein. Und wir könnten morgen seine Hilfe gebrauchen.« Draco lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.

»Vielleicht. Aber wenn er anfängt, sich einzumischen, werde ich nicht zögern, ihm die Grenzen aufzuzeigen.« Harry grinste schwach.

»Natürlich nicht.« Eine Weile saßen sie schweigend da, das Knistern des Feuers und die leisen Geräusche aus dem Gastraum ihre einzigen Begleiter. Schließlich streckte Harry sich und stand auf.

»Es wird spät. Wir sollten schlafen, damit wir morgen früh raus können.« Draco nickte zögernd und erhob sich langsam, sein Blick noch immer auf Harry gerichtet. Gemeinsam gingen sie die knarrende Treppe hinauf zu ihrem Zimmer, wo die Stimmung plötzlich auffallend anders war. Draco ließ sich aufs Bett sinken, während Harry die Tür schloss und seine Schuhe abstreifte. Ein seltsames Schweigen legte sich über den Raum, doch es war keine unangenehme Stille. Es war ... aufgeladen. Harry lehnte sich gegen die Kommode, die Hände in den Taschen, und musterte Draco.

»Warum hast du das eigentlich gesagt?« Draco hob eine Augenbraue.

»Was meinst du?«

»Dass wir ein Paar sind«, sagte Harry und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein schiefes Grinsen schlich sich auf Dracos Gesicht.

»Oh, das. Es hat sich einfach angeboten. Sie wollten wissen, ob wir Brüder sind, und ich dachte, das wäre ... unterhaltsamer.« Harry zog die Stirn kraus, doch er konnte die Hitze, die ihm ins Gesicht stieg, nicht verbergen.

»Unterhaltsamer? Du hast die halbe Wirtschaft damit in Aufregung versetzt!«

»Und?« Draco lehnte sich zurück, seine Stimme entspannt. »Es hat niemandem geschadet. Abgesehen davon...«, er hielt kurz inne und sah Harry direkt an, seine grauen Augen funkelten. »Wäre es so schlimm, Potter? Die Vorstellung, dass jemand denken könnte, wir wären zusammen?« Harry öffnete den Mund, doch keine Worte kamen heraus. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug, und er konnte nicht sagen, ob es an der Herausforderung in Dracos Stimme lag oder an der Art, wie dieser ihn ansah – direkt, durchdringend, ohne den üblichen Sarkasmus.

»Das ist nicht der Punkt«, murmelte er schließlich und wich Dracos Blick aus.

»Oh, ich denke, das ist genau der Punkt«, sagte Draco leise, seine Stimme jetzt weicher. »Du bist so verdammt ernst, Potter. Vielleicht war es einfach amüsant, diese perfekte Fassade ein wenig zu stören.« Harry schüttelte den Kopf und stieß ein trockenes Lachen aus.

»Du bist unmöglich.«

»Das habe ich schon öfter gehört.« Draco stand langsam auf und trat einen Schritt näher. Harry spürte, wie die Luft im Raum schwerer wurde, und sein Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich.

»Sag mir die Wahrheit«, sagte Draco leise, sein Tonfall fast neugierig. »Warum hat es dich so sehr aus der Fassung gebracht?« Harry schloss kurz die Augen, versuchte, die Gedanken zu ordnen, die in seinem Kopf wirbelten.

»Weil...«, er hielt inne, öffnete die Augen wieder und sah Draco an. »Weil ich nicht weiß, was ich denken soll. Über dich. Über das hier.«

»Das hier?« Draco trat noch einen Schritt näher, sodass nur noch ein schmaler Raum sie trennte. »Und was denkst du? Was könnte das hier sein?« Harrys Mund wurde trocken, und er spürte die Anspannung, die zwischen ihnen vibrierte.

»Ich ... weiß es nicht.« Draco hielt seinen Blick einen Moment, dann legte er den Kopf leicht schief, ein kleines Lächeln auf seinen Lippen.

»Dann lass es mich herausfinden.« Bevor Harry reagieren konnte, schloss Draco die restliche Distanz zwischen ihnen und legte eine Hand an Harrys Kiefer, zog ihn vorsichtig zu sich hin und küsste ihn. Harrys Atem stockte, und für einen Moment schien die Welt stillzustehen. Doch dann erwiderte er den Kuss, seine Hände fanden Dracos Schultern, und die Spannung löste sich in einer Mischung aus Überraschung und etwas, das sich verblüffend richtig anfühlte. Als sie sich schließlich voneinander lösten, blieb Dracos Hand an Harrys Kiefer, sein Blick intensiv.

»Na? War das so schlimm?« Harry starrte ihn an, sein Herz pochte so laut, dass er sicher war, Draco konnte es hören.

»Ich weiß nicht«, murmelte er schließlich, ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. »Ich glaube, ich muss es noch mal versuchen, um sicher zu sein.« Harrys Worte hingen noch in der Luft, und Draco grinste breit, eine Mischung aus Belustigung und etwas anderem, das Harry nicht recht einordnen konnte. Doch bevor er weiter nachdenken konnte, zog Draco ihn erneut zu sich und küsste ihn – diesmal langsamer, fordernder, und Harry spürte, wie seine Knie nachgaben. Dracos Hände glitten über Harrys Schultern, hielten ihn fest, während der Kuss tiefer wurde. Harrys Gedanken wirbelten, doch es war ein angenehmes Chaos. Die Wärme, die von Dracos Körper ausging, die Art, wie er sich mit jeder Bewegung näher zog – es war überwältigend, aber auf die beste Weise.

»Malfoy«, murmelte Harry, als sie sich kurz voneinander lösten, um Luft zu holen. »Was machst du da?« Draco zog eine Augenbraue hoch, sein Atem flach.

»Was denkst du, Potter?«

»Ich denke ...«, Harry begann, doch Dracos Lippen fanden erneut die seinen, und die Worte vergingen in einem weiteren Kuss. Diesmal war es Harry, der seine Hände hob, sie in Dracos Haar vergrub und ihn dichter an sich zog. Die Anspannung der letzten Tage, die Stürme, die seltsame Magie – alles fiel von ihnen ab, als Draco seine Finger an Harrys Hüften legte und ihn rückwärts in Richtung Bett führte.

»Du bist zu laut in deinem Kopf«, murmelte Draco gegen Harrys Lippen, und sein Tonfall war eine Mischung aus Spott und Zärtlichkeit.

»Ich kann nicht anders«, gab Harry zurück, ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. Draco ließ ihn auf das Bett sinken und folgte ihm, seine Bewegungen elegant und sicher.

»Dann lass mich das für dich regeln.« Harrys Herz schlug heftig, als Draco sich über ihn beugte, ihre Lippen erneut fanden, und seine Hände begann, über Harrys Oberkörper zu wandern – sanft, erkundend, fast vorsichtig.

»Du bist überraschend gut darin«, sagte Harry zwischen zwei Atemzügen, sein Kopf leicht zurückgelehnt, als Dracos Lippen sich seinen Kiefer hinunterarbeiteten.

»Überraschend?« Draco zog sich leicht zurück und sah ihn an, seine grauen Augen voller Schelmerei. »Das sollte mich beleidigen, Potter.«

»Vielleicht ein bisschen«, erwiderte Harry mit einem Grinsen, das schnell in ein leises Keuchen überging, als Draco eine empfindliche Stelle an seinem Hals fand. Die Stimmung im Raum änderte sich, wurde schwerer, intensiver. Harry spürte Dracos Gewicht auf sich, das Knistern in der Luft, das jede Berührung noch elektrisierender machte. Ihre Bewegungen wurden unkoordiniert, ihre Atmung schwerer, und das Knarren des alten Bettes ging fast unter in dem leisen, aufgeladenen Raum. Draco ließ seine Hand über Harrys Seite gleiten, hielt kurz inne, bevor er Harrys Blick suchte.

»Ist das okay?«, fragte er leise, sein Tonfall ernst. Harry nickte, seine Stimme weich, aber bestimmt.

»Ja. Es ist okay.« Das schien alles zu sein, was Draco hören musste. Er zog Harry näher, ihre Bewegungen synchron, als würde ihr Körper sprechen, wo Worte nicht ausreichten. Die Küsse wurden intensiver, und alles andere schien zu verblassen. Es gab nur sie beide, die Hitze zwischen ihnen, das leise Rascheln von Stoff, der den Weg zwischen ihnen freimachte.

»Potter«, murmelte Draco irgendwann, sein Atem flach. »Du bist ...«, er hielt inne, schien nach den richtigen Worten zu suchen, und Harry konnte nicht anders, als zu lächeln.

»Ich weiß«, sagte Harry leise, sein Tonfall voller Humor, aber auch etwas Weicherem. Draco lachte leise, zog ihn wieder zu sich, und sie verloren sich erneut in der Nähe des anderen. Es war kein Rennen, kein Ziel, sondern ein Tanz, bei dem jeder Schritt sie näherbrachte. Als die Spannung schließlich ihren Höhepunkt erreichte, verstärkte sich die Welt um sie herum, nur um im nächsten Moment zu verschwimmen, als alles explodierte – ein Feuerwerk aus Gefühlen, das Harry den Atem raubte und ihn für einen Moment völlig vergessen ließ, wo er war. Draco sank neben ihn zurück, beide keuchend, ihre Körper noch immer ineinander verstrickt. Eine Weile lag keiner von ihnen etwas, das leise Knistern des Feuers im Hintergrund die einzige Geräuschkulisse.

»Das war...«, begann Draco schließlich, brach dann aber ab, als er keine Worte fand. Harry drehte den Kopf, ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen.

»Ja. Das war.« Draco grinste schwach, bevor er sich auf die Seite drehte, eine Hand leicht über Harrys Schulter gleiten ließ und ihn ansah.

»Du bist eine echte Überraschung, Potter.«

»Das höre ich nicht zum ersten Mal«, murmelte Harry, bevor er die Augen schloss, sein Atem ruhiger wurde und er sich einfach für einen Moment treiben ließ.

Das erste Licht des Morgens drang durch das kleine Fenster, das teilweise mit Reif bedeckt war. Harry öffnete langsam die Augen, blinzelte gegen das blasse Grau des frühen Tages und brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo er war. Die Wärme neben ihm erinnerte ihn schnell daran. Draco lag mit dem Gesicht ihm zugewandt, eine Hand locker über der Decke, die kaum bis zu seiner Hüfte reichte. Sein Haar fiel ihm in die Stirn, und sein Gesicht war entspannt, fast friedlich – ein Ausdruck, den Harry nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Für einen Moment blieb Harry einfach liegen und betrachtete ihn, den Rhythmus seines gleichmäßigen Atems und die Art, wie das Licht seine Haut streifte. Es war ein Anblick, der gleichzeitig beruhigend und beunruhigend war. Draco, nackt neben ihm, nach allem, was in der Nacht zuvor passiert war. Er ließ den Blick kurz über seine eigenen Schultern gleiten und atmete tief durch. Er konnte nicht leugnen, dass die Nacht unglaublich gewesen war. Intensiv, unerwartet, und doch fühlte es sich ... richtig an. Doch das war auch das Problem. Richtig fühlte es sich für ihn oft nicht lange so an. Draco regte sich langsam, ein leises Murmeln kam über seine Lippen, bevor er die Augen öffnete und Harry ansah. Es dauerte einen Moment, bis er wach genug war, um die Situation zu begreifen, doch dann breitete sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen aus.

»Guten Morgen. Frohe Weihnachten«, sagte Draco leise, seine Stimme noch rau vom Schlaf. Harry nickte knapp, wich jedoch Dracos Blick aus.

»Ja, frohe Weihnachten.« Draco zog eine Augenbraue hoch und stützte sich auf einen Ellbogen. »Was ist los?«

»Nichts«, murmelte Harry schnell und setzte sich auf, zog dabei die Decke mit sich, um sich ein wenig zu bedecken.

»Potter.« Dracos Tonfall war ernst, und Harry spürte, wie sein Blick auf ihm lag. »Was geht in deinem verdammten Kopf vor?« Harry drehte sich zu ihm um, seine Lippen zu einem schmalen Strich gepresst.

»Ich will nicht, dass du redest.« Draco blinzelte überrascht.

»Was?«

»Ich will nicht, dass du irgendwas sagst«, wiederholte Harry, seine Stimme leise, aber bestimmt. Dracos Stirn legte sich in Falten.

»Warum? Was bei Merlin soll das heißen?« Harry fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und wandte den Blick ab.

»W-weil ich nicht will, dass das alles kaputtgeht, bevor es überhaupt richtig angefangen hat.« Draco setzte sich ganz auf, die Decke achtlos zurückwerfend, und sah Harry mit scharfem Blick an.

»Was meinst du damit? Kaputt geht?« Harry zögerte, seine Schultern sanken leicht, bevor er leise antwortete.

»Ich habe keine guten Erfahrungen mit ... so was. Mit Nächten wie dieser. Und ich weiß nicht, ob das für dich...«, er brach ab, seine Worte in der Luft hängen lassend. Dracos Augen wurden schmal, und dann blitzte es plötzlich in seinem Blick.

»Oh, ich verstehe.« Seine Stimme war kalt, fast wütend. »Du denkst, ich habe dich nur benutzt. Ein Mittel zum Zweck, richtig? Ein kleiner Spaß, weil wir hier feststecken?« Harrys Kopf schnellte hoch, und er sah Draco an, der jetzt die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

»Ich... nein, ich meine ... vielleicht? Ich weiß es nicht.« Draco schüttelte langsam den Kopf, seine Lippen fest aufeinandergepresst.

»Unglaublich, Potter. Wirklich unglaublich.«

»Es tut mir leid«, sagte Harry schnell und sah ihn verzweifelt an. »Aber das ist ... das ist einfach, was ich kenne. Es war nie mehr als das. Nie mehr a-als eine Nacht. Und ich hätte nie gedacht, dass du überhaupt...«

»Was?« unterbrach Draco ihn, seine Stimme scharf. »Dass ich schwul bin?« Harry nickte unsicher, seine Augen suchten Dracos, doch dieser wich nicht aus. Draco atmete tief durch und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.

»Ja, ich bin schwul. Und nein, das ist kein Geheimnis mehr. Ich habe mich vor über einem Jahr geoutet.« Harry blinzelte überrascht.

»Ich ... das wusste ich nicht.« Draco schnaubte leise, ein bitteres Lächeln auf seinen Lippen.

»Natürlich nicht. Du lebst in deiner kleinen Ministeriums-Blase, während der Rest der Welt weitermacht. Es war kein großes Ding. Meine Eltern wissen es, Blaise weiß es, und der Rest ... ist mir egal.« Harry öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, brach Draco in ein unerwartetes Lachen aus. Es war nicht spöttisch, sondern ehrlich, und es brachte Harry völlig aus dem Konzept.

»Was ist so lustig?«, fragte Harry verwirrt. Draco schüttelte den Kopf und sah ihn an, sein Lächeln weich geworden.

»Du bist so verdammt kompliziert, Potter. Und dabei dachte ich immer, ich wäre das komplizierte Genie von uns beiden.«

»Das ist nicht witzig«, murmelte Harry, doch ein schwaches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Draco lehnte sich näher zu ihm, seine Hand fand Harrys Kiefer und hielt ihn fest.

»Vielleicht ist es doch witzig«, sagte er leise, bevor er sich vorbeugte und Harry erneut küsste. Dieser Kuss war anders – langsamer, weicher, aber nicht weniger intensiv. Es war, als ob Draco mit dieser einen Geste alle Zweifel aus Harrys Kopf wischen wollte. Als sie sich schließlich voneinander lösten, hielt Draco den Blickkontakt und lächelte leicht.

»Für mich war das gestern Nacht nicht nur irgendein Zeitvertreib. Und wenn du das noch einmal denkst, schwöre ich, dass ich dich verfluche.« Harry nickte langsam, seine Brust wurde leichter, während er ein leises Lächeln erwiderte.

»Okay. Keine Flüche bitte.« Draco grinste und zog ihn wieder zu sich. Er ließ seinen Kopf wieder auf das Kissen sinken und sah Harry an, dessen Gesicht nun weicher wirkte, entspannter, doch immer noch mit einem Hauch von Unsicherheit. Eine Weile blieben sie schweigend liegen, das leise Knistern des alten Holzrahmens des Bettes und das ferne Heulen des Windes die einzigen Geräusche im Raum. Schließlich durchbrach Draco die Stille, seine Stimme ruhig, aber neugierig.

»Harry?« Harrys Kopf schnellte herum, und für einen Moment war er überrascht, seinen Vornamen zu hören. Es fühlte sich anders an, intimer.

»Ja?«, fragte er leise. Draco musterte ihn, als wolle er jedes Detail seines Gesichts lesen.

»Bist du wirklich schwul?« Harry blinzelte überrascht, doch dann nickte er langsam.

»Ja. Ich bin schwul.«

»Und wann...«, Draco hielt kurz inne, bevor er fortfuhr. »Wann hast du das gemerkt?« Harry zögerte, starrte auf die Decke und wählte seine Worte mit Bedacht.

»Es war ... nach dem Krieg. Ginny und ich ... Es hat einfach nicht funktioniert. Ich wollte, dass es klappt, wirklich. Sie war immer da, sie hat mich geliebt, und ich dachte, ich könnte das auch. Aber...«

»Aber?«, fragte Draco leise.

»Aber ich habe mich dabei gefühlt, als würde ich das Leben eines anderen leben. Nicht mich eigenes.« Harry sah Draco an, ein schwaches, entschuldigendes Lächeln auf den Lippen. »Es war unfair, ihr gegenüber. Und mir selbst auch.« Draco nickte langsam.

»Und dann?« Harry zog die Decke ein wenig höher und fuhr fort.

»Ich habe angefangen, mich zu fragen, warum ich mich so fühlte. Ich habe ein paar ... Erfahrungen gemacht. Nichts Großes. Ein paar Dates, ein paar Nächte. Nur genug, um zu wissen, dass es stimmt.«

»Und dann hast du dich zurückgezogen«, sagte Draco, fast als wäre es eine Feststellung. Harry lachte leise, ohne Humor.

»Du kennst mich besser, als ich dachte.«

»Warum?«, fragte Draco, seine Augen noch immer auf Harry gerichtet. Harry schloss die Augen für einen Moment, sammelte seinen Mut, bevor er antwortete.

»Weil alle, die mir zu nahe kommen, sterben.« Draco starrte ihn an, unfähig, sofort zu antworten. Harrys Worte hingen schwer im Raum, eine Welle aus Schuld und Verlust, die ihn zu umgeben schien.

»Harry«, sagte Draco schließlich, und sein Ton war ernster, als Harry ihn je gehört hatte. »Das ist nicht wahr.«

»Doch, ist es«, erwiderte Harry leise, ohne ihn anzusehen. »Meine Eltern. Sirius. Remus und Tonks. Fred. Dumbledore. Sie sind alle tot. Alle, die mir wichtig waren, alle, die mir zu nahe kamen.« Draco setzte sich auf, ignorierte die Decke, die von seinen Schultern rutschte, und beugte sich vor, bis er Harrys Gesicht sehen konnte.

»Und Ron und Hermine?« Harry öffnete die Augen und blickte zu ihm auf.

»Was ist mit ihnen?«

»Sie sind nicht tot«, sagte Draco fest. »Sie sind lebendig. Und sie sind immer noch an deiner Seite.«

»Aber was, wenn—«, begann Harry, doch Draco schnitt ihm das Wort ab.

»Nein«, sagte Draco entschlossen. »Das ist ein lächerlicher Gedanke, Harry. Du kannst nicht dein ganzes Leben damit verbringen, Angst zu haben, dass etwas passiert. Menschen sterben, ja. Aber das ist nicht deine Schuld.« Harry sah ihn an, und in seinen Augen lag eine Mischung aus Zweifel und Schmerz.

»Manchmal fühlt es sich so an.«

»Ich habe nicht vor, demnächst zu sterben«, sagte Draco, seine Stimme ein wenig weicher, aber immer noch bestimmt. »Also kannst du dir diesen Unsinn sparen. Verstanden?« Harrys Lippen zuckten, und ein schwaches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

»Du bist ganz schön hartnäckig.«

»Jemand muss es ja sein«, erwiderte Draco mit einem Hauch von Humor, bevor er sich zurücklehnte, seine grauen Augen noch immer auf Harry gerichtet. Eine Weile schwiegen sie, bevor Harry schließlich sprach.

»Danke.«

»Wofür?« ,fragte Draco und hob eine Augenbraue.

»Für ... keine Ahnung. Für das, was du gerade gesagt hast.« Draco lächelte schwach.

»Glaub mir, Harry, ich sage selten etwas, was ich nicht meine.« Harry nickte langsam, und ein leichter Rotschimmer zog über seine Wangen.

»Das habe ich gemerkt.« Draco grinste, beugte sich vor und legte eine Hand an Harrys Kiefer, zog ihn vorsichtig zu sich und küsste ihn erneut. Harry fühlte, wie sich eine seltsame Wärme in seiner Brust ausbreitete. Als sie sich voneinander lösten, hielt Draco seinen Blick fest.

»Ich habe übrigens nicht vor, dich gehen zu lassen, falls du das vorhast.« Harry lachte leise und schüttelte den Kopf.

»Keine Sorge. Ich gehe nirgendwohin.« Sie kuschelten sich wieder aneinander und schliefen noch mal ein, dieses Mal Arm in Arm.

Draco streckte sich im Bett, als sein Blick aus dem kleinen Fenster fiel. Die Sonne schien durch die dünnen Vorhänge, und das Licht spiegelte sich in den vereinzelten Schneeresten auf dem Fensterbrett. Es dauerte nur einen Moment, bis ihm klar wurde, was das bedeutete.

»Harry«, sagte er leise, dann drängender, »Harry, wach auf!« Harry murmelte etwas Unverständliches und drehte sich um, doch Draco zog die Decke von ihm herunter.

»Hey!«, protestierte Harry und blinzelte verschlafen. »Was soll das?«

»Es schneit nicht mehr, die Sonne scheint«, sagte Draco und sprang bereits aus dem Bett. »Komm, wir müssen nachsehen, ob die Barriere noch da ist!« Harry stöhnte, doch der Ernst in Dracos Stimme riss ihn aus seiner Trägheit. Schnell zogen sie sich an und eilten nach draußen, die eisige Morgenluft ihre Wangen kühlend. Das Dorf lag still und friedlich, keine Seele war zu sehen, nur die Sonnenstrahlen, die den frisch gefallenen Schnee zum Glitzern brachten. Draco zog seinen Zauberstab und drehte sich zu Harry.

»Ich probiere es.« Er konzentrierte sich, drehte auf der Stelle und verschwand – nur um wenige Meter weiter wieder aufzutauchen. Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er zurück zu Harry eilte.

»Es funktioniert! Die Barriere ist weg!« In diesem Moment trat auch Elias aus dem Gasthaus, seinen Zauberstab in der Hand.

»Ich habe es auch gerade probiert«, sagte er, und seine Stimme klang erleichtert. »Es funktioniert tatsächlich. Endlich!« Die drei tauschten Blicke, die Worte unnötig machten. Elias trat vor und reichte Harry und Draco die Hand.

»Frohe Weihnachten euch beiden. Ich bin froh, dass wir das zusammen durchgestanden haben.«

»Frohe Weihnachten«, erwiderte Harry und Draco nickte. Mit einem letzten Nicken disapparierte Elias und ließ Harry und Draco allein im stillen Dorf zurück.

»Komm«, sagte Draco, seine Stimme etwas weicher. »Holen wir unsere Sachen.« Zurück im Gasthaus verabschiedeten sie sich von der Wirtin, die sie mit einem warmen Lächeln ansah.

»Sie beide sind ein schönes Paar«, sagte sie. »Frohe Weihnachten.« Harry und Draco tauschten einen Blick, doch keiner widersprach. Stattdessen verabschiedeten sie sich höflich, nahmen ihre Sachen und suchten eine stille Ecke außerhalb des Gasthauses.

»Bereit?«, fragte Draco. Harry nickte.

»Bereit.« Mit einem leisen Plopp disapparierten sie und ließen das verschneite Dorf hinter sich.

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Das Ministerium war fast ausgestorben, als sie das Atrium betraten. Die meisten Mitarbeiter hatten sich in die Weihnachtsferien verabschiedet, und die wenigen, die noch da waren, waren zu sehr mit ihren eigenen Aufgaben beschäftigt, um Harry und Draco Beachtung zu schenken. Die beiden arbeiteten schweigend, brachten die verzauberten Artefakte ins spezielle Lager und sicherten sie mit einem Zauber, der sicherstellte, dass sie vorerst niemand berühren konnte. Die Protokolle würden warten müssen – das war eine Sache für nach den Feiertagen. Draco klopfte sich die Hände ab, als sie das Lager verließen.

»Damit hätten wir das erledigt. Zumindest vorerst.«

»Und jetzt?«, fragte Harry, seine Stimme leise, aber neugierig. Draco blieb stehen und drehte sich zu ihm um, ein schiefes Grinsen auf den Lippen.

»Jetzt?« Er machte eine dramatische Pause, bevor er fortfuhr. »Jetzt frage ich, ob du mit zu mir kommen willst.« Harry blinzelte, überrascht von der Direktheit, doch dann breitete sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht aus.

»Zu dir?«

»Ja«, sagte Draco und zog eine Augenbraue hoch. »Es sei denn, du hast etwas Besseres vor.« Harry schüttelte den Kopf, das Lächeln noch immer auf seinen Lippen.

»Nein, ich glaube nicht.«

»Gut«, sagte Draco zufrieden. »Dann komm.«

Der Morgen war still, abgesehen vom leisen Rascheln der Bettdecke, als Harry sich langsam auf die Seite drehte und Draco ansah. Die Sonne warf sanfte Strahlen durch das große Fenster, und die Wärme des Bettes schien den Rest der Welt fernzuhalten. Es war ein Tag gewesen, den sie fast ausschließlich hier verbracht hatten – im Bett, in Gesprächen, in Momenten, die weder von Worten noch von Erklärungen brauchten. Harry stützte seinen Kopf auf seine Hand und beobachtete Draco, der mit geschlossenen Augen dalag, sein Atem ruhig und gleichmäßig. Schließlich öffnete Draco langsam die Augen, und ein schläfriges Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, als er Harrys Blick bemerkte.

»Was?«, murmelte Draco, seine Stimme noch rau vom Schlaf. Harry zögerte einen Moment, bevor er leise fragte: »Was passiert jetzt?« Draco musterte ihn einen Moment, seine grauen Augen weich und nachdenklich. Dann legte er eine Hand auf Harrys Wange, sein Daumen strich sanft über die Haut.

»Was immer du willst«, sagte er schlicht, und in seiner Stimme lag eine Ehrlichkeit, die Harry bis ins Mark berührte. Ein Lächeln stahl sich auf Harrys Gesicht, und er neigte sich vor, um Draco sanft zu küssen.

»Das klingt gut.« Und in diesem Moment wusste Harry, dass sie gemeinsam einen neuen Weg eingeschlagen hatten – einen, der ganz ihnen gehörte.

------Zehn Jahre später----

Der Geruch von frisch gebackenen Keksen und heißem Kakao erfüllte das warme Haus. Im Wohnzimmer funkelte ein großer Weihnachtsbaum, geschmückt mit Kugeln, Lichtern und handgemachten Ornamenten, die über die Jahre zusammengetragen worden waren. Draußen fiel leise Schnee, und das sanfte Knistern des Kamins mischte sich mit dem Lachen und den Stimmen, die das Haus erfüllten. Harry saß auf dem Sofa, ein Becher Kakao in der Hand. Sein Blick blieb an Draco hängen, der vor dem Baum kniete und mit einer Mischung aus Geduld und Nachsicht einem kleinen Jungen zeigte, wie man eine besonders fragile Glaskugel aufhängt.

»Vorsichtig, Scorp«, sagte Draco mit einem Lächeln. »Wenn du sie fallen lässt, gibt es Ärger.«

»Ich bin vorsichtig!«, protestierte der Junge energisch, doch seine kleine Zunge ragte konzentriert zwischen den Lippen hervor, während er die Kugel behutsam an den Ast hängte. Harry konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Scorpius war fünf und das Abbild seines Vaters – zumindest äußerlich. Doch das freche Funkeln in seinen Augen war unverkennbar von Harry.

»Ist er fertig?«, fragte eine Stimme neben Harry, und er wandte sich um. Teddy, inzwischen ein Teenager, kam mit einer Platte voller Plätzchen ins Zimmer. Sein Haar war weihnachtlich rot und grün gefärbt, und ein schelmisches Grinsen lag auf seinen Lippen.

»Fast«, sagte Harry, während er sich ein Plätzchen schnappte.

»Aber du weißt, wie Draco ist. Perfektionist bis ins kleinste Detail.« Teddy lachte und stellte die Platte auf den Tisch, bevor er sich neben Harry fallen ließ.

»Das ist eine nette Art zu sagen, dass er einen Kontrollzwang hat.«

»Ich hab das gehört«, rief Draco über seine Schulter, ohne sich umzudrehen. Harry und Teddy brachen in Gelächter aus, und Scorpius sah verwirrt zwischen den Erwachsenen hin und her.

»Was ist so lustig?«, fragte er schließlich.

»Nichts, mein Kleiner«, sagte Draco, richtete sich auf und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Geh lieber und sieh nach, ob Teddy die Kekse nicht alle alleine isst.« Scorpius rannte mit großen Augen zu Teddy, der ihn spielerisch zur Seite schob, als er nach einem Plätzchen griff. Draco ließ sich neben Harry auf das Sofa fallen und seufzte zufrieden.

»Ich habe nicht gedacht, dass ich Weihnachten irgendwann mal so genießen würde.« Harry legte einen Arm um seine Schultern und zog ihn näher.

»Ich auch nicht.« Draco lehnte seinen Kopf gegen Harrys Schulter und sah in den Raum. Teddy und Scorpius waren jetzt damit beschäftigt, einen großen Keks zu teilen, und ihre Gesichter strahlten vor Freude.

»Ich habe lange nicht geglaubt, dass ich so etwas haben könnte«, sagte Draco leise. Harry drückte ihn sanft.

»Ich auch nicht. Aber hier sind wir.«

»Ja«, murmelte Draco und drehte den Kopf, um Harry anzusehen. »Und ich bin froh, dass du damals mit mir gekommen bist.« Harry grinste und küsste Draco auf die Stirn.

»Ich auch. Ich liebe dich. Frohe Weihnachten, Draco.«

»Ich dich auch. Frohe Weihnachten, Harry.« Draußen fiel der Schnee weiter, doch im Haus herrschte Wärme, Lachen und Liebe – ein perfektes Weihnachtsfest, zehn Jahre nach dem Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte.

Übrigens, die Ursache für die magische Barriere war ein Versuch der Schmuggler, potenzielle Konkurrenten zu verwirren und von ihrem Versteck fernzuhalten. Sie hatten die Sphären und die Barriere so manipuliert, dass jeder, der sich näherte, für eine bestimmte Zeit festgesetzt wurde. Irgendwas lief schief und so wurde das Wetter verstärkt und die Barriere blieb viel länger bestehen, als gewollt. Harry und Draco schafften es, den Ring Monate später gemeinsam zu zerschlagen, was ihnen im Ministerium viel Respekt einbrachte. Doch für Harry und Draco war der alte Bauernhof der Ort, an dem sie eine andere Art von Magie entdeckten – eine, die sich weder analysieren noch kontrollieren ließ.

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