Um 08:45 Uhr klopft es an die Tür. Ich rufe den Unbekannten nicht herein, da ich nicht gestört werden will. Wenige Minuten später wird erneut geklopft. Diesmal eindringlicher als zuvor. Auch dieses Mal bleibe ich hart und gebe keine Antwort. Diese Person hat bestimmt aufgegeben, denn sie versucht nicht mehr wild an meiner Zimmertür zu hämmern. Da ich mir sicher bin, dass die Person verschwunden ist, nehme ich mir Zeit, um zu grübeln. Grübeln ist eines meiner vielen Hobbys.
Das Beste daran ist, dass du meistens allein bist und niemanden sehen musst. Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf. Was hat es wohl mit dem Traum auf sich, den ich gehabt habe? Ich frage mich, ob er etwas zu bedeuten hat. Eines habe ich in meinen 17 Jahren gelernt. Träume sind nicht nur Träume, meistens wollen sie dir etwas Wichtiges zeigen, aber die Frage ist, was genau wollen sie dir zeigen? Ich erinnere mich daran, dass ich von meiner Mutter geträumt habe und dass ich mit ihr gesprochen habe. Mehr leider auch nicht. Wer weiß, vielleicht erinnere ich mich im Laufe des Tages wieder daran.
„Ich habe dich nicht herein gebeten, also verzieh dich." Isla stürmt ohne meine Erlaubnis in mein Zimmer herein. Ihre Wangen sind leicht gerötet, und ihr schneller Atem verrät, wie aufgeregt sie ist. „Rate mal, wen ich gerade im Mädchen-Auftrakt gesehen habe?" Ich antworte nicht, sondern lausche weiterhin ihrer überdrehten Stimme.
„Es war Aiden. Ich habe ihn gesehen. Er ist der Junge, der jedes Mädchen bekommt, das er will. Ich sage dir: Er ist der Mädchenschwarm des Internats."
Was soll ich mit einem Typen anfangen, den ich nicht einmal kenne? Um sie bei Laune zu halten, zeige ich gespielte Begeisterung. „Hat er etwa eine Freundin?" Isla stöhnt auf, und ihre Miene verfinstert sich.
„Ja, das hat er. Sie lebt sogar hier auf diesem Internat. Um es kurz zu machen: Seine Freundin hat drei Buchstaben und nennt sich Ivy." „Ivy? Ausgerechnet sie? Oh Mann, hat er denn keinen Geschmack, was Frauen betrifft?"
„Das habe ich mich auch schon oft gefragt." „Wie lange sind die beiden schon zusammen?" „Zwei Jahre." Wenige Minuten später gehen wir in den Speisesaal, um zu frühstücken. Auf dem Weg dorthin regt sie sich weiter über Ivy auf, und ich höre ihr aufmerksam zu.
„Sie ist so eine Perfektionistin. Sie hat ziemlich viele Freunde und schleimt sich immer, wirklich immer bei den Lehrern ein."
Nun sind wir im Speisesaal angekommen und stellen uns hinten in die Schlange. Ich beobachte einige Jungs, die an einem Tisch sitzen und lachen. Isla folgt meinem Blick und hält die Luft an. „Da ist er, Aiden. Der Junge, den ich im Mädchen-Auftakt erwischt habe." Welchen Jungen meint Isla denn?
Es sind ja nur Jungen an diesem Tisch, da muss sie sich etwas deutlicher ausdrücken, sonst verstehe ich nicht, welchen Jungen sie genau meint.
Prompt dreht sich einer der Jungs zu uns um und zwinkert verführerisch mit einem seiner Augen. Isla winkt ihn zu uns herüber, und er steht geschmeidig auf, um zu uns zu gehen.
„Was geht ab, ihr Süßen?" „Hi Aiden, das hier ist Liv Sinclair, die Neue."
Aiden bewegt seine Augenbrauen hoch und runter. „Du siehst ziemlich heiß aus, Süße, hat dir das jemand schon gesagt?"
Ich gehe in die Lehrerposition, indem ich beide Arme vor meine Brust platziere. Ich verlagere mein Gewicht auf beide Füße und stehe standhaft mit einer kühlen Präsenz da.
Wäre mein Vater hier gewesen, würde er versuchen, jeden Jungen, der mir in die Quere kommt, von mir fernzuhalten. „Habt ihr Lust, euch zu uns zu setzen?" fragt Aiden, anstatt auf eine Antwort von mir zu warten.
Ich wollte etwas erwidern, doch Isla kommt mir zuvor. „Gerne. Wir kommen, sobald wir uns etwas zu essen geholt haben."
„Ich bin gespannt, dich kennenzulernen, Süße." Angewidert wende ich meinen Blick von seinen grünen Augen ab, die unverschämt gut zu seinen braunen Locken passen.
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