Lukas und Lars
Ich veröffentliche das jetzt einfach.
Mir egal.
Ich schiebe dieses Kapitel seit 4 Wochen vor mir her und es wird einfach nicht besser.
Schiff Ahoi und viel Spaß.
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Mein Bett ist hinüber.
Oder besser gesagt "durch".
Mein Bett ist durch.
In der Mitte.
Weil ich es gewagt habe, mich darauf zu legen.
Ein Bettpfosten ist einfach mehr oder weniger ins Bettgestell rein gebrochen.
Und dann ist der Lattenrost in den Abgrund gefallen. Und weil ich drauf war, hat es ihn dermaßen durchgebogen, dass es Mal kurz geknackt hat.
Jetzt ist es ein bisschen schief.
Und geknickt.
Ich übrigens auch.
Mein Bett ist weg.
Und ich war sogar ALLEINE.
Ich wiege ...geschätzt... Pi mal Daumen...mehr als 2 Kilo.
Sagt meine Küchenwage.
.
.
.
...Scheiß Sparwitze.
Was mache ich hier eigentlich.
Ich liege im Unterhemd mit einer Flasche Cola und Currywurst-Chips auf dem Sofa.
Next-Asso-Level.
Vorhin habe ich mir noch Bares für Rares angeschaut.
UNWICHTIG JOON!
NICHT ABSCHWEIFEN!!
Ich habe nämlich eine Mission.
Seit... Längerem.
Ein Kapitel zu veröffentlichen.
UND JETZT MACH MAL HINNE.
ALSO.
WO WAREN WIR?
ACH JA.
Mein Bett ist durchgebrochen.
Nach einem mittelschweren Nervenzusammenbruch und einem Blick auf mein Bankkonto, habe ich meinen besten Freund angeschrieben.
Das ist jetzt voll der feierliche Moment.
Ich stelle euch einen neuen Spieler vor.
Urmels Tante.
Michas Schwiegermutter.
Kais Cousine fünften Grades.
Meine Blutsschwester.
Lukas
Lukas ist blond.
Also so richtig.
Weiß-blond.
So blond, dass er sich die Wimpern schwarz färben muss, um nicht wie ein vor Kurzem verstorbener Rachegeist auszusehen.
Außerdem sieht er ständig genervt aus.
Von mir.
Von Kindern.
Babykatzen.
Wohltätigkeitsvereinen.
Austauschstudenten.
Frisch Verliebten.
Den Cast von High School Musical.
Aber er tut nur so.
Lukas ist ganz herzallerliebst.
Bezaubernd.
So ganz unter uns.
Er lacht sogar manchmal heimlich.
Danach hat er Muskelkater.
Wenn ich ihm einen meiner Witze erzähle, ernte ich lediglich einen genervten Blick und einen Kommentar wie: "Du brauchst Hobbies.".
Ihr habt wenigstens noch den Anstand, ein "haha😅", abzuliefern...
Woher kenne ich Lukas überhaupt?
Lukas war damals der komische Gymnasiast, der in der 10. Klasse kurz vorm Abi das Handtuch geworfen hat, in die 9. Realschule zurückgegangen ist... und irgendwie seitdem hartnäckig an meiner Seite klebt.
Bzw. klebe ich. Glaube ich.
Ich bin die Klette, die er nicht los wird.
Fällt mir da gerade auf.
Des Weiteren hat dieser unverschämte Mistkerl unter Anderem daran Schuld, dass Joon einfach aufgehört hat, für die Schule zu lernen.
Weil Lukas einer dieser UNAUSSTEHLICHEN, ABSOLUT UNERHÖRT UNVERSCHÄMTEN LEUTE IST, DIE NICHTS, ABER AUCH GAR NICHTS FÜR DIE SCHULE TUN MUSSTEN, UND
TROTZEM
IMMER GUTE NOTEN HATTEN.
Und Joon dachte, er kann da mithalten.
Zu was das geführt hat, könnt Ihr ja sehen...séhèn. Seen. Sehén.
Naja.
Manche Leute haben halt einfach Glück.
AUßERDEM.
Lukas besitzt ein Auto.
Weil Lukas aus unergründlichen Gründen einen Job hat, der 3x so viel abwirft wie meiner.
UND ICH HABE DEN GLEICHEN ABSCHLUSS WIE ER!!
(nur so unter uns, mein Gehalt ist normal, seines ist UTOPISCH)
Naja auf jeden Fall hat er ein Auto.
Und Joon braucht ein Bett.
Und einen Bett-Shopping-Kumpel.
Einen Ikea-Dora-the-Explorer-Invaliden.
...
...
"LUKAS!!"
"Was."
"Ikea..?"
"Es ist 6 Uhr abends."
"Ikea schließt erst um 8."
"Bloß Pfannen und Duftkerzen, oder ne neue Küche?"
"Ein Bett."
"Spinnst du?"
"Bitte...."
-Düp-
Er hat einfach aufgelegt.
Wahrscheinlich ist er in ca. 20 min da.
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Sitze am Randstein.
Vor unserer Haustüre.
Unser Mülltonnen-Untermieter-Obdachloser schläft ein paar Meter weiter.
Wie idyllisch.
Zur Vorsicht rufe ich Lukas noch einmal an.
Er drückt mich weg.
5 Minuten später ist er da.
Wusste ichs' doch.
Auf Lukas ist Verlass.
Und auf sein BMW Coupé auch.
30 Minuten später stehen wir in der Ikea Tiefgarage.
Die Mission: Ein Bett, einen Lattenrost, eine Matratze.
2,0 m x 1,40 m
Abschätzend mustere ich Lukas' Auto.
...
Wird schon reinpassen.
Muss.
Haha.
Außer uns stehen noch exakt 5 Autos hier.
"Wir sollten uns schicken..", rufe ich in die Richtung, in der ich Lukas vermute.
Suchend blicke ich mich um.
Er ist schon auf dem Weg zum Aufzug.
Und ich führe hier Selbstgespräche.
Wunderbar.
Wie ein quängeliges Kind renne ich ihm hinterher.
"Jetzt warte halt!", brülle ich einen Ticken zu laut.
Er...wartet nicht.
Ich treffe ihn in der Bettenabteilung wieder.
Er liegt ausgestreckt auf einem riesigen Himmelbett.
Und grinst, als er mich sieht.
Es ist keines dieser "schön-dich-zu-sehen"-Grinsen.
Sowas bekommen nur Lukas' Schwester und seine Mutter zu sehen.
Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er mich, seinen besten Freund, noch nie herzlich angelächelt hat.
Manchmal gibt er Sätze wie "Lange nicht gesehen", von sich.
Das heißt dann soviel wie "Bist mir schon ein bisschen abgegangen.".
Höhepunkt unserer Freundschaft.
Lukas ist einer dieser Freunde, die...einfach da sind.
Und zwar immer.
Seht ihr ja.
Ich kann ihn zu den unmöglichsten Zeiten anrufen.
Und ein paar Minuten später steht er auf der Matte.
Matte... Matratze.
"Vielleicht sollte ich zuerst eine Matratze aussuchen."
Ich drehe mich zu Lukas um.
Er ist weg.
Das Bett, auf dem er gelegen hat, ist säuberlich glatt gestrichen.
Das ist auch noch so eine Sache. Lukas ist der ordentlichste Mensch, denn ich kenne.
In seiner Wohnung hat er außer ein paar Fingerabdrücken auf dem Wasserhahn und ein paar Katzenhaaren auf dem Sofa ABSOLUT KEINEN DRECK UND WIE ZUR HÖLLE MACHT ER DAS.
Aber zurück in die Gegenwart.
Wo ist er denn jetzt wieder hingerannt.
Ich finde ihn bei den Matratzen.
Probeliegen.
Oder schlafen.
Er liegt pfeilgerade, mit den Händen auf dem Bauch gefaltet, auf "Hart, Memoryschaum" und starrt an die Decke.
Ich knie mich neben ihm auf dem Boden.
"Alles okay?", frage ich mit sarkastischem Unterton.
"Du solltest diese Matratze nehmen.", erwidert er mit geschlossenen Augen.
"Ach, und das hast du so beschlossen?", frage ich.
Lukas öffnet endlich die Augen und setzt sich auf.
"Du wiegst über 40kg und hast Rückenprobleme, das heißt, dass die beiden weichen wegfallen. Mittelhart wird laut Beschreibung innerhalb der nächsten zwei Wochen etwas härter, du kannst also genau so gut eine der Härtesten nehmen. Von denen gibt es drei zur Auswahl, nur eine davon hat Memory-Schaum. Der Preisunterschied zu den Normalen ist minimal."
Er klopft auf die Matratze unter seinem Hintern.
"Du solltest die hier kaufen."
Okay Mr. Oberschlau.
Dann kaufen wir halt das blöde Memory-Teil.
Eine Matratze und zwei Lattenroste später bin ich um ca. 500,-- EUR ärmer.
Während Lukas von Ästhetik und weißderGeierwasdasist, Raumbalance labert, suche ich mir ein weißes Bettgestell aus.
"Mölström, Malmö, Laustö, Mömaust,... wer denkt sich diese Namen aus?", frage ich Lukas.
Ein Blitz zuckt durch den Gang und irgendwo in der Ferne hört man eine Glühbirne explodieren.
Lukas meint, dass ich keine gute Wahl getroffen habe. Und dass ich die Klappe halten soll.
Jetzt erst recht.
Er verdreht die Augen und murmelt etwas von 'Er hätte mich gewarnt'.
Vor WAS.
Ist dieses Bettgestell etwa bissig?
Zwickt es mit nachts in den Hintern?
Lukas lacht.
Dann dreht er sich um und geht.
Was soll das denn jetzt heißen.
Der Hauptgrund, weshalb ich mir dieses Bett ausgesucht habe, ist - so ganz unter uns - dass die Seitenwände ganz bis zum Boden reichen.
Kein Monster wird meine Fußknöchel packen und mich in eine andere Dimension voller 5-äugiger, einbeiniger, asiaten-fressender, mutierter Rauhaardackel zerren, wenn ich nachts aufs Klo muss.
Jackpot.
Lukas verdreht schon wieder die Augen.
Und die Frau an der Kasse wirft mir einen irritierten Blick zu.
Auf unserem Wagen balancieren gefühlte 300kg weiß-lackiertes Pressholz.
Jetzt müssen wir zur Warenausgabe.
Meine Matratze holen.
Lukas erzählt mir während der Wartezeit von seiner Memoryschaum-Matratze.
"Ein völlig neues Schlafgefühl".
A-ha.
Schlafgefühl.
Alles klar.
Meine Rechnungsnummer erscheint auf dem Bildschirm.
Endlich ist meine Matratze da.
Lukas muss bei unserem Einkaufswagen bleiben.
Ich springe auf und folge dem übermüdeten Ikea-Helfer.
Okay, Leute, wer von euch weiß, dass Ikea grundsätzlich alle Matratzen zu handlichen, weißen Knödeln zusammenrollt?
Ca. 80cm Durchmesser.
Gut zu händeln.
...
Ja.
Das machen die mit den Memory-Teilen nicht.
Ich stehe vor einem viereckigen Memory-Monster, das die armen Ikea-Helfer mit Müh und Not auf
!!3!!
ineinander gesteckte Schwerlast-Einkaufswägen gehieft haben.
Mein Gefährt hat den Wendekreis eines 80 km/h schnellen Nashorns und ist ungefähr so übersichtlich wie ein U-Boot.
Naja, hilft nichts, oder?
Ich stemme mich gegen meinen Einkaufswagen.
Es bewegt sich gar nichts.
Erst nachdem mir eine fremde Frau hilft, das sture Ungetüm in Bewegung zu setzen, rollt es.
Und wird aus irgendeinem Grund, trotz waagrechtem Boden, zunehmend schneller.
Angenehme 20km/h.
30.
35.
Verbrauchte IKEA-Luft peitscht mir um die Ohren.
Ich renne.
Beziehungsweise werde ich gezogen.
Hat was von Wasserskifahren.
Als ich mit quietschen Reifen ums Eck auf Lukas zudrifte, entkommt ihm ein entsetztes "HAH".
Ich fliege schreiend hinter dem Ungetüm her, an Lukas vorbei und Richtung Aufzüge. Auf die Fahrtrichtung habe ich übrigens nur bedingt Einfluss.
Schon wieder dieser blöde Blitz.
Lukas lacht.
Das erste Mal seit 3 Jahren.
"Wir treffen uns dann am Auto", ruft er mir hinterher.
Ich zeige ihm eine unangebrachte Handgeste.
Dann schlägt mein Einkaufswagen einen äußerst gewagten Haken in die verlassene Lagerhalle und wir verschwinden aus Lukas' Sichtfeld.
Geistesgegenwärtig springe ich auf die Ladefläche.
Jetzt kauere ich hier eingequetscht zwischen Matratze und Metallrohren.
Meine Haare sind vom Fahrtwind plattgedrückt.
Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich eine gute Gelegenheit auszumachen, um abzuspringen.
Muss wohl oder übel auf die Polstermöbel-Abteilung warten.
Plötzlich bäumt sich mein Wagen auf und rast mit Feuerwerk, Pauken und Trompeten durch die Gartenhalle, rutscht auf einer Teichfolie aus und knallt volle Fahrt voraus gegen eine 2m große Plastikpalme.
Ich werde ganz à la Trägheitssatz samt Matratze nach vorne katapultiert und schlittere gut gepolstert über den glatten Boden gegen eine Pyramide aus braunen Blumentöpfen.
Strike.
Alle 50 sauber umgenietet.
Mir gehts Gott sei Dank gut.
Meiner 300€ Matratze auch.
Meinem Einkaufswagen hingegen....
Totalschaden.
Der Rahmen ist verzogen, der Motor dampft bedenklich und HEILIGES KANONENROHR GEHT IM DECKUNG.
Jap.
Er ist explodiert.
Das müsst ihr jetzt einfach so hinnehmen.
Langsam komme ich hinter meinem Schutzwall aus Matratze und Blumentopfscherben hervor.
Der Rauch hat sich noch immer nicht gelegt, aber aus den Schwaden kann ich verschwommen eine Gestalt ausmachen...
und ein mehr als deutliches:
"FUCK!"
So, wenn dieses Kapitel jetzt realistisch wäre, dann würde Joon schon seit 2 Minuten einen Weltrekord im Langstrecken-Sprint in Richtung Notausgang hinlegen,...
Aber mal ganz unter uns,... ich bin gerade nach Ladenschluss auf einem Einkaufswagen mit Eigenleben durch Ikea gerast...
Dieses Kapitel - und es wird manche von Euch jetzt sicher schockieren - ist mehr als aus der Luft gegriffen.
In diesem Fall darf ich auch meine Reaktionen dezent abwandeln und das heißt, dass ich mich wie der Idiot aus einem billigen Horrorfilm aufführe, der beim Anblick einer verschwommenen Gestalt in Nebelschwaden "Hallo...?! Ist da wer??..", ruft.
Also:
"Hallo...?! Ist da wer??.."
Das Hufgescharre und unterdrückte Gefluche hält plötzlich inne.
Jemand richtet sich die Krawatte zurecht, zupft hektisch an seinem Ziegenbart und tritt aus dem Nebel.
"Hallo. Ich bin Lars, Ihr persönlicher IKEA-Assisten. Wie darf ich ihnen helfen? 😊"
Ich starre.
Auf die kleinen Flammen, die aus seinen Nasenlöchern züngeln, die blutroten Augen, die schwarzen, zerfetzten Flügel.
Lars räuspert sich nervös und versucht verlegen, die Flammen auf seinen Schultern auszuklopfen.
"Ich bin Lars, Ihr persönlicher IKEA-Assisten. Wie darf ich ihnen helfen?", wiederholt er.
Ich starre immer noch.
Eine andere Reaktion kommt mir in dieser Situation unangemessen vor.
"...I am Lars, your personal IKEA assistant, how can I help you?"
"Jag är Lars, din personliga IKEA-assistent, hur kan jag hjälpa dig?"
...
"Mimi ni Lars, msaidizi wako wa IKEA, niwezaje kukusaidia?"
...
"Rwy'n Lars, eich cynorthwy-ydd IKEA personol, sut alla i eich helpu chi?"
...
"SIND SIE T A U B?"
Lars sieht inzwischen besorgt aus.
Er fängt an, wild mit den Armen zu fuchteln.
"ES TUT MIR L E I D...!"
Er deutet auf die Überreste meines Einkaufswagens.
"...I C H...",
Er deutet auf sich selbst.
"...BIN NOCH IN DER A U S B I L D U N G!"
Mein Gehirn rattert.
Es hat einen Namen.
Es redet.
Und es heißt Lars.
Lars.
"ICH BIN TEIL DES W E L T E N Ü B ERGREIFENDEN A U S T A U SCHPROGRAMMES.
INKLUSION UND SO.
Und ich bin Lars, Ihr persönlicher IKEA-Assistent..."
Den Rest des Satzes höre ich nicht mehr.
Mein Gehirn ist mit Informationsverarbeitung beschäftigt.
Ein Austausch-Azubi.
Okay.
Ein Blitz zuckt um seine Hörner.
Lars zögert, dann zitiert er meine Frage an Lukas, als wir vorhin mein Bettgestell ausgesucht haben:
"Mölström, Malmö, Laustö, Mömaust,... wer denkt sich diese Namen aus?
Mölströmmalmölaustömömaust.
Direktverbindung zur Zentrale.
Wussten Sie das nicht?"
"Nein.", antworte ich.
"Sie sprechen ja!"
"Ja."
Lars richtet sich erneut zu seiner vollen Größe auf und plappert los:
"Ich bin Lars, Ihr persönlich..."
"Okay! Weiß ich inzwischen.
Lars. Mein Assistent."
"IKEA-Assistent."
"Genau."
"Genau."
Wir starren uns gegenseitig an.
"...Wie...kann ich Ihnen... assistieren..?", bricht Lars das Schweigen.
Ich sehe mich um.
Ein explodierter Einkaufswagen, eine verrußte Matratze, überall Scherben.
Ich ignoriere Lars' Frage.
"Dein erster Tag?"
"Nein, mein 680-ster. Bin noch in der Probezeit."
"Achso. Klar. Probezeit."
Lars grinst verlegen.
"Ist das erste Mal, dass sich jemand verwählt hat. Wenn es mit Ihnen in Ordnung geht, dann würde ich kurz meinen Vorgesetzten kontaktieren,..."
"NEIN!!"
Es gibt anscheinend mehr von denen.
"Aber...ich muss Ihnen assistieren. Irgendwie."
Lars wartet auf meine Reaktion.
"Okay..", ich überlege fieberhaft.
"Dann bring mich hier raus. Zu meinem Auto."
"Mit der Matratze?"
"Natürlich mit der Matratze!"
Lars sieht erleichtert aus.
"Gut, Reklamationen hatte ich nämlich noch nicht."
Er kratzt sich verlegen am Nacken.
"Dann würde ich Sie bitten, sich auf dem Bauch auf Ihre Matratze zu legen. Möglichst den Kopf unten halten."
Er hält inne und überlegt angestrengt.
"Erstens: Stabile Lage, zweitens: Kopf schützen,..was war drittens..."
"Gut festhalten?", schlage ich vor.
"Nein, das war zwölftens."
"Ach."
Lars murmelt weiter: "Zehntens und Elftens können wir streichen, zu wenige Beine und keine übermäßige Speichelproduktion,..."
Ich stutze.
"Speichelproduktion??"
"Sabbern.", erklärt Lars sachlich.
"Ach, klar.
Sag mal, wo zur Hölle kommst du eigentlich her?"
Er blinzelt mich verwirrt an.
Dann legt er wieder los.
"Ich bin Lars. Ich bin Teil des weltenübergreifenden Austauschprogrammes, das es jährlich über 200 IKEA Auszubildenden ermöglicht, in anderen Dimensionen zu denken."
"Achso."
Inzwischen komme ich mir echt dumm vor.
IKEA ist anscheinend echt überall.
In der Zwischenzeit herrscht Stille.
Lars steigt nervös von einem Huf auf den Anderen.
Dann deutet er zögernd auf die verrußte Matratze.
"Können wir?"
"Wie wäre es, wenn wir einfach ...gehen?", schlage ich vor.
Ich will heute eindeutig nicht sterben.
Auf einer fliegenden Matratze.
Wie eine Fliege an die Wand gematscht.
Mit einem hysterischem Auszubildenden, der sich bei den Notärzten erstmal mit "Hallo, ich bin Lars, Ihr persönlicher IKEA-Assistent.", vorstellt.
Lars scheint enttäuscht.
Gehen.
Ist ja so... ungefährlich.
Langweilig.
Ein paar Minuten später segelt meine Matratze über meinen Kopf hinweg gegen ein Regal voller Gartenpolster.
"Man muss sich immer ungefährliche Routen suchen.", erklärt Lars fachmännisch.
"Falls man aus Versehen mal wo anstoßen sollte."
Ich blicke mich um.
Bis jetzt haben wir vorhin erwähnte Blumentöpfe gekillt, eine Teichstatue geköpft, mehrere Regale mit Kleinkram umgenietet und es Sitzpolster regnen lassen.
"In ein paar Jahren habe ich ausgelernt, dann darf ich vielleicht vom Verkauf ins Lager. Schwere Sachen schleppen.", flötet Lars, während er mit einem besonders schwungvollem Kick gegen meine Matratze mehrere Stehlampen ausknockt.
Ich kann mir gut vorstellen, warum sie Lars seit 3 Jahren in der Probezeit festhalten.
Der Mann ist eine Katastrophe auf zwei Beinen.
Mein Handy vibriert.
Lukas schreibt: "Beeil dich, die haben schon alle Lichter ausgeschalten."
Ein paar Minuten später stehen Lars und ich im Aufzug.
Weil ich ihm verboten habe, die Matratze durch die große Glasfassade hinter den Kassen hinaus auf den Parkplatz zu werfen.
Er findet meine Methode umständlich.
*Ding*
Jetzt sind wir im Untergeschoss.
Tiefgarage.
Lukas wartet an sein Auto gelehnt.
Er zieht verwirrt die Augenbrauen hoch.
"Kann er dich sehen?", flüstere ich zu Lars hinüber.
Lars blickt verwirrt an sich hinab.
"Ja, ich hoffe doch."
In der Zwischenzeit hat Lukas seinen Kofferraum geöffnet.
"Du...", er deutet drohend auf Lars,
"..hältst dich von meinem Auto fern!"
Dann mustert er meine Matratze.
Und mich.
Er dreht mich einmal im Kreis.
Und sucht nach eventuellen Schussverletzungen und Fleischwunden.
Dann murmelt er etwas von "Scheiß Austauschstudenten..."
Lars klappert empört mit den Hufen.
Und jetzt kommt das absolut allerschlimmsteüberhaupt, das mir DERMAßEN den Tag versaut hat:
Die Matratze passt nicht ins Auto.
Bettgestell und Lattenrost gehen locker.
Aber die Matratze.
Scheiß Sportwägen.
"Und jetzt?", frage ich Lukas.
"Kauf dir die Memory-Schaum-Matratze, los Joon, kauf sie.", äffe ich meinen besten Freund nach.
Lars scheint einen Geistesblitz zu haben.
Oder einen Hirnschlag.
Denn was folgt ist:
"Vielen Dank, dass Sie sich für ein Einkaufserlebnis bei IKEA entschieden haben.
Sollten Sie Probleme beim Transport Ihrer Ware haben, wenden Sie sich bitte an die 0-8-0-0-3-M-8-X, oder nehmen Sie Kontakt mit einem unserer zahlreichen IKEA-ASSISTENTEN auf! Wir freuen uns auf Ihr Anliegen."
...
Ein paar Grillen zirpen in der Ferne.
Ein zirpendes Paar grillt in der Ferne.
Der Rauch kommt bis hier rüber.
Amateure.
Lars starrt uns an.
"Und?", fragt er zögernd.
"Ja was und?", keift Lukas.
Er hat keine Geduld.
Grundsätzlich.
Nerven wir Salzstangen.
Bröselig.
Lars lacht.
Lukas haut mir eine runter.
Dann wird Lars wieder ernst.
"Alterrr...", knurrt er.
"WIE OFT muss ich es noch sagen??"
Er trappelt genervt im Kreis, richtet sich vor uns zu seiner vollen Größe auf und ballert los: "ICH BIN LARS, IHR PERSÖNLICHER I K E A A SS I S T E N T WIE KANN ICH IHNEN HELFEN??!..."
Ich glaube wir haben da gerade einen Stein ins Rollen gebracht.
"...DEN GANZEN TAG...UUUGHHH ICH OMG ERNSTHAFT ICH UGH IKEA ASSISTENT SO EIN HhhhMMMM..!!!"
Ich schaue ihm besorgt zu.
"SIE SOLLEN BEI PROBLEMEN EINEN VERDAMMTEN IKEA ASSISTENTEN KONTAKTIEREN ICH KANNS ECHT NICHT MEHR HÖREN DEN GANZEN TAG RENNE ICH IRGENDWELCHEN IRREN HINTERHER UND..."
...Er wuchtet die gefühlte 2 Tonnen schwere Matratze auf die linke Schulter...
"ES MACHT SCHÖN LANGSAM ECHT KEINEN SPAß MEHR UND WISST IHR WAS DAS BESTE IST..."
Er nimmt Anlauf.
"ICH HOCKE HIER AM A R S C H DER ZEIT AUF IRGENDEINER UNTERWELTLERKUGEL..."
Er hält inne und holt tief Luft.
"...WO ES NICHT MAL ANSTÄNDIGES INTERNET UND KABELFERNSEHEN GIBT!!!"
Den letzten Teil schreit er.
Dann wuchtet er meine Matratze mitsamt all dem aufgestauten Frust in Lukas' Auto.
Ich glaube, das Dach hat ein wenig nachgegeben.
"VIELEN DANK FÜR IHREN EINKAUF BEI IKEA. BITTE KOMMEN SIE BALD WIEDER."
Lars macht auf dem Absatz kehrt und macht sich schwer schaubend zurück auf den Weg zum Aufzug.
Lukas und ich schauen ihm nach.
"Scheiß Austauschstudenten.", wiederholt Lukas.
Dann inspiziert er sein Auto.
"Wenn wir hinten die Fenster aufmachen, klappts vielleicht besser?"
In einem Moment vollständiger Hirnlosigkeit drücke ich auf den Fensterknopf.
Matratze quillt aus dem Auto.
Wie aus einer zu kleinen Leggins.
Lukas starrt mich an.
Wir versuchen die Matratze wieder so weit ins Auto zu bekommen, dass die Fenster schließen,...
Nope.
Ich bin die komplette Fahrt über mucksmäußchenstill.
Zurück vor meinem Wohnblock parken wir im Halteverbot.
Ich rufe Kai an.
Oh er uns helfen kann.
Er lacht.
Nein.
Er ist nicht mal zu Hause.
Lukas und ich versuchen es alleine.
Die Matratze steckt.
Fest.
Und den Kofferraum bekommen wir jetzt auch nicht mehr zu.
Wunderbar.
Und jetzt kommt etwas, das ihr NIEMALS unter gar keinen Umständen machen sollt.
"Entschuldigung? Da drüben? Ja genau ihr, könnt Ihr uns bitte helfen?"
Nach Einbruch der Dunkelheit in München fremde Männer um Hilfe bitten.
No-Go.
20 Minuten später stehen zwei Russen in meinem Wohnzimmer und unterhalten sich mit Lukas auf Russisch.
Sie verstehen sich prächtig.
Sprechen zwar kein Deutsch, scheinen aber keine Mafia-Mitglieder oder Serienmörder zu sein.
Und sie haben meine Matratze nach oben getragen.
Nett.
Lukas ist in seinem Element.
Habe ich erwähnt, dass sein Vater aus Russland kommt?
Ein wenig später kommt Kai nach Hause.
Und stolpert über eine riesige Matratze mit Urmel und Joon drauf.
Im Dunkeln.
Gab ein paar überraschte Schreie und Beschwerden.
Die Russen und Lukas sind übrigens schon längst weg.
Ich sitze hier umgeben von riesigen Pappschachteln auf Memoryschaum.
Kai und Urmel leisten mir Gesellschaft.
Wir schauen Les Misérables.
Grässlicher Film, wenn ihr mich fragt.
Das einzig Gute daran ist Wolverine in der Hauptrolle.
Bis auf die Tatsache, dass mein Bett zusammengebrochen ist, ist der Tag doch ganz gut gelaufen, oder?
Oder?
Danke fürs Lesen, fürs Liken und Kommentieren.
Alles Liebe,
Euer Joon
P.S.
Wer von euch spielt nich Hogwarts Mystery?
ICH auf jeden Fall.
MUAHAHAA.
Darf ich vorstellen:
Die Evolution von Joon Jannis:
Derp.
Doppel-Derp.
Nach der Emo-Phase habe ich beschlossen, mich dem Weasley-Clan anzuschließen und habe auf rote Haare umgestellt.
So photogen.
Wie im echten Leben.
Was haltet ihr von dem Lied?
Irgendwelche Panic! Fans?
In diesem Sinne:
Tschüss!
Bis zum Nächsten Mal!
Ich bin übrigens zu faul, mir das Kapitel nochmal zur Probe durchzulesen.
Bitte verzeiht Rechtschreibfehler.
Und Grammatikfehler.
Danke💙
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