4. DAS CAFÈ
EMILIA
Die nächsten Tage bin ich mit Tom alleine, da Kim aus Privaten Gründen frei hat. Er hatte Recht, was die Zubereitung der Cocktails anging. Mittlerweile konnte ich die Hälfte der Cocktails auswendig. Tom ließ mich voll mitarbeiten und jeden weiteren Tag fühlte ich mich sicherer im Umgang mit den Getränken und den Gästen.
Heute ist Freitag und der Club ist voll. Mein erstes Wochenende und dass ohne Kim.
Wir haben kaum eine Verschnaufpause, da die Gäste nur so an die Bar strömen. Tom bereitet mir auf Zuruf Cocktails zu, da ich einfach noch zu lange dafür brauche, während ich Schnäpse, Bier und Alkoholfreie Getränke serviere.
Der VIP Bereich ist ebenfalls offen und gut besucht. Wir haben oben die kleine Bar aufgemacht und eine Aushilfe gibt Cassy die Getränke raus. Außerdem steht eine Security am Eingang des VIP Aufganges und kontrolliert die Bänder der Gäste.
Um einen Tisch dort oben zubekommen, muss man vorab reservieren und auch eine Mindestpauschale an Getränke bestellen. Cassy habe ich heute nur kurz gesehen und darüber bin ich relativ froh. Irgendwie werde ich mit ihr nicht warm, aber das beruht auf Gegenseitigkeit. Meist redet sie eh mit Tom oder Jacks, wenn sie an die Bar kommt und das ist mir ganz recht. Ihre gekünstelte Lache und ihr lasziver Augenaufschlag, wenn die Jungs in der Nähe sind, lassen erahnen auf was sie aus ist.
„Emilia. Du musst kurz alleine klarkommen. Uns ist der Wodka ausgegangen. Ich hole schnell noch ein paar Flaschen." Brüllt mir Tom, über die laute Musik, zu. Ich nicke, doch da ist er schon verschwunden. Immer mehr Gäste drängen sich an die Bar und ich versuche Systematisch alle Wünsche zu erfüllen. Es klappt auch ganz gut.
Als ich einer jungen Frau ein Glas Cosmopolitan hinstelle, den ich sogar selbst gemixt habe, werde ich plötzlich grob am Handgelenk gepackt.
Für den Bruchteil einer Sekunde, erstarre ich und halte die Luft an.
Ein Vorhang legt sich über mich und ich blende alles aus. Die Musik rückt in den Hintergrund ebenso die Gäste. Mein einziger Gedanke gilt Jason. Er ist hier. Er hat mich gefunden. Jetzt wird er mich bestrafen für das was ich getan habe.
Rufe dringen gedämpft zu mir durch die immer lauter werden.
„Hey. Werde ich hier auch mal bedient?" Ich versuche die Panik in mir zu bekämpfen und Blicke auf meinen Arm. Immer noch hält mich eine Männliche Hand schmerzhaft fest. Langsam wandert mein Blick den Arm entlang bis ich in die Augen eines fremden Mannes blicke. Er ist eindeutig Betrunken und sein Gesicht ist wütend verzehrt.
Ich spüre wie eine Erleichterung durch mich strömt, da es nicht Jason ist. Doch zugleich breitet sich wieder Panik in mir aus, da er immer noch sehr schmerzhaft mein Handgelenk gepackt hält. Der Mann schüttelt meinen Arm.
„Hallo, jemand da? Ich warte hier schon ewig. ICH WILL WAS TRINKEN." Brüllt er mich an, doch das einzige was ich höre ist mein Herzschlag.
BumBum. BumBum. BumBum.
„Hey. Finger weg von meiner Angestellten." Ich blinzle zur Seite, als Toms Stimme zu mir durchdringt. Er stellt die Kiste Wodka ab und taucht neben mir auf.
Er packt die Hand des Mannes und bringt ihn dazu mein Gelenk los zu lassen. Ich sehe wie der Security vom VIP Bereich auf uns zukommt.
„Bediene die Gäste auf der anderen Seite, Emilia. Ich Regel das hier." Sein Ton ist schneidend und ich spüre, dass er wütend ist. Ich weiche, an die Theke zurück und versuche die aufsteigende Panik zu bekämpfen. Wie damals hole ich tief Luft und kämpfe den Drang wegzulaufen nieder. Ich beobachte wie der betrunkene Mann von der Security gepackt wird und in Richtung Ausgang geschoben wird.
„Emilia. Alles okay?" Tom blickt mich fragend an. Ich nicke knapp. „Brauchst du eine Pause?" fragt er höflich, während er zwei Biere aus dem Kühlschrank neben mir nimmt und einem Gast hinstellt. Ich blicke in den Club, der immer noch brechend voll ist. Ich hole tief Luft und schüttle den Kopf was ihn ein schmunzeln entwendet.
Ich richte mich voll auf und gehe entschlossen wieder an die Theke um eine Gruppe Frauen zu Bedienen.
Die Zeit vergeht wie im Flug und immer weniger Gäste sind im Club. Irgendwann nur noch eine Handvoll. Um vier Uhr am Morgen schließen wir und ich bin fix und fertig.
Die Lichter werden angemacht und gemeinsam räumen wir hinter der Bar auf.
Ich weiß von Tom, dass jeden Morgen gegen sechs ein Putz Team kommt, um vor der Bar Ordnung zu schaffen.
Cassy ist schon früher gegangen, da der VIP Bereich nicht so lange besetzt war. Mit Tom komme ich super klar. Er ist Aufmerksam und geduldig und ein klasse Lehrer.
Ich bin immer noch dabei die Letzten Gläser zu polieren und die Theke ab zu wischen, während Tom leere Flaschen und den Müll rausbringt. Als er wiederkommt, bin ich auch soweit fertig. Erschöpft setzt er sich auf einen der Barhocker.
„Was für ein Abend. Komm setzt dich kurz mal hin. Hol dir etwas zu trinken und gib mir bitte ein Bier aus dem Kühlschrank." Er lächelt mich an, während ich ihm ein Bier reiche und mir selbst eine Coke herausnehme. Ich setzte mich neben ihn und spüre erst jetzt wie sehr meine Beine schmerzen. Ich versuche mit einer Massage, das Blut aus meinen Beinen zu bekommen, was Tom zum Lachen bringt.
„Du hast heute klasse gearbeitet. Hätte nicht gedacht, dass wir das heute so hinbekommen." Er hält mir sein Bier hin und lächelnd stoße ich mein Getränk bei ihm an.
„Danke."
„Wie geht es deinem Handgelenk?" Er stellt sein Bier auf die Theke und betrachtet skeptisch mein Gelenk. Mittlerweile sind schon leichte Blessuren zu erkennen.
„Alles gut." Tom hebt eine Augenbraue und blickt mich skeptisch an.
„Das sieht aber nicht so aus. Lass das bitte von einem Arzt begutachten." Ich weiche seinem Blick aus und nicke nur. Nervös fummle ich an dem Flaschen Etikett herum. Es ist mir unangenehm, dass Tom meine Verletzung sieht, daher verstecke ich meine rechte Hand unter der Theke.
„Hey. Heftiger Abend oder?" Jacks taucht neben uns auf und schlägt Tom auf die Schulter. „Uuh. Das sieht gut aus." Er zeigt auf Toms Bier und umrandet die Theke um sich ebenfalls eines zu holen. „Ich musste einige Schlägereien draußen beenden. Ich denke der Frühling tut den Leuten nicht gut." Er trinkt einen großen Schluck bevor er weiterredet.
„Uuh. Tut das gut. Ein kaltes Bier zum Frühstück." Er lächelt breit, was mich zum Schmunzeln bringt. In Rixford leben ausschließlich Amerikaner, deswegen bin ich immer wieder erstaunt wie viele verschiedene Menschen es hier in New York gibt. Ich habe zwar schon einige Afrikanische Männer gesehen, aber meist habe ich sie gemieden. Doch Jacks ist ganz anders. Er ist liebenswert, witzig und ein klasse Koch. Wie Kim und Tom habe ich ihn bereits gern.
„Ja hier drin war auch die Hölle los, aber unsere Emilia hat das klasse gemacht." Toms braune Augen lächeln mich an und ich spüre wie ich rot werde.
„Hab gehört, dass dich so ein betrunkenes Arschloch an gegrapscht hat." Jacks lehnt lässig an der Theke gegenüber und blickt mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
„Ist nicht so schlimm." Im Augenwinkel sehe ich wie Tom die Augen rollt und den Kopf schüttelt, doch ich will nicht auf meine Verletzung eingehen.
„Na gut. Wollen wir Feierabend machen? Ich brauch dringend eine Dusche." Jacks hebt seinen Arm und schnüffelt an seiner Achsel, bevor er sie Rümpft. Tom lacht und räumt die leeren Flaschen hinter die Theke.
Müde komme ich in meiner Wohnung an. Nach einer schnellen Dusche fühle ich mich auch gleich um einiges wohler. Im Badezimmer finde ich über der Waschmaschine einen Verbandskasten. Da ich nicht wirklich eine Salbe habe, binde ich nur Provisorisch mein Handgelenk ein, bevor ich mich erschöpft auf mein Bett werfe und sofort einschlafe.
Diese Nacht schlafe ich unruhig und immer wieder taucht Jason in meinen Alpträumen auf. Nach gefühlt drei Stunden Schlaf, schrecke ich aus dem Bett auf. Schweiß rinnt meine Stirn herab und auch mein Shirt ist nass. Ich wische mir über mein Gesicht und muss feststellen, geweint zu haben. Der Mann im Club hat mir eine Heiden Angst eingejagt.
Mein Handgelenk pocht, ebenso wie mein Herz. Ausgelaugt raffe ich mich aus dem Bett und beschließe abermals Duschen zu gehen. Das heiße Wasser ist eine Wohltat und spült zumindest einige meiner Sorgen in den Abfluss.
Nach der Dusche, ziehe ich mich an, da ich wahrscheinlich eh nicht mehr schlafen kann. Die Sonne ist bereits aufgegangen, doch dicke Wolken schieben sich davor. Es sieht verdächtig nach Regen aus.
Nach einem kleinen Frühstück, da ich immer noch nicht groß Einkaufen war, starte ich in diesen seltsamen Tag.
Heute wollte ich mich in der Gegend etwas umschauen. Ich brauch unbedingt einen Computer mit Internet Anschluss. Da ich selber noch nicht mal ein Handy besitze, werde ich mich auf die Suche nach einem Internetcafé machen. Ich erinnere mich, dass in meiner Heimatstadt, immer viele Jugendliche in so einem Café saßen.
Draußen angekommen, empfängt mich ein kalter Wind und schnell schließe ich meine Jacke bis oben hin. Ich durchkämme die nächsten Straßen und komme an einer kleinen Bäckerei und einem Blumenladen vorbei, der seine Waren im Sicheren warmen verwahrt hat. Einige Straßen weiter finde ich einen kleinen Supermarkt, bei dem ich meinen nächsten Einkauf machen kann.
Heute sind die Straßen nicht so voll. Der Wind wird immer stärker und schon bald fängt es zu regnen an. Etwas entmutigt beschließe ich wieder zurück zu gehen. Ich gehe einen anderen Weg zurück, als ich gekommen bin und zu meinem Glück, entdecke ich ein kleines Café auf der Ecke.
Zitternd öffne ich die Tür, die mich mit einem Klingen ankündigt. Drinnen angekommen, reibe ich mir die Hände um sie aufzuwärmen.
Ich blicke mich in dem kleinen gemütlichen Café um. Es ist modern eingerichtet und Farben wie Pink und hell rosa dominieren den kitschig gestalteten Raum. Kleine weiße Metall Tische, mit eingestanztem Blumenmuster, stehen verteilt im Café. Es sind nur zwei von den insgesamt sechs Tischen besetzt. An einem Sitzt eine junge Frau mit ihrem Kind und in der Ecke sitzt ein älterer Mann der so gar nicht hier rein zu passen scheint.
An der Theke steht eine lächelnde junge Frau mit einer roten Schleif in ihrem schwarzen Haar. Kurz erinnert sie mich an Minnie Maus, da die Schleife weiße Punkte hat.
Eine kleine Auswahl an ebenfalls bunten Cupcakes wird in der Gläsernen Vitrine vor ihr Präsentiert.
„Hallo. Was darf es bei dir sein." Ich stelle mich vor sie und blicke ihr in die grünen Augen. Ein breitet lächeln ziert ihre rot bemalten Lippen.
„Ähm. Haben sie ein Internet fähigen Computer den ich benutzen kann?" Etwas verwirrt blickt sie mich an und zieht dabei ihre perfekten Augenbrauen zusammen.
„Ähm. Nein nicht wirklich." Antwortet sie mir Kopfschüttelnd.
„Oh, schade. Danke trotzdem." Frustriert schnaufe ich und lasse meinen Kopf hängen. Ich kann doch schlecht meinen Chef fragen ob er mich an seinen PC lässt. Oder ich frage Kim. Doch wenn sie wissen will was ich suche, muss ich sie wieder anlügen und das kann ich nicht. Traurig wende mich der Tür wieder zu.
„Warte kurz." Mit der Hand am Türgriff, bleibe ich stehen und drehe mich um. Die junge schwarzhaarige Frau ist um den Tresen gegangen und bleibt kurz vor mir stehen. Ein ebenso rot gepunktetes schwarzes Kleid kommt unter ihrer pinken Schürze zum Vorschein. Dazu passende knallrote hohe Schuhe.
„Wenn du etwas bestellst und mir versprichst nicht auf verbotenen Seiten zu surfen, überlasse ich dir meinen Laptop." Mit offenem Mund starre ich sie an. Sie bietet mir ihre Hilfe an, dabei kennen wir uns nicht mal.
Ich drehe mich ganz zu ihr und ein Lächeln steht mir ins Gesicht geschrieben.
„Ja. Ja danke." Sie lächelt wieder und huscht hinter die Theke. Sie holt einen Laptop hervor, den sie auf einen der freien Tische stellt.
„Also was möchtest du trinken?" Langsam gehe ich auf den Tisch an der Wand zu und setzte mich auf einen der weißen Blümchen bedruckten Stühle.
„Einen Latte Macchiato, bitte." Jason hat seinen Kaffee immer nur schwarz getrunken und etwas anderes gab es dann für mich auch nicht. Daher habe ich meist Tee oder gar nichts getrunken. Aber so einen mit Milchschaum besetzten Kaffee wollte ich schon immer mal probieren.
Sie nickt und widmet sich meiner Bestellung, während ich den Laptop hochfahre und anfange im Internet zu recherchieren.
Gefühlt eine Stunde später verlasse ich dankend das Café. Die junge Frau namens Candy, ob das ein Spitzname oder ihr echter Name ist, hatte ich mich nicht getraut zu fragen, war hilfsbereit und nett gewesen. Sogar den Kaffee hat sie mir aufs Haus gegeben. Ich schwor mir, sobald es mir finanziell besser geht, dass ich hier jeden Tag hinkomme und einen der Köstlich aussehenden Cupcake essen werde.
Mit einem Zettel einer Adresse bewaffnet, machte ich mich auf den Weg zurück, um mich wenigsten noch vor meiner Schicht ausruhen zu können.
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