24. RICHARD
EMILIA
Ich beobachte Damian, der in Gedanken versunken ist. Richard scheint ein wichtiger Teil in seinem Leben zu sein. Sogar ich spüre die tiefe Verbundenheit der beiden. Es ehrt mich, dass Damian mir von seiner Vergangenheit erzählt hat. Es hat mir Stück für Stück die Angst genommen. Ich weiß zwar immer noch nicht wie ich ihm gegenübertreten soll, aber gerade fühle ich mich weniger Ängstlich. Die Bilder haben bei mir Szenen aus meinem Leben mit Jason hervorgeholt und ohne Nachzudenken, habe ich Damian ebenfalls so eingestuft. Seine Erklärung klang Ehrlich und ich möchte ihm glauben. Er bedeutet mir etwas. Vielleicht hat mir das so sehr Angst gemacht. Gemischt mit der Phantasie das er wie Jason ist. Das es alles wieder so endet.
Ich möchte ihm die Chance geben, ihn besser kennenzulernen. Ich habe das Gefühl, das habe ich heute ein ganzes Stück schon getan.
Das Räuspern an der Tür lässt mich aufhorchen.
Ein älterer Mann mit grau Melierten Haar und Brille auf dem Kopf, steht in der Tür. Er ist nicht sonderlich groß und schiebt einen kleinen Bauch vor sich her. Wenn ich schätzen müsste, würde ich ihn um die 60 Jahre tippen. Seine Wangen hängen ein wenig und überall findet man braunen Altersflecken im Gesicht. In seiner rechten Hand trägt er einen altmodischen braunen Arztkoffer, den ich aus schwarz-weiß Filmen kenne. Ein Lächeln ziert seine schmalen Lippen.
Damian erhebt sich und geht auf den älteren Mann zu.
„Richard. Danke, dass du gekommen bist." Die Männer begrüßen sich mit einem Handschlag.
„Hallo Damian. Immer wieder gerne." Damian bittet ihn mit einer Handbewegung in den Raum und etwas nervös erhebe ich mich. Richards Augen leuchten als er auf mich zukommt. Ich reiche ihm meine Hand die er zärtlich ergreift.
„Oh hallo hübsche Frau." Er zieht meine Hand zu seinen Lippen und haucht einen federleichten Kuss darauf der mich zum Schmunzeln bringt.
„Oh." Eine röte ziert meine Wangen und verlegen vergesse ich mich direkt vorzustellen.
„Richard. Das ist Emilia. Eine meiner Angestellten." Ich schlucke den Schmerz der diese Worte beinhalten hinunter und versuche mir nichts anmerken zu lassen, was die Worte in mir bewirken. Freundlich lächle ich Richard an.
„Freut mich dich kennenzulernen." Der ältere Mann lässt meine Hand los und hilft mir wieder mich zu setzten.
„Die Freude ist ganz meinerseits." Ich setzte mich wieder auf den Stuhl hinunter.
„Siehe dir bitte ihre Hand an. Es ist ein ziemlich tiefer Schnitt." Damian hat sich neben uns an den Schreibtisch gestellt, doch ich versuche ihn zu ignorieren. Dass er mich als seine Angestellte vorgestellt hat, hat mich irgendwie verletzt. Bin ich wirklich nur das für ihn? Hat ihm die Nacht nichts bedeutet? War es nur einmalig? Das ich mir deswegen Sorgen mache irritiert mich. Vor nicht mal einer Stunde, hatte ich noch Angst er würde mich schlagen und nun wünsche ich mir eine weitere Nacht mit ihm? Innerlich schüttle ich den Kopf.
„Gut. Dann schaue ich mir das mal an. Darf ich?" Richard blickt mich fragend an und freundlich nicke ich. Ich fühle mich sofort wohl bei ihm. Seine Freundliche lockere Art lässt mich entspannen. Langsam wickelt er den mittlerweile roten Verband von meiner Hand. Er schiebt seine Nickelbrille vom Kopf auf seine Nasenspitze und mustert mit seinen wachsamen Grauen Augen meine Wund.
„Der Schnitt muss genäht werden. Junge rutsch mal." Damit scheucht er Damian, mit einer Handbewegung, von der Tischkante. Ich verkneife mir ein Lachen, als ich Damians verdutztes Gesicht sehe. Augenrollend lässt er sich von dem älteren Mann zur Seite scheuchen und setzt sich auf das Sofa an der anderen Wand.
Richard legt seine braune Tasche auf den Schreibtisch.
„Bring mir mal ein sauberes Tuch und warmes Wasser." Sein strenger Befehlston ist direkt an Damian gerichtet, während er sich die Hände desinfiziert. Ich werfe einen Verstohlenen Blick nach hinten. Damian schnauft und wirft einen tödlichen Blick auf Richard, erhebt sich aber um aus dem Raum zu gehen.
Als er nicht mehr zu sehen ist, blicke ich wieder Richard an und bemerke wie er mich beobachtet.
„Damian ist ein guter Mann. Auch wenn er Fehler begangen hat, hat er eine Chance verdient." Richard hat sich wieder meiner Wunde zugewendet. Mit offenem Mund blicke ich ihn an. Hat Damian etwas zu ihm Gesagt? Mein Gesicht muss anscheinend Bände sprechen, da Richard sich wieder mir zuwendet und lächelt.
„Du musst wissen ich habe nicht nur Medizin Studiert, auch Phychologie. Durch meine Reisen und meinen Beruf, habe ich schon viele Menschen kennengelernt. Jeder Mensch verbirgt etwas vor seinen Mitmenschen. Um sich selbst oder andere zu schützen. Doch wenn man genau hinsieht, findet man so einiges heraus." Er zwinkert mir zu, bevor er weiterspricht. „Du bist innerlich zerrissen. Du hast Angst vor ihm, fühlst dich aber zu ihm hingezogen."
„Und das haben Sie in nur einer Minute herausgefunden?" Skeptisch hebe ich die Augenbrauen. Kann man in mir wirklich wie in einem Buch lesen?
„Nenne mich bitte Richard, sonst fühle ich mich so alt. Einen Teil ja. Wie zum Beispiel was er dir bedeutet." Ich nicke nur und werde rot. Kann Damian auch sehen was er mir bedeutet? Schnaufend beobachte ich Richard wir er meine Hand verarztet und ich spüre ein Gefühl der Geborgenheit.
„Ich wollte ihm so gerne vertrauen." Gestehe ich ihm und spüre Erleichterung endlich mit jemanden darüber zu reden. Auch wenn ich Richard gerade erst kennengelernt habe. Oder vielleicht genau deswegen. Er gibt mir irgendwie das Gefühl, dass richtige zu tun. Richard wendet sich meiner Hand wieder zu.
„Vertrauen muss man sich verdienen. Mit was hat er deines zum erschüttern gebracht?" Ich blicke zu ihm hinab. Seine Haare lichten sich an einigen Stellen, doch im Ganzen hat er für sein Alter noch viele Haare.
„Ich habe Fotos gefunden. Von seiner Frau." Ich kann nicht weiter Sprechen, da mir die Stimme versagt. Ein großer Kloß bildet sich in meinem Hals, als ich an die blauen Flecke und Blessuren auf den Bildern denke.
„Ah. Und du glaubst, dass er es war." Mit hochgezogenen Augenbrauen blickt er mich an, bevor er sich wieder der Pinzette und meiner Wunde zuwendet.
„Ich bin mir nicht sicher, was ich glauben soll. Die Bilder sehen so echt aus." Gestehe ich ihm ehrlich.
„Mmh. Was sagt dir dein Gefühl?" Seine Grauen Augen richten sich auf mich, während ich angestrengt versuche auf mein Inneres zu hören. Meine erste Begegnung mit Damian taucht vor meinem Inneren Augen auf. Das Missverständnis an der Bar. Der Zusammenbruch in diesem Büro. Wie ich heulend um eine zweite Chance gefleht habe. Der Kuss im Keller, der mich immer noch lächeln lässt. Die gemeinsame Nacht mit ihm in den Laken. Sein dunkler Blick der über meinen Körper gleitet, seine rauen großen Hände die ihn erforschen. Seine weichen Lippen die jeden Zentimeter meiner Haut berührt. Sein harter aus Marmor gemeißelter Körper, bestehende aus Muskeln. Sein großes männliches Geschlecht zwischen meinen weiblichen Rundungen. Ich spüre die Hitze in mir steigen und ein Kribbeln zieht durch meinen Körper.
Ein ziepen in der Hand lässt mich in die Realität zurückkehren und dort stelle ich mit rotem Kopf fest, dass mich Richard mit einem Lächeln beobachtet hat. Ich hatte ihn vergessen und das wird mir gerade peinlich bewusst.
Ein räuspern lässt uns beide aufblicken. Damian steht mit einer Schüssel dampfenden Wasser und einem Handtuch wieder in der Tür. Sein Blick weicht meinem aus und zielstrebig stellt er die Sachen auf den Tisch.
„Danke, Damian." Er nickt kurz, bevor er wieder zur Tür geht.
„Ich schau kurz runter ob Tom Hilfe braucht." Ohne eine Reaktion abzuwarten, verschwindet er wieder durch die Tür und schließt diese hinter sich.
Richard macht sich daran die Wunde, mit dem Tuch und dem heißen Wasser, zu reinigen. Ab und an kommt ein Zischlaut über meine Lippen, da es immer wieder brennt. Still Arbeitet er konzentriert weiter, Desinfiziert und betäubt die Wunde, bevor er mit einem Haken ähnlichen Nadel und einem Faden, die Wunde zu nähen anfängt. Ich beobachte ihn wie er Stich für Stich den Schnitt schließt.
„So." Er beendet sein Werk indem er die restlichen Blutspritzer mit dem Tuch entfernt. „Nur noch den Verband und schon bist du so gut wie neu." Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Er schnappt sich eine Mullbinde und wickelt sie fein säuberlich um meine Hand.
„Fertig." Ich betrachte meine neu verbundene Hand. Der Schmerz kehrt langsam zurück, aber immerhin rinnt kein Blut mehr heraus. „Der Verband muss jeden Tag gewechselt werden und ich würde gerne in einer Woche nochmal drüber schauen." Ich nicke, bevor er weiterredet. „Hier hast du frische Mullbinden und Schmerztablette. Maximal drei am Tag. Sollte es wieder Aufreißen oder sich Entzündung, rufst du sofort an.
Verstanden." Er zieht seine Augenbrauen nach oben, bevor er mir die genannten Artikel in die gesunde Hand drückt. Ich lächle ihn an und nicke.
„Verstanden." Richard schiebt seine runde Nickelbrille wieder auf sein Haupt, bevor er sich schwer fällig erhebt. Dabei lässt er einen langen Seufzer los.
„Die Hüfte spielt nicht mehr so mit wie vor zwanzig Jahren." Sagt er lächelnd, als er sich am Schreibtisch abstützt. Er packt seinen Koffer zusammen und nimmt diesen.
Ich erhebe mich ebenfalls um ihn zur Tür zu bringen. Bevor er diese öffnet, dreht er sich nochmal zu mir um.
„Gib ihm eine Chance. Er braucht sie genauso dringend wie du." Er lächelt, bevor er die Tür öffnet und mich mit meinen Gedanken alleine lässt.
Ich kann Damian verstehen, dass ihm Richard so wichtig ist. Ich habe nichtmal eine Stunde mit ihm verbracht und fühle mich in seiner Nähe Geborgen. Erhat etwas an sich, dass einem Vater sehr ähnlich kommt. Seine Aufmerksamen Augendie alles Analysieren und Interpretieren. Teile zusammenfügen und verstehen.Seine Einfühlsame Art und doch seine Stärke die er besitzt. Damian kann sichglücklich schätzen ihn als seinen Freund zu haben.
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