18. NÄCHSTER SCHRITT
EMILIA
Die letzten Tage waren anstrengend. Kim und Jacks reden nicht mehr miteinander und verwenden mich als Puffer. Wenn Kim nicht gerade sauer ist, dann ist sie kurz vorm weinen.
Wir haben am Montagabend noch einen Film bei mir angesehen. Besser gesagt versucht. Kim hat die meiste Zeit über Jacks geschimpft und ist dann wieder in Tränen ausgebrochen. Ich habe mein Bestes getan um sie aufzumuntern, doch irgendwann bin ich an meine Grenzen gestoßen. Gott sei Dank ist sie aber dann erschöpft auf meiner Couch eingeschlafen und auch ich konnte durchatmen. Mir fällt das immer noch sehr schwer, dass mit dem Freundin sein. Seit meiner Kindheit, war ich immer auf mich alleine gestellt, da die meisten im Heim nichts mit mir zu tun haben wollten, bis auf Marie. Aber dadurch das sie sieben Jahre jünger ist, hatten wir ganz andere Themen als Jungs.
Jetzt habe ich eine gleichaltrige Freundin und werde ins Kalte Wasser geworfen. Leider gibt es kein Regel Buch, dass einem Verrät wie sich eine Freundin zu verhalten hat. Sollte es aber.
Heute ist der Club mal wieder voll. Jeden ersten Mittwoch im Monat ist bei uns eine Motto Party angesagt. Heute ist es „Black & White". Wir haben allerhand zu tun und Rotieren zu dritt wie ein eingespieltes Team, hinter der Bar. Tom mixt uns Cocktails, während Kim die rechte Seite der Theke und ich die linke Bediene. Dadurch kommen wir uns nicht in die Quere und Arbeiten schnell alle Bestellungen ab.
Auch wir hinter der Bar tragen nur Schwarz, Weiß. Daher habe ich mich für eine enge schwarze Röhrenjeans entschieden und eine weiße Ärmellose Bluse, die mit einer Riesigen Schleife am Hals zusammengehalten wird.
Der DJ hat den ganzen Abend 80ger und 90ger Musik gespielt, ganz zu den Freuden unserer Gäste.
Weit nach drei Uhr, wird es endlich Ruhiger und wir können ein wenig durchatmen. Langsam fangen wir hinter der Bar an aufzuräumen. Gläser müssen poliert werden, leere Getränkeflaschen weggeräumt und die Theke klebt von den Resten der Cocktails und Schnäpse. Wir teilen uns die Aufgaben auf und nach einer Stunde ist alles soweit sauber und ordentlich.
Tom hat sich verabschiedet, da er den Vormittag mit seiner Tochter Sarah verbringen will, um noch wenigstens ein paar Stunden zu schlafen.
Kim ist wieder nur dabei über Jacks zu schimpfen. Normalerweise holt er sich zum Feierabend eine Coke, doch wie in den letzten Tagen bleibt er an der Tür, bis alle Gäste weg sind. Ich habe gehofft, dass einer der beiden auf den anderen zugeht, doch bis jetzt sieht es nicht so aus.
„Wieso sind Männer nur so Ärsche." Zetert sie beim Polieren der Gläser. Die letzten Kunden verlassen gerade den Club und die Lichter am großen Kronleuchter werden angemacht. Ich räume die Barhocker zur Seite und wische über die Theke. Da Kim in letzter Zeit eher Selbstgespräche führt und nur ab und zu meine Zustimmung verlangt, antworte ich ihr gar nicht. Auch weil ich keine Antwort habe. Ich kenne nicht viele Männer. Bis auf Jason und Damian. Bis jetzt sind beide Gegensätze und nur einer hat sich als Arsch entpuppt. Aber dafür kenne ich Damian einfach noch nicht gut genug. Besonders da ich nicht weiß, was wir überhaupt miteinander haben.
„Ihnen geht es doch nur um das eine. Unsere Gefühle sind ihnen doch egal. Hauptsache sie haben ihren Spaß." Kim redet sich selbst schon wieder in Rage und ich atme hörbar aus.
„Aber es sind doch nicht alle so." Ein böses funkeln trifft mich über die Theke, als sie mir einen Blick zuwirft. Ich hebe meine Hände. „Ok, gut alle Männer sind Schweine. Besser?" Beschwichtige ich sie. Kurz blickt sie mich mit Hochgezogenen Augenbrauen an, bevor wir beide losprusten und in schallendes Gelächter ausbrechen. Mit Kim habe ich öfter solche 180 Grad Wendungen und es zeigt mir wie sehr es mir gefällt eine Freundin zu haben.
Mir kommen schon die Tränen und ich muss mich auf die Theke stützen um nicht umzufallen.
„Was gibt es den hier zu lachen?" Hinter mir ertönt Jacks Stimme und sofort verstummen wir. Ich drehe mich zu ihm um und sein Lächeln verschwindet schnell aus seinem Gesicht.
„Geht dich nichts an." Mir läuft ein Schauer über den Rücken, als ich Kims eisige Stimme höre. Sogar Jacks muss kurz schlucken. „Wir sind fertig. Kommst du Emilia." Sie stapft in Richtung Back Office ohne sich wirklich nochmal umzudrehen. Ich schnaufe und zucke mit den Schultern.
„Tut mir leid." Wende ich mich an Jacks, der ebenfalls nur schwach lächelt und folge Kim in die Umkleiden.
Gemeinsam verlassen wir den Club und ich habe das Gefühl, ein Déjà-vu zu haben. Kim stürmt aus der Tür, gefolgt von Jacks und mir.
„Ich bring euch nach Hause, ohne Widerworte dieses Mal." Kim schnauft nur, antwortet aber nicht darauf. Ich muss schon sagen, dafür dass Jacks beim letzten Mal echt Mist gebaut hat, lässt er sich trotzdem nicht so leicht unterkriegen. Vielleicht haben die beiden doch eine Zukunft. Aber nur wenn sie beide über ihre Schatten springen.
Kims Schritte beschleunigen sich, doch Jacks kann locker mit ihr mithalte und läuft schweigen neben ihr. Ich spüre die Spannung die von beiden ausgeht und halte mich daher etwas im Hintergrund. Auch um ihnen den Freiraum zu geben.
Als wir in meiner Straße ankommen, verabschiede ich mich von ihnen und ziehe Kim in eine feste Umarmung.
„Gib ihm eine Chance." Flüstere ich ihr ins Ohr.
"Die hatte er doch schon." Flüstert sie ebenfalls zurück. Ich ziehe meine Augenbrauen hoch und schnaufe.
"Jeder hat eine zweite Chance verdient." Jetzt ist Kim diejenige die Schnauft. Trotzdem nickt sie. Ich verabschiede mich auch von Jacks und winke den beiden, als sie an der nächsten Ecke verschwinden. Hoffentlich finden sie endlich die Zweisamkeit um ein ordentliches Gespräch zu führen.
„Hey." Ein Spitzer Schrei entkommt mir, bevor ich mein pochendes Herz festhalte und mich umdrehe.
Damian steht hinter mir und ein verschmitztes Grinsen tritt auf seine Lippen.
„Erschrecke mich doch nicht so." Tadel ich ihn, da mein Herz immer noch rast, wie nach einem Marathon.
„Sorry. Wollte ich nicht." Doch seine Lippen bleiben bei diesem Unwiderstehlichen Grinsen. Erst jetzt realisiere ich, dass er anscheinend, hier vor meiner Tür, gewartet hat. Ich blicke mich um. Die Straße ist nur mit zwei Lampen erhellt, doch eine leichte röte ist schon am Himmel zu sehen und kündigt den neuen Tag an.
„Was machst du hier?" Frage ich ihn vorsichtig. Sein blick liegt mit einer Ausgeglichenen Ruhe auf mir die ich schon länger nicht mehr an ihm gesehen habe. Vielleicht haben ihm die freien Tage gutgetan.
„Ich wollte dich sehen." Er tritt einen Schritt auf mich zu und ist nur noch eine Armeslänge von mir entfernt. Unter seiner schwarzen Lederjacke, trägt er ein einfaches weißes Shirt und nur schemenhaft kann ich seine Starke Brust ausmachen. Mein Blick gleitet an seinem Körper hinab und ein Schauer jagt den nächsten. Damian tritt einen weiteren Schritt nach vorne und ich nehme seinen einzigartigen Duft war. Mir stockt der Atem, als er seine Hand nach mir ausstreckt und zärtlich eine Haarsträhne hinter mein Ohr schiebt. Wieso übt dieser Mann so eine Magische Anziehungskraft auf mich aus.
„Hast du Lust heute Abend mit mir etwas trinken zu gehen?" Mit hochgezogenen Augenbrauen blicke ich ihm in seine wunderschönen Augen.
„Es ist bereits Morgen. Die Bars machen jetzt alle zu." Ein grinsen erscheint auf meinen Lippen und auch seine Mundwinkel zucken nach oben.
„Dann geh mit mir Frühstücken." Haucht er mir zärtlich entgegen und kommt dabei ein klein wenig näher.
„Dafür ist es noch zu früh." Antworte ich ebenfalls zärtlich und halte anschließend die Luft an, da sein Finger federleicht über meine Wange streicht. Ich keuche, als sein Daumen meine Unterlippe entlang gleitet.
„Dann komm mit zu mir. Ich mache wirklich gute Pancakes." Seine Lippen sind wunderschön zu einem Lächeln Geschwungen.
Gerade war ich noch Müde und freute mich auf mein Bett. Aber seit Damian aufgetaucht ist, fühle ich mich hellwach. Mein Körper prickelt und ein wohliger Schauer durchströmt mich.
Seine Augen leuchten begierig, während sein Daumen immer noch über meine Lippen streicht. Ich schlucke und versuche meine trockenen Lippen zu befeuchten. Damians Aufmerksamkeit fällt auf sie und ich bemerke eine Veränderung in seinen Augen. Sie werden dunkler und lüsterner.
Wenn ich heute mit ihm mitgehe weiß ich was passieren wird. Doch auch mich durchströmt in diesem Moment die Lust. Er zieh mich wie ein Magnet an.
Ich fühle mich wohl in seiner Nähe und die Vorstellung ihn nackt zu sehen, lässt Blitze zwischen meine Beine schießen. Ich presse meine Schenkel zusammen, was ihm nicht entgeht. Ein diabolisches Grinsen tritt auf seine Lippen.
„Macht dich die Vorstellung von Pancakes etwa an?" Fragt er spitzbübisch, während ein freches Grinsen seinen Lippen umspielt.
„Nur wenn Ahornsirup eine Rolle spielt." Antworte ich ihm zuckersüße und lecke mir langsam über die Lippen. Seine Lache erstickt Augenblicklich und ich sehe wie er Schlucken muss. Übertrieben räuspert er sich und tritt einen Schritt zurück, was mich zum Lachen bringt. Ich sehe wie er mit seiner Kontrolle kämpft.
„Ich komme gerne mit zum Pancakes essen." Antworte ich ihm. Sein Gesicht entspannt sich wieder und ein Lächeln umspielt seine Lippen wieder.
„Das freut mich. Komm. Ich habe mein Auto da hinten geparkt." Er deutet an die Kreuzung und lächelnd gehen wir zu seinem Auto. Mein Magen kribbelt immer noch aufgeregt und mein Herz klopft schnell in meiner Brust. Ich versuche so normal wie möglich zu wirken, damit er meine Nervosität nicht sieht. Immerhin, begleite ich meinen Chef gerade nach Hause.
Er öffnet mir seine Beifahrer Tür und schüchtern bleibe ich kurz stehen. Ich atme hörbar ein und spüre seinen Blick auf mir.
„Zwischen uns muss nichts passieren, was du nicht willst." Ich blicke zu ihm auf und seine Worte beruhigen mich tatsächlich. Ein kurzes Lächeln huscht über meine Lippen, bevor ich in sein Auto steige und er die Tür hinter mir schließt.
Auf der Fahrt zu seiner Wohnung schweigen wir. Ich genieße die ersten Sonnenstrahlen die mein Gesicht streifen und schließe genüsslich die Augen. Heute wird ein schöner Tag und ihn mit Damian zu beginnen lässt mich lächeln. Ich blicke zu ihm, wie er sein Auto konzentriert durch den Straßenverkehr manövriert. Seine Gesichtszüge sehen entspannt aus, auch wenn ein leichter Schatten unter seinen Augen liegt. Er bemerkt meinen Blick und wendet sich mit einem Lächeln mir zu.
„Was?" Fragt er schmunzelnd.
„Nichts." Er zieht die Augenbrauen hoch, blickt aber weiterhin auf die Straße. Wir fahren nicht allzu weit und nach knapp zehn Minuten parkt Damian sein Auto vor einer Rustikalen Anlage neben einem schönen Park. Ein kleiner Gepflasterter Weg führt, auf das hohe Gebäude, zu.
„Wir sind da." Ich blicke zu Damian, der gerade Aussteigt und das Auto umrundet um mir die Tür aufzuhalten.
„Oh, Danke." Beim Einsteigen ist mir diese nette Geste schon aufgefallen und bringt mich abermals zum Lächeln.
Er schließt sein Auto ab und gemeinsam treten wir in das Wohngebäude. Von drinnen sieht alles viel Moderne und ordentlicher aus, als von außen. Einige Palmen stehen in den Ecken. Der Boden sieht neuwertig aus und auch Wände und Decke sind erst vor kurzem Gestrichen worden.
Damian schiebt mich in Richtung eines Aufzuges. Als die Türen sich schließen, betätigt er den obersten Knopf und der Aufzug setzt sich in Bewegung.
Oben angekommen, öffnen sich die Türen und ein langer Flur in Beton Optik und dezente Lampen an den Wänden, erscheint vor uns.
Nur eine Tür, gegenüber dem Aufzug, ist zu sehen und darauf steuert Damian zu. Er kramt in seiner Jackentasche nach dem Schlüssel und schließt diese auf.
Mit einer Einladenden Geste, bittet er mich hinein.
„Herzlich willkommen in meinem Zuhause." Er deutet in den lichtdurchfluteten Raum.
Mit offenem Mund betrete ich seine schöne Wohnung. Wie automatisch zieht es mich zu der großen Fensterfront die auf eine Terrasse führt. Dahinter erkennt man den kleinen Park und die Skyline von New York über die gerade die Sonne aufgeht. Der Raum wird in ein warmes Licht aus Orangen und gelben Tönen gehüllt.
„Wow." Hauche ich.
„Ja. Ich bin auch jedes Mal von dieser Aussicht angetan." Ich spüre Damian direkt hinter mir. Seine Brust streift meine Schultern, was mich erschaudern lässt. Sein Atem streift meinen Nacken und ich spüre seine Hände an meinem Hals. Vorsichtig streicht er mir meine Haare aus dem Nacken und haucht mir einen zärtlichen Kuss auf meinen Puls. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Meine Atmung wir unkontrollierter. Genüsslich schließe ich die Augen und lasse meinen Kopf gegen seine Brust sinken. Ich sollte Angst haben. Vorsichtig sein. Doch aus irgendeinem Grund habe ich keine. Ich will nicht an das Schlechte Denken und einfach Leben. Einmal hoffen, dass ich auch etwas Glück verdient habe. Hoffen einen Mann gefunden zu haben, an den ich mich lehnen kann. Bei dem ich mich fallen lassen kann. Dem ich vertrauen kann. Nicht an Jason denken. Nicht an die Gewalt und das was er mir angetan hat. Nicht an meine Vergangenheit und mein Leben. Ich wollte in New York neu beginnen. Ein neues Leben starten. Neu anfangen. Vielleicht habe ich es geschafft. Vielleicht bin ich bereit den nächsten Schritt zu tun.
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