15. ZEUGENAUSSAGE
DAMIAN
Nervös sitze ich im Gericht. Mein Anwalt Mr. Schmidt sitzt angespannt neben mir. Ich habe meine Aussage getätigt und auch Elena war im Zeugenstand. Sie hat ihre ganze Schauspielkunst aufgebraucht um ihre Geschichte nochmal zu erzählen. Die Geschworenen, blicken mich mittlerweile an, als würde ein Monster auf meinem Stuhl sitzen.
„Die Anklage möchte einen weiteren Zeugen vorladen." Verdutzt blicke ich meinen Anwalt an, der ebenfalls mehr als überrumpelt scheint.
„Einspruch Euer Ehren." Mr. Schmidt erhebt sich, doch der Richter schlägt seinen Hammer auf sein Brett und schüttelt den Kopf.
„Abgelehnt. Laden sie ihren Zeugen vor. Mr. White." Der Schmierige Anwalt von Elena grinst dreckig und bittet einen der Wärter hinter uns den Zeugen einzulassen. Mein Blick fällt auf Tom der ebenfalls mehr als geschockt wirkt. Wenn Elena einen Zeugen hat, der die Geschichte bestätigt, bin ich geliefert.
Eine zierliche blonde Frau betritt den Gerichtssaal. Sie trägt eine große Nerdbrille und hat ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihr beigefarbener Blazer ist etwas zu groß und in den Schuhen kann sie nicht wirklich laufen. Miriam ist eine Freundin von Elena. Sie ist das komplette Gegenteil von ihr. Sie ist bodenständig und eher der Sportliche lässige Typ. Elena hat schon immer auf ihr Aussehen geachtet und sich auch viel über die Meinung anderer gebildet. Ich habe nie verstanden warum die beiden Freundinnen sind. Doch sie heute zu sehen versetzt mir einen Stich. Wir haben uns immer gut verstanden und ich mochte sie wirklich gern. Das sie heute eine Aussage gegen mich tätigt, kann ich nicht verstehen.
„Schwören Sie die Wahrheit zu sagen. Nichts als die Wahrheit. So war ihnen Gott dabei helfe?" Sie hält ihre Hand auf das Grundgesetz Buch, während der Eidesformel vorgelesen wird.
„Ich schwöre es so wahr mir Gott helfe." Sie schiebt ihre Brille zurecht, als Mr. White vortritt und ihr allerhand Fragen stellt.
Wie ein rauschen zieht alles an mir vorbei, als Miriam, Elenas Geschichte bestätigt und mich als das Monster darstellt. Mein Anwalt versucht mit Konkreten Fragen ihre Zeugenaussage ins Wanken zu bekommen, was ihm auch gelingt. Doch schlussendlich bleibt sie bei ihrer Aussage.
Der Richter beendet die Sitzung mit seinem Hammer und verlegt die Urteilsverkündung auf nächste Woche Mittwoch. Wie gelähmt sitze ich da und kann mich nicht bewegen.
„Mr. Evans. Kommen Sie. Wir sollten uns Montag noch einmal für die Urteilsverkündung zusammensetzte. Lassen sie den Kopf nicht hängen." Ohne ihn anzublicken erhebe ich mich in Zeitlupe und verlasse wie auf Autopilot den Gerichtssaal. Wie kann sie nur. Ich gelange aus dem Gebäude und spüre...nichts. Kein Windzug. Keine Sonnenstrahlen.
Ich habe das Gefühl zu fallen. Mein Herz pocht wild in meiner Brust, als ich beobachte wie Elena mit ihrem schleimigen Anwalt wegfährt. Sie ruiniert mein Leben und ich kann nur dabei zusehen.
Tom wartet an seinem Auto auf mich und als ich in seine Richtung gehen will, sehe ich einen blonden Schopf zu meiner Rechten. Miriam bewegt sich zügig über den Parkplatz und ohne viel Nachzudenken renne ich ihr hinterher.
„Miriam. Warte." Sie zuckt kurz zusammen, bevor sie sich umdreht.
„Ich habe es eilig." Sie setzt ihren Weg über den Parkplatz fort.
„Wie kannst du mir das antun?" Brülle ich ihr, über die Autodächer hinweg, zu. Sie bleibt stehen und dreht sich um.
„Damian. Ich kann nicht..." Doch ich schüttle den Kopf und gehe einen weiteren Schritt auf sie zu.
„Nein. Du kannst und du wirst. Du weißt ganz genau, dass ich sie nie angerührt habe, also warum lügst du? Weißt du was du da tust?" Sie schüttelt abermals den Kopf und dreht sich wieder um.
„Es tut mir leid. Damian." Die Wut kocht in mir und laut brülle ich ihr hinterher.
„WAS HABE ICH DIR GETAN? SAG MIR WAS HABE ICH GETAN UM DASS ZU VERDIENEN? MIRIAM, ICH KOMME IN DEN KNAST WEGEN DEINER AUSSAGE. BITTE TUE DAS RICHTIGE. Bitte." Flehe ich sie an. Sie kommt an ihrem Auto an und blickt mich über ihr Dach hinweg traurig an.
„Es tut mir leid. Ich kann nicht." Ich sehe wie sie mit den Tränen kämpft, bevor sie in ihr Auto steigt und davonfährt. Voller Wut schlage ich auf den Baum neben mir ein. Wie kann sie mir das nur antun. Wieso passiert das hier.
Im Augenwinkel sehe ich Tom wie er auf mich zukommt. Doch ich bin zu wütend und möchte sie nicht an ihm Auslassen.
„Alles gut. Ich brauch nur ein wenig Zeit." Sage ich zu ihm, bevor er den Mund öffnen kann.
„Damian..." Doch ich schüttle den Kopf.
„Nein." Eilig gehe ich zu meinem Auto und steige ein.
Ich habe mich Zuhause verkrochen. Seit drei Tagen habe ich das Haus nicht verlassen. Seit drei Tagen betrinke ich mich nur noch. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Mein Alptraum hat sich erfüllt. Elena gewinnt und ich gehe in den Knast.
Ich bringe ein schwaches Lächeln hervor, bevor ich die Flasche abermals ansetzte und der Alkohol meine Kehle entlang rinnt und versucht mich zu betäuben. Ich habe mich nur noch betäubt, jeden Tag. Nach dem Aufstehen bin ich meistens schon betrunken und wenn ich schlafen gehe ebenfalls.
Tom war einige male hier. Doch ich habe ihn nicht rein gelassen. Ich habe mich hier verbarrikadiert. Nicht mal meine Putzfrau lasse ich rein. Sie stellt mir Lebensmittel und neuen Alkohol vor die Tür. Ich will niemanden sehen. Niemanden verletzten können. Denn das ist das einzige was ich gerade möchte. Meine Wut und meinen Schmerz weitergeben. Wenn niemand da ist, dann kann ich nur mich verletzten. Nur ich trage den Schaden davon.
Ich leere die Flasche Wodka und werfe sie zu den anderen auf den Boden. Meine Wohnung sieht aus wie ein Flaschendepot und ich selbst sehe wahrscheinlich nicht besser aus. Ich kann mich nicht erinnern wann ich mal duschen war, oder überhaupt in den Spiegel gesehen habe. Vielleicht ist es mal Zeit.
Schwankend erhebe ich mich und schleppe mich die Treppe nach oben. Dabei muss ich mich am Geländer festhalten um nicht Rückwärts runterzufallen.
Oben angekommen gehe ich in mein Badezimmer. Ich blicke in den Spiegel und erkenne mich selbst kaum wieder. Ich fühle mich wie ein Verlierer. Wie ein nichts. Ich werde ins Gefängnis gehen und kann nur dabei zusehen. Wütend klammere ich mich am Waschbecken fest bis meine Knöchel weiß hervortreten. Ich bin wütend auf Elena. Wütend auf Miriam und besonders wütend auf mich. Wie konnte es nur so weit kommen. Mein Kiefer knackt, da ich viel zu fest darauf beiße. Schwungvoll hohle ich aus und schlage auf mein Spiegelbild ein. Ich kann mich selbst nicht mehr sehen. Der Spiegel splittert und Scherben landen im Waschbecken. Meine Hand blutet und einige Splitter hängen noch in der Wunde. Doch der Schmerz ist mir egal. Ich spüre ihn nicht. Ich spüre nichts. Fühle mich leer und tot.
Mit meiner Blutenden Faust, wanke ich die Treppe wieder hinunter, um mir aus der Küche neuen Alkohol zu holen. Ich durchforste meine Schränke und finde noch eine halbe Flasche Whiskey. Ich schnappe sie mir und schütte mir einen kleinen Schluck über die Wunde, bevor ich einen großen Schluck trinke. Beim Vorbeigehen, nehme ich noch ein Handtuch und wickle es mir um die Faust. Die Flasche an den Lippen, schlendere ich zurück ins Wohnzimmer, als es an der Tür klopf.
„Junge. Ich weiß, dass du da bist. Mach auf." Mein Blick wandert zur Tür und fixiert sie. Nur ein Mensch nennt mich Junge, doch auch ihn möchte ich nicht sehen. Daher wanke ich weiter zur Couch und lasse mich darauf sinken. Abermals klopf es, dieses Mal lauter.
„Damian. Mach auf, bitte. Lass dir helfen." Ich lache sarkastisch. Mir kann man nicht mehr helfen. Wie leer blicke ich auf meinen Fernseher. Ich fühle nichts.
„Okay. Ich habe Zeit. Ich bin Rentner. Ich werde hier draußen warten. Irgendwann musst du mir öffnen." Ich beachte ihn nicht und trinke abermals einen großen Schluck, doch ich habe das Gefühl, dass er nicht mehr betäubt.
Immer wieder muss ich an Elena denken. Übermorgen wird mein Leben entschieden. Bis zu 10 Jahre drohen mir und Elena hat die Geschworenen und den Richter so auf ihrer Seite, dass ich mit dem Vollen Strafmaß rechne. 10 Jahre meines Lebens im Knast. Dann bin ich 40 und habe nichts. Mein Club ist weg, meine Wohnung, mein Leben. Vielleicht bleibt mir Tom, wenn ich ihn nicht bis dahin vergraule. Sarah ist dann fast Erwachsen. Ein Teenager. Ich würde ihr Leben verpassen. 10 Jahre für eine Lüge. Von einer Frau die ich geliebt habe. Der ich mein Leben geben wollte.
Ich lache sarkastisch. Genau das tue ich doch jetzt. Elena bekommt für ihre Lüge mein Leben. Ich spüre wie meine Wangen nass werden und voller Wucht schleudere ich die halb leere Flasche gegen den Fernseher. Sie zersplittert in Tausend Teile und auch mein Fernseher zerspringt. Doch es ist mir egal. Das zweite Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Doch dieses Mal ist es anders. Es fühlt sich endgültig an.
Hass und Wut fressen mich innerlich auf, während ich tief in einem Loch versinke.
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