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Normalität für ein paar Stunden

20-Normalität für ein paar Stunden

Zeit: Sommer 79 / Ort: Capitol City

Nach diesem unschönen Ausflug in die Stadt, war ich direkt froh, mich wieder im Haus verkriechen zu können. Dabei war es bis zu diesem einen Punkt gar nicht so übel gewesen. Ich hätte vergessen können, dass diese Welt vollkommen verrückt war, ich hätte auch eine Zeit lang ignorieren können, dass ich nicht hier sein wollte. Unter anderen Umständen wäre es mir sicher ein Leichtes gewesen, die Zeit dort mit Seho zu genießen, einfach weil es mal nichts mit der täglichen Routine zu tun hatte, der wir im Lager ständig unterworfen waren. Aber im Nachhinein betrachtet, war das natürlich eine Illusion, wie im Grunde alles in dieser Welt.

Jetzt war ich nur dankbar, dass ich diese seltsame Uniform loswerden und meine eigene Kleidung wieder anziehen konnte. Es war egal, wie schäbig ich aussah, immerhin war ich wieder ich selbst.

Nach diesem Ausflug hatten wir einige Zeit mit Kia verbracht, weil Madox noch anderen Verpflichtungen nachzugehen hatte und während Seho sich angeregt mit ihr unterhielt und die beiden allerlei Geschichten austauschten, hatte ich ausreichend Zeit, die junge Frau zu mustern.

Punkt eins: Sie war wahnsinnig hübsch. Ich konnte das nicht wirklich begreifen, warum waren diese Menschen hier alle so unfassbar schön? Waren das echt nur gute Gene? Wohl kaum. Connor hätte ohne Probleme hierher gepasst, wenn man ihn in die richtigen Klamotten gesteckt hätte und Blue ebenfalls, sah man von der Augenklappe ab. Was war das also? Irgendwas im Trinkwasser? Ich grinste in mich hinein, über meine dummen Gedanken und lauschte eine Weile wieder dem Gespräch. Immerhin gab das ein bisschen was über die Leute preis, mit denen ich zusammenlebte und rückte so manchen von ihnen in ein etwas anderes Licht.

Nach all diesen Anekdoten musste Victor im Grunde ein ziemlich witziger Kerl sein, auch wenn ich davon noch nicht viel mitbekommen hatte. Mir gegenüber war er immer wortkarg und verschlossen. Laut Kia war er jedoch ausgesprochen trinkfest, obendrein wohl ein raffinierter Pokerspieler und lustig. Lustig und Victor ging in meinem Kopf nicht zusammen, aber das machte nichts. Ich erfuhr, dass er tatsächlich Soldat gewesen war und zum ersten Mal auch von einer Liebesgeschichte, die durchaus ein bisschen was von Romeo und Julia hat. Sun war offenbar sein Leben und ich ertappte mich dabei, die beiden um das zu beneiden, was sie hatten. Kia erzählte auch ein bisschen was über Mina und Miro und wie knapp es gewesen war, die beiden fortzuschaffen, als man ihre Eltern verhaftet hatte. Dass sich das Geschwisterpaar näher stand, als ihr Gehabe vermuten ließ, stand außer Frage. Allerdings wurde ich doch etwas verlegen und nervös, als Kia durchblicken ließ, wie verzweifelt sich Mina offenbar einen Freund wünschte. Den einen Menschen, der zu ihr gehörte und dass sie sich leider viel zu schnell und noch viel öfter verliebte.

Kia boxte mir spielerisch in den Arm und lachte leise. „Ich wette du gefällst ihr auch."

Ich sah auf, bemerkte, dass Seho grinste und wand mich ein bisschen. „Blödsinn", nuschelte ich dann. „Wir verstehen uns gut."

„Ah", fiel mir Seho nun auch noch in den Rücken, „er kommt noch drauf."

Zum Glück wandte sich das Gespräch wieder anderen Themen zu und ich konnte mich erneut aufs Beobachten und Zuhören konzentrieren.

Da Madox sich erst für später am Abend angekündigt hatte und Kia uns zwischendurch ebenfalls alleinlassen musste, blieben Seho und ich am Ende allein zurück. Wir belagerten also die Liegestühle auf der Terrasse, tranken Eistee und ich, für meinen Teil, genoss die Illusion eines perfekten Nachmittags.

„Was denkst du?", fragte Seho irgendwann und ich sah blinzelnd zu ihm hin.

„Von den Leuten hier", konkretisierte er. „Madox, Kia..."

„Sie... sind nett", antwortete ich ausweichend und zunächst recht zögerlich, sah hin und stellte fest, dass er breit grinste.

„Nur nett, sonst nichts?"

„Na ja, ich kenne sie ja nicht, ich kann schlecht beurteilen, wie sie wirklich sind, aber..." ich schüttelte leicht den Kopf, sah wieder hin und lächelte verlegen. „Ich glaube, ich habe noch nie so schöne Menschen gesehen, das ist unheimlich!"

Seho lachte und das ermutigte mich etwas.

„Ich meine Madox...", ich hob nur eine Augenbraue, sonst nichts, lächelte schief, was für noch mehr Erheiterung bei Seho führte, „...schon klar. Aber Kia..." Mir fehlten tatsächlich die Worte, um zu beschreiben, was ich wirklich dachte.

Seho schien bester Laune. Er grinste breit, nippte von seinem Eistee und kreuzte lässig die Beine. „Ach, ich habe mich schon gefragt, wann es aus dir rausplatzen würde, denn ich weiß noch, was ich dachte, als ich das erste Mal hierherkam."

„Ja? Was denn?"

Er zuckte die Schultern, schmunzelte. „Sowas wie, die Frauen von Stepford vielleicht."

Ich musste kichern. „Roboter?"

Seho sah mich an, immer noch zog sich dieses vage Schmunzeln um seine Mundwinkel. „Ja, oder Androiden, Aliens, irgendwas – auf alle Fälle nichts menschliches..."

Grinsend setzte ich mich auf. „Also... ist es nicht echt, willst du mir das sagen?"

Er blinzelte mich mit einem Auge an. „Capitol City akzeptiert nur Anmut und Perfektion, das wollte ich damit sagen. Wenn du zur Oberschicht gehörst, hast du dich dieser Perfektion zu unterwerfen, egal auf welche Weise. Gutaussehend reicht nicht und ich weiß, was die jungen Leute hier betreiben, um dieser Perfektion gerecht zu werden."

Das überraschte mich dann doch. „Madox und Kia auch?"

„Ja." Er nickte. „Ich bin sicher die beiden waren auch vorher schon ein hübsches Paar. Aber hinter dem, was du jetzt siehst, steckt jede Menge Arbeit und noch mehr Geld."

„Aber er trägt eine Brille!", rief ich überrascht. „Wäre das nicht das erste, was man korrigiert?"

Jetzt lachte Seho leise. „Ah, Madox ist im Herzen ein wilder Rebell – deswegen die Brille. Er braucht sie nicht. Sie hat auch keine Stärke, aber es macht seine Mutter rasend, wenn sie ihn damit sieht."

Ich musste ebenfalls schmunzeln. Ja, das passte zu Madox und der frechen Art, die er an den Tag legte.

„Perfektion also", sinnierte ich. „Ist das die Eintrittskarte für Capitol City?"

„Ja..." Seho atmete tief durch. „Ich wusste das anfangs auch nicht. Ist es nicht erschreckend, wenn man nach und nach feststellt, dass nichts von dem, was man gelernt hat, der Wahrheit entspricht? Wenn du nicht direkt im Capitol aufwächst, sind das Informationen, die du nirgendwo findest und selbst wenn du hier aufwächst..." Er schüttelte den Kopf und ließ den Rest offen.

Ich schwieg geflissentlich, immerhin war das ein sehr heikles Terrain und ich merkte selbst, dass mich meine Neugierde durchaus ganz schnell in Bedrängnis bringen konnte. Wie sollte ich erklären, dass ich gar nichts davon wusste, dass ich noch nicht mal über Basiswissen verfügte? Trotzdem wagte ich nach kurzem Überlegen noch einen weiteren Schritt.

„Aber Perfektion allein reicht eben auch nicht", begann ich, „Menschen wie Blue oder Connor hatten auch keine Chance." Ich formulierte es absichtlich als Aussage und hoffte inständig, dass ich mich damit nicht ins Aus manövrierte. Ich wollte doch nur ein paar mehr Informationen, aber ich konnte nicht fragen.

Tatsächlich sah Seho mich jetzt recht nachdenklich an, dann erschien ein bitteres Lächeln auf seinem Gesicht. „Nein, da hast du recht", sagte er schließlich leise. „Connor hätte es vielleicht schaffen können."

„Stammt er aus einer einflussreichen Familie?", fragte ich, um ihn zum Weiterreden zu animieren.

„Ja... und nein". Seho wiegte den Kopf, nickte aber auch kaum sichtbar. „Er hatte Träume, das hatten wir alle mal. Seine hätten ihm viele Türen geöffnet und seine Chancen standen nicht schlecht. Aber na ja... dann kam Micah. Man könnte sagen, so ist das Leben, aber so funktioniert es eben nicht." Das vage Schmunzeln erlosch nun vollkommen. „Blue hingen hätte es nie geschafft", sagte er leise. „Für ihn war sein hübsches Gesicht ein Fluch, für seine Familie Überleben. Hat Santiago dir von ihm erzählt?" Er wartete meine Antwort nicht ab, ging offenbar davon aus, dass ich wusste, was Blue widerfahren war und ich hielt mich bedeckt.

„Ich will darüber kein Urteil fällen", sagte Seho, „weil ich..." was immer er hatte sagen wollen, ich erfuhr es nicht, denn mittendrin schwenkte er abrupt um. „Aber ich bin weit davon entfernt, sowas zu verstehen."

Jetzt hatte ich tausend Fragen, aber bevor wir das Gespräch weiter vertiefen konnten, wurden wir unterbrochen. Kia kam auf die Terrasse.

„Na ihr zwei, genießt ihr das Faulenzen?"

„Viel zu sehr", seufzte Seho zufrieden und grinste schief. „Und ich fürchte, wenn ich noch länger hier liegenbleibe, gehe ich nie wieder zurück."

„Als ob." Lachend strich Kia durch seine wüsten Haare. „Du hältst es doch keine Woche ohne deinen wilden Haufen aus. Auf jetzt, kommt. Madox ist in 45 Minuten da, das reicht um Essen auszusuchen und um euch frischzumachen."

Mit einem widerwilligen Murren hievte sich Seho aus der Liege und ächzte dabei wie ein alter Mann.

„Herrje", kommentierte Kia das. „Es geht bergab mit dir, oder?" Sie zwinkerte mir zu und ich folgte den beiden schmunzelnd in das Haus.

Etwa eine Stunde später saßen wir am Esstisch, der völlig überladen war, was mich für einen Moment so überforderte, dass ich gar nicht wusste, was ich essen wollte. Oder was ich zuerst essen wollte. Kia hatte offenbar jeden Lieferdienst anrücken lassen, den sie gerne mochte und so reichte die Auswahl von süß bis deftig, von vegetarisch bis Fleisch satt und das in jeder geläufigen und exotischen Form, die man sich vorstellen konnte. Ich probierte mich häppchenweise durch eine Reihe von Köstlichkeiten und verfiel irgendwann in einen regelrechten Fressrausch. Solange wir im Lager gewesen waren, hatte ich zwar das ein oder andere vermisst, aber das Gefühl war nie so stark gewesen wie in dem Augenblick, wo ich alles haben konnte und entsprechend auch haben wollte. Ich machte auch keinen Unterschied mehr zwischen Vorspeise, Hauptgericht oder Dessert und stopfte alles wahllos in mich hinein, was mir als besonders appetitlich ins Auge sprang. Darunter jede Menge Fleisch und gefühlt Tonnen an süßen Desserts. Seho hatte sich besser im Griff, schmunzelte über mein völlig aus der Bahn geworfenes Essverhalten, kommentierte es jedoch nicht.

Zum Essen gab es dann auch noch jede Form von Alkohol, die man eventuell haben wollte. Kia trank Wein, Madox und Seho blieben bei Bier. Ich selbst trank keinen Alkohol, weil ich Angst hatte, dass ich mich verplappern könnte, wenn ich auch noch in einen feucht-fröhlichen Promillerausch geriet, außerdem war ich ohnehin mehr mit essen beschäftigt.

Dass mir nach diesem Gelage nicht schlecht wurde, war ein Wunder und als ich wirklich keinen einzigen Bissen mehr hineinbrachte, lauschte ich, genau wie früher am Tag, hauptsächlich den Tischgesprächen und hielt mich sonst bedeckt. Zwar versuchte Madox hin und wieder mich miteinzubeziehen, aber ich wand mich aus seinen Fragen mit vagen Formulierungen und dem Hinweis auf meine schwammige Erinnerung, auf die ich angeblich nicht vertraute. Das ließ er zwar so stehen, aber mir fiel auf, dass er mich den ganzen Abend über immer wieder nachdenklich musterte.

Ansonsten war die Stimmung für die Verhältnisse, die ich gewohnt war, beinahe ausgelassen. Die ganze Zeit lief Musik, es wurde viel gelacht und noch mehr getrunken. Bis wir uns endlich auf den Weg ins Bett machten, war es weit nach Mitternacht. Schweigend lief ich neben Seho den Flur entlang, blieb vor meinem Zimmer stehen und sah auf. Ich lächelte vage, aber ich wusste nichts zu sagen, was die Situation ein wenig bizarr machte. Schließlich war es Seho, der das Schweigen brach, mir leise eine gute Nacht wünschte und dabei schmunzelte. Er hob die Hand, berührte sekundenlang meine Wange, oder ich bildete mir nur ein, dass sein Daumen über meine Haut strich, dann war es schon wieder vorbei. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich nun ab und verschwand mit einem letzten Blick auf mich, zwei Türen weiter in seinem Zimmer. Und ich stand immer noch auf dem Flur, die Hand auf der Klinke und starrte auf den Punkt, wo er eben verschwunden war.

Wirre Gedanken taumelten durch meinen Kopf und nach zwei weiteren Atemzügen schüttelte ich sie energisch ab, öffnete die Tür und schlüpfte in mein Zimmer.


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