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Lauter neue Dinge

10-Lauter neue Dinge

Zeit: unbekannt/ Ort: Capitol Distrikt

Am nächsten Morgen erwachte ich allein und ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Irgendwo rechts von mir weinte ein Kind und ich drehte mich auf den Rücken, lauschte dem leisen beruhigenden Murmeln und dem verklingenden Schluchzen.

Über mir, rechts an dem Bambusgeflecht, erkannte ich etwas Rotes und streckte die Hand danach aus. Meine Finger berührten einen roten Wollfaden, der lose herabbaumelte. Irgendwas war daran befestigt gewesen und abgerissen worden. Mir wurde klar, dass ich einen Schlafplatz beerbt hatte. Wem wohl vor mir diese Nische gehört hatte? Und was war mit ihm oder ihr geschehen? Eine Weile starrte ich noch auf den roten Faden, dann wandte ich mich seufzend ab und rappelte mich auf. Von unten hörte ich bereits Stimmen, also waren die meisten sicher schon auf. Ich fragte mich auch, wann Seho wohl gegangen war und rieb mir, etwas unangenehm berührt, über die Arme. Immer noch war ich froh, für den Moment des Trosts, den er mir gewährt hatte, aber jetzt, bei Tageslicht betrachtet, fühlte ich mich schon beschämt, dass ich mich so gezeigt hatte.

Endlich mühte ich mich ganz auf die Beine, stakste steif und etwas ungelenk zur Treppe und tappte langsam hinunter. Meine Krücke lehnte da, wo ich sie hatte stehen lassen, außerdem hatte jemand ein Handtuch darüber gehängt und obendrein frische Wäsche und ein T-Shirt. Ich tippte auf Santiago. Mit einem vagen Lächeln nahm ich die Sachen an mich und machte mich auf zum Waschraum. Zumindest den Weg kannte ich. Es gab hier kein richtiges Bad, es gab eine Dusche – draußen – die aber gerade repariert wurde und dann noch diesen Waschraum mit zwei Toiletten und zwei Waschbecken, aber daran störte ich mich gerade nicht wirklich.

Die Tür war nur angelehnt, weswegen ich auch nach einem kurzen Klopfen eintrat und prompt über Eliza stolperte, die von gleich drei Kindern umringt war. Der kleinere Junge war ihr Sohn, wie ich seit dem Abendessen wusste, die anderen beiden – Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen – hatte ich bisher noch nicht bewusst wahrgenommen und die Namen kannte ich von allen dreien nicht.

„Guten Morgen", wandte ich mich an Eliza, blieb aber gleich hinter der Tür stehen, um ihr nicht zu nahe zu kommen. Da war etwas Gehetztes und Panisches in ihren Augen, wenn sie sich – wie ich vermutete – in die Enge getrieben fühlte und ich wollte ihr keine Angst machen. Abgesehen davon hoffte ich, dass sie sich in den letzten zwei Wochen schon ein wenig an mich gewöhnt hatte.

„Ich hatte Waschzeug auf der Krankenstation, weißt du vielleicht, wo das hingekommen ist?"

Einen Moment starrte Eliza mich nur an, dann nickte sie knapp und schob den kleineren Jungen zu den anderen Kindern.

„Micah, du bleibst bei Jojo – Zähneputzen, kein Blödsinn, verstanden? Ich bin gleich zurück." Und dann huschte sie schon durch die Tür, ohne ein weiteres Wort an mich. Ich drehte mich um und stellte fest, dass ich unter der strengen Bewachung von drei Kinderaugenpaaren war.

Ich kräuselte die Nase. „Soll ich warten oder hinterherlaufen?"

Das Mädchen kicherte hinter vorgehaltener Hand, der ältere Junge nickte.

„Laufen?"

Kopfschütteln.

„Also warten?"

Nicken und noch mehr Kichern. Ich lächelte schwach und humpelte zu einem der zwei Waschbecken hinüber. „Danke", flüsterte ich und klang damit wohl verschwörerisch genug, dass die Kinder mich witzig fanden und vergaßen, Angst zu haben.

Nur wenig später ging die Tür wieder auf, doch anstatt Eliza stand ich nun Ezra gegenüber. Er musterte mich, schließlich nickte er knapp. „Was machst du hier?"

Was wollte ich wohl im Waschraum? Seufzend hob ich das Handtuch. „Ich wollte nur-"

„Ezra – benimm dich." Wir sahen beide überrascht zur Tür, durch die sich jetzt wieder Eliza schob. Sie reichte mir einen kleinen Stoffbeutel, der wohl meine Zahnbürste und noch ein paar Dinge mehr enthielt, und schob ihren Bruder schmunzelnd und mit einer Hand ein Stück zurück.

„Okay", lenkte Ezra ein, als er sah, wie ich die Zahnbürste auspackte. „Findest du zum Essensraum?" Und auf mein Nicken hin machte er einen Schritt in Richtung Tür. „Gut, dann beeil dich, wenn du noch was essen willst. Frühstück ist gleich um. Jess hat gesagt, ich soll dir heute draußen alles zeigen."

Hatte er das? Gestern hatte er noch gemeint, ich solle im Haus bleiben und er könne mich mit Krücke nicht draußen herumscheuchen. Also entweder hatte er seine Entscheidung umgeworfen oder ich wurde gerade probeweise einer Willkür unterworfen, nur um zu testen, ob ich mich auflehnen würde. Das konnten sie vergessen. Ich hatte mir vorgenommen, ihnen keinen Angriffspunkt zu liefern, also entschied ich mich auch jetzt für Kooperation.

„Gut", gab ich leise zurück, nickte außerdem und schrubbte mir in Windeseile die Zähne. Vielleicht stimmte das Ezra auch etwas versöhnlicher, denn er zögerte kurz, während er sich durch den wilden, dunklen Lockenwust an Haaren strich, sah unschlüssig von mir zu Eliza und entschied wohl, dass ich nicht allzu gefährlich war, bevor er ging. Als er verschwunden war, bekam ich das erste richtige Lächeln von Eliza.

„Er ist netter, als er vorgibt", sagte sie leise. „Er ist nur ein großer Bruder."

Unsere Blicke trafen sich.

„Verstehe ich. Bin ich auch", antwortete ich.

Kurze Zeit später saß ich im Essensraum, mir gegenüber Ezra, und vor mir eine Schüssel mit Frühstücksbrei. Dazu gab es ein wenig Obst und Tee. Das war kein Frühstück, wie ich es gewohnt war, da ich aber völlig ausgehungert war, war es für mich gleichsam das beste Frühstück, an das ich mich gerade erinnern konnte. Endlich war ich satt und eine angenehme Wärme breitete sich in meinem Bauch aus, doch viel Zeit, diesen Zustand zu genießen, blieb mir nicht, denn Ezra war schon wieder auf dem Sprung.

„Fertig?" Er zupfte an seinem Fingernagel, wies dann vage auf den Tisch, wo ich die schmutzige Schüssel abstellen sollte, bevor er voraustrabte. „Dann los, die Ladies sind sicher schon ganz aufgebracht."

Die Hühner! Ich hatte gestern aufgepasst. Die Ladies waren Hühner.

Auf dem Weg nach draußen wurde Ezra dann doch noch ein wenig zugänglicher, er wies hierhin, dorthin, erklärte das ein oder andere, wo das Viehfutter untergebracht war, wo ich Gartengeräte fand, wo die Werkstatt war. Bei diesem Hinweis sah er mich an und ich meinte ein belustigtes Zucken seiner Mundwinkel zu sehen.

„Pass auf, wenn du in die Werkstatt willst – das ist Minas Reich und sie ist die unangefochtene Herrscherin über Feuer und Eisen, alles klar?"

Nicht wirklich, aber ich nickte und wiederholte in Gedanken: Mina, Werkstatt. Ich fühlte mich ermutigt, auch einen Vorstoß zu wagen.

„Kann ich dich was fragen?"

Tatsächlich sah mich Ezra an, öffnete das Tor zum Gehege der Hühner und winkte mich rasch durch. „Kommt darauf an, was du wissen willst."

Ja, das dachte ich mir schon. Alle hier waren unglaublich vorsichtig, wenn es um Informationen ging.

„Der Junge mit der Augenklappe..."

Abrupt hielt Ezra in seinem Tun inne und fixierte mich lauernd. „Ja? Kennst du ihn?"

„Nein!" Verwirrt schüttelte ich den Kopf. „Woher auch...", ich war doch gar nicht von hier. Das sprach ich nicht aus, überlegte, dann setzte ich nach: „Er ist mir nur gestern beim Essen aufgefallen, wegen..." Unschicklich oder nicht: „...wegen der Augenklappe eben und ich bin ziemlich sicher, ahm, Seho, hat ihn bei seiner Vorstellungsrunde nicht erwähnt."

„Seho, was?" Zum ersten Mal grinste Ezra und das machte etwas mit seinem Gesicht, das mich überrascht blinzeln ließ. Alles in seinem Gesicht schien diese Nuance zu groß zu sein, die aus normal außergewöhnlich machte. Die großen Augen, der etwas zu breite Mund und wenn er grinste, so wie jetzt, wurde aus seiner sonst so strengen, aufmerksamen Miene, etwas ganz anderes. Außergewöhnlich wurde zu attraktiv. Zähne blitzten, Augen funkelte und ich war noch damit beschäftigt, diese Überraschung zu verdauen, da war es auch schon wieder vorbei. „Ja, also..." Er hantierte geschäftig mit dem Hühnerfutter, wies mich an, den Sack zu halten, und während uns das Federvieh aufgeregt umflatterte, erzählte er weiter. „Sein Name ist Blue, zumindest kennen wir keinen anderen. Sannie hat ihn vor... hat ihn hergebracht. Er ist sehr scheu - Blue. Neue Gesichter, fremde Menschen, das macht ihm Angst, also drängen wir ihn nicht. Sprich ihn am besten nicht an und versuch auch nicht, irgendwie Kontakt zu ihm aufzubauen, okay? Er kommt zu dir, wenn er soweit ist."

„Oh, okay", raunte ich leise und nickte zusätzlich, um zu signalisieren, dass ich verstanden hatte. „Werde ich nicht, versprochen."

Da war es wieder, das breite Grinsen und jetzt strich er sich außerdem die Haare aus dem Gesicht und betrachtete mich ungeniert. Dann klemmte er den Futtersack kurzerhand zwischen meine Armschiene und Brust und nickte mir zu. „Was jetzt? Willst du jetzt lieber die Ladies füttern, bevor sie dir an die Wäsche gehen?"

Was er so lapidar hinwarf, machte mich ein bisschen verlegen, trotzdem versuchte ich, dem so gut es ging nachzukommen. Ich hatte noch nie Hühner gefüttert, unsere beiden Hunde, ja, aber keine Hühner und ehrlich gesagt fand ich die gackernde Meute etwas... beängstigend. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass Ezra mich auslachen würde, wenn ich sowas sagte. Dann durfte ich noch Eier suchen – eine Aufgabe, die mich tatsächlich begeisterte – weil ich überhaupt noch nie Eier aus Nestern gefischt hatte, nur aus Pappkartons. Ich hatte bisher Eier noch nicht mal wirklich mit Hühnern verbunden, nur mit dem Supermarkt, und entsprechend fühlte ich mich gerade wie ein kleines Kind, das lauter neue Wunder entdeckte. Ich lernte Kiki kennen, die Kuh, und obwohl sie sich nicht für mich interessierte, fand ich sie respekteinflößend. Es ging weiter, Ezra erzählte ein wenig, was alles zu tun sei und dass das hauptsächlich Connors und seine Aufgaben wären. Connor trafen wir dann auch noch. Er schichtete hinter dem Viehverschlag Holz auf und bei ihm war Yule. Die nachfolgende Szene sollte bezeichnend sein, für alles, was in nächster Zeit auf mich einprasselte und was ich nur sehr langsam verstand.

Die beiden sahen auf, als wir um die Ecke kamen, und während Yule, kaum dass er mich sah, das Weite suchte, schien sich Connor noch nicht mal im Ansatz für mich zu interessieren. Vielleicht nahm er mich mit einem Seitenblick wahr, der Rest seiner Aufmerksamkeit galt ausschließlich Ezra und ein vages Lächeln huschte über sein Gesicht.

„Hey", leise, auf beiden Seiten, sie sahen sich an, Ezra machte einen Schritt auf ihn zu, dann blieb er plötzlich wieder stehen, nagte an seiner Unterlippe und sah mich an. Irgendwas stimmte nicht mit den beiden, aber zu diesem Zeitpunkt war mein Kopf zu vollgestopft mit all den anderen Dingen und neuen Eindrücken, für eine logische Schlussfolgerung. Und dann kam auch noch Micah über die Wiese gerannt, mit einem lautstark gebrüllten „Papaaa!" und warf sich mit noch lauterem Gequietsche in Ezras Arme.

„Komm her Wildfang", lachte Ezra, wirbelte den Jungen durch die Luft, sodass dieser vor Vergnügen laut kreischte. Am Ende japste und gackerte er ein undeutliches „Essa runter, runter", und Ezra stellte ihn wieder auf die Beine.

Ich war – gelinde gesagt – irritiert, wenn nicht sogar schockiert. Ich meine, schon klar, alternativer Lebensstil und so, aber – ich warf einen vorsichtigen Blick auf Ezra – war er nicht Elizas Bruder?! Und Eliza war...

„Ich weiß, was du denkst", unterbrach Ezra breit grinsend meine stotternden Gedankengänge. „Man kann es dir vom Gesicht ablesen, Jonah."

Oh wow, und er hatte meinen Namen benutzt, zum ersten Mal wie ich glaubte.

„Ich bin nicht sein Vater", erklärte Ezra und schnaubte belustigt. „Das ist Connor!", setzte er nach, zerzauste dem Kleinen die dunklen Locken, gab ihm einen Klaps auf den Hintern und schob ihn in entsprechende Richtung. „Aber der kleine Frechdachs hier, macht da keinen großen Unterschied, hm?"

Lachend hopste der Kleine davon kreischte schon wieder „Papaaa!", während er sich dieses Mal in die Arme seines tatsächlichen Vaters warf. Zögernd nickte ich. „Also sind Connor und deine Schwester...?"

„Nein." Ezra schüttelte den Kopf, schmunzelte und sah dabei weg. Genau wie davor hatte ich den Eindruck, dass ich etwas ganz Offensichtliches nicht mitbekommen hatte. Wie auch immer, nun lernte ich also auch Connor kennen, den jungen Mann mit dem hübschen Puppengesicht, der mir gestern schon aufgefallen war. Und ich erkannte auch, dass die beiden – Connor und Ezra – sich nicht viel schenkten. Es mochte sein, dass der eine irgendwie robuster wirkte, der andere sensibler, aber sonst waren sie wie ein eingeschworenes Team, das sich scheinbar wortlos verstand und Hand in Hand, auf lediglich einen Blick hin, funktionierte.

Später, nachdem es bereits auf die Mittagszeit zuging, wurde ich von den beiden entlassen und Ezra nahm mich mit zurück zum Haus. Und ja, jetzt verstand ich auch, warum ich heute – entgegen Sehos Aussage von gestern, dass ich ja kaum draußen arbeiten konnte – eben doch hinausgeschickt worden war. Zwar hatte ich keine schweren Arbeiten verrichten müssen, aber man hatte mich auf Trab gehalten. Genug, um etwas ganz Entscheidendes nicht mitzukriegen. Am Haus stand, unter einem selbstgezimmerten Unterstand, den ich bisher gar nicht beachtet hatte, ein Wagen.

Ein Wagen! Jemand war gekommen! Vor Aufregung schlug mein Herz plötzlich wie wild. War das jemand, der nach mir suchte? Hatte man mich endlich gefunden? Würde ich endlich hier wegkommen?! Und so schnell wie meine Euphorie emporgeschossen war, fiel sie jetzt wieder in sich zusammen.

Und warum hatte man mich dann vom Haus ferngehalten?

Auch jetzt war es Ezra, der im Sekundenbruchteil reagierte, viel schneller als ich. Er packte mich am unverletzten Arm und dirigierte mich wortlos und mit so hartem Griff in eine andere Richtung, dass ich gar keinen Widerstand gewagt hätte. Ich stolperte außerdem, weil ich mit meiner Krücke einfach ziemlich unbeholfen war, vor allem wenn ich so abrupt herumgerissen wurde. Da er mich aber nicht losließ, sondern eher unbarmherzig weiterzog, platzte mir irgendwann der Kragen.

„Schon gut, ich hab's kapiert, hör auf an mir herumzuzerren!"

Darauf reagierte Ezra nicht und wahrscheinlich wäre es deutlich klüger gewesen, jetzt einfach den Mund zu halten, aber wer reagierte schon klug und überlegt, wenn er wütend war.

„Ich hab' den Wagen gesehen, okay? Du musst deswegen nicht so einen Aufriss machen!"

Wieder zerrte mich Ezra vorwärts und ich verlor beinahe meine Krücke. Scherte ihn nur nicht. „Besser, du hättest ihn nicht gesehen", knurrte er stattdessen.

Nein, auch dieser Hinweis, endlich die Klappe zu halten, ging komplett an mir vorüber.

„Wieso? Habt ihr irgendwas Illegales am Laufen? Als ob mich das interessieren würde! Ehrlich Mann, mir ist egal, ob ihr irgendwelches Zeug vertickt."

Jetzt blieb Ezra stehen und sah mich stirnrunzelnd an. Er wirkte ehrlich verwirrt. „Redest du eigentlich immer so viel Müll?"

Immerhin, ich konnte kurz verschnaufen und so wies ich vage in Richtung des Wagens. „Und wenn sie nur hier sind, weil sie nach mir suchen?" Ich erkannte Dienstwägen aus der Regierung, wenn ich welche sah, sie waren alle gleich: Unauffällig, dunkel... genau wie der vor dem Haus. Mein Vater hatte viele Freunde aus diesen Kreisen und solche Wagen standen oft in unserer Einfahrt, meistens mit Fahrer.

Ich hatte kaum ausgesprochen, da trat ein ganz anderer Ausdruck in Ezras Miene. Mit einem wütenden Funkeln kniff er die Augen zusammen, dann packte er mich am Kragen.

„Du betest besser, dass sie nicht nach dir suchen", zischte er mich an, bevor er mich rigoros weiterschleifte und dann, vielleicht in Ermangelung einer besseren Idee, durch die Tür der Werkstatt beförderte. Das Mädchen, das halb auf dem Tisch kniete und wie besessen an irgendeinem Teil herumwerkelte, das vielleicht zu einem landwirtschaftlichen Gerät gehörte, hob den Kopf ohne herzusehen und blies sich knurrend eine Haarlocke aus dem Gesicht.

„Herrgott, Ezra! Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du-"

Kaum hatte sie sich umgewandt und mich erblickt, verstummte sie auf der Stelle, sprang vom Tisch und starrte mich mit großen Augen an. Woran auch immer sie gearbeitet hatte, machte den Schwung mit und rauschte mit ohrenbetäubendem Getöse zu Boden, aber sie sah nicht mal hin. Nein, sie fixierte immer noch mich. Sie trug derbe Schuhe, die wie Kampfstiefel aussahen, eine Latzhose, die ihr eindeutig zu groß war, und auch das T-Shirt hatte wohl eher mal einem Mann gehört. Aus der hinteren Tasche ihrer Hose hing ein ölverschmiertes Tuch und gerade strich sie sich unruhig die wüsten, kinnlangen Locken aus dem Gesicht, um sie hinter ihr Ohr zu klemmen, und hinterließ dabei auch Ölspuren auf ihrem Gesicht.

Und immer noch starrte sie mich mit riesigen Augen an, als wäre ich ein Alien. Unter anderen Umständen hätte ich jetzt vielleicht irgendwas Dummes gemacht – die Hand zum vulkanischen Gruß gehoben und „ich komme in Frieden" gesagt? – ich sparte mir jeden dummen Witz, vor allem weil Ezra gerade energisch mit den Fingern schnippte und ihre Aufmerksamkeit forderte.

„Ey! Mina!" Erschrocken fuhr ihr Kopf herum und die Haare lösten sich wieder, sodass die hellbraunen Locken wild umhersprangen, wie bei einem aufgekratzten Pudel.

„Hm?"

„Kann ich den Neuen eine Weile bei dir lassen?"

„Bei mir?!" Ihre Stimme kiekste leicht und sie wurde rot bis unter die Haarspitzen. Oh Mann, das arme Mädchen.

„Ja. Wenn er Ärger macht, brat ihm mit dem Schraubenschlüssel eins über, oder so."

Das war vielleicht eher als Scherz gedacht, doch Mina nickte. „Okay."

„Oh, ich... ich mache bestimmt keinen Ärger, versprochen!", mischte ich mich in das Gespräch ein und hoffte, dass mein Lächeln so gewinnend war, wie man es mir immer bescheinigt hatte.

Wohl eher nicht, denn Mina griff jetzt tatsächlich nach einem Schraubenschlüssel – einem sehr großen – und steckte ihn seitlich in eine Tasche ihrer Hose. So bewaffnet, verschränkte sie die Arme und sah wieder zu Ezra, wohl auf weitere Anweisungen hoffend. Der wandte sich jedoch an mich.

„Das will ich hoffen. Am besten du..." er sah sich um und wies dann auf eine Kiste, „setzt dich da hin und verhältst dich einfach ruhig. Ich hole dich zum Essen. Und – leg dich nicht mit Mina an, verstanden? Sie macht kurzen Prozess mit dir."

Beschwichtigend hob ich die Hand und setzte mich stumm auf die Kiste. Minas Wangen brannten schon wieder und ich sah rasch weg. Die Werkstatt, Mina – murmelte es in meinem Kopf - die Herrscherin über Feuer und Eisen. Vielleicht war es wirklich besser, sie nicht zu provozieren.


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