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Ende und Anfang

39-Ende und Anfang

Zeit: Spätherbst 79 / Ort: Capitol Distrikt

Keine Ahnung, wie lange Santiago und ich bei Blue liegenblieben, eine halbe Stunde, eine Stunde? Wir sprachen so gut wie gar nicht in dieser Zeit, lagen nur neben dem verschreckten Bündel und hatten die Hände verschränkt. Auf seine Weise war das gut, wobei mir, je länger ich dort lag und meinen eigenen Gedanken nachhing, klar wurde, dass das, was sich hier in dieser kleinen abgekapselten Blase so gut anfühlte, keinen Bestand haben würde. Ich mochte Santiago, sicher, aber nicht auf die Weise, wie er es sich vielleicht wünschte. Ich sollte mit ihm reden, dachte ich, musste... aber weder brachte ich ein Wort heraus, noch entzog ich ihm meine Hand. Ich fühlte mich wie erstarrt und war froh um diese imaginäre Auszeit.

Von den anderen sah und hörte man nichts. Die beiden Neuen waren immer noch im Gespräch mit Victor und seinen Leuten. Alle, die nicht involviert waren, darunter auch Connor und Eliza, hatten sich irgendwo mit den Kindern verkrochen.

Wir waren hier oben ganz allein und gerade erfasste mich so eine Unruhe, dass ich einfach nicht mehr stillhalten konnte. Mein Blick fiel auf Santiago, der die Augen geschlossen hatte und wirkte, als würde er schlafen und plötzlich war diese Ruhe, diese erzwungene Gelassenheit, die hier jeder an den Tag legte, zu viel für mich. Ich musste mich zusammenreißen, um meine Hand nicht aus seiner zu reißen, tat es so vorsichtig wie möglich, schälte mich dann ebenso behutsam aus dem warmen Nest und als ich saß und mich umdrehte, stellte ich fest, dass Santiago mich ansah.

„Was ist?", murmelte er.

Ich wich seinem Blick aus, wies undeutlich auf die Treppe und schüttelte den Kopf. „Ich muss..." Egal, sollte er doch denken, was er wollte. Ohne eine weitere Erklärung schlüpfte ich aus ihrem Schlaflager, lief zur Treppe und machte mich auf den Weg nach unten. Ich spähte in ein paar Räume, konnte aber niemanden finden und trat schließlich nach draußen. Es war später Nachmittag, der Himmel trüb und die Luft kalt. Fröstelnd schlang ich die Arme um meinen Körper, sehnte mich augenblicklich nach der gemütlichen Wärme, die ich zurückgelassen hatte, schüttelte den Gedanken aber rasch ab. Das war es nicht, was ich vermisste und es war ganz sicher nicht okay, dass ich in Santiago eine Hoffnung schürte, nur um mich selbst besser zu fühlen. Ich wollte... die ganz reale Angst wühlte sich gerade wieder tief in meine Eingeweide, also lief ich los, ohne Plan, ohne überhaupt darüber nachzudenken. Nur bewegen, ich musste mich bewegen, bevor mich diese Angst schlichtweg lähmen würde.

Am Ende stolperte ich durch den Wald, das erste Mal ganz allein und fand mit einigen Mühen sogar den Pfad zu diesem kleinen Weiher. Unserem Weiher, auch wenn es bisher gar kein uns gab. Ich hockte mich auf den Stein, ganz nah ans Wasser und tauchte die Hand hinein. Kalt, natürlich, rasch trocknete ich die Finger an meinem Ärmel, zog dann die Knie an und umschlang sie mit den Armen. Ich musste an all die Kleinigkeiten denken, die ich mit diesem Ort verband. Schöne Dinge, Gespräche, Lachen, diese verdammten kleinen Schnapsfläschchen, ich grinste, und – natürlich, dass wir uns geküsst hatten, genau hier. Ich ihn, oder... das Grinsen fiel abrupt aus meinem Gesicht und meine Kehle wurde eng.

Und wenn er nun nicht zurückkam, wenn all die aufmunternden Worte nur leere Hülsen gewesen waren? Wenn ich ihn schon längst verloren hatte? Dass ich bereits weinte, wurde mir erst bewusst, als meine Tränen heiß auf meine Hände fielen und ich wischte mir hastig über die Wangen. Aber es brachte nichts. Immer mehr Tränen bahnten sich ihren Weg, irgendwann schluchzte ich verhalten und damit war der Bann gebrochen. So hockte ich am Wasser, weinte hemmungslos, schluchzte, weil es egal war, weil hier niemand war, dem ich erklären musste, warum ich den Gedanken, Seho zu verlieren, nicht ertragen konnte, warum es so viel mehr war, als einfach nur ein schlichtes Gefühl. Es spielte keine Rolle, ob ich alle anderen hier mochte, ob sie mich akzeptiert hatten, in ihre Gruppe integriert. Ich wollte nicht hier sein, ohne ihn. Nicht in dieser Gruppe, nicht in dieser Welt.

Die Erkenntnis, an welchem Punkt ich gerade stand, traf mich mit voller Wucht und in einer Verfassung, wo ich ihr schutzlos ausgeliefert war. Wie konnte ich hier sitzen und mit meinen Gefühlen hadern, wenn es so offensichtlich war, dass ich in dieser verdammten Welt keinen Atemzug ohne ihn tun wollte? Und was hätte ich dafür gegeben, ihm genau das jetzt sagen zu können. Ich verbannte die Vorstellung aus meinem Kopf, dass er nicht zurückkommen würde, dass ich am Ende sein Schicksal leben würde, allein in einer Gruppe von Menschen, die ich zwar mochte, aber von denen keiner die gleiche Bedeutung erlangen würde. Stattdessen stellte ich mich einer ganz anderen Realität, ebenfalls bitter, denn es war Zeit loszulassen. Mein altes Leben, meine Familie, Freunde, Gino.

Ich konnte nicht an meine Familie denken, ohne mich erneut schluchzend zusammenzurollen. Aber die Vorstellung, dass ich keinen von ihnen je wieder sehen würde, war surreal. Es war etwas anderes, zu wissen, dass die eigenen Eltern nicht für immer da sein würden, als an diesem Punkt jetzt zu akzeptieren, dass auch sie ein Leben ohne mich weiterführen mussten. Ich würde niemals auf Linyas Hochzeit sein, würde nie meine Nichten und Neffen sehen. Ich würde als gerahmte Fotografie auf dem Kaminsims enden, jemand, an den sie sich irgendwann wehmütig zurückerinnerten, ohne zu ahnen, dass auch ich ein ganzes Leben haben würde. Nur nicht bei ihnen. Ich verabschiedete mich gedanklich von meinen Freunden, von Dice und wünschte ihm, dass er all das verwirklichen sollte, wovon er träumte.

Und ich verabschiedete mich von Gino.

Schon wieder quollen Tränen aus meinen Augen, aber jetzt nahm ich sie dankbar an, während sie heiß über mein Gesicht liefen. Es war okay, sagte ich mir, es war gut so. Ich hatte ihn so sehr geliebt – tat es noch – und musste ihn dennoch gehen lassen. Alles andere würde mir nicht helfen und mich nur unglücklich machen. Ich musste mich von ihm und dem Leben verabschieden, das wir zusammen hatten führen wollen.

Für einen Moment verharrte ich wie versteinert in den Erinnerungen an unsere Zukunftspläne. Wunschdenken, Spinnereien und ganz reale Dinge. Gino wollte kein Haus, er wollte ein Heim und wir hatten Stunden damit zugebracht, diese Vision in Worten und Ideen lebendig zu machen. Es existierten sogar Skizzen in einem Ordner. Und einen Hund wollte er, ungeachtet der Tatsache, dass ich einwarf, dass wir doch beide kaum zuhause wären. Aber nein, Gino hatte viele Pläne und jeder einzelne davon beinhaltete mich. Eine Italienreise, zurück zu seinen Wurzeln, um mir die Heimat seiner Eltern zu zeigen und eine Hochzeit, auch wenn er das nur ein einziges Mal und auch nur wie beiläufig am Rande erwähnt hatte. Er wollte reisen und die Welt sehen und gleichzeitig ein bodenständiges Leben führen. Er wollte all das, was man sonst nur in kitschigen Romanen fand, das Haus, den Hund, den weißen Gartenzaun, die Schaukel auf der Veranda und... Kinder. Er wollte Kinder. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, zu welcher Gelegenheit er das preisgab, aber ich wusste noch, dass er auf meine sicher schockierte Miene hin lauthals lachte, mein Gesicht umfasste und mich küsste.

Doch nicht jetzt, Hase, irgendwann... wenn wir alt sind.

Jetzt gab es kein wir mehr. Ich schluckte den Kloß in meinen Hals hinunter und stellte mir vor, dass er jemanden finden würde. Jemanden, mit dem er glücklich war, mit dem er all das verwirklichen konnte, In meiner Fantasie hatte diese Person kein Gesicht, war nur ein blasser Schemen, der wie ein Schatten durch das Leben glitt, das ich hätte führen müssen, aber in meiner Fantasie war Gino glücklich. Ich konnte ihn lachen hören, dieses warme, raue Lachen, dass ich so geliebt hatte. Und wenn er wieder lachen konnte, dann war es okay.

Ich fragte mich auch, ob er Seho gemocht hätte, aber ja, doch. Ich war mir ziemlich sicher. Auch wenn sie, oberflächlich betrachtet, völlig unterschiedlich waren, gab es natürlich auch Parallelen. Die ruhige Art, die Geduld, womöglich noch ausgeprägter bei Seho als bei Gino, aber beide Male war es wohl genau dieser Wesenszug gewesen, der mich geerdet und dafür gesorgt hatte, dass ich mich angenommen fühlte.

Das Schluchzen war verstummt, die Tränen versiegt. Ich stand auf, bewegte mich am schlammigen Ufer entlang und suchte Steine. Nachdem ich eine ganze Hand voll gesammelt hatte, kehrte ich zu meinem Sitzplatz zurück, hockte mich an die Kante und warf einen nach dem anderen ins Wasser. Geflüsterte Abschiedsgrüße für jeden einzelnen Menschen, den ich zurückgelassen hatte.

Dad, mach dir keine Sorgen, ich gehe meinen Weg.

Mum, hör auf zu weinen. Ich bin okay und es ist alles gut so wie es ist.

Linya, große, kleine Schwester, du warst schon immer stark, es gibt keinen Grund an dir zu zweifeln.

Und so machte ich weiter, rief mir ihre Gesichter ins Gedächtnis, versuchte zu lächeln, flüsterte die Worte vor mich hin und warf die Steinchen in den Teich. Der letzte war größer und ich brachte die Worte nicht über die Lippen.

Gino... Mein Herz klopfte so hart und schnell, dass es schmerzte. Am Ende tauchte ich einen Finger in den Schlamm und malte schlicht ein G auf den Stein, betrachtete es einen Moment, bevor ich den Stein ins Wasser tauchte und den Schlamm wieder abwusch. Ich warf ihn nicht, wie die anderen, ich starrte ihn an, wie er in meiner Hand lag, knapp unter der Wasseroberfläche, dann ließ ich ihn von meinen Fingern gleiten und sah zu, wie er versank. Bebend atmete ich die angehaltene Luft aus und richtete mich wieder auf. Seltsamerweise fühlte ich mich gerade sehr ruhig und gefasst. Für einen Moment blieb ich noch sitzen, starrte auf die unbewegliche Wasseroberfläche, bevor ich mich doch erhob, mich abwandte und mich durch das Dickicht zurück auf den Weg arbeitete. Ich sah mich nicht um, fing jeden wehmütigen Gedanken ein und erstickte ihn im Keim. Ich durfte mich nicht an die Vergangenheit klammern.

Als ich zum Haus zurückkehrte, war dort ein Tumult wie selten. Irgendwo hörte man Blue schon wieder toben und entsprechend war auch Sannie nicht auffindbar. Victor war nicht zu sehen, Bonnie, einer der seltsamen Kerle, auch nicht, dafür lungerte der andere vor dem Haus auf der Bank und beobachtete – scheinbar tiefenentspannt – das aufgeregte Gewusel um ihn herum. Jojo und Micah waren wohl gerade entwischt und Eliza kam schimpfend durch die Tür. Kaum sah sie den Fremden, machte sie aber auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder. Hinten beim Schuppen drückten sich Yule und Sandrin herum und der Einzige, der noch normal denken konnte, war offenbar Connor. Er war es, der jetzt nämlich auf mich zukam.

„Herrgott, Jonah! Wo warst du?", wurde ich in Empfang genommen. „Wir suchen schon die ganze Zeit nach dir!".

„Ich... musste nachdenken", gab ich leise zurück. „Tut mir leid, ich hätte etwas sagen sollen."

Connor wiegelte ab. „Schon gut, vielleicht nur als Hinweis für die Zukunft. Sei nicht so unbedarft, treib dich nicht allein im Wald herum, du kennst dich doch hier noch gar nicht so richtig aus. Ich will nicht, dass wir hinterher auch noch di-" Mittendrin brach er ab und sah mich mit großen Augen an. „Tut mir leid."

Dieses Mal war ich derjenige, der das abwies. Er hatte recht, ich musste vorsichtiger sein, so war ich keine Hilfe. Leise seufzend sah ich mich um. „Was ist hier eigentlich los?"

Connor seufzte ebenfalls, wenn auch deutlich hörbar. „Keine Ahnung, sie drehen alle durch. Sun, Victor und Ezra sind mit dem anderen Kerl irgendwo hinten, bei der Werkstatt. Es wurde irgendein Deal ausgehandelt. Die Kinder sind total überdreht, Eliza verschanzt sich die meiste Zeit und Blue ist komplett am Abdrehen, keiner weiß warum."

„Weil er mich erkannt hat...", kam sehr gelassen und völlig überraschend von rechts. Connor und auch ich blieben stehen und sahen uns verblüfft nach dem anderen Neuen um, der immer noch gemütlich auf der Bank lümmelte und uns jetzt mit einem Auge fixierte.

„Das ist doch der kleine Harper, oder?"

Keiner von uns bewegte sich, die Furchen auf Connors Stirn gruben sich immer tiefer hinein.

„Harper Miller?", hakte der Blonde – ich überlegte fieberhaft, ... Jax! – jetzt nach. Seine Stimme klang total gelangweilt. „Das ist er doch, oder?"

„Du kennst Blue?", hauchte Connor kaum hörbar. Er wurde sichtlich blass und machte einen Schritt auf den Neuen zu.

Der lächelte vage, seine Augenbraue hob sich und er verfolgte jede von Connors Bewegungen ganz genau. Als er noch einen Schritt näher kam, sagte Jax ruhig: „Ganz vorsichtig, Junge..." hob dabei jedoch in gespielter Ergebenheit die Hände. „Du willst dich nicht mit mir anlegen, glaub mir."

„Ich weiß schon, wer du bist", zischte Connor giftig und kam noch einen Schritt näher. „Also sag schon, kennst du Blue?"

„Blue?" Jax sah in die Richtung, aus der das Gezeter kam. „Nein", erklärte er dann kopfschüttelnd. „Ich kenne keinen Blue. Aber ich kannte den kleinen Harper Miller. Wohnten eine Weile in unserer Straße, die Millers. Ganz am Ende, in einer dieser heruntergekommenen Bruchbuden. Nicht legal, schon klar, aber hatten den Stall voller Kinder. Jeder kannte die Millers. Ihre Brut lungerte doch ständig in den Straßen herum und hat gebettelt. Als das Haus abgerissen werden sollte, saßen sie auf der Straße. Ich glaube, sie wurden dann zu den Hütten gebracht, unten am Kanal, du weißt schon, jenseits der Stadtmauer. Kurz darauf ist der kleine Harper verschwunden, ist nie wieder aufgetaucht. Das ganze Viertel hat darüber gesprochen. War ein hübscher Junge, der Kleine, große blaue Augen, wie ein Püppchen. Vielleicht zu hübsch, du weißt schon."

Ich konnte sehen, wie Connor tief ein und bewusst sehr langsam wieder ausatmete, unterdessen beobachtete ihn Jax genau und grinste dann schief. „Na, wie auch immer – was ich sagen wollte: Wenn das Harper ist, dann haltet ihn fern von Bonnie. Besser er sieht ihn nicht."

„Besser er...!" Empört brach Connor mitten im Satz ab. „Was soll das heißen?"

„Bist n'schlaues Kerlchen, oder? Du kommst noch drauf." Jax ruckelte gelangweilt herum und lehnte sich wieder an die Wand. „Haltet ihn einfach fern von ihm."

„Du verdammter-", noch in der Bewegung war Jax auf den Beinen und es ging so schnell, dass die Überraschung überwog und mich nicht mal denken ließ. Mit einer raschen Drehung schob ich mich zwischen die beiden und drängte Connor damit ein Stück zurück.

„Hör auf", zischte ich. „Das bringt doch nichts." Außerdem hatte ich nicht vergessen, was er über diesen Kerl gesagt hatte. Trotzdem regte sich Connor so auf, dass ich ihn rasch am Arm packte und ein Stück zurückzog. „Gehen wir Sannie suchen, okay? Reden wir mit ihm, komm schon." Nur widerwillig ließ sich Connor von mir wegschleifen, während Jax' Blicke uns amüsiert folgten und ich unablässig beschwichtigend auf Connor einredete. Nun, zumindest etwas Gutes hatte dieses Intermezzo, es hatte mich komplett abgelenkt und meinen Fokus wieder auf das Hier und Jetzt gelenkt.


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