Gespräche
Kapitel 6
Gespräche
Als Ginny am nächsten Morgen aufwachte, schlief Harry neben ihr noch tief und fest. Vorsichtig stand sie auf, um ihn nicht zu wecken und blickte erstaunt auf die Uhr. Es war bereits 8 Uhr, normalerweise hätte Teddy sich bereits längst zu Wort gemeldet. Sie zog ihren Morgenmantel über und schlich auf leisen Sohlen ins Kinderzimmer. Es war leer.
Panik durchflutete Ginny, sie stürzte auf das Bettchen zu, die Decke war zurückgeschlagen und Teddy und sein kleiner Stoffwolf waren verschwunden. Ginny rannte zurück ins Schlafzimmer um Harry zu wecken und hätte vor Erleichterung fast laut aufgelacht.
Harry hatte seinen Arm um seinen Patensohn und dessen Stofftier geschlungen und die beiden schliefen selig nebeneinander.
Natürlich, dachte Ginny dann. Harry hatte ihr erzählt, dass Teddy nachts manchmal in sein Bett krabbelte, er hatte darüber gelacht, weil er selbst davon nicht mal richtig wach wurde. Teddy stupste ihn an und Harry hob dann immer schon automatisch seinen Arm mit der Decke an. Es war bereits eine Art Ritual geworden.
Leise ging sie in die Küche und begann Frühstück zu machen, heute hatte sie irgendwie keine Lust in die Große Halle zu gehen und sie vermutete, dass es Harry nach einem Abend im Pub genauso gehen würde.
Kurz darauf vernahm sie Bewegung im Schlafzimmer und Harry mit Teddy auf dem Arm betrat die kleine Küche. Er setzte Teddy ab und sah Ginny einen Moment lang an, bevor beide gleichzeitig sagten: „Es tut mir Leid."
Leicht beschämt sahen sie einander an, es war ihr erster richtiger Streit gewesen und die Situation war neu und ungewohnt.
Sie begannen schweigend zu essen, als Harry plötzlich sagte: „Du bist unzufrieden." Das war keine Frage, dachte Ginny sondern eine klare Feststellung.
„Ich.... Ich bin nicht unzufrieden, nicht wirklich. Ich meine...", sie stockte und wusste offensichtlich nicht weiter.
„Was? Erzähls mir, wir finden schon eine Lösung."
„Es ist so: ich brauche etwas zu tun.", sagte sie kleinlaut. Als Harry nur fragend die Augenbrauen hochzog, fuhr sie fort: „Was ich neulich Nacht gesagt habe, ist mir ernst. Ich liebe Teddy, ich liebe das alles hier, aber... ich bin 18. Streng genommen nicht mal das, da wir fast zwei Monate übersprungen haben. Und ich...", wieder stockte sie, schluckte schwer und starrte auf ihren Teller. „Ich meine, die letzten Jahre habe ich mit Lernen und dem Aufstand zugebracht und jetzt ist alles so ruhig und friedlich! Ich muss mir um nichts mehr Sorgen machen, außer was ich Teddy anziehen möchte! Ich brauche irgendwas noch nebenbei zu tun, Harry, sonst werde ich noch verrückt!"
Harry starrte sie einen sehr langen Moment lang an, dann lächelte er und sagte: „Das war doch klar. Warum hast du nicht schon früher was gesagt?"
„Was?!"
„Naja, es war mir eigentlich klar, dass du noch was anderes machen willst. Du bist nicht der Typ zum nur zu Hause sein, aber als ich dich neulich fragte, sagtest du, dass du es genießen würdest, also habe ich nichts weiter gesagt. Ich dachte, du würdest schon was sagen, wenn es dir zu viel wird."
„Du hast GEWUSST, dass es so kommt?!"
„Klar, nach allem was in den letzten Jahren passiert ist, ist es mir auch sehr schwer gefallen abzuschalten und einfach mal zu entspannen oder sich darauf einzulassen seine Zeit ohne irgendwelche Planungen zu verbringen. Ich bekam dann ja meinen Job dazu und ich wette wenn du es wirklich willst, findet sich in Hogwarts auch etwas für dich zu tun."
Ginny war immer noch völlig aus dem Konzept gebracht. „Oh, OK.", sagte sie nur.
Als Harry dann diesen Abend im Wohnzimmer saß und Aufsätze korrigierte, kam Ginny freudestrahlend von einem Spaziergang zurück.
„Ich habe eben Poppy getroffen", rief sie freudestrahlend, „Ich habe ihr erzählt, dass ich gerne noch etwas nebenbei machen würde, sie hat mir angeboten ihr im Krankenflügel zu helfen! Sie meinte, es könne nie schaden Grundkenntnisse im Heilen zu erlangen, wenn man Kinder im Haus hat und ich kann Teddy ja mitbringen!"
Harry lächelte zurück, dann sagte er: „Siehst du? Möglichkeiten finden sich immer."
Im Gryffindorturm saßen die Rumtreiber unterdessen zusammen und beratschlagten. Mal wieder.
Den gesamten Tag und die gesamte letzte Nacht über hatten sie versucht herauszufinden, was genau mit der Karte nicht stimmte.
Nachdem James bestätigt hatte, Harrison nicht auf der Karte gesehen zu haben, hatten die vier die Karte haargenau abgesucht, konnten aber weder Harrison, noch seine Frau oder deren Sohn ausfindig machen, sie schienen einfach nicht zu existieren.
Ein Irrtum der Karte war sehr unwahrscheinlich, zumal die ganze Familie betroffen war, aber welche andere Möglichkeit könnte es dafür geben?
Als sie am Samstagabend noch immer keine Erklärung gefunden hatten, beschlossen sie die Sache erstmal auf sich beruhen zu lassen, die Karte und die Familie aber scharf im Auge zu behalten.
Schnell stellte sich im Schloss eine gewisse Normalität ein und die Wochen schienen geradezu dahin zu rasen und ehe Schüler und Lehrer sich versahen, näherte sich der November und damit das erste Hogsmeadwochenende des Schuljahres.
Am Donnerstagabend ging Lily Evans in Gedanken versunken Abends übers Schlossgelände und hing ihren eigenen, ungewöhnlich trübsinnigen Gedanken nach.
Als sie ihrer Lieblingsstelle am See erreichte und sich gerade niederlassen wollte, hielt sie überrascht inne und starrte auf die völlig unerwartete Person, die dort bereits saß.
„Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht stören."
Mrs. Harrison sah überrascht auf, als sie Lily bemerkte, dann lächelte sie und sagte: „Aber nein, Sie stören nicht. Setzen Sie sich doch."
Sie sah Lily einen Moment lang an, dann streckte sie ihr die Hand entgegen und sagte: „Hi, ich bin Mia."
Lily starrte sie verdattert an, dann ergriff sie die ihr dargebotene Hand und antwortete: „Ich bin Lily, Lily Evans, M'am."
Mrs. Harrison riss die Augen auf und rief: „Merlin, nenn mich bloß nicht so! Erstens fühl ich mich dann furchtbar alt und zweitens bin ich nicht deine Lehrerin, nur eine andere Bewohnerin des Schlossen. Nenn mich bitte einfach Mia."
Lily lächelte schüchtern, bevor sie sagt: „OK, freut mich sehr, Mia."
Einen Moment lang saßen die beiden schweigend nebeneinander, bevor Mia plötzlich das Wort ergriff: „Du siehst aus, als würde dich irgendwas beschäftigen. Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?"
Lily wollte sofort ablehnen, als etwas sie unvermittelt innehalten ließ.
Warum sollte sie Mia nicht um Rat fragen? Wenn sie eine ihrer Freundinnen fragte, würden die alle im Bezug auf James Potter immer nur das selbe Antworten, nämlich, dass sie großes Glück hatte, dass der coolste Typ der Schule auf sie stand. Vielleicht konnte jemand unvoreingenommenes ihr besser helfen. Sie überlegte sich genau, was sie sagen sollte, bevor sie antwortete.
„Also, da gibt es diesen Jungen, er... ähm, fragt mich schon seit Jahren, ob ich nicht mal mit ihm ausgehen möchte und ich sage jedes mal nein. So war es irgendwie schon immer, aber...", sie sah Mia unsicher an, bevor sie tief Luft holte, „Naja, dieses Mal hat er nicht gefragt. Ich weiß, eigentlich sollte ich mich freuen, denn das war es was ich ihm immer erzählt habe, aber jetzt..."
Mia sah sie einen Moment lang schweigend an.
„Ich war zehn", sagte sie leise, „Zehn Jahre alt, als ich mich in meinen Mann verliebte."
Lilys Augen weiteten sich ungläubig, sie hatte gedacht, dass Harrison viel älter sein musste, als seine Frau und die Vorstellung, dass diese sich schon so jung in einen so viel älteren Mann verliebt hatte, ließ Lily sich unwohl fühlen.
Mia schien den Ausdruck in ihren Augen richtig zu deuten, denn sie lächelte traurig und fuhr fort: „Man sieht es uns wahrscheinlich nicht an, aber mein Mann ist nur ein Jahr älter als ich."
Diesmal schnappte Lily hörbar nach Luft. DAS hatte sie eindeutig nicht erwartet. Mia fuhr unterdessen unbeirrt fort.
„Wie gesagt, ich war zehn und er war elf. Ich hab ihn unglaublich vergöttert. Er wurde dann ganz schnell der beste Freund eines meiner Brüder und verbrachte einen Teil der Ferien bei uns. Ich war so nervös in seiner Nähe, dass ich nie auch nur einen Ton heraus brachte und alles fallen ließ, was ich gerade in der Hand hielt."
Lily konnte sich das kaum vorstellen, als sie sich die nun recht selbstbewusste Frau genauer ansah.
„Nun ja," fuhr Mia fort, „Er hat mich damals kaum beachtete. Er war natürlich immer nett und hilfsbereit, denn immerhin war ich die kleine Schwester seines besten Freundes. Als ich dann auch zur Schule kam, wurde es immer schlimmer. Schließlich hat er mir am Ende meines ersten Jahres auch noch das Leben gerettet. Dann, in meinem vierten Jahr riet mir eine gute Freundin, ich solle versuchen in seiner Gegenwart mehr ich selbst zu sein. Ich sollte mehr reden, mit anderen ausgehen. Das tat ich auch und anderthalb Jahre später hat er mich vor all unseren Mitschülern geküsst."
Lily wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte, sie war überrascht von dieser Geschichte und darüber, dass die Frau ihres Lehrers ihr so etwas privates anvertraute.
„Wieso?", fragte sie leise, „Was hat sich geändert?"
„Er hat einmal gesagt, ihm sein erst aufgefallen, was meine Anwesenheit und meine Schwärmereien für ihn bedeuteten, als ich plötzlich nicht mehr selbstverständlich war." Plötzlich begann sie zu lachen: „Nachdem ihm das dann aufgefallen war, hat es noch schier ewig dafür gebraucht etwas zu unternehmen, weil er nicht sicher war, wie mein Bruder reagieren würde, aber das Problem hast du ja nicht, oder?", fragte sie schelmisch.
Auch Lily entlockte sie damit ein kleines Lächeln. „Nein, das Problem hab ich nicht."
„Vielleicht ist es bei dir ja ähnlich", fuhr Mia fort, „Vielleicht bemerkst du auch erst, was er dir wirklich bedeutet, wenn er nicht mehr selbstverständlich ist."
Lily war viel zu sehr in ihren eigenen Gedanken versunken, um zu bemerken, wie Mia frohen Mutes aufstand und sich entfernte. Sie hatte sie mit sehr viel Stoff zum Nachdenken zurückgelassen.
Lily lag fast die ganze Nacht wach, unschlüssig was sie nun tun sollte.
Ginny lief ihrerseits mit einem beschwingten Gefühl zurück in ihr Quartier.
„Was macht dich denn so froh?", fragte Harry sie, als sie ihn liebevoll küsste und bat ins Bett zu kommen.
„Ich versuche gerade deine Eltern zu verkuppeln."
„Was?!", rief er überrascht.
„Ja, und ich denke, ich hab vielleicht was erreicht."
Als Familie Harrison sich am nächsten morgen auf dem Weg zur Großen Halle befand, hörten sie einige Mädchen aufgeregt tuscheln.
„Unglaublich! Lily Evan hat James Potter ehrlich gefragt, ob er mit ihr nach Hogsmead geht?! Lily Evans?! Die hat doch immer so getan, als könne sie Potter nicht ausstehen!"
„Ich weiß", antwortete ihre Freundin gequält, „Aber es ist wahr. Ich hab es selbst gehört. Sie hat ihn im Gemeinschaftsraum gefragt, als fast alle Schüler da waren!"
Ein drittes Mädchen meldete sich jetzt kichernd zu Wort: „Potter ist fast ohnmächtig geworden! Man konnte seine eilige Antwort kaum verstehen!"
Harry wandte sich zu der breit grinsenden Ginny um.
„Du bist unglaublich, weißt du das?"
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