A C H T
Bevor ich hier nur rum sitze und heule weil ich ne Mörderin bin, suche ich wenigstens den, den ich am ehesten noch vom Tod retten kann. Ich warf mir Greezlys Holzfällerjacke um und stürmte aus dem Wohnwagen. Ich setzte meine Wolfsgeschwindigkeit ein und sprintete zu seinem Krämer. Wenn ich ihn finden sollte, dann wohl eher dort.
Ein bekannter Geruch stieg mir in die Nase. Blut. Viel Blut. Im gleichbleibenden Tempo versuchte ich die Stelle nicht zu beachten. Immer noch fragte ich mich wo die Leiche ist. Jemand musste wissen was geschah, ein Toter kann sich nicht einfach in Luft auflösen.
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"Die Augen nach vorne mein Schatz", sagte sie als wir gemeinsam rannten. Ich lachte vor Freude. "Yuna, sieh nach vorne!" Die Geschwindigkeit eines Wolfes, war nahe zu berauschend. "Aber was ist mit hinten?", fragte ich sie als wir zum stehen kamen. "Die Vergangenheit kann man nicht ändern, meine Kleine.", erklärte mir Mum. Die letzte und schönste Erinnerung mit meiner Mutter, als sie mir das erste mal zeigte wie man in Wolfsgeschwindigkeit rennt.
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"Nach vorne.", sprach ich zu mir selbst und nahm weiter Kurs zu Greezly's Hütte. "Verdammt! Nach vorne!!", schrie ich aus mir raus. Meine Beine bewegten sich von mal zu mal immer zügiger und ich fühlte mich so schnell wie nie. Als hätten Mama's Worte mich vorangetrieben.
Ich kam vor einem geschlossenen Laden zum stehen. Das Schild war auf Closed gedreht und die Vorhänge geschlossen. "Scheiße, Greezly!", rief ich durch den Wald. Ich entdeckte die hohe Mauer die zum Innenhof führte und spürte meine Beine wie sie sich von alleine nach vorne bewegen.
Meine Hände gruben sich in die Mulden der Ziegel ein und hieften mich voller Energie nach oben. Wobei ich mich fragte, wo diese Energie plötzlich her kam. Diese Nacht war schließlich nicht gerade die leichteste. Ich hielt mich oben fest und blickte in den Innenhof. Tod. Leer. Keine Kaffeetasse am Tischlein. Der Aschenbecher leer.
Ich sprang von der Mauer hinab und landete geschickt, auf allen Vieren im Hof. Die Türen waren alle verschlossen. "Hallo!! Ist da jemand?!" Ich drehte mich zwei mal im Kreis und musste enttäuscht feststellen, dass er hier nicht sein konnte.
Ich bewegte mich wieder zurück zur Mauer und machte mich bereit hinauf zu klettern. Da entdeckte ich ein kleines Detail das mir entgangen war. Am Stuhl bei dem Kaffeetisch unter der Eiche, lag ein schwarzes Buch und ein Kohlestift darauf. Ich schnappte mir das Buch und den Stift und stieg wieder über die Ziegelmauer.
Plötzlich hatte ich da wieder dieses Bild vor mir. Damon mit diesem Buch und dem Kohlestift unterm Arm. Gänsehaut breitete sich aus. Diese Person mit dem langen, schwarzen Mantel. Die Kapuze verdeckten seine seidenen Haare.
"Yuna, was habe ich zu dir gesagt? Du sollst nach vorne schauen."
Ich steckte den Kohlestift in die Jackentasche und rannte weiter mit dem Skizzenbuch unter meinem Arm. Ich habe ihn getötet. Jemanden der einen funken Wärme in mich erweckte. Was ist nur geworden aus dem allen. Damon wurde plötzlich so...
"Hör auf zurück zu schauen!!!", schrie mich meine Mutter an.
Ich zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. Ich drückte meine Beine so kräftig wie nur möglich vom Boden weg und rannte zu meiner Option zwei.
Die Köterbar.
Ich weiß zwar das Greezly niemals in so eine Streuner-Hütte gehen würde, dennoch bezog ich es mit ein. Immerhin ist war es einer der Zentren hier im Oakville. Vielleicht ist er entführt worden, warum sollte er sonst so plötzlich verschwunden sein.
Die Vögel sangen deren Lieder. Der Wind wehte seine runden. Die Fragen tummelten umher. Ich weiß nicht mehr.
Wasser plätscherte. Die Quelle. Meine Wasserstelle. Ich zog schnellen Schrittes vorbei und ließ die frische Briese in meine Nase strömen. Da viel mir seine Analog-Kamera wieder ein. Unser erstes Gespräch. Als ich ihn fragte wie er es schaffen könnte die Bilder auszudrucken. Seine Souveräne Art.
"Du siehst nicht aus als würdest du hier verweilen.", traute ich mich schließlich zu sagen. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er mich an. Ich erschauerte. Plötzlich bereute ich es, diese Frage gestellt zu haben. "Du auch nicht.", gab er nach einer Weile zurück.
Ich konnte mich noch haargenau an die Situation und das Gespräch erinnern.
Ich bekam es nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte es nicht wahr haben.
Ich bin der Weltmeister im Verdrängen. Heute nicht.
Keiner konnte das ändern. Weder ich noch meine Mama.
Ich habe meine Mutter sehr früh verloren. Meine wenigen Erinnerungen an sie, sind eher verschwommen, aber dennoch sehr stark. Man fand nie heraus was mit ihr passierte, wo sie hin verschwand und ob sie überhaupt noch lebte. Mit fünf Jahren kam ich zu meiner Tante und lebte dort meine Kindheit. Sie fehlte mir schon immer. Ich war nicht sie bravste Nichte für meine Tante. Ich ging immer in die Schule und meine Noten waren auch okay, aber ich war nie Zuhause. Oder konnte man es überhaupt Zuhause nennen. Meine Heimat war der Wald, die Wölfe in der Stadt. Mein Wolfsdasein war und ist schon immer das wichtigste für mich gewesen. Ein Teil der meine Mutter und mich für immer verbinden würde.
Meine Füße blieben stehen. Meine Lunge atmete einmal tief aus und meine hyperaktiven Augen scannten alles um mich ab. Es sah etwas ausgestorben aus, schließlich ging es erst auf Mittag zu und die Köter kamen erst Abends. Von außen war nichts ungewöhnliches. Das einzige das mir auffiel war, dass die Bar Tagsüber viel ruinierter als Nachts aussah. Schindel fehlten, die Mauer hatte Risse. Die Eingangstür war völlig zerkratzt von den Wolfsklauen.
Ich riss hektisch die Türe auf und spähte in den Raum hinein. Die Aufmerksamkeit der Alkoholiker, die schon gegen Mittag tranken, war auf mich gerichtet. Die meisten kannte ich eigentlich, außer einen neuen ziemlich jungen Typen. Dieser stellte sein Bier wieder auf den Thresen ab und stand mit aufgerissenen Augen auf. "Was gibt's zu glotzen?", fragte ich den Neuen misstrauisch.
"Ich hab mich schon gefragt, wann ich dich hier antreffen werde, Morgan.", lachte der Mann gefällig. "Sollte ich dich kennen?", meinte ich und zog die linke Augenbraue hoch. "Nein, aber ich dich. Yuna Magdalena Morgan, mächtigste Alpha Portlands, hat eine Tat begonnen worüber nicht mal der Mondkönig spricht."
Auf diesen Moment hätte ich verzichten können. Aber irgendwann musste ja jemand kommen, der über mich bescheid wusste.
"Ich wüsste nicht was dich das angehen sollte.", gab ich emotionslos von mir. "Du bist eine Legende. Jeder kennt dich als 'Die eiskalte Mörderin" aus Portland. Deine Beta's werden von den Medien überrannt. Diese armen Hunde."
Die anderen Köter sahen mich alle an, als wäre ich Frischfleisch. "Du hast ja keine Ahnung, Köter.", gab ich knurrend von mir. "Deine Beta's wurden anschließend alle inhaftiert, ist das nicht unfair.", sprach er weiter.
"Lass mich raten... Du kommst vom CirclePack. Wo sonst sollte es solch Großmäuler geben.", konfrontierte ich ihn.
"Das einzig Weiberlose Rudel sind wir hier. Eine Männerschaft!
Eine Schande dass eine Frau das stärkste Rudel in Portland geführt hatte."
"Ich hatte nicht umsonst das stärkste und verbundenste Rudel.", gab ich ihm zu denken.
Anschließend ging ich mit großen Schritten auf das Großmaul zu und packte ihn am Kragen, bis er zu keuchen begann. "Pass auf was du sagst, sonst bist du hier Beute.", knurrte ich böse. In seine Augen sah ich mich. Meine dunkle Seite die wieder mal aus dem Eck kroch.
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