Clean (#Dizzi)
Ich schwitzte nervös, als der Kollege auf meine Frage hin stutzte. "Alex?", wiederholte er nachdenklich, bevor ihm ein Licht aufzugehen schien. "Meinen Sie etwa Herrn Itzen? Der müsste grade da sein, einen Moment bitte!"
Während der ältere, wohlproportionierte Mann von seinem Stuhl hinter dem Empfang aufstand und mit gemütlichen Schritten in einen Raum dahinter verschwand, kam ich mir, umgeben von den mir noch immer bekannt vorkommenden vier Wänden, wieder wie ein Verbrecher vor. Mein Blick huschte nervös hin und her, meine Finger waren nass und mit den Schuhspitzen zog ich unbewusst die Muster auf dem Teppichvorleger nach. Was tat ich eigentlich hier...? Gute Frage, inzwischen wusste ich es selbst nicht mehr so genau. Hergekommen war ich mit dem Vorsatz, Alex wiederzusehen, ihm etwas zu geben und dann-, tja, in meinen Gedanken war da auch schon Schluss gewesen. Vielleicht hatte ich ja wegrennen wollen. Aber das ergab keinen Sinn! Ich musste ihm noch irgendetwas sagen, mich erklären. Doch so oder so, er würde mich für komplett bescheuert halten!
Während ich noch Zeit alleine hatte, zermarterte ich mir mein Hirn, was ich ihm nun also gleich erzählen wollte. Dabei begann mein Herz zu rasen wie bei einem Marathon und ich kam zu keiner befriedigenden Lösung. In dem Moment allerdings, als ich einfach umkehren und das Polizeirevier verlassen wollte, kam der Dicke wieder und meinte, dass mein Gesprächspartner sofort da wäre. Etwas misstrauisch beäugte er meine Hände, die ich schon die ganze Zeit hinter meinem Rücken versteckt hielt, aber er zuckte nur mit den Schultern und verschwand wieder. Kaum eine Sekunde später tauchte der nächste Polizist im Türrahmen auf und ich zuckte innerlich zusammen, als ich ihn wiedererkannte. Alex hatte sich kaum verändert in der Zeit, er sah noch genauso aus wie in der Gasse damals: unbekümmert, gelassen, cool und viel, viel zu jung für sein Alter... Ohje, ich musste dringend ruhig bleiben!
Er brauchte schon bedeutend länger, um sich an mich zu erinnern. Seine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten, während er mich röntge, von meinen Schuhen bis hinauf zu meinen Haarspitzen. Naja, die zwei Jahre waren eine echt lange Zeit für mich gewesen, um mein Leben komplett zu überdenken...!
"Oh, du", meinte er schließlich nur ausdruckslos, als es ihm dämmerte, wen er da vor sich stehen hatte. Seine Arme, mittlerweile muskelbepackt und leicht braun gebrannt unter seinem kurzärmligen, hellblauen Hemd, verschränkten sich vor seiner Brust und sein Blick wurde abweisend. "Was willst du von mir, hm?"
"H-hi... Ich, uh..., ich wollte mich für damals entschuldigen. Und... ich hab mich gebessert! Wegen dir. Bin seit eineinhalb Jahren total clean, hab einen Job und... und so weiter..." Warum begann ich nur so furchtbar zu stottern, sobald ich aufgeregt war? Sogar mein Gegenüber hob bloß skeptisch eine Augenbraue. Glauben konnte man mir meine Aussagen zwar sicherlich auch von meinem Äußeren und daher, dass ich nicht mehr nach Zigarettenqualm stank, aber er ahnte bestimmt auch schon, dass es noch einen anderen Grund für mein Erscheinen gab. Wieso sollte man sonst einem Polizisten, von dem man vor Ewigkeiten in den Knast geworfen worden war, ein Update über sein neues Leben geben? Richtig, das tat man normalerweise nicht, aber Alex war mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen! Wie ein Ohrwurm hatte sich der Gedanke an ihn in meinem Kopf eingenistet und war alle paar Stunden wiedergekehrt. Was er wohl gerade tat? Ob er auf Streife unterwegs war? Verbrecher jagte? Andauernd dieselben Fragen und ich war sie nicht los geworden.
Aber DAS konnte ich ihm so sicher nicht sagen. Also... holte ich langsam und schüchtern die rote Rose hinter meinem Rücken hervor, deren Stiel sich schon ganz warm und feucht von meinen Händen anfühlte, drehte sie zwischen meinen Fingern und wartete, wobei mein Gesicht zusätzlich immer röter anlief. Alex starrte auf die Blume. "Was genau soll das werden?", wollte er von mir wissen und brachte mich noch mehr in Verlegenheit. "N-naja, i-ich wollte d-dir damit Dankeschön s-sagen und... und ich... weißt du... ich kann das nicht in Worte fassen grade. Verdammt, ich-, ach man...", verzweifelt rang ich um Fassung, aber der Kloß in meinem Hals schwoll immer weiter an, je verständnisloser der Blick des Polizisten von der Rose zu mir und wieder zurück wanderte. Mit weichen Knien schüttelte ich meinen Kopf, drehte mich um und ging nach draußen. Niemand folgte mir, wieso auch? Ich hatte mich absolut lächerlich gemacht! Und eine nächste Chance dafür, mich mit Alex auszusprechen oder ihn sogar näher kennenzulernen, war jetzt auch in unerreichbare Ferne gerückt.
Ein wenig von der Polizeiwache entfernt ließ ich mich auf den hohen Bordstein sinken, die Schultern hochgezogen, den Kopf gesenkt haltend. In meinen Händen hielt ich noch immer die Rose, von der ich mir einbildete, dass ihr kleines Blütenköpfchen genauso geknickt war, wie ich mich fühlte. Womit hatten wir das nur verdient...? Ich-, ich hatte doch alles getan, was ich konnte! Das Rauchen aufgegeben, obwohl ich geglaubt hätte, dadurch wahnsinnig zu werden, mir einen vernünftigen Job gesucht, auch wenn es oft zum Haare ausreißen gewesen war, und meinen Lebensstil komplett auf den Kopf gestellt. Und wofür? Für nichts... Alex sah in mir scheinbar immer noch den selben Kriminellen wie noch vor zwei Jahren. Frustriert seufzte ich, hob meinen Arm und wollte die schöne, rote Blume auf das Straßenpflaster werfen, doch dazu kam es nicht. Der Stiel glitt durch meine Finger und ich starrte verdutzt auf meine leere, ausgestreckte Hand, dann zu dem Punkt, wohin ich gezielt hatte, schließlich über meine Schulter und sah jemanden hinter mir stehen. Gegen das Tageslicht konnte ich nur seine dunkle Silhouette ausmachen, aber als er neben mir Platz nahm, erkannte ich etwas erschrocken, dass es Alex war, der mir flink die Rose abgenommen hatte und sie jetzt ausgiebig von allen Seiten betrachtete.
Hastig wischte ich mir über meine Augen und mied jeden Blickkontakt zu dem jungen Mann. Wenn ich jetzt zuerst den Mund aufmachte, konnte es nur schief gehen!
"Ein wenig zu sehr symbolisch für ein bloßes Dankeschön", schätzte der Polizist schließlich, man konnte deutlich das Schmunzeln aus seiner Stimme hören. Ich nickte geschlagen: "Jaah, gut möglich..."
"Magst du darüber reden?"
"Über was?"
Er überlegte eine Weile. "Alles. Oder etwas davon. Warum war es überhaupt erst dazu gekommen? Wieso jetzt der Drang, dein Leben komplett umzukrempeln? War das wirklich nur dieser eine Abend im Kittchen gewesen, der dich gebessert hat?"
"N-nein, dass-", ich biss mir auf die Unterlippe, "d-dass warst... du. Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf seitdem... Und ich dachte, ich könnte deine Meinung über mich ändern, wenn ich wieder auf den richtigen Weg gelange. Aber..."
"Aber?"
"Ich habe es wieder vermasselt! Ich kann einfach nichts richtig machen! Wahrscheinlich werd ich für immer ein Loser bleiben...!"
Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter und beruhigende Laute kamen von meiner linken Seite. "Hey, sei nicht so streng mit dir selbst. Du hast dich gebessert!", versuchte er mich aufzumuntern. Beinahe hätte es auch geklappt und ich hob bereits hoffnungsvoll meinen Kopf, als er mir plötzlich die Rose zurück in die klamme Hand legte. Meine Augen weiteten sich und ich starrte Alex flehend an, der aber verneinte: "Du wirst jemanden finden, vor dem du keine Angst zu haben brauchst, dass er dich für einen Loser hält!"
Ich riss mich zusammen, obwohl etwas in mir schrie und wütete. Das war doch er... Warum konnte es nicht Alex sein? Doch es ließ sich nicht ändern. Wenn es nicht sein Wille war, konnte ich ihn schlecht dazu überreden oder zwingen. Deshalb nickte ich einfach nur mehrmals heftig, bis ich glaubte, meine ganze Welt über Kopf geschüttelt zu haben, ehe ich aufstand, tief durchatmete und dann meinen Heimweg antrat.
Alex' brennenden Blick glaubte ich dabei noch Ewigkeiten in meinem Nacken zu spüren.
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Naja naja, ist okay denke ich :)
Ich überleg zurzeit an einer neuen längeren Idee, bisher ist #ZomGer geplant und eine Mischung aus dem Manga "Orange" und noch ein wenig anderem Zeug :'D Wer Orange nicht kennt, sollte es dringend lesen oder anschauen! Es ist eine mega geniale Geschichte!
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