Unwanted (#Stexpert)
Unruhig trippelte ich im Hausflur herum und spähte immer wieder nervös zum abgeschlossenen Wohnzimmer. Hinter der Tür konnte ich Tims leise Stimme und immer wieder mal Gelächter hören.
Ich konnte sie nicht leiden! Sie war einfach abends zu uns gekommen, hatte sich als alte Schulfreundin vorgestellt und war Tim sofort um den Hals gefallen. Seit einer Stunde saßen sie jetzt schon zusammen und redeten und lachten. Mich hatten sie nett gesagt weggeschickt, ich sollte doch bitte nochmal in die Stadt loszotteln und den Einkauf für uns beide erledigen oder eine Runde mit meinem Longboard drehen. Aber das konnten sie vergessen! Ich war stocksauer, eifersüchtig und gleichzeitig angsterfüllt. Die junge Frau war durchaus nicht hässlich gewesen. Was wenn mein Freund sich in sie verliebte? Oder noch schlimmer, bereits lange Zeit hinter meinem Rücken mit ihr schrieb und mich jetzt betrügen würde? Er hatte sie so angelächelt, als er sie gesehen hatte, so selig und erleichtert. Es hatte mir echt wehgetan.
Ich konnte nicht mehr anders, als zum Türrahmen zu schleichen und zu lauschen, während ich mir trotzig über die Augen wischte, die bereits zu brennen begannen. Erst recht, als ich Tim wieder lachen hörte, verhalten und unsicher. "Ich weiß nicht... soll ich wirklich?", fragte er mit leicht zitternder Stimme und bekam einen zustimmenden Laut von seiner Gesprächspartnerin zu hören. Tiefe Atemzüge, die Sitzpolster der Couch ächzten auf, als sich jemand von ihnen erhob, dann folgten ein paar Sekunden der Stille.
Das nächste war ein lauter, begeisterter Aufschrei: "Oh mein Gott, Tim! Das ist ja wunderschön!"
Ihre Freude stach mir tief in mein Herz. Hastig presste ich mein Auge gegen das Schlüsselloch und sah Tim vor ihr knien, eine kleine geöffnete Schmuckschatulle in seinen Händen. Er sah... glücklich aus... So unglaublich... glücklich! Ich stolperte rückwärts, stieß gegen die Wand hinter mir, schrie stumm meinen Schmerz hinaus, als ich die Worte "Willst du mich heiraten?", hörte, von ihm, von dem ich mir diese vier Worte immer so sehr erhofft hatte, seit einem Jahr, einem ganzen langen Jahr. Und jetzt fragte er sie! Warum? Warum tat er mir das an?!
"Wie kann da jemand nein sagen!", jubelte sie in diesem Moment und begrub meine letzte Hoffnung. So schnell wie möglich riss ich mein Longboard an mich, schlüpfte in meine Schule und stürmte aus dem Haus. Egal wohin, nur weg von hier! Ich glaube, sie hatten mich nicht einmal gehört. Und selbst wenn, jetzt wusste ich ja wie wenig ich Tim wirklich bedeutete. Durch meine Tränen konnte ich kaum die nachtschwarze Straße erkennen. Alles war bloß ein Farbengemisch vor meinen Augen, mehrmals erwische ich einen Bürgersteig in einem schlechten Winkel oder kratzte mir die Arme an Hecken oder tief hängenden Ästen der angrenzenden Gärten auf, aber ich blieb auf meinem Board, so wackelig und unelegant es auch aussah. Ich konnte nicht mehr, keine Minute länger konnte ich die Tatsache aushalten, dass ich so einfach ersetzt worden war.
Urplötzlich war ich an eine Straße gelangt, die steil abwärts führte. Zum Bremsen war es zu spät. Ich beschleunigte, mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wenn ich das überstehen sollte, dann-
Die Rollen verfingen sich, ich stolperte nach vorne, höllische Schmerzen an meinen Ellbogen, Knien, an meinem Kopf, ich überschlug mich mehrmals, bis ich an einer Kreuzung zum Halten kam, unfähig um von allein wieder aufzustehen. In der Ferne hörte ich bereits ein Auto näherkommen. Nein, so wollte ich nicht enden. Nicht so, nicht überfahren mitten in Karlsruhe! Aber ich kam nicht von Fleck und der Fahrer wurde nicht langsamer, nicht einmal als ich seine Lichter nur wenige Meter entfernt aufleuchten sah. Es tat noch einmal ganz kurz weh, dann war alles vorbei...
"Willst du mich heiraten?", fragte ich voller Leidenschaft und sah Anna beide Daumen hochheben. "Wie kann da jemand nein sagen!", wollte sie aufmunternd lächelnd wissen und meine Nervosität verschwand dank ihrer Bestätigung endlich vollständig.
Wenn ihr dieser Antrag gefiel, dann würde er Stegi bestimmt auch gefallen. Seit so langer Zeit versteckte ich die Ringe bereits vor ihm und traute mich einfach nicht, ihn zu fragen. Also hatte ich Anna eingeladen, damit ich mit ihr proben konnte. Sie hatte sich schließlich bereit erklärt und war hierher gekommen. Hoffentlich konnte mein Freund mir verzeihen, dass ich ihn so rüde mehr oder weniger aus der Wohnung geworfen hatte. Aber wenn ich ihm gleich den Antrag machen würde, nachdem er aus der Stadt zurück war, sollte ich das wieder gut machen können.
Nur leider kam er nicht zurück. Nicht nachdem ich meine Schulfreundin mit einer letzten Umarmung verabschiedet hatte, nicht nachdem ich sein Handy mit Nachrichten zugespamt hatte, dass er heimkommen konnte, auch nicht am nächsten Morgen oder dem darauf oder überhaupt an einem anderen Tag. Ich wusste da dann natürlich schon warum. Er war tot. Er hatte einen Unfall beim Longboarden gehabt, war scheinbar in voller Fahrt vor ein Auto geraten. Man hatte ihn aber erst viel zu spät gefunden und nichts mehr für ihn tun können.
Ein mieses Gefühl sagte mir, dass er nie einkaufen gegangen war, sondern Anna und mich gehört hatte. Er hatte mich vermutlich gehasst, bevor er von uns gegangen war. Vielleicht konnte er mir verzeihen, wenn er vom Himmel aus die Wahrheit sehen konnte.
Es tut mir leid, dass du denken musstest, ich würde dich betrügen. Das habe ich nie gewollt. Ich wünschte, ich wäre von Anfang an mutig genug gewesen, um es dir zu sagen. Auf bald, wenn wir uns wiedersehen. Ich vermisse dich Stegi!
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Schnüff... ich kann zurzeit nur traurige OS schreiben, gomenasai...
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