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Habe ich das gerade wirklich gefragt? Hitze steigt in meine Wangen und ich öffne meinen Mund, um meine Worte zurückzunehmen, aber Hyunjin kommt mir zuvor.
„Ich gehöre ganz dir", haucht er und mein Herz setzt kurz aus.
Die Ernsthaftigkeit, die in seiner Stimme mitschwingt, raubt mir den Atem. Vorsichtig richte ich mich auf, sodass ich fast auf Augenhöhe mit Hyunjin bin. Sein sanfter Blick nimmt mich vollkommen ein und ich lächle, als er mein Gesicht in seine Hände nimmt und mit den Daumen leichte Kreise über meine Haut zieht.
Ohne Worte fühle ich mich mit ihm verbunden und beuge mich schließlich zu ihm vor, wobei ich meine Augen schließe. Wie ein Windhauch streifen meine Lippen über Hyunjins und die zarte Berührung lässt mein Inneres erzittern.
Etwas mutiger recke ich mich noch höher zu ihm, wodurch ich seine vollen Lippen deutlicher spüre. Automatisch schließen sich meine Augen und ich lasse meine Finger an Hyunjins Taille wandern. Dieser Kuss ist der gefühlvollste, den ich je erlebt habe.
Hyunjin erwidert den Kuss so sanft, dass mein Herz vor lauter Gefühlen schmilzt. Eine kleine Ewigkeit bewegen wir unsere Lippen langsam aufeinander und als wir uns voneinander lösen, vermisse ich seine weichen Lippen sofort. Ich schlucke schwer und öffne dann meine Augen.
Hyunjins leichtes Lächeln empfängt mich und ich erwidere es ebenso glücklich. Mein Gehirn ist von meinen Gefühlen überschwemmt worden, weshalb es mir schwerfällt, einen klaren Gedanken zu fassen. „Das war schön", flüstere ich verträumt und merke dabei, dass mein Blick wieder auf Hyunjins einladend aussehende Lippen fällt.
„Süß", kommentiert er und als ich aufschaue, erwische ich gerade noch sein verschmitztes Grinsen. „Idiot!"
Schmollend stoße ich Hyunjin mit meinem Ellenbogen in die Seite, woraufhin er scharf einatmet. „Das sollte ein Kompliment sein. Oder magst du Pick-Up-Lines lieber? Du bist so süß, dass ich bei deinem Anblick Diabetes bekomme", witzelt er und ich schnaube belustigt.
Eine Weile albern wir weiter so herum, bis Hyunjins Handy auf einmal klingelt. Er geht ran und ich höre ihn nur zustimmend brummen, bevor er nach kurzer Zeit wieder auflegt und sich mir zuwendet. „Sorry, Lix, aber ich muss leider los. Mittwochs ist immer Therapie", erklärt er auf meinen fragenden Blick hin und ich nicke verständnisvoll.
„Danke, dass Ahri und du mir so viele Fragen beantwortet habt", erwidere ich noch hastig, ehe Hyunjin mich noch einmal kurz küsst und dann aus meinem Zimmer verschwindet.
Die nächsten beiden Tage schaffen wir es nicht, uns zu treffen, dafür schreiben wir uns in jeder freien Sekunde. Nachdem ich Jeongin von den neuesten Ereignissen berichtet habe, lässt er keine Gelegenheit aus, mich zu necken, wenn ich mit Hyunjin schreibe.
„Na, wie geht es deinem Liebsten?", begrüßt er mich am Samstagmorgen und ich verdrehe lächelnd die Augen. Wir haben uns zu zweit verabredet, um für die Zwischenprüfungen zu lernen, die in drei Wochen stattfinden. „Du bist nervig, Innie", beschwere ich mich, doch kann nicht anders, als bei seinem übertriebenen Schmollmund zu lachen.
Ich schließe die Tür hinter meinem Freund und setze mich mit ihm in die Küche, wo noch die Reste meines Frühstücks stehen. Chan ist heute mit Changbin und Seungmin unterwegs, weshalb wir in Ruhe lernen können.
„Wenn ich nur an diese Prüfungen denke, will ich am liebsten auswandern", grummelt Jeongin und innerlich stimme ich ihm zu.
Doch ich versuche trotzdem, es positiv anzugehen und sage: „Es ist gar nicht so schwer. Außerdem haben wir unsere Notizen und zur Not gibt es noch das Internet. Wir schaffen das!" Dafür ernte ich einen schrägen Seitenblick von ihm, aber tatsächlich beginnt er ohne zu meckern mit dem Erstellen von Karteikarten.
In der Medizin gibt es leider unfassbar viele Fachbegriffe, die wir wie Vokabeln lernen müssen. Seufzend schlage ich eines meiner aus der Uni-Bibliothek ausgeliehenen Fachbücher auf und schreibe mir die wichtigsten Sachen raus. Eine Weile ist es still in der Küche, abgesehen vom gelegentlichen Rascheln der Blätter und dem Kratzen der Stifte auf dem Papier.
Da meine Sorgen wegen Hyunjin weg sind, fällt es mir auch leicht, mich aufs Lernen zu konzentrieren. Ich bin froh, dass es ihm wieder besser geht und noch glücklicher bin ich natürlich, weil er mich auch mag. Momentan könnte mein Leben nicht besser sein.
Leise vor mich hinsummend schreibe ich eine Zusammenfassung zur Osmose, die in vielen Bereichen des Körpers eine wichtige Rolle spielt.
Als ich jedoch aufblicke, um Jeongin etwas zu fragen, sehe ich, dass er seinen Kopf aufgestützt hat und mit ausdruckslosem Gesicht ins Leere schaut. Vorsichtig tippe ich ihn an, wodurch er mich anschaut.
„Ist alles in Ordnung? Du siehst so niedergeschlagen aus", frage ich und betrachte ihn aufmerksam. Jetzt, wo ich ihn genauer ansehe, fällt mir auf, dass Jeongin total erschöpft und bedrückt aussieht. Er hat deutlich sichtbare Augenringe und, wenn ich mich nicht täusche, sind seine Augen auch leicht geschwollen, als hätte er geweint.
„Es geht schon", antwortet Jeongin und schenkt mir ein müdes Lächeln. Doch anstatt weiterzulernen, stehe ich auf, ziehe ihn vom Stuhl hoch und bugsiere ihn mit sanfter Gewalt ins Wohnzimmer aufs Sofa. „Erzähl", fordere ich ihn auf und er zögert sichtlich, ehe er sich umständlich räuspert.
„Ich bin zurzeit einfach nicht wirklich zufrieden", sagt er dann und ich neige nachdenklich meinen Kopf. „Weißt du, woran das liegen könnte?" „Mmh."
„Wenn du es mir sagst, könnte ich dir vielleicht helfen", biete ich an, da ich das Gefühl habe, dass es ihm schwerfällt, über den Grund zu sprechen. „Meine Eltern haben ein Problem mit meiner Homosexualität", beginnt er schließlich und ich spüre sofort Mitgefühl in mir aufsteigen.
„Sie wollen eine Schwiegertochter und Enkelkinder haben, aber ich habe ihnen diesen Wunsch zunichte gemacht, als ich mich geoutet habe." Vorsichtig lege ich einen Arm um Jeongin und höre stumm seiner Geschichte zu.
„Eigentlich hatte ich gar nicht vor, mich zu outen, zumindest nicht bis ich ausgezogen war, aber dann hatte ich einen Freund und ich wollte ihn nicht geheimhalten. Wie du dir denken kannst, reagierten sie nicht gut darauf und das letzte Jahr, in dem ich bei meinen Eltern wohnen musste, war schrecklich."
Er schaut zu mir auf und lächelt traurig, wodurch ich mich ebenfalls furchtbar fühle. Eltern können so grausam sein.
Für einige Minuten sitzen wir still da und ich gebe Jeongin Zeit, um sich wieder zu fangen. „Sie waren am Dienstag bei mir und wollten mich zu einem Blind Date schleppen." Ein verächtliches Schnauben entkommt ihm, was ich hundertprozentig nachvollziehen kann.
Es ist immer wieder traurig, dass manche denken, sie könnten die Sexualität einer Person einfach ändern, nur weil es ihnen nicht passt. Als wäre diese etwas, was man sich aussucht.
Tröstend umarme ich Jeongin und versuche, ihn damit aufzumuntern. Dabei schweifen meine Gedanken zu meiner Familie. Glücklicherweise haben meine Eltern, Geschwister und Freunde sehr positiv auf mein Outing als bisexuell reagiert. Dadurch musste ich nie erfahren, wie sich Ablehnung und Hass gegenüber einem anfühlen. Allerdings ist Australien auch generell offener und nicht so konventionell eingestellt wie Südkorea.
„Lass uns weitermachen", sagt Jeongin auf einmal und löst sich von mir. Prüfend schaue ich ihn an, doch es scheint ihm tatsächlich besser zu gehen. Erleichtert nicke ich und gemeinsam setzen wir uns in die Küche und nehmen unsere jeweilige Arbeit wieder auf.
Bis zum späten Nachmittag lernen wir konzentriert und legen nur wenige Pausen zum Essen oder Quatschen ein. Mit dem Versprechen, sich bei mir zu melden, wenn ihm danach sein sollte, verabschiedet sich Jeongin schließlich.
Nachdem ich die Spuren unserer Lernsession beseitigt habe, schmeiße ich mich erschöpft auf mein Bett und nehme mein Handy zur Hand. Genau in dem Moment klingelt es und Hyunjins Name leuchtet auf dem Bildschirm auf.
„Hey", begrüße ich ihn überrascht. „Hallo, Lix. Jeongin hat mir gerade geschrieben, dass ihr fertig mit Lernen seid und ich wollte mich nur kurz erkundigen, wie es lief."
Lächelnd lausche ich seinen Worten und freue mich, dass er offensichtlich gerne mit mir sprechen möchte. Sonst hätte er ja auch Jeongin fragen können, wie unser Tag war.
Mit dem Gedanken an Jeongins kurzen Zusammenbruch, den ich jedoch ohne seine Erlaubnis nicht weitererzählen werde, antworte ich: „Es war ganz gut. Wir haben auf jeden Fall viel geschafft, sodass wir morgen frei haben."
Kurz herrscht Stille am anderen Ende, bis Hyunjin fragt: „Hast du dann Lust auf ein Date morgen?"
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Ab jetzt update ich natürlich auch wieder wie gewohnt Mittwochs und Samstags :)
Bitte seid mir nicht böse, wenn die Kapitel spät an den jeweiligen Tagen kommen (ihr könnt dann dem ✨sUpErNeTtEn✨ Menschen danken, der meinen Stundenplan erstellt hat und sich dachte, mir gefällt es bestimmt an drei Tagen einmal bis zur 8. einmal bis zur 9. und dann bis zur 10. Stunde Unterricht zu haben 🙃)
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