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You see my heart, Sam Finley

»Was bin ich denn für ein Mädchen?«

»Na ja ... Tochter des Staranwalts, Cocktailpartys und Prestige, Sekt und Kaviar, freier Zugang zu Daddys Kreditkarte ... so was eben.« Er trank einen Schluck, vielleicht tat er das, um seine Einschätzung weniger abwertend klingen zu lassen. Das funktionierte allerdings nicht.

Ich nickte betroffen, konnte ihm aber leider nicht widersprechen. Das Bild, das sich seine Fantasie von mir gemacht hatte, war beängstigend präzise.

»Der Verlust von all dem ...«, gab ich geistesabwesend zu, woraufhin Sam anerkennend die Augenbrauen hob. »Der hat mich dazu gebracht, hierherzukommen.«

Sam brummte leise, als wollte mir damit zeigen, dass er zuhörte. Aber so richtig hatte ich gar nichts mehr zu sagen, außer vielleicht: »Du hältst mich wirklich für eine Prinzessin, hab ich recht?«

Er nickte, atmete dann aber einmal durch und legte halb lächelnd seinen Kopf schief, wahrscheinlich, um mir zu zeigen, dass ihm seine Meinung über mich leidtat. »Wieso hast du all das verloren?«

»Warum willst du das wissen?«

Er nahm noch einen Schluck Bier und grinste mich frech an. Dann schluckte er gemächlich runter, überlegte genau und gab mir die logischste aller Antworten. »Weil ich neugierig bin.« Natürlich. Aber wieso?

So wie er mich ansah, wurde ich das Gefühl nicht los, dass er sowieso nicht lockerlassen würde. »Ich war verlobt ...«, begann ich also leise und merkte, wie Sams Grinsen langsam erstarb, »... mit dem Sohn eines Freundes meines Vaters ... ziemlich arrangiert, ziemlich beschissen.«

»Wow ... diese Ausdrucksweise, Miss Fraser, reißen Sie sich zusammen«, mahnte Sam mich mit spielerisch strenger Stimme. Ich musste lächeln, wurde aber schnell wieder ernst dank der Erinnerung an Paul. Meine Kehle wurde eng, und ich versuchte, zu schlucken, weil ich diese Enge kannte. Weil sie gefährlich war. Weil ich dank ihr meistens weinen musste. »Was ist passiert?«

»Er hat mich betrogen«, eröffnete ich wie automatisch meine Geschichte. Keine Ahnung, wieso es dieser Moment war, der sich dafür richtig anfühlte. Vielleicht weil es die letzte Stunde im alten war Jahr, und vielleicht, weil ich genau jetzt die letzte Chance hatte, meine Altlasten loszuwerden. Die. Letzte. Chance. Dieses Gespräch, diese Nacht, die Arbeit hier, die Reise, alles ... Auch Sam. Vielleicht war er meine letzte Chance, noch mal einen echten Freund zu finden.

Sam sah mich nur an, wartete, weil er anscheinend wusste, dass ich noch nicht fertig war.

»Nicht nur einmal. Er hat's oft getan. Immer wieder und ... und er hatte sogar eine richtige Affäre.«

»Ach ... Joanie ... das ist ... echt scheiße.«

Ich nickte. Er wirkte ehrlich betroffen, sah mich mit seinen großen, braunen Augen an, als wäre ich der traurigste und bemitleidenswerteste Mensch auf Erden. Das wollte ich aber nicht für ihn sein. »Ja ... nein ... eigentlich war ich nur dumm«, tat ich das alles schnell ab. »Mein Vater wollte diese Ehe und seiner auch. Und wir beide haben eben ...«, ich zog die Schulter hoch, »... mitgespielt. Wir haben genommen, was wir für den Deal gekriegt haben. Eine geniale Eigentumswohnung in Wien und ... und unsere Freiheit.«

»Ihr habt euch kaufen lassen?«

Darauf nickte ich nur. Er verstand schnell, aber er schien mich gar nicht zu verurteilen. Eigentlich hätte ich jetzt mit Abneigung gerechnet. Was Paul und ich getan hatten, war einfach mehr als abstoßend. Es war uns nur ums Geld gegangen, ein ganz klarer Beweis dafür, wie ähnlich ich meinen Eltern war. Und ich hasste mich dafür. Doch Sam sah mich einfach nur fragend an, als wollte er noch mehr der Geschichte aus mir herausholen. Also machte ich weiter. Einfach so. Jetzt war es sowieso schon egal. Und ich hatte noch gut zwanzig Minuten Zeit, um das letzte Jahr mit der Wahrheit zu füllen, die ich danach für immer vergraben würde.

»Ja, so könnte man es nennen. Aber das war von Anfang an nur eine Lüge. Wir waren nie ein richtiges Paar, es war alles ... alles nur gespielt.« Ich schluckte, atmete einmal durch und zwang die Tränen zurück, die sich brennend unter meinen Augen sammelten. »Wir haben das einfach durchgezogen und ausgemacht, das Spiel so lange weiterzuspielen, bis ... bis einer von uns ...« Ich geriet ins Stocken, weil sich meine Kehle immer weiter zuschnürte.

»... bis einer von euch jemanden findet«, beendete Sam meinen Satz und ich nickte seufzend. Es schmerzte mehr, als es sollte. Viel mehr. Ich war verlassen worden, auch wenn meine Beziehung nur eine riesengroße, bescheuerte Show gewesen war. Und das tat weh. Der Schmerz war echt. Die Gefühle waren echt. Viel zu echt, nur sah das irgendwie nie jemand. Alle meine Freunde hatten es gewusst. Niemand hatte uns ernst genommen, und so war es auch mit meinem Schmerz gewesen. Dann suchst du dir eben einen anderen. Dein Dad findet sicher schnell Ersatz. Nur wollte ich keinen Ersatz für Paul ...

»Hast du mit ihm geschlafen?«

Irritiert über seine Frage starrte ich Sam an. Tatsächlich war diese Reaktion erschreckend neu. Wieso sagte er nicht etwas wie: Okay, aber wenn es sowieso nicht echt war, dann ist es doch egal. Das hatte ich erwartet. Das war ich gewohnt. Keine so derart konkreten Fragen.

Ich nickte betröppelt, konnte aber nichts dazu sagen. Jetzt musste er mich für eine Schlampe halten. Ganz sicher.

»Du hattest ihn gern, nicht?« Immer noch konnte ich ihn nur ansehen. Wieso sah er nicht aus, als würde er mich verurteilen? Wieso funkelten seine Augen so ehrlich betroffen? Er überforderte mich mit seiner Frage, ich konnte nicht einmal nicken. Gar nichts. »Ihr habt das nur gespielt, aber ... du mochtest. Ihn. Wahrscheinlich sogar sehr.«

Ich schniefte auf einmal. Oh Gott. Anstatt ihm zu antworten, brach ein Schniefen aus mir heraus. Ich schnappte nach Luft, bekam aber keine, und erstickte dann fast an dem Salzgeschmack in meiner Kehle. Sie kamen ohne Verzögerung aus mir heraus, die Tränen, und liefen über meine Wangen. Ich presste die Augen zusammen und versuchte verzweifelt, den Schwall zu stoppen. Mit beiden Händen wischte ich mir über mein brennendes Gesicht. Jetzt weinte und schluchzte ich auch noch vor Sam. Und dabei war ich doch darüber weg gewesen. Ich hatte Paul doch schon fast vergessen. Alles war gut. Ich war hier, weit weg. »Sam, ich ... ich will nicht ... über ihn reden. Bitte ...«

»Ja, ahm ... klar«, sagte Sam und klang auf einmal richtig hibbelig. Mein Schluchzen verschluckte seine Entschuldigung, ich konnte einfach nicht mehr aufhören. Ein leichter Druck auf meinem Knie ließ mich die Augen aufreißen. Sams Hand lag da. Auf mir. Verwirrt schluckte ich, aber er nahm sie nicht weg. Er blickte mich einfach nur an, als wollte er mir sagen, dass ich gerne weiterreden durfte, wenn ich es wollte.

Und anscheinend wollte ich.

Irrational. Seltsam. Einfach nur vollkommen hoffnungslos. Noch zehn Minuten. Zehn kleine Minuten im alten Jahr.

»Ich ... ich hatte ihn gern«, gab ich das erste Mal zu. Das erste Mal. Nicht einmal vor Laurie hatte ich das offen ausgesprochen, und das musste etwas heißen. »Ich hatte mich so sehr daran gewöhnt. Wir ... wir waren so lange zusammen, Sam. So lange!« Meine Stimme wurde schrill, ich erkannte sie kaum wieder. »Und dann hat er ... er hat mich einfach verlassen.« Immer noch strömten Tränen aus mir heraus. Sam kam mir näher, ich konnte ihn bereits spüren, so nah war er mir.

»Hey ...« Seine linke Hand legte sich an meine Schulter und die rechte fasste mir in den Rücken. Ich erstickte fast an der Luft, die ich vor Schreck einatmete. Ehe ich mich versah, zog Sam mich an sich, schloss seine Arme um mich und hatte mich fest umschlossen, noch bevor ich überhaupt daran denken konnte, wegzurennen.

Wärme umhüllte mich, umschloss mein Herz, kitzelte mich von innen. Das fühlte sich gut an. Nähe. Wärme. Geborgenheit. Ich schmiegte mich an Sam ran. Nähe. Eine Berührung. Eine Umarmung. Oh mein Gott.

»Ich hab doch Gefühle ...«, schluchzte ich an Sams T-Shirt und verlor auf einmal all meine Hemmungen, »... und du hast ja recht ... ich hatte ... immer alles.« Sams Hand strich über meinen Rücken. Ich erwischte mich dabei, wie meine Atmung, sich seiner anpasste, wie meine Stimme sich dem Takt seiner Bewegung fügte. »Ich darf mich nicht beschweren. Aber ich ... ich bin doch auch ein Mensch. Ich habe auch ein Herz, aber das ignorieren immer alle. Niemand sieht das! Niemand sieht, dass ich ...« Wieder brach ich in Schluchzen aus. Viel zu heftig diesmal. Niemand sieht, dass ich traurig bin. Niemand. Es konnte niemand so richtig sehen, wie heftig mich die Trennung von Paul zerstört hatte.

Die nicht existente Liebe meiner Eltern war gar nicht so richtig das Problem. Kaputtgemacht hatte mich erst der Verlust der einzigen Sache, von der ich gedacht hatte, sie halbwegs im Griff zu haben. Nämlich meine gefakte Verlobung. Wie traurig war das ...

»Hey«, murmelte Sam leise, drückte mich sanft von sich weg und sah mir genau in die Augen. Ich schniefte, wischte mir mit dem Handrücken über die Nase und konnte nur hoffen, dass das alles hier ein ganz, ganz mieser Traum war. Noch fünf Minuten. Wieso fiel mir diese Wanduhr erst jetzt auf? »Ich sehe es«, flüsterte Sam.

Mir stockte der Atem, als er die Hand hob und mit dem Rücken seines Zeigefingers über meine Wangenknochen streifte, um mir die Tränen wegzuwischen.

Er war mir auf einmal so nah, so greifbar. Ich blickte in seine tiefen Augen, sah nichts als pure Ehrlichkeit, pure Zuneigung. Er sah es. Er sah mein Herz und ich hatte auf einmal das Gefühl, er war der erste Mensch, der jemals auch in mein Herz gesehen hatte.

Woher kam das?

Wieso ... er? Warum gerade er?

Wie gefesselt starrte ich ihn an, die Zeit stand bei fünf Minuten still, meine Atmung auch, und gedankenlos, völlig fern jeglicher Logik beugte ich mich auf einmal vor.

Meine Lippen berührten die von Sam, erst zögerlich, dann fest – sehnsüchtig und flehend. Ich schmeckte das Salz meiner Tränen, den süßlich herben Geschmack seines Bieres.

Dann durchzuckte mich drückender Schmerz, als Sam mich von sich wegdrückte. »Nein ...«, sagte er und hinterließ eine heftige Leere in mir, als er sich auf Abstand bewegte, »... tu das nicht.« Ich war kurz davor zu sterben vor Scham. Und weil ich immer noch halb am Ersticken war. »Erzähl mir nicht von deinem Ex-Verlobten und deinem gebrochenen Herz und küss mich dann.«

»Aber ... aber Sam ...«

»Nein, ich ... Nein. Ich bin kein Lückenbüßer, Joanie. Das hab ich nicht verdient.« Damit stand er einfach auf, ließ mich auf der Couch allein und verschwand ohne weiteres Wort in sein Schlafzimmer. Ich blickte ihm nach, starrte noch eine gefühlte Ewigkeit lang in den Gang und ärgerte mich über meine eigene Dummheit.

Noch zwei Minuten.

Was hatte ich mir dabei gedacht, ihn zu küssen? War ich jetzt von allen guten und miesen Geistern verlassen? Wieso hatte ich ihm das alles auf einmal erzählt? Er hatte nur gefragt, wieso ich alles verloren hatte. Wieso ich nicht mehr Daddys kleine Prinzessin war. Wieso ich statt auf Cocktailpartys jetzt in Geräteschuppen zu Jukeboxmusik tanzte. Wieso statt Sekt und Kaviar jetzt Bier und selbstgebackene Pizza zu meinem Lieblingsessen gehörten.

Und das lag alles nicht an Paul.

Es lag daran, dass mir durch Paul auf einmal klar geworden war, dass ich auf eine Zukunft zugesteuert war, die ich gar nicht haben wollte. Er war es gewesen, der mich am Leben gehalten hatte. Ohne ihn, ohne die Abende auf der Couch, die gemütlichen Stunden in unserer riesigen Whirlpoolbadewanne, den Partys über den Dächern Wiens ... ohne all diese Dinge - ohne ihn - war ich an einem solchen Leben überhaupt nicht mehr interessiert. Und generell war ich das wahrscheinlich auch nie gewesen. Es war mir nur aufgezwungen worden, und es hatte mich eingeengt. Aber ich hatte mich gefügt, das beste daraus gemacht. Zusammen mit Paul. Aber das war alles nur Fake gewesen, nichts davon war echt. Ich wollte keine Anwältin sein, die über den Dächern Wiens ihre neue Frisur präsentierte und in zu kurzen Cocktailkleidern aufgesetzte Partys feierte.

Ich wollte schreiben.

Ich wollte in zu großen Hosen und alten Hemden auf dem Sofa sitzen und den Sonnenaufgang sehen, während ich in meinen Laptop tippte und Kaffee trank.

Ich hatte in den letzten Wochen hier in Kanada schon mehr schreiben können als in den vier Jahren meines Studiums zusammen. Ich hatte jetzt eine richtige Idee, einen richtigen Roman, der schon eine richtige Form annahm. Und das machte mich stolz. Nichts hatte mich jemals stolzer gemacht. Das Schreiben und die Arbeit hier, auf der Ranch, für Sam und mit Sam. Das machte mir Spaß. Es machte mir erschreckend viel Spaß.

Sam.

Sam.

Es war noch nicht Mitternacht, aber er war schon gegangen. Er war einfach weggegangen, weil ich ihn verletzt hatte. Wieso hatte ich ihn küssen müssen? Wie blöd konnte man überhaupt sein? Er war nur neugierig gewesen, oder interessiert. Einfach nur interessiert. Und ich hatte ihm von Paul erzählt und ihn dann geküsst, anstatt einfach die Quintessenz zu erzählen: Dass ich mein Studium geschmissen und mein Vater mich deshalb enterbt hatte ...

Eine halbe Minute.

Zehn Sekunden.

Fünf Sekunden.

Happy New Year.

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