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Imperfection

Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich Sam heute nicht mehr bei der Arbeit geholfen hatte. Nach seinem Streit mit Brian hatte ich ihn aber auch nicht mehr gesehen, vielleicht hatte er sich irgendwohin zurückgezogen. Keine Ahnung, wo Brian war. Auch er war verschwunden. Meinen Magen interessierte es aber reichlich wenig, wo die beiden waren. Er grummelte schon seit zwei Stunden vor sich hin, unbeeindruckt davon, dass sich beim Gedanken daran, das Haus zu betreten, all meine Nackenhaare kräuselten.

Eigentlich hatte ich gehofft, Sam wäre immer noch weg. Ich hätte mir irgendetwas zu essen genommen, vielleicht eine Dose heiß gemacht, und dann wäre ich wieder in mein Bett gekrochen.

Aber Sam stand in der Küche. Das sollte wenig überraschen sein, er wohnte immerhin hier, nur leider zuckte ich trotzdem zusammen.

Mir fiel das Messer in seiner Hand auf. Das scharfe, wirklich große Messer. Und sein konzentrierter Blick dazu. Was hatte er getan? Blut an seinen Händen? Welches Blut? Wessen Blut? Ist es schon getrocknet? Mir schwirrte der Kopf.

Ich hatte noch nicht einmal Laurie anrufen können, um ihr von der ganzen Sache zu erzählen. Im Grunde wusste ich gar nicht, warum, aber vielleicht lag es einfach daran, dass ich ihre Meinung über Sam nicht unbedingt hören wollte. Was, wenn sie mir riet, zu verschwinden? Wobei ... nein. Das würde sie niemals tun. Ich kannte meine beste Freundin und ich wusste, was sie sagen würde. Verurteile ihn nicht gleich. Lass es dir erklären. Du kennst ihn doch gar nicht richtig. Immer urteilst du viel zu schnell über Menschen.

Sam blickte auf und ich erstarrte für einen Moment. Unschlüssig musterte ich ihn, während er ebenso irritiert zu mir zurückschaute. Immer noch lag dieser Glanz in seinen Augen, immer noch tat er mir so furchtbar leid. Was auch immer passiert sein mochte, es hatte nichts mit Bosheit zu tun. Da lag nichts Böses in diesen Augen, gar nichts. Und ich erkannte so etwas, tat ich wirklich.

»Ähm ...«, ich musste mich räuspern, »... wo ist Brian?«

Irgendetwas schimmerte in Sams Gesicht auf, aber ich konnte nicht richtig erfassen, was es war. Enttäuschung vielleicht? Es sah so aus.

»Er macht irgendwas an seinem Auto.«

Das hieß, er war nicht im Haus?

Komm schon, Jo! Mach dich nicht lächerlich! Jetzt lebte ich schon über eine Woche mit Sam zusammen und nie war er in irgendeiner Weise bösartig oder gewalttätig gewesen. So liebevoll und gewissenhaft, wie er mit seinen Tieren umging, konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass er irgendwie ...

»Willst du mir helfen?«

Ich schluckte. Erst jetzt kapierte ich, dass ich immer noch wie festgeschraubt im Eingang herumstand. Zögerlich trat ich einen Schritt vor. Ich würde ihm helfen. Natürlich. Doch weil Sam dann auf einmal sein Messer aus der Hand legte, zuckte ich unfreiwillig zusammen. Mein Herz stolperte, nahm einen ungesunden Rhythmus an. Und es konnte sich nicht entscheiden, ob aus Nervosität oder wegen Sams verletzten Blickes.

Kurz schien die Zeit zu gefrieren, zwischen uns breitete sich ein komisches Ziehen aus. Vielleicht war es auch ein Stechen. Schwer zu beschreiben, ich fühlte mich nur einfach unwohl. Weil meine irrationale Sorge Sam verletzte, und weil er jetzt schaute, als hätte ihm jemand einen Dolch in den Rücken gerammt.

»Sam, ich ... ich ... Es ...«, stammelte ich völlig neben der Spur. Lieber entschied ich mich zum Schweigen, das war besser, weniger gefährlich. Auf keinen Fall wollte ich Sam verletzen, das war eine Gratwanderung, die mir gar nicht gefiel. Normalerweise bewegte ich mich nicht auf derart rohen Eiern, ich war das nicht gewohnt, ich konnte das nicht. Menschen, die wegen meiner Worte verletzt wurden – so etwas kannte ich nicht. Niemanden sonst interessierte es, was ich sagte. Nur Laurie, aber bei ihr setzte mein Verstand nicht jedes Mal aus, wenn sie mich ansah.

»Ich ... ich bin kein schlechter Mensch, Joanie.« Er sagte das und klang dabei fast traurig. Beinahe verletzt oder bestürzt. Wer hatte ihm gesagt, er sei ein schlechter Mensch? Er musste das von jemandem gehört haben, anders konnte ich mir diesen Blick gerade nicht erklären. Tiefe Kerben in seinen schönen dunklen Augen. Traurige Kerben, wie seelische Narben. »Ich ... ich habe nur ... das war nicht ... Was Brian gemeint hat, war ...«

Ich trat einen Schritt auf ihn zu, auf einmal war mein Herzschlag wieder normal. Er presste beide Lippen aufeinander, schien sich so vom Reden abhalten zu wollen, als müsste er sich zwingen, sich nicht mehr zu rechtfertigen.

»Du willst es mir nicht erzählen, oder?« Er schluckte und ich kam noch näher. »Du willst nicht, dass ich weiß, was passiert ist.« Darauf schüttelte er den Kopf. »Warum nicht?« Vertraute er mir nicht? Vermutlich, wie auch? Er kannte mich ja kaum. Auf einmal fand ich meine Frage vollkommen lächerlich. Ich vertraute ihm ja auch nicht ...

»Weil ich ... dich ... Ich meine, du bist hier bei mir und ich ... ich will nicht, dass ...« Verwirrt starrte ich ihn an, sah ihm nur in die Augen, wartete und merkte, dass er nach neuen Worten suchte, bevor er weitersprach. Es war erschreckend. Ich musste keine Angst vor Sam haben, das erkannte ich gerade – Was immer er getan hatte, er war es, der am aller meisten darunter litt. »Und ich habe wegen ... wegen dieser Sache einfach alles verloren, was ich ... und alle Menschen, die ich ... Sie sind alle ... alle weg.«

»Weil du sie alle vertrieben hast«, durchbrach Brians Stimme den stechenden Schmerz in meiner Brust. Er musste durch die Hintertür ins Bad gekommen sein. Sams Schultern versteiften sich schon, während ich noch damit beschäftigt war, mir zu überlegen, wie ein Mann mit Brians Statur es schaffen konnte, derart leise einen Raum zu betreten.

»Das stimmt nicht. Ich habe nicht ...«

»Was ist mit Jared?« Sam blickte auf. »Er war auf deiner Seite, oder? Er wollte dir helfen. Er hat dir geglaubt.« Dass Sam auf diese Frage hin den Blick senkte, gefiel mir nicht. »Er hat dir geglaubt, aber du hast ihn trotzdem weggestoßen. Genau wie mich und alle anderen, die dir einfach nur helfen wollten.«

Sam schnaubte.

»Jared ist der Letzte, der mir glaubt.« Sam malte Anführungszeichen in die Luft, die wie kleine aggressive Krallen aussahen. Ich schluckte leise, jedes Geräusch könnte gefährlich werden. »Er ist sogar derjenige, der alle anderen dazu bringt, mir nicht zu glauben.«

»Das hat er mir anders erzählt.«

»Wie genau?«, hakte Sam zischend nach.

»Er hat mir erzählt, dass er dir geglaubt hat, dass du aber ...«

Sam unterbrach seinen Bruder mit erhobener Hand, eine leise Geste, die so deutlich »Ich kann das nicht mehr hören« schrie, dass mir fast die Ohren klirrten. Brian schien es ähnlich zu gehen, fast glaubte ich, etwas wie Bedauern oder Schreck in seinem Gesicht zu sehen.

»Jared ...«, murmelte Sam kopfschüttelnd und sah seinem Bruder dann wieder in die Augen. »Jared hat mich bei der Verhandlung letzte Woche nicht einmal angesehen, Mann. Er ist an mir vorbeigegangen, als wäre ich Luft. Als wäre ich ... einfach nichts. Er war nicht auf meiner Seite. Er wollte mir auch nicht helfen. Keine Ahnung, wie du darauf kommst, ihm so einen Schwachsinn glauben zu können. Er ist ein Arschloch, er hat einfach allen ...« Irritiert über seinen Redeschwall senkte er den Blick. Dann schluckte er einmal, bevor er Brian wieder ansah. »Er hat jedenfalls kein Wort mit mir gesprochen.«

Ich wollte nachhaken, aber mir war klar, dass ich mich mal wieder in einer dieser Situationen befand, wo die Menschen vergaßen, dass ich überhaupt da war.

»Weil er verloren hat, Sammy.« Sam biss sich auf die Lippe, als müsste er sich zum Schweigen zwingen. »Er hat dich verloren und Mika.« Darauf zuckte Sam zusammen und ich wollte einfach nicht darüber nachdenken müssen, wer Mika war. »Und Lucia auch.« Sams Schultern strafften sich merklich, seine Augen blitzten vor Zorn.

»Lass sie da raus ...«

»Sie ist völlig am Ende«, sagte Brian leise, aber bestimmt, als wollte er Sam zum Zuhören zwingen »Du hast wenigstens die Verhandlungen gewonnen.«

Es war offensichtlich, dass Sam sich sträubte, Brian anzusehen, also wollte er ihm in stummer Eindringlichkeit mitteilen, dass das Gespräch hiermit beendet war. Und Brian verstand.

»Ich schlafe im Haupthaus.« Sam nickte nur stumm. Ihm war wohl gerade völlig egal, wo Brian schlief. »Vorher sehe ich noch mal nach Sky. Sammy, wenn du mich ... Wenn du reden willst, ruf mich an.« Keine Antwort von Sam, was ich gut verstehen konnte. Reden? Mit Brian, der seit er hier war, nichts anderes tat, als ihn zu quälen? »Okay, dann ... bis morgen.«

Beim Umdrehen warf er mir noch einen kurzen Blick zu. Schwer zu interpretieren, was er bedeutete, aber es kam mir vor als hieße er: Pass bitte auf ihn auf. Und in dem Moment, in dem die Haustür ins Schloss fiel, konnte ich spüren, wie ein Riesenfels Anspannung einfach so von Sam abbröckelte.

»Was kochen wir?«, fragte ich und schenkte Sam ein vorsichtiges Lächeln. »Soll ich irgendetwas schneiden oder so?«

Sam nickte etwas verpeilt, sah sich um und hielt mir dann zwei Zwiebeln vor die Nase. »Kannst du die in Würfel schneiden?«

»Wird gemacht, Chef.«

Kurz musterte Sam mich, während er mir die Zwiebeln übergab. Meine Haut berührte seine kurz, und es kribbelte. Überall. Plötzlich. Heftig. Scheiße. Schnell zog er die Hände zurück, als hätte er es auch gemerkt, und wandte sich dann wieder dem Gemüse zu, das er gerade noch geschnitten hatte. Bevor Brian hereingestürmt und mal wieder seine Show abgezogen hatte. Irgendetwas an Brian kam mir seltsam vor. Er war doch Sams Bruder. Er sollte ihn doch nicht dauernd nur hänseln, und schon gar nicht so derart verletzen. Mein Bruder tat so etwas, ja, aber bei Sam und Brian war das ganz sicher nicht normal. Mit Brian stimmte etwas nicht, eigentlich war er kein Arschloch ... oder? Na ja, vielleicht doch.

»Ist Brian immer so zu dir?« Keine Ahnung, wieso ich dachte, das Verhalten seines Bruders wäre ein guter Eisbrecher. Wie blöd konnte man eigentlich sein? Sam stand mit dem Rücken zu mir, so wie ich zu ihm, weshalb ich ihn nicht sehen konnte, und umdrehen wollte ich mich auf keinen Fall.

»Wie denn?«

»Na ja, er ... er ist so fies zu dir?« Dass das wie eine Frage geklungen hatte, fiel mir erst im Nachhinein auf, aber es war gut. Dadurch wurde der Vorwurf abgeschwächt, der mir ja im Grunde gar nicht zustand.

»Ja, er ... Nein ... eigentlich nicht.« Er klang auf einmal weggetreten, richtig grüblerisch, als hätte er darüber noch gar nicht richtig nachgedacht. Es entstand eine kurze Pause, in der ich so tat, als wäre ich mit den Zwiebeln noch nicht fertig, um die Situation nicht zu zerstören. »Ich weiß auch nicht, was mit ihm ist. Ganz so schlimm ist er normalerweise nicht.« Sam entglitt ein komisch entsetztes Lächeln. »Vielleicht hat er sich mit Emily gestritten, das macht ihn meistens zu einem Arschloch.«

»Wer ist Emily?« Und noch viel wichtiger: Wer ist eigentlich Lucia? Ich hatte gemerkt, wie Sam sich bei ihrem Namen versteift hatte, und eigentlich sollte mich das gar nicht interessieren. Eigentlich. Uneigentlich aber ...

»Seine Frau.« Was? Wer? »Er hat Emily kennengelernt und nach drei Wochen geheiratet.« Sam schnaubte. »Er war sich sicher, sie wäre seine ganz große Liebe. Und sie dachte das auch. Und ganz ehrlich? Ich glaube, sie hatten recht.« Ich nickte gedankenverloren, hackte immer noch an meinen Zwiebeln herum. Die ganz große Liebe. So etwas gab es nicht. »Sie sind durchgebrannt.« Sam lachte. Er lachte tatsächlich ein echtes, fröhliches Lachen, das mein Herz in gemütliche Watte hüllte. »Das gab einen Riesenaufschrei. Mum und Dad sind ausgerastet. Brian war damals mein Held.«

Er erzählte mir das und klang dabei richtig befreit, als gäbe es auf einmal nichts mehr, worüber er sich sorgte. »Und dann ist er weggezogen?«, fragte ich und verfluchte mich im selben Moment dafür. Inzwischen wusste ich doch schon, dass Brians Umzug zu Spannungen zwischen den beiden geführt hatte – so dumm war ich doch nicht.

»Nein«, meinte Sam leise. »Er ist schon davor weggezogen.«

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