Ein Neuer Nachbar
Es geschah an einem ganz normalen Nachmittag, als Toni plötzlich in meiner Tür stand und sich räusperte.
Ich schaute kurz auf und versuchte, nichts zu fühlen, als ich ihn dort, wunderschön wie immer, mit vielen Taschen beladen im Türrahmen stehen sah. Neben ihm war ein junger Mann mit Krücken.
"Ähm... Nia, das ist Viktor", sagte Toni mit dieser neuen Kälte, die in seiner Stimme mitschwang, "Er ist hier wegen komplizierten Verletzungen am Bein und wird die nächste Zeit das Zimmer mit dir teilen. Er ist ein Freund, also... sei nett."
Ich musterte diesen Freund kurz, drehte mich weg und schloss die Augen. Dabei hörte ich noch dumpf, wie Toni die Taschen in einer Ecke des Zimmers ablud und sich von Viktor verabschiedete, welcher anscheinend inzwischen auf dem Bett Platz genommen hatte.
Irgendwo in einer Ecke meines Geistes regte sich Ärger. Warum war Toni so ein Arsch? Und dieser Neue erst, dieser Freund. Blöder Eindringling.
Aber dann zog sich mein Geist wieder tief zurück in die Höhle, wo ich nichts mitbekam und wo ich nichts fühlte.
Wie wohltuend Leere doch sein konnte.
Eine Weile hörte ich tatsächlich gar nichts mehr von diesem Viktor, sodass ich fast vergaß, dass er überhaupt da war, doch dann merkte ich, dass er mit mir redete.
"... war echt Pech, aber ich komm wahrscheinlich schnell wieder raus."
Stille. Dann angespannte Abwarten von beiden Seiten. Dieser Typ interessierte mich nicht. Er sollte einfach aufhören, mich vollzulabern und mich in Ruhe lassen. Andererseits war ich aber auch skeptisch. Es kam mir faul vor, dass ich ausgerechnet jetzt einen Zimmernachbarn bekam. Träge überlegte ich, ob Viktor weiterer Aufmerksamkeit wert war, kam aber nicht wirklich zu einem Ergebnis. Gerade wollte ich wieder abschweifen, da räusperte sich Viktor.
" Also... ", setzte er vorsichtig an, "Du kannst mich übrigens ruhig Vik nennen. Tonis Freunde sind auch meine Freunde."
Jetzt übermannte mich schließlich doch wieder die Leere und ich schaltete einfach ab.
"Schläfst du?", fragte Viktor noch, "Okay ich glaube du schläfst, ups."
Ich glaube, ich schlief daraufhin wirklich ein. Oder ich war so weg, dass ich gar nichts mehr mitbekam.
Jedenfalls hatte ich anscheinend irgendwann meinen Kopf gedreht, denn als ich meine Augen öffnete fiel mein Blick direkt auf Viktor, welcher auf seinem Bett saß und gedankenverloren einen Energydrink aus einer Dose trank.
Er bemerkte schnell, dass ich ihn ansah und hielt mir auch eine Dose hin, doch ich reagierte nicht. Viktor schien zu seufzen und trank daraufhin seine eigene Dose in einem Zug aus.
"Nur so zur Info", sagte er nun trocken und öffnete die zweite Dose, "Toni kommt heute Abend vorbei. Ich hab keine Ahnung warum du nicht mit mir redest, aber bei Toni scheint es ja noch schlimmer zu sein, also wollte ich dich schonmal vorwarnen."
Als ich wieder nicht antwortete, schnaubte er und widmete sich seinem Handy. Kurz darauf wurde er zu einer Behandlung abgeholt.
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