Kein Weg hinaus...
Nia öffnete blinzelnd die Augen als sie hörte wie sich die Tür zu ihrer Zelle mit einem metallischen Knarzen öffnete. Verschwommen konnte sie erkennen wie jemand etwas hineinwarf. Dann verschwand dieser jemand wieder durch die Tür nach draußen und knallte sie zu. Schwach krabbelte Nia zu dem Ding hin welches ihr ins Verlies geworfen wurde. Ein mittelgroßer brauner Klumpen... es war Brot! Hungrig stürzte sie sich drauf und begann zu essen. Es war trocken und hart. Doch das war ihr in dem Moment egal!
Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie und Hylla bereits hier eingesperrt waren. Ihr Zeitgefühl hatte sie völlig verloren. Kein Wunder, wenn man rund um die Uhr in einem dunklen Verlies mit nur einem winzigen vergitterten Fenster eingesperrt war.
Nia wusste noch nicht einmal wo sie überhaupt war. Oder wer sie gefangen hielt. Manchmal kam die Frau namens Walburga her. Sie fragte ständig nach irgendeiner Prophezeiung. Und wenn weder Hylla noch Nia ihr eine Antwort gaben, mit der sie zufrieden war, griff sie zur Folter... Hin und wieder kamen andere Leute her um Trinkwasser zu bringen.
Nia wollte gerade einen weiteren Bissen vom Brot nehmen, als sie plötzlich Stimmen hörte.
,,Wie lange wollen wir sie noch hier behalten? Es sind schon zwei Wochen vergangen und nichts ist passiert!" flüsterte eine eisige Frauenstimme. Walburga...
,,Hab Geduld..." hörte man eine andere dunkle, raue Stimme, deren Besitzer Nia nicht identifizieren konnte.
,,Wir haben ihnen schon viel zu viel Zeit gelassen! Der dunkle Lord wird ungeduldig! Und wenn er seine Geduld endgültig verliert wird es sehr ungemütlich für uns! Für alle hier, Orion!" zischte Walburga.
,,Sie sollen sich gefälligst beeilen, und wenn ich sie mit Gewalt dazu bringen muss!"
Tapsig stand Nia auf. Sie versuchte keine ruckartigen Bewegungen zu machen, damit die Fußfessel kein lautes Geräusch machte und sie verriet. Vorsichtig ging sie auf die Zellentür zu um durch das Gitterfenster einen kurzen Blick auf die zwei zu erhaschen. Mit ihren nackten Füßen stellte sie sich auf Zehenspitzen und lugte unauffällig zwischen den Gitterstäben hindurch. Sie sah wie Walburga und Orion vor dem Eingangstor standen, Walburga mit dem Rücken zu ihr.
,,Ich habe keine Ahnung wie und wann sie die Prophezeiung empfangen, aber wenn sie nicht bald damit rausrücken, bin ich diejenige, die ungemütlich wird!" fuhr die Frau fort.
,,Walburga!" meinte Orion streng, doch sie sprach weiter.
,,Ich bin nicht hier nach unten gekommen um mich von dir abhalten zu lassen!" fauchte sie ihn an.
,,Ich möchte dich von nichts abhalten..." sagte Orion ohne auch nur eine kalte Miene zu verziehen.
,,Ich fürchte nur, dass du durch dein Getue den Prozess wohl eher verzögerst..."
Walburga funkelte ihn wütend an. Plötzlich hob Orion den Kopf und richtete seinen Blick direkt auf Nia. Schnell zuckte sie weg und hockte sich auf den Boden, mit dem Rücken zur Tür in der Hoffnung, dass er sie nicht gesehen hatte. Doch gleichzeitig ertönte ein klirrendes Geräusch, das durch die Fußfessel verursacht wurde. Nia kniff abwartend die Augen zusammen. Keine Chance, dass sie das überhört hatten...
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Nia wurde unsanft auf den Steinboden geschleudert. Als sie aufblickte stand Orion im Türrahmen, hinter ihm Walburga mit einem kalten Funkeln in den Augen.
,,Na, nett gelauscht?" wurde Nia von Orion gefragt. Sie schluckte.
,,Lass es mich jetzt tun!" zischte Walburga und zog ihren Zauberstab! Doch Orion hielt sie mit einer schlichten Handbewegung auf. Ohne noch etwas zu sagen drehte er sich um und die Tür knallte zu. Man hörte nurmehr wie sich zackige Schritte aus dem Verließ entfernten und wie das Eingangstor zufiel. Nia hockte noch immer zitternd am Boden. Sie winkelte ihre Beine an und schlang ihre Arme herum.
,,Nia?" hörte sie plötzlich die Stimme ihrer Schwester. Dieses mal war es tatsächlich ihre Stimme, nicht nur ein Echo im Kopf.
,,Ja?"
,,Geht es dir gut?" fragte Hylla besorgt nach.
,,Ich-... Ich denke schon..." stotterte Nia und versuchte selbstbewusst zu klingen.
,,Nia, wir müssen hier so schnell wie möglich wieder rauskommen... die bringen uns noch um!" zischte Hylla. Nia starrte nur gegen die massive Holztür vor ihrem Verließ. Zum ersten Mal wurde ihr wirklich bewusst wie armselig man sich ohne Magie vorkam. Wie nackt man sich ohne seinen Zauberstab fühlte. Zauberer neigten dazu Muggel auszulachen, nieder zu machen, nur weil diese keine magischen Kräfte besaßen. Doch Muggel schaffen Dinge die sich Zauberer nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellen können. Muggel können fliegen... ohne Zauberei und Besen! Muggel schaffen es die ganze Welt zu erleuchten wenn die Sonne untergeht... ohne Zauberei! Muggel können sich mit einander über endlos weite Strecken verständigen, allein mit einem kleinen Hörer der mit einem Kabel an einen kleinen Kastenbefestigt ist... ohne Zauberei.
Doch nimm einem Zauberer den Zauberstab weg, und er ist wehrlos... eigentlich überaus bemitleidenswert wenn man darüber nachdenkt.
,,Nia, hörst du mich?!" fragte Hylla besorgt nach, als sie von ihrer Schwester keine Antwort erhielt.
,,Wie sollen wir es hier denn raus schaffen? So ganz ohne Zauberstab..." seufzte Nia matt.
,,Na mit der Einstellung erst recht nicht!" meinte Hylla. ,,Wir sind Orakel, Nia! Wir können in die Zukunft sehen! Wäre doch gelacht wenn wir es nicht aus einer einfachen Zelle hinaus schaffen! Nur weil wir unseren Zauberstab verloren haben... Das schaffen wir doch auch so!" schimpfte sie.
Plötzlich wurde das Eingangstor quietschend geöffnet und mehrere Personen traten mit schnellen Schritten ein.
,,Mutter, was mache ich hier?" fragte eine junge männliche Stimme.
,,Ich habe dir doch von dem Zwillingsorakel erzählt, nicht wahr?" begann Walburga begeistert.
,,Wonach wir schon so lange gesucht haben! Sie sind hier! Hier direkt hinter dieser Tür."
Nia lauschte gespannt. Der Entfernung der Stimmen nach zu urteilen befanden sich die beiden vor Hyllas Verlies.
,,Aber warum habt ihr mich hier her gebracht?" fragte der Junge unsicher.
,,Du hast jetzt die einmalige Gelegenheit mich stolz zu machen, mein Sohn!"
Nia hörte wie die Tür zu Hyllas Verließ geöffnet wurde. Neugierig spitzte sie die Ohren um vielleicht etwas mit zu bekommen. Sie hörte wie der Junge etwas unverständliches murmelte, als sie plötzlich hörte wie Hylla zu schreien begann. Geschockt und besorgt um ihre Schwester schrie Nia mit, in der Hoffnung, dass diese grausamen Leute aufhören würden.
Sie schrie so lange weiter bis ihr Gesicht von Tränen durchweicht war. Sie merkte erst dass Hylla zu schreien aufgehört hatte als ihre eigene Verließtür geöffnet wurde... als sie sah wer im Türrahmen stand blieb ihr der Atem weg.
Schwarzes Haar, junge Gesichtszüge und sturmgraue Augen, die jedoch dieses Mal voller Reue funkelten... Und dieses Mal ohne Hogwarts-Robe und Slytherin Abzeichen...
,,Regulus..."murmelte Nia erschüttert.
Regulus zitterte am ganzen Körper, als er Nia erblickte, die vor ihm am Verliesboden kauerte. Dennoch richtete er seinen Zauberstab auf das Mädchen und sprach jedoch mit erstickter Stimme...
,,Crucio!"
Das letzte was Nia noch sah waren der garstige Blick von Walburga und wie Regulus den Kopf von ihr abwandte, um ihre Leiden nicht mit anzusehen, bevor sie wieder vor Qualen zu schreien begann...
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro