Ausraster
"Nun, sag doch Mal. Wir haben schon extra nur die Vokabeln genommen, die aus dem letzten Jahr sind. Was bedeutet zum Beispiel... Shower?"
Allein sein Blick war einfach nur gemein, dieses erwartungsvolle, obwohl er zu wissen schien das ich die Vokabeln nicht konnte.
Er ließ mir auch gut fünf Minuten, in denen ich nur stammeln konnte. Mir fällt es nicht ein...
Irgendwann seufzt er. "Du machst immer nur so viel wie du musst. Hättest du sie dir eben schon durchgelesen, könntest du sie. Aber vielleicht hilft dir ja das."
Er zog die selben Bonbons hervor wie auch beim letzten Mal, nur dieses Mal aus der Schublade eines Schrankes.
Nervös betrachtete ich diese Dinger und erinnerte mich dran, was Micha gesagt hatte. Ich soll keine Süßigkeiten von ihm nehmen... Aber ehrlich gesagt, sind die einfach zu gut um abzulehnen.
Ich ahnte aber, dass ich jetzt keinen kriegen würde und sah deswegen von der Dose hoch zu Manuel, welcher lächelte.
"Ich gebe dir nochmals fünf Minuten, um dir die Vokabeln anzuschauen. Wenn du zumindest die Hälfte dann richtig hast, kriegst du einen. Aber nur dann!"
Also nahm ich mein Heft zurück und sah mir die Vokabeln einige Male an und versuchte, sie mir irgendwie zu merken. Diese Bonbons sind aber auch wirklich viel zu gut um sich nicht dafür anzustrengen. Nennt mich nicht kindisch! Die sind lecker... Keine Ahnung was da drin ist.
Plötzlich räusperte Manuel sich. "Ich find's ja gut das du dich plötzlich konzentrieren kannst, aber deine Zeit ist um."
Seufzend gab ich ihm mein Heft wieder und ging im Kopf nochmal die Vokabeln durch.
Am Anfang wusste ich ziemlich viele, aber dann konnte ich mich plötzlich nicht mehr erinnern.
"Ich... Ähm... Das weiß ich nicht." sagte ich also und er nickte. "Gut, dann musst du jetzt aber die letzte richtig haben. Hörst du?"
Schnell nickte ich. Jaja, ich sehe aus wie ein kleines Kind, aber... Diese Bonbons!
"Also. Was heißt denn jetzt Shower, Kleiner?"
Und hier war ich am Ende. Ich kannte die Übersetzung, irgendwo in meinem Gedächtnis war sie, aber irgendwie... Überleg doch Mal, Shower klingt wie Schauer, ein Regenschauer. Regen... Regen...
"Dusche!"
Manuel lächelte leicht. "Siehst du, war doch gar nicht so schwer."
Dann schob er mir die Bonbondose hin. Gott bin ich froh, dass das richtig war, bei der dummen Schlussfolgerung... Hat ja aber geklappt. Ich wusste, dass ich nur einen nehmen sollte, versuchte mir aber unauffällig noch einen zweiten einzustecken. Das bemerkte Manuel leider und...
"Aua!" jammerte ich und zog meine Hand weg. Er hat mir doch ernsthaft mit meinem Lineal auf die Finger gehauen! Und es ist ein Lineal aus Holz!
Doch er grinste nur und nahm die Dose wieder an sich. "Nur einen. Das wusstest du auch."
Verlegen nickte ich und öffnete die Packung des Bonbons, welches ich hatte behalten dürfen und steckte ihn mir in den Mund. Ich hätte ihm tatsächlich auch zugetraut, mir diesen ehrlich verdienten Bonbon auch wieder wegzunehmen.
"Können wir weitermachen?"
Ich nickte und blickte ihn gespannt an. Die nächsten zehn Minuten verbrachten wir mit Buchstabieren, viel Buchstabieren. Dann musste ich auf Englisch soweit zählen wie ich konnte, was etwa bis hundertzwanzig war. Bei der englischen dreißig und drei hatte ich sowieso Probleme, aber mit einem Bonbon im Mund 'one hundred and thirty-three' zu sagen war einfach nicht drin, egal wie viel Mühe ich mir gab.
Bald bot Manuel mir etwas zu trinken an und weil ich ihm nicht irgendwie zur Last fallen wollte nahm ich nur Leitungswasser. Das war immer so wenn ich irgendwo zu Besuch war, ich traute mich plötzlich gar nichts mehr und war ziemlich zurückhaltend.
Dann musste ich aber irgendwann aufs Klo und rutschte nervös auf meinem Stuhl. Manuel bemerkte, dass ich seiner Ausführung über die Mehrzahl mit einem Y am Ende nicht mehr zuhörte und betrachtete mich wieder schmunzelnd. "Was ist denn, Kleiner?"
"I-ich muss vielleicht Mal aufs Klo..." murmelte ich also und bekam sofort rote Wangen. Er seufzte. "Auf die Toilette, meinst du. Gut, geh. Hier raus und rechts den Flur runter."
Schnell ging ich also aufs Klo... Naja, auf die Toilette und kam kurz darauf deutlich entspannter wieder zurück. Ich konnte ja nicht ahnen, was mich in der Küche erwartete.
So trat ich also ein und ahnte nichts böses. Manuel schien aber plötzlich angespannter als vorher und musterte mich, während ich mich wieder ihm gegenüber setzte.
"Sag Mal, Maurice... Hast du Hausaufgaben auf?"
Ich schüttelte meinen Kopf. "Nein, gar nichts heute."
"Sicher?" Er sah nicht überzeugt aus. Das hier wäre wohl meine letzte Chance die Wahrheit zu sagen, aber darüber dachte ich gar nicht nach. Wie blöd wäre es auch gewesen, jetzt noch zuzugeben, das ich wohl welche auf habe?
"Wirklich nicht, nein."
Seine grünen Augen verengten sich ein wenig und er krallte sich etwas in mein Hausaufgabenhe... Oh Shit, er hat das Heft.
"Ich mag keine Lügner..." knurrte er. Sofort riss ich meine Hände hoch. "I-ich hab nicht gelogen, ich schwöre es! Vielleicht hab ich vergessen, etwas da rein geschrieben zu haben! N-natürlich nur wenn da was steht..."
Oh ich bin ein furchtbarer Lügner, wenn ich unter Druck stehe.
Wütend stand er auf und kam um den Tisch. Schnell stand ich auf, denn so war er nicht ganz so viel größer als ich.
Trotzdem fasste er mir wütend ins Haar und drückte mich gegen die Wand hinter mir.
"Ich hasse es wenn ich angelogen werde, Kitten... Hast du verstanden?"
Ich hab echt Angst vor ihm, verdammt große Angst... Meine Beine zitterten und meine Atmung wurde schneller, außerdem tat sein fester Griff in meinen Haaren weh und seine Stimme jagte mir eine kalte Gänsehaut vor Angst über den Körper.
"Ob du verstanden hast, Kitten?" fragte er nocheinmal lauter, als ich nicht antwortete und zog leicht an meinen Haaren. Ein leises wimmern verließ meinen Mund und ich wusste, wenn ich jetzt nicht antworte verliert er komplett die Beherrschung und ich bin richtig am Arsch.
"J-ja, hab ich..." Meine Stimme klang ziemlich zittrig und ich musste stottern.
"Also, was sagt man da? Und das ist deine letzte Chance." Er klingt wirklich sauer. Der muss Lügen ja wirklich mehr hassen als die Pest...
"...'Tchuldigung..." murmelte ich ganz leise. Ehrlich gesagt entschuldigte ich mich doch sehr selten.
Mein Kopf wurde leicht gegen die Wand gestoßen und er kam mir bedrohlich nah.
"Kitten, ich verstehe dich nicht..."
"Entschuldigung, es tut mir Leid, ich mache es nie wieder!" schrie ich ihn schon fast an weil ich so eine große Panik hatte. Zufrieden ließ er mich los und ging zum Tisch, wo er meine Sachen in meine Tasche packte. Ich stand etwas zu geschockt immernoch am selben Ort und rieb mir leicht den schmerzenden Kopf.
"Ich hab mich nicht unter Kontrolle, wenn ich wütend bin. Du solltest mich wirklich nicht mehr anlügen." meinte Manuel irgendwann und es klang sogar fast wie eine Entschuldigung.
Zitternd nahm ich von ihm meine Tasche entgegen. Mein Kopf tut schrecklich weh.
"Ich bringe dich besser nach Hause. Du solltest dich gleich direkt hinlegen, dann gehen die Kopfschmerzen weg."
Bald stieg ich aus seinem Auto aus und ging schon in Richtung der Haustür. "Geh direkt schlafen, hörst du?" rief Manuel mir noch hinterher und ich nickte nur seufzend, zum rufen war ich nicht in der Lage. Kurz darauf lag ich in meinem Bett, obwohl es noch gar nicht die Zeit war für mich um schlafen zu gehen und entschied, dass ich Micha lieber nichts vom Ende der Stunde erzählen sollte. Er würde mich einsperren und versuchen, Manuel zu verprügeln.
Und nach dem heutigen Tag weiß ich eins ganz genau:
Er ist echt verdammt stark...
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