Kapitel 32- Noan
Noan P.o.V
kurz vorher:
Besorgt schaute ich mich nach Ben um. Er hatte mich zwar angeschrien und damit vor der ganzen betrunkenen Menge lächerlich gemacht, aber es war seine erste Party und er war so unschuldig. Was wäre wenn ihm irgendwer etwas angedreht hatte? So wie er sich gerade fühlen musste, würde er das bestimmt annehmen.
Als Alex an mir vorbei ging, zog ich ihn an der Schulter zu mir. Er schien mir noch nicht komplett zu zu sein und deswegen sprach ich ihn an.
„Weißt du wo Ben ist?", frage ich ihn und er legte den Kopf leicht schief, als würde er sich fragen, wer das nochmal war. Nach ein paar Sekunden antwortete er schließlich in einem verdatterten Ton: „Ach du meinst deine kleine Schwuchtel."
Über die Bezeichnung konnte man streiten, aber von Streit hatte ich genug und mit Alex konnte man nie gut diskutieren. Aber nun schüttelte er den Kopf und ich ließ ihn genervt los.
Die Angst um Ben schnürte mir den Luft ab und ließ mich erzittern. Ich musste ihn finden. Ich musste einfach. Ich ging los und drängte mich durch die Menge. Plötzlich hörte ich einen spitzen Schrei aus dem Flur und stürzte in die Richtung. Doch ich war nicht der einzige. Eine Menge Leute versperrten mir den Weg zum Flur und ich sah keine andere Lösung, als sie anzuschreien.
„Aus dem Weg!!"
Ein paar Leute machten freiwillig Platz, die anderen schubste ich mehr oder weniger sanft aus meinem Weg. Was ist, wenn er verletzt war?
Ich drängte mich an den letzten Personen vorbei und stolperte, als plötzlich niemand mehr um mich herum stand. Mein Blick schoss zum Boden. Und dort lag er. Sein Oberkörper war teilweise an der Wand angelehnt und anscheinend war ein Mädchen über ihn gefallen. Doch dieses Mädchen juckte mich jetzt herzlich wenig. Denn Bens Augen waren geschlossen und er sah aus, als würde er nicht atmen.
Sofort fiel ich neben ihm auf die Knie und mir traten die Tränen in die Augen. Was sollte ich nur ohne ihm tun? Das konnte ich nicht, er musste einfach wieder gesund werden. In meinem Kopf herrschte Panik, doch ich zwang mich zur Ruhe.
„Ben?", fragte ich und der panische Unterton war unüberhörbar. Sanft schüttelte ich ihn und fasste dann mit meinen Händen an die Stellen hinters Ohr, wo man den Puls fühlen konnte.
Ich spürte nichts und meine letzte Hoffnung sank. Die Tränen liefen mir warm über die Wangen und mein Herzschlag erhöhte sich auf das doppelte. Ich konnte ihn nicht verlieren. Ich durfte einfach nicht. Er musste einfach atmen.
Und endlich spürte ich den Puls. Ein Stein fiel mir vom Herzen und ich zog seinen Kopf von der Wand, um ihn an meine Brust zu legen. Mit den Armen zog ich ihn fest an mich und beugte meinen Oberkörper leicht nach vorne, um uns vor den Blicken der anderen zu schützen. Hemmungslos schluchzte ich und die Erleichterung überfiel mich.
„Ich liebe dich Noan", hauchte er plötzlich leise und brachte mich damit nur noch mehr zum Weinen. Er liebte mich und es wurde mir mit einem Mal bewusst.
Ich liebte Benjamin. Ich liebte ihn vom ganzen Herzen und ihn zu verlieren würde ich nicht überleben. Es war so klar wie Kloßbrühe und ich hatte es die ganze Zeit nicht gemerkt.
Ich liebte alles an ihm, sein Aussehen, sein süßes Grinsen, seine Verpeiltheit und seine unfassbar süße Tollpatschigkeit. Die Locken, in denen man sich vergraben konnte und seine kleinen, frechen Beleidigungen, die man nie richtig als Beleidigungen sehen konnte. Wenn ich ihn nicht sah, vermisste ich ihn und wenn ich ihn sah, wollte ich ihn in den Arm nehmen und nie wieder loslassen.
Ich wollte ihn küssen und durch seine Haare wuscheln.
Und das er dasselbe empfand ich sowohl als schmerzhaft und auch als wunderschön. Denn ich hatte ihn die ganze Zeit verletzt und es nie gemerkt. Wie er sich nur gefühlt haben musste. Doch wusste ich nun auch wo wir standen. Warum war es mir nicht früher aufgefallen?! Wir verhielten uns nicht wie normale Freunde. Wir kuschelten, umarmten uns und tauschten unauffällig kleine Berührungen aus. Wenn er mir ein Kompliment machte ging mein Herzschlag ein bisschen schneller und- Ich war Schuld an dem ganzen. Wenn ich ihm früher gesagt hätte, wenn mir früher aufgefallen wäre, wie ich ihm gegenüber fühle, wäre es heute abend ganz anders verlaufen und uns ginge es gut. Vielleicht wären wir sogar ein Paar. Wir hätten uns geküsst, wir hätten getanzt und unseren Spaß gehabt. Es war meine Schuld.
Verzweifelt strich ich ihm über den Kopf und hauchte einen Kuss auf seine Haare.
„Alles wird wieder gut Benni. Ich liebe dich auch", murmelte ich mit verschnupfter Stimme und drückte ihn wieder an mich. Ich konnte mich nicht beruhigen. Meine Tränen liefen unaufhaltsam und ich schluchzte. Mir war nicht mal klar warum. Es war einfach zu viel. Ich war nicht mehr zurechnungsfähig.
Plötzlich packte mich jemand an der Schulter und ich schaute verschreckt nach oben. Es war Filipe und er erschrak, als er mein verheultes Gesicht sah. Doch dann sah er auf Ben und nickte in leisem Verständnis.
„Wir müssen ihn hier rausbringen, verstehst du?", sprach er langsam und mit ruhiger Stimme auf mich ein. Hastig nickte ich und er zog Alex am Ärmel zu sich heran. Ich wusste nicht wo er auf einmal her kam. Denn ich hatte nur auf Ben geachtet. Nur auf Ben.
Sie sprachen kurz miteinander und dann schaute Filipe besorgt zu mir.
„Ich trage ihn ins Auto und du passt auf ihn auf, okey?", fragte er mich mit leiser Stimme und ich nickte ein weiteres Mal.
„Dann gib mir jetzt die Autoschlüssel", sagte er nachgiebig und streckte die Hand aus. Doch ich wollte Ben nicht loslassen. Ich wollte ihn nie wieder loslassen.
Also schüttelte ich den Kopf. Filipe seufzte ernst und plötzlich kniete sie Aline neben mich. Sie schien die ganze Zeit über da gewesen zu sein.
„Hör zu", sprach sie mit sanfter Stimme auf mich ein: „ ,du musst ihn loslassen und Filipe die Schlüssel geben, sonst können wir ihn nicht heil zu dir bringen. Ich halte ihn, solange du die Schlüssel suchst und ich werde ihn nicht loslassen. Versprochen."
Der ruhige Tonfall ihrer Stimme und ihr ernster, doch liebevoller Blick, brachte mich dazu Ben los zu lassen und ihn in ihre Arme zu übergeben. Mit meinen zitternden Fingern suchte ich nach den Schlüsseln in meinen Hosentaschen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich ihn endlich in den Fingern und zog ihn ruppig heraus.
Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt, als ich ihn Filipe in die Hand drückte und dieser ihn in die Hosentasche steckte.
Dann legte Filipe die Arme um Kniekehlen und Rücken von Benjamin und hob ihn mit Leichtigkeit hoch. Schnell stand ich auch, doch stolperte ich und Aline griff mir unter die Arme. An meiner linken Seite stützte sie mich und von dem Weg zum Auto bekam ich recht wenig mit. Anscheinend kam Alex auch mit. Alles was für mich wichtig war, war in den Armen von Filipe und ich bangte, dass Filipe ihn fallen ließ.
Doch das tat er nicht und wir kamen heile an dem Auto an. Ich setzte mich zuerst hinten auf die hintere Bank und auch Aline setzte sich auf der andere Seite hin.
„Wir werden ihn über euch legen", orderte Filipe an und im Endeffekt lag Bens Kopf in meinem Schoß. Sanft strich ich über seine Haare und beugte mich vor, um ihn auf die Stirn zu küssen.
„Es tut mir leid. Es tut mir so sehr leid", murmelte ich ihm zu. auch wenn ich wusste, dass er es nicht hören würde.
Aline beobachtete das ganze mit einem sanften Lächeln und beugte sich dann zu mir, um mich noch an zu schnallen, was ich komplett vergessen hatte.
Kurze Zeit später fuhren wir los und die Fahrt über strich ich über seinen Kopf. Mit der anderen nahm ich seine Hand und drückte sie sanft.
Als wir endlich bei mir im Heim angekommen waren, packte ich ihn so, wie Filipe es vorhin auch getan hatte und stieg aus, nachdem ich mich abgeschnallt und die Tür geöffnet hatte.
„Danke", sagte ich ihnen zum Abschied und hatte mich nun endlich wieder gefasst.
„Sollen wir noch mit hochkommen?", fragten Filipe und Aline gleichzeitig, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich schaff das schom", versprach ich ihnen und trug Ben zur Haustür, wo uns Travis schon erwartete.
„Geht es dir gut", fragte er mich und ich nickte hastig. Stumm deutete er auf Ben und ich nickte wieder. Er lächelte mich mit Bedacht an und schloss die Tür hinter mir wieder. Zusammen gingen wir die Treppen hoch und er verabschiedete sich vor Elysas Tür bei mir.
Die Tür zu meinem Zimmer war geschlossen, doch ich öffnete sie mit meinem Ellebogen und trat hindurch. Das heillose durcheinander was hier herrschte, ignorierte ich gekonnt und schloss die Tür hinter mir wieder.
Vorsichtig legte ich Ben auf dem Bett ab und zog ihm die Schuhe aus. Dann folgten seine Hose und sein Shirt. Schnell zog ich ihm einen Pulli von mir über, was eine Weile gedauert hatte und deckte ihn dann hastig zu.
Dann zog ich mich selbst um und warf die Klamotten achtlos auf den Boden. Mit einem Rutsch hatte ich die ganzen Klamotten von dem kleinen Sofa gezerrt und legte die Wolldecke bereit hin.
Besorgt schaute ich noch einmal zu Ben und entschied mich die Decke nochmal höher zu ziehen. Das Bett war leider nicht breit genug, sodass ich mich nicht dazulegen konnte. Doch für Ben schlief ich gern eine Nacht auf dem kalten Sofa.
Sanft strich ich ihm nocheinmal über die Wange und küsste ihn auf die Stirn, bevor ich mich auf das Sofa legte und mir die Decke bis unter die Ohren zog. Nichtmal ein paar Minuten später schlief ich auch.
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