Kapitel 13
(Ein Foto von Ben, einfach nur weil er goldig ist)
Am späten Nachmittag hatte ich mich vom Café verabschiedet und mich auf den Weg nach Hause gemacht. Ich wollte meiner Mum unbedingt erzählen was heute passiert war und deswegen beeilte ich mich ungemein.
Meine Mum kam gleichzeitig mit mir an. Ihr Auto fuhr in dem Moment in die Auffahrt, in dem ich die Tür aufschloss. Kurz wartete ich noch auf sie und schloss die Tür dann hinter uns beiden.
„Heute war so ein schöner Tag", fing ich gleich an zu schwärmen und sie lachte: „Ich sehe es, kann ich mich noch umziehen, bevor du anfängst mir alles zu erzählen?"
Ich nickte eifrig und schälte mich hastig aus meinen Wintersachen. Dann verzog ich mich in die Küche, wo ich uns Tee machte. Dazu stellte ich noch zwei Muffins auf einen Teller und brachte sie ins Wohnzimmer.
Erdbeertee war mein Lieblingstee und der von meiner Mama war spanische Orange. Ich weiß nicht, ob sie jemals verstehen würde, dass spanische Orange genauso schmeckte, wie normaler Orangentee.
Vielleicht wusste sie es auch und es war ihr einfach egal. Naja, ich konnte Früchtetees sowieso nicht unterscheiden, aber wer konnte das schon.
Vergnügt lies ich die Teebeutel in die Tassen fallen und goss das heiße Wasser darüber. Auf dem Weg ins Wohnzimmer hatte ich in jeder Hand eine Tasse und mir wurde schlagartig klar, warum ich kein Kellner geworden war.
Noan dagegen konnte 5 Teller mit Resten auf einmal hin und her tragen und ich bewunderte ihn dafür. Er schaute nicht einmal angestrengt beim herum tragen.
Es dauerte nicht lange, bis Mum wieder auftauchte und nun eine Jogginghose mit einem gemütlichen Pulli trug. Dankbar nahm sie die Teetasse an und ich kuschelte mich an sie. Sie legte die Decke über uns aus und ich fing an zu erzählen. Es dauerte eine Ewigkeit bis ich komplett durch war und mir fiel immer wieder etwas ein.
„Er war ganz anders, als er sonst immer war und ich frag mich ja, ob er in der Schule jetzt genauso ist", fragte ich mich und meine Mum strich mir über den Kopf. (Sie war die einzige, der ich das auch erlaubte)
„Vielleicht ist das sein wahres ich und er hat beschlossen, dir sein wahres Ich zu zeigen", vermutete sie und nahm einen Schluck ihres Tees.
„Vielleicht", stimmte ich ihr zu: „hab ich dir erzählt, dass er mich süß genannt hat?"
Bei der Erinnerung daran wurden meine Augen groß und das warme Gefühl in meinem Magen breitete sich wieder aus.
„Echt?", fragte sie verwundert und grinste dann stolz. „Ja! Er hat gesagt, dass ich mit meinem Aussehen einfach süß bin", erzählte ich und lächelte breit, dass würde mir ewig im Gedächtnis bleiben.
Mum lächelte breit und strich mir über das Haar. Dann sagte sie. ,,Er scheint dich ja doch irgendwie zu mögen", und stellte damit die selbe Vermutung auf, wie ich. Denn vielleicht hatte er festgestellt, dass ich gar nicht so schlimm war und das ich eigentlich ganz nett war. Vielleicht würde er jetzt auch in der Schule netter zu mir sein. Ich hoffte es jedenfalls.
Ich hatte heute so einiges festgestellt und zwar nicht nur, dass ich mittlerweile ohne Hoffnung in ihn verliebt war. Das wusste ich ja schon vorher, das Gefühl hatte sich nur verstärkt. Sondern, dass er wirklich nett, lustig und charmant war, was ihn in meinen Augen nur noch perfekter machte.
Es war einer der Tage gewesen, an dem mir selbst mal wieder klar geworden ist, dass in jedem Menschen ein guter Kern steckt und man sie nicht verurteilen sollte, bevor man sie kennt.
Meine Mum und ich, wie verbrachten den Abend auf den Couch und erzählten uns vieles. Sie erzählte mir von ihrer Praxis und den Kindern, die sie heute untersucht hatte.
Noans p.o.v
In den letzten fünfzehn Minuten meiner Schicht, starrte ich sekündlich auf die Uhr an der Wand. Ich war total erschöpft und wollte eigentlich einfach nur ins Bett. Und auch wenn sich die Aussicht auf ein schmales Bett, mit einer harten Matratze, nicht wirklich gemütlich anhörte, sehnte ich mich danach.
Ein bisschen Schlaf konnte ich vertragen und wenn ich recht darüber nachdachte, war es mehr als nur ein bisschen, was ich an Schlaf brauchte.
Emma schien meine Übermüdigkeit zu bemerken, denn sie schickte mich nachhause, bevor ich anfangen konnte, die Tische abzuwischen. Ich wollte protestieren, doch schon nach den vergangenen drei Tagen hatte ich gemerkt, dass man sich Emma nicht widersetzte.
Und so trottete ich durch die Küche, zu dem Raum mit meinem Spind und zog die Schürze ab. Erschöpft und schwerfällig packte ich meine Sachen und verabschiedete mich von Tony und Emma.
Tony drückte mir noch ein Stück Kuchen in die Hand und ich machte mich auf den Nachhauseweg.
Schlurfend lief ich die Straßen entlang, bis ich endlich vor dem Kinderheim stand. Einen Moment blieb ich stehen, um mein "Zuhause" einmal zu betrachten.
Noch 80 mal musste ich dieses hässliche Haus betreten und noch 80 mal am Morgen verlassen. Dann war ich endlich 18 und konnte in eine eigene Wohnung ziehen.
Musternd schaute ich über den trostlosen Vorgarten mit der verrosteten Schaukel vor der Haustür. Das Haus hatte eine Ockerfarbe und war einfach nur potthässlich. Ob man das extra machte, um normale Menschen zu verscheuchen? Fragte ich mich und trat durch das Eingangstor, welches laut quitschte.
An der Haustür drückte ich die Klingel und das altbekannte Schrillen klang durchs Haus. Warum das Haus so einen schrecklichen Klingelton hatte, hatte ich nie verstanden. Es weckte nur die kleinsten von uns, die um diese Uhrzeit schon schliefen.
Insgesamt waren wir 15 Kinder in diesem Waisenheim und die meisten waren eklige kleine Volltrottel und Gören, bei denen ich verstand, dass man sie nicht mehr haben wollte. Doch es gab einige, die ich liebgewonnen hatte. Wie die vierjährigen Zwillinge Anton und Annie, denen ich immer etwas aus meinen Büchern vorlies. Ihre Eltern waren bei einem Autounfall gestorben, als die Zwillinge 2 Jahre alt waren. Wenn sie Albträume hatten, kamen sie zu mir ins Zimmer und kuschelten sich unter meine Decke.
Sie erschienen mir immer wie meine Geschwister und sie würde ich mit Elysa wohl am meisten vermissen. Auch Elysa würde ich hinter mir lassen müssen, aber die schlief jetzt schon 80% der Nächte bei Travis und ich würde sie weiterhin oft sehen.
Kaum hatte ich die Tür geschlossen, wurde ich auch schon von Anton umgerannt, der sich mit viel Kraft an mein Bein warf. Auch Annie kam angerannt, doch hatte sie kürzere Beine, als ihr Bruder und war somit langsamer.
„Wir haben dich vermisst”, begrüßte mich Anton und ließ von meinem Bein ab. Jetzt standen die beiden vor mir und streckten die Arme aus, um hochgenommen zu werden. Mir wurde es warm ums Herz und mit einem Griff hatte ich die beiden im Arm. Jeder der beiden in einem.
Annie kicherte und ihre Grübchen zeigten sich. Die braunen Locken, die wild von ihrem Kopf abstanden, verliehen ihr ein wildes Aussehen. Doch war sie ein zartes, schüchternes Mädchen, die von ihrem Bruder gern beschützt wurde und dessen Beschützerinstinkt gerne mal ausnutzte.
Ihr gutherziger Bruder auf meinem anderen Arm war tapfer und der mutigste Kerl auf der ganzen Welt. Auch er strahlte jetzt über beide Ohren und pickste mir in die Wangen, was mich zum grinsen brachte.
„Warum seid ihr noch wach?”, fragte ich sie halbherzig streng und unterdrückte ein Seufzen. In diesem Haus konnte keiner organisieren und es lief alles drüber und drunter. Wenn ich nicht da wäre, hätten Annie und Anton an manchen Tagen nichts zu essen, oder wären mit Schlafanzug in die Schuke gerannt. Es war sogar einmal vor gekommen, dass sie einfach zuhause geblieben sind und es niemanden gekümmert hatte.
Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, mich um sie zu kümmern, auch wenn damit noch mehr meiner Freizeit wegfiel.
„Wir sind noch gar nicht müde”, wand Anton frech ein und ich zog gespielt streng die Augenbrauen hoch.
„Das glaube ich euch im Leben nicht”, behauptete ich und just in dem Moment gähnte Annie hörbar. Triumphierend grinste ich Anton an.
„Siehst du”, sagte ich und stapfte mit Schuhen die Treppe hoch. Kaum war ich die ersten drei Stufen hochgegangen, hörte ich die nervtötende Stimme von unserer Betreuerin.
„Zieh die Schuhe aus du unerhörter Schuft”, kreischte sie durchs Haus und an dem Ton ihrer Stimme erkannte ich, dass sie mal wieder zu tief ins Glas geschaut hatte.
„Gleich Lauren”, rief ich zurück und stapfte genervt die Treppe. Annie und Anton schwiegen und schauten mich verängstigt an. Sie wussten genau wie ich, dass mit Lauren nicht zu spaßen war, wenn sie betrunken war.
„Du musst auch noch die Wäsche machen und aufwaschen”, schrie Lauren noch und ich seufzte laut auf. Beruhigend strich Annie mir übers Haar und lächelte mich mit ihrem sanften Lächeln an.
„Ich bringe euch erst ins Bett”, flüsterte ich mit ruhiger Stimme und trat auf den oberen Flur. Zielsicher trat ich in ihr kleines Zimmer und ließ die beiden dort runter. Auch meinen Rucksack ließ ich fallen und schloss erschöpft die Augen.
Die kleinen schienen mir meine Erschöpfung anzumerken, denn sie liefen ohne Aufforderung zu ihrer kleinen Kommode und holten ihren Schlafanzug raus.
Mit großen Augen schauten sie mich an und ich drückte mir ein Lächeln auf, sie waren zu goldig.
„Kommt mit ihr beiden”, murmelte ich und schob sie durch die Tür ins Bad. Doch die Tür war abgeschlossen. „Wer ist da drin?”, fragte ich genervt und eine zickige Stimme antwortete mich: „Maddy. Du musst jetzt warten!”
Maddy. Das auch noch. 12 Jahre alt und ein kleines Biest, welches in die Pubertät kam. Um mich zu beruhigen atmete ich einmal tief ein und aus. Erschöpft lehnte ich den Kopf gegen den Türrahmen.
„Ich muss Anton und Annie ins Bett bringen”, brummte ich, „es ist schon viel zu spät für sie und das weißt du!”
Auf der anderen Seite der Tür war ein genervtes Schnauben zu hören. „Dafür kann ich ja nichts, wenn du erst so spät nachhause kommst”, zickte sie und ich wollte ihr einfach nur das Maul stopfen.
„Ich war arbeiten Madelyn”, fauchte ich und zwang mich zur Beruhigung. Anton zog an meiner Hand und ich schaute zu ihm runter. Seine blauen, strahlenden Augen betrachteten mich besorgt. „Wir helfen dir noch mit der Wäsche und gehen dann ins Bett”, schlug er mit seiner lieblichen Stimme vor und Annie nickte zustimmend. Ich kniete mich hin, um auf ihrer Augenhöhe zu sein. „Wenn ihr süßen das wollt”, sagte ich sanft, war jedoch innerlich einerseits besorgt und andererseits erleichtert.
Auch wenn die Kleinen schon längst im Bett sein sollten, konnte ich vier kleine helfende Hände gut gebrauchen und so stimmte ich zu. Begeistert klatschten sie in die Hände und strahlten mich an.
Ächzend stand ich auf und die beiden nahmen jeder eine meiner Hände. Da sie zu klein waren, um sich an meiner Hand festuzuhalten, nahmen sie meine Finger und ein Gefühl von Glüclseligkeit durchströmte meinen erschöpften Körper.
Die Kleinen waren ein Segen und ich wusste nicht, was ich ohne sie tun würde.
Die Woche wird nicht viel kommen, da ich auf Orchesterfahrt bin. Habe zwar schon ein bis zwei vorgeschrieben, aber najaaa.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro