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Kapitel 17

Antoinette

Nachdenklich starrte ich den mittelgroßen Kühlregal an. Ich hatte die Auswahlmöglichkeiten zwischen drei klassischen Eissorten. Schokolade, Erdbeere und Vanille. Der Rest war bloß irgendein Schnickschnack, welcher nicht einmal schmeckte. Kiosk Eis eben.

Nachdem ich weitere Sekunden unschlüssig vor dem Regal stand, entschied ich mich schließlich für alle drei Eissorten. Je mehr desto besser.

Mit vollen Händen schlenderte ich zufrieden zur Kasse. Das würde ein weiterer schöner Abend mit Netflix werden, ich spürte es schon. Hoffentlich gab es noch gute Filme, die ich in diesen zwei Tagen noch nicht angesehen hatte. Die Auswahl war nicht mehr ganz so groß als am Anfang.

Mitten in meiner Bewegung hielt ich auf einmal inne und starrte mit halb geöffnetem Mund den Kassierer an.

Da besuchte ich den Kiosk und schon hatte ich Pech. Am Liebsten wollte ich sofort auf dem Absatz kehrt machen, doch leider war ich bereits an der Reihe. Vor mir hatte die Frau nur bezahlen müssen. Gezwungen lächelte ich den jungen Mann an.

Vor mir stand Barry Chesterfield.
Ein erfolgloser Drogendealer, dessen Existenz man gerne ausblendete. Niemand wusste, wo er wohnte, auf welche Schule er ging oder was er in seiner Freizeit tat. Ich kannte ihn seit meiner Kindheit. Er war der Junge, der mir mein Spielzeug im Sandkasten klaute und mich somit zum Weinen gebracht hatte. Jedes verdammte Mal.

Außerdem war der Besagte in mich verliebt. Auf einer verrückten, gruseligen Art und Weise.

"Wenn das nicht Toni Mandoza ist.", entfuhr es ihm schelmisch grinsend. "Halt's Maul, Barry.", entgegnete ich kühl und legte das Essen auf den Kassenband. "Wie immer frech, was Mandoza?" Hinterher lachte er leise.

Ich ignorierte seine Worte und schaute ihm zu, wie er die Eispackungen scannte und irgendetwas auf den Bildschirm tippte. "Zugegeben wundert es mich, dass du den Weg zum Kiosk noch kennst." Hatte ich etwa zu undeutlich gesprochen?

Was an Halt dein Maul verstand der Idiot nicht?

Trotzdem entschied ich mich dazu, auf seine Anspielung, dass ich seit einer längeren Zeit hier nicht mehr eingekauft hatte, einzugehen. Schließlich lächelte ich Barry falsch an und nickte.

"Ich weiß, ich weiß. Ich wusste selbst nicht mehr, wieso ich nur noch selten hierher kam. Jetzt wo du aber vor mir stehst, fällt es mir wieder ein- Deinetwegen habe ich den Kiosk gemieden."

Barrys Miene verfinsterte sich. Ich hatte sein hässliches Grinsen mit nur einem Satz aus dem Gesicht geschlagen und war deswegen auch ziemlich stolz auf mich.

Normalerweise störte ihn die Tatsache, dass gefühlt jeder in dieser Stadt ihm aus dem Weg ging, nicht im geringsten. Doch der arme Barry, wünschte sich seit mindestens sechs Jahren, ein Date mit mir bei Sonnenuntergang, daher war für ihn jedes gemeine Wort von mir wie ein metaphorischer Messerstich.

Nachdem er mich mit gruseligen Liebesbriefen, in denen nebenbei bemerkt Drohungen enthalten waren, überschüttet hatte, war mit meiner Nettigkeit Schluss.

Barry tat mir nämlich am Anfang leid, zumal ich nicht seine Liebe erwidern konnte, weshalb ich mich ihm gegenüber immer freundlich verhielt. Doch dann tendierte er zu einem Psychopathen. Mir fiel auf, dass je netter ich zu ihm war, desto mehr er es auf mich absah. Demnach zeigte ich ihm seit einer langen Weile nur noch die kalte Schulter.

"Du wirst mich schon noch lieben.", hörte ich ihn verärgert murmeln, bevor er mir meine Rechnung sagte. Ich lachte laut auf und überreichte ihm das Geld. "Aber sicher doch.", stimmte ich ihm zu. "Vielleicht in einem anderen Leben, Barry Chesterfield. Niemals die Hoffnung aufgeben!" Dann nahm ich die Einkaufstüte in die Hände, zwinkerte dem drogenabhängigen Kassierer zu und verließ schließlich den Kiosk.

Draußen angekommen stöhnte ich unwillkürlich genervt auf. Die Musik, die offensichtlich von Rivers Geburtsfeier kam, hörte man selbst meilenweit entfernt. Um nicht an seinem Haus vorbeilaufen zu müssen, hatte ich extra einen Umweg genommen und ging den längeren Weg.

Schlimm genug, dass ganz Instagram mit den Bildern und Videos der Party voll war. Unter diesen ganzen Beiträgen tauchte auch ein Bild von ihm und der Blondine aus dem Geschichtskurs auf, was mir persönlich wirklich genügte. Dann noch alles real vor Augen zu sehen, würde ich wahrscheinlich nicht verkraften.

Jedenfalls wusste ich dank ihrem Accountnamen, dass sie Cornelia hieß. Selbstverständlich stalkte ich auch sofort ihr ganzes Profil und analysierte ein paar gewisse Bilder.

Wirklich stolz darauf war ich jetzt nicht, da ich dies aus Verzweiflung getan hatte, jedoch fand ich trotz allem zwei interessante Dinge heraus.

Zum einen fotografierte sie miserabel und der Stil ihrer Fotos ähnelte ziemlich stark nach meinen. Ehrlich, von Inspiration war keinesfalls mehr die Rede. Man könnte glatt meinen, es sei eine billige Kopie meiner Fotografie.

Und zum anderen folgte ihr River nicht. Er hatte weder eins ihrer Bilder geliket noch kommentiert. Wegen des Bildes brauchte ich mir zumindest keine Sorgen zu machen. Das Selfie war eines von vielen.

Aber warum beschäftigte mich das so sehr? Ich wollte mir nicht den Kopf darüber zerbrechen, denn anders kannte ich es doch gar nicht.

Während nämlich jedes Jahr am 12. Oktober bei den Adams die große Party stieg, schaute ich mir in meinem Zimmer wiederum nur die Bilder und Videos der Feier an.

Obwohl zahlreiche Bilder und Videos meines Schwarms mit anderen Mädchen gepostet wurden, die nebenbei bemerkt viel hübscher aussahen als ich, hatte ich mich dennoch immer damit zufrieden gegeben.

Dieses Mal reichten aber keine paar Bilder und Videos. Das Bedürfnis bei ihm sein zu wollen, war einfach viel zu groß. Denn hätte er mich nicht mit einer lahmen Ausrede abgewiesen, würde der Abend erneut ganz anders aussehen. Ich würde keine drei Eispackungen in der Hand halten, mich nicht frustriert fühlen und schon gar nicht mein Liebesleben in Frage stellen.

Jetzt wo ich nämlich intensiv darüber nachdachte, realisierte ich, in welch einem jämmerlichen Zustand ich mich momentan befand.

Zusammengefasst liebte ich einen Jungen, der mich vor diesem Sommer nie wirklich registriert hatte. Nun tat er es, lernte mich besser kennen, aber wollte mich schlussendlich nicht.

Und um das festzustellen, hatte er knappe zwei Monate meines Lebens verschwendet. Genau aus diesem Grund hielt ich mich auch die letzten Jahre von ihm fern, achtete genauestens darauf, dass mein Schwärmen für ihn sich nicht in mehr entwickelte und versuchte meine Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Lediglich dachte ich, es sei bloß eine scheußlich kurze Pubertätsphase. Sprich meine Hormone spielten in seiner Nähe verrückt, ich himmelte ihn an und dann hörte dies nach einer Zeit auf, weswegen ich mich letzten Endes fragen würde, was überhaupt an diesem Jungen so toll gewesen war.

Zum Teufel aber kam es nicht so. Alles wurde schlimmer, indem ich mich an ihn gewöhnt hatte. Weil ich spüren durfte, wie es war, wenn er zu meinem Alltag gehörte.

Und verdammt, ich wollte nicht wieder in die alte Routine zurückfallen, in der ich ihm wie eine Gestörte hinterher starrte und dabei verträumt aufseufzte, währenddessen er mich keinesfalls beachtend und lachend mit seinen Freunden den Gang entlang lief.

An sich war ich bei dem River Adams Thema schon immer empfindlich und vorsichtig gewesen. Da vergaß ich einmal achtsam zu bleiben, und schon schlich sich dieser Vollidiot vollkommen in mein Herz, ließ mich mehr oder weniger ein Teil seines Lebens sein und wickelte mich mit ein paar süßen Wörtchen um den Finger, nur um mich dann aus seinem Leben hinaus zu schubsen.

Ich hatte zwar wenig Ahnung von Liebe, aber selbst ich wusste, dass sich das nicht gehörte.

Doch trotz allem blieb in mir diese kleine Hoffnung übrig, dass es eine andere Erklärung für seine Entscheidung gab. Dass es vielleicht gar nicht an mir lag, sondern etwas dazwischen gekommen war und es deshalb aus gewissen Gründen nicht mit uns funktionieren würde.

Gründe, die er mir natürlich nicht sagen würde. So wie immer.

Ich könnte mich für meine -was wäre wenn- Gedanken glatt schlagen, da ich ihn mir weiterhin versuchte schön einzureden. Trotz seiner herzzerbrechenden Entscheidung.

Das Schlimmste an dieser ganzen Sache war aber, dass wenn er mich jetzt in diesem Augenblick anrufen und sagen würde, ich solle alles stehen und liegen lassen und zu ihm kommen, ich es tun würde. Ohne mit der Wimper zu zucken. Dafür könnte ich mich hassen.

Mir war nämlich klar, dass er das Gleiche nicht für mich machen würde. Egal, was auch geschehen sein mochte, hatte das Gespräch am Mittwoch letztendlich nur eines gezeigt- Ich war River nie wirklich wichtig gewesen.

Geschätzte zwanzig Minuten später öffnete ich die Haustür, betrat den inneren Eingangsberreich und stellte wenig später mein geliebtes Eis in die Kühltruhe.

"Wo warst du?", kam Mom in die Küche, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. "Ich war spazieren und habe mir noch etwas zum Essen geholt. Ich konnte nicht mehr in meinem Zimmer bleiben." Als nächstes holte ich mir ebenfalls ein Glas.

"Hört sich gut an. Du hast seit zwei Tagen nicht mehr dein Zimmer verlassen. Sicher, dass alles bei dir in Ordnung ist?", versichterte sich meine Mutter nun zum vierten Mal an diesem Tag und musterte mich misstrauisch.

"Ja, Mom, es ist alles bestens!", betonte ich jedes einzelne Wort. Dann griff ich nach der Wasserflasche und spürte Moms Blick auf mir. "Ich habe nur meine Periode.", log ich. Diese Ausrede funktionierte bei ihr jedes Mal.

"Okay, aber du weißt, dass du immer mit mir sprechen kannst?", sie strich kurz meinen Rücken auf und ab und zwang sich zu einem Lächeln. Bevor ich einen Schluck von dem Wasser nahm, nickte ich. "Wann kommt eigentlich Kaylee wieder nach Hause? Ohne sie ist es so still hier.", erkundigte ich mich, um das Thema zu wechseln und gleichzeitig auch, weil es mich interessierte.

"Sie bleibt noch zwei Tage bei Grandma und dann hole ich sie am Sonntag wieder ab.", erklärte Mom und stellte ihr Trinkglas in die Spüle. "Wenn du möchtest, kannst du doch mitkommen."

Eigentlich war das keine so schlechte Idee, zumal ich meine Großmutter seit einer längeren Zeit nicht mehr besuchen kam. Außerdem wusste ich, dass sie bei jedem Telefonat mit meiner Mutter nach mir fragte. "Mal sehen, wenn ich nichts vorhabe, dann gerne."

Was sollte ich an einem Sonntag auch großes vorhaben? Außer Hausaufgaben zu machen und nebenbei Serien anzuschauen, tat ich nichts produktives.

"Ich gehe hoch.", informierte ich sie, trank mein Glas zu Ende und verließ schließlich die Küche. In meinem Zimmer hing ich meine Jacke auf und band meine Haare zu einem unordentlichen Dutt, ehe ich mir bequeme Sachen anzog und mich auf das Bett fallen ließ.

Keine zwei Minuten später klopfte es an meiner Tür, weshalb ich leise seufzte. Es würde mich nicht wundern, wenn mein Vater sich nochmals nach meinem Wohlbefinden erkundigen wollte. "Herein!" Ich drehte meinen Kopf zur Tür und erblickte ihn wirklich im Türrahmen. Er lächelte und betrat mein Zimmer.

"Ich wollte dir nur schnell Bescheid geben, dass ich heute Nacht wieder zur Arbeit muss und für mehrere Tage nicht hier bin.", setzte er mich in Kenntnis und schaute sich kurz in meinem Zimmer um.

Zwar verstand ich nicht, weshalb er für nötig hielt, mir dies zu sagen, weil es nicht das erste Mal vorkam, dass Dad ständig wegmusste, doch trotzdem nickte ich und bedankte mich fürs Bescheid geben.

In diesem Moment fiel sein Blick auf mein Geschenk für River und haftete dort. Hoffentlich würde er jetzt nicht nachfragen, für wen ich das eingepackte Ding gemacht hatte. Aber mit ziemlicher Sicherheit sprach er die Frage aus, denn er deutete nun mit der Hand darauf.

"Für wen ist das Geschenk?" Ich hörte die Neugierde aus seinem Ton heraus und musste mir ein Augen verdrehen verkneifen. Dann erzählte ich, dass es nur für einen Freund sei. Schließlich wusste Dad immer noch nichts von River und das könnte auch gerne so bleiben.

"Soso...", murmelte mein Gegenüber und drehte sich dann lächelnd in meine Richtung. Zu gerne würde ich nun wissen, was sich Dad gerade gedacht hatte. Jedoch hielt ich mich zurück und blieb still. "Ich gehe dann mal meine Sachen packen. Wir haben gleich dreiundzwanzig Uhr."

"Pass auf dich auf!" Er nickte und schloss einen Herzschlag später die Tür hinter sich zu. Obwohl ich wusste, dass meine Eltern es nur gut meinten, nervte mich dieses ständige Nachfragen, ob es mir gut ginge oder nicht. Sonst interessierten sie sich auch nie dafür, zumal ihre Diskussionen wichtiger als alles andere zu sein schienen.

Mom und Dad sprachen nicht mehr miteinander. Aus diesem Grund versuchten sie sich aus dem Weg zu gehen und lenkten möglichst ihre ganze Aufmerksamkeit auf mich. Wenigstens blieb mir das laute Geschrei somit erspart.

Im nächsten Moment kämpfte ich dagegen an, nicht das Geschenk nun zum tausendsten Male anzusehen. Und auch diesmal wanderten meine Augen zu meinem Tisch, worauf das Ding lag, welches jetzt eigentlich woanders stehen musste.

River hatte mir eigentlich befohlen kein Geschenk zu holen. Allgemein hatte er sich nicht auf seinen achtzehnten Geburtstag gefreut, demnach wollte er auch nicht, dass man ihm eine Kleinigkeit schenkte. Geschweige denn eine Party organisierte.

Natürlich hörte ich nicht auf ihn und bastelte trotzdem etwas zusammen. Schließlich wäre dies der erste Geburtstag gewesen, auf dem ich auch anwesend war.

Aber wahrscheinlich hatte River nie bemerkt, dass ich nicht auf seinen vorherigen Partys erschienen war. Aus unerklärlichen Gründen hatte ich mich nie getraut hinzugehen. Dabei gab es nichts, wovor ich mich hätte fürchten müssen. Immerhin wäre ich ihm damals nicht einmal ins Auge gestochen.

Das Geschenk könnte jetzt schön Staub einfangen und dort vergammeln. Ich war mir nämlich nicht sicher, wann ich es ihm geben würde. Dazu musste ich zuerst den Mut aufbringen, um River überhaupt gegenüberstehen zu können.

Ugh, warum musste gerade alles so kompliziert sein? Ich hätte die Zeit, als noch alles gut war, mehr wertschätzen sollen. Vielleicht wäre dann vieles nicht passiert.

Wenig später rappelte ich mich auf, schlenderte runter in die Küche, mischte alle drei Eissorten in einen passenden und durchaus großen Teller, bis ich wieder meinen Laptop nahm und mich entschied, meine Serie weiter zu schauen.

Von Filmen hatte ich dann doch erstmals genug.

Das Einzige, was ich erreichen wollte, war nur River und seine doofe Party zu vergessen. Wenigstens für eine bestimmte Zeit.

Kurz vor Mitternacht widmete ich mich also voll und ganz meinem Laptop und drückte auf Play. Dank der Kälte, die das Eis mit sich brachte, würde ich morgen sicherlich mit Halsschmerzen aufwachen, aber das könnte mir herzlich egal sein. Auch wenn meine Mutter mich davor gewarnt hatte. Laut ihr solle ich nicht zu viel des Guten essen.

Ihre Predigt, wenn ich mir wirklich eine Erklärung einfangen würde, könnte mir aber Recht sein, sollte sie eben schimpfen.

Gefühlte Stunden schlug ich tot. Mittlerweile aß ich meine dritte Portion leer und fiberte richtig mit den Charakteren der Serie mit. Als ich dann in meinem Teller löffelte, aber nichts auf den Löffel bekam, stieß ich genervt die Luft aus und drückte auf Pause.

Erneut erhob ich mich und wollte wieder Eis holen gehen, da hielt mich mein klingendes Handy zurück. Verwirrt lief ich auf meinen Nachttisch zu, da ich mich wunderte, wer noch um dieser Zeit anrief.

Jedoch hörte das Klingeln keine fünf Sekunden später auf. Ich legte den Teller zur Seite und nahm das Handy in die Hand.

Als ich den Namen auf dem Display las, setzte mein Herz für einen Bruchteil einer Sekunde aus, während ich mit großen Augen und perplexen Gesichtsausdruck, den mittlerweile schwarzen Display anstarrte.

Es war zwei Uhr. Eigentlich riefen River und ich uns abwechselnd um dieser Uhrzeit spät an und sprachen bis zum Morgengrauen. Trotz der Schule.

Das musste nur ein dummer Zufall gewesen sein. Bestimmt wählte er versehentlich meine Nummer. Oder ein Hosentaschenanruf.

Andererseits könnte ihm auch etwas passiert sein. Ich hatte sowieso schon die ganze Zeit über ein mulmiges Gefühl gehabt. Was würde ihm aber schon zustoßen, wenn er doch sowieso zu Hause sein müsste. Oder war er etwa woanders?

Ich fühlte mich in diesem Moment definitiv überfordert und hatte keine Ahnung, ob es richtig wäre, wenn ich River zurückrufen würde. Schließlich wäre es für mich wirklich peinlich, wenn der Anruf keinesfalls geplant gewesen war und ich mich trotzdem bei ihm meldete.

Unschlüssig kaute ich auf meiner Unterlippe und erwischte mich selbst dabei, wie ich langsam den Pin zum Entsperren meines Handys eingab und auf die Anrufliste tippte. Prinzipiell hätte ich nichts zu verlieren, wenn ich ihn anrufen würde.

Ja, ich hatte nichts zu verlieren. Vielleicht würde ich später mein Zögern bereuen, wenn ich jetzt nicht die Nummer wählte.

Dann tippte ich mit zittrigen Händen auf den Anruf-Button und hielt langsam mein Handy an das Ohr. Nervös lauschte ich dem Piepen. Sekunden vergingen, bis eine mechanische Stimme mir erklärte, dass die Person, die ich anrief, im Moment nicht zu erreichen war.

Hatte er spontan das iPhone weggeschmissen oder wie durfte ich das verstehen? Es verging nach seinem Anruf nur ein paar kurze Minuten, eigentlich müsste er doch das Klingeln bemerken. Das war ja mal wieder ganz typisch River.

Seufzend legte ich das Gerät aus meinen Händen. Meine innere Unruhe verstärkte sich und ich bekam das dumme Gefühl nicht los, dass ihm wirklich etwas zugestoßen war. Warum sonst sollte er mich ausgerechnet jetzt anrufen wollen?

Mehrere Minuten ging ich auf und ab, überlegte, was ich nun tun sollte. Kam es komisch rüber, wenn ich ihm gleich einen kleinen Besuch abstattete? Denn offensichtlich schlief er nicht.

Entweder war River zu Hause und würde mich dumm anschauen oder er war fort und würde somit von meinem Besuch nichts wissen. Letzteres wäre mir eigentlich lieber. Doch wenn er sich daheim aufhielt, hätte ich die Gewissheit, dass es ihm gut ging und könnte ruhig schlafen.

Wieder schaute ich das Geschenk an. Falls er mich fragte, was ich mitten in der Nacht vor seiner Haustür tat, könnte ich ihm zumindest das Geschenk entgegen halten und lächeln.

Okay, so würde ich es machen. Meine Entscheidung stand fest. Jetzt müsste ich mich nur aus dem Haus schleichen, was kein Problem sein würde und gehen.

Zuerst guckte ich in den Spiegel. Ich spielte für einen kurzen Moment mit diesem Gedanken, etwas anderes anzuziehen, aber entschied mich schließlich doch dagegen. Nachdem ich das Geschenk, meine Schlüssel und mein Handy in den Rucksack verstaute, griff ich nach meiner Jacke.

Möglichst mit leisen Schritten stieg ich die Treppen runter. Meine Eltern müssten schlafen, also würde mich auf gut Glück niemand bemerken. Ich zog mir meine Schuhe an, umgriff mit der rechten Hand die Türklinke und wollte sie nach unten drücken, da hörte ich plötzlich Schritte hinter mir.

Ich war geliefert.

"Wohin gehst du, junge Dame?", erklang die ernste Stimme meines Vaters. Obwohl er es mir auch noch gesagt hatte, vergaß ich, dass er öfters gegen dieser Uhrzeit zur Arbeit ging. Langsam wurde die Tatsache, dass ich in manchen Situationen nicht mein Gehirn benutzte, ziemlich belastend.

Wie auf frischer Tat ertappt, kniff ich die Augen zu. Dann sammelte ich mich, drehte mich um, blickte in seine dunkelbraunen Augen und versuchte mir eine glaubwürdige Lüge einfallen zu lassen.

"Ich gehe... nirgendwohin!", fing ich an und konnte das nervös klingende Lachen nicht unterdrücken. Dad schien nicht sonderlich überzeugt von meiner Aussage zu sein. "Also ich wollte nicht gehen, sondern bin gerade erst gekommen. Du weißt doch, ich liebe nächtliche Spaziergänge."

"Du lügst schlechter als deine Mutter.", verschränkte er die Arme. Entschuldigend lächelte ich ihn an.
"Du gehst jetzt schlafen, Toni!", sagte Dad und zeigte mit dem Finger nach oben. Ja klar, sicher würde ich nun auf der Stelle tun, was er von mir verlangte. Ich hatte ja nichts besseres zu tun. Ironie ließ grüßen.

"Ist gut.", meinte ich, drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange und verschwand nach oben in den zweiten Stock. Von dort aus beobachtete ich ihn heimlich. Nachdem ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel und kurz darauf den Motor seines Autos, lief ich erneut nach unten. Anschließend fuhr er los, weshalb ich in der gleichen Sekunde hinaus ging.

Die kalte Luft ließ mich kurz zittern. Ich zog den Reisverschluss meiner Jacke zu und beschleunigte meine Schritte. Zu Fuß dauerte es von mir bis zu River nach Hause ungefähr zehn Minuten. Hätte ich meinen Führerschein, müsste ich weder frieren noch laufen. Wäre besser, wenn ich bald auch mit den Fahrprüfungen anfangen würde.

Einzelne Straßenlaternen erhellten die Gegend und ich schaute ein wenig paranoid in alle Richtungen. Die Nacht schien heute ziemlich ruhig zu sein. Für meinen Geschmack viel zu ruhig. Hoffentlich würde ich auf keinen Verrückten wie zum Beispiel Barry begegnen, der mich in seine dunkelsten Höhlen entführte.

Irgendetwas Schlechtes lag in der Luft, aber ich konnte mir nicht erklären, was es sein könnte.

Glücklicherweise erblickte ich von weitem Rivers Haus. Instinktiv wurde ich schneller und rannte die letzten Meter. Ein wenig außer Atem betrat ich schließlich den Vorderhof. Plötzlich hörte ich starkes Husten und erkannte dank des schwachen Lichts an der Haustür, ihn in einem schrecklichen Zustand auf dem Boden sitzen.

"River?", rief ich panisch, kniete mich ohne zu überlegen neben ihn hin und umfasste mit beiden Händen vorsichtig sein Gesicht. Immer noch hustete er, seine Augen konnte er kaum offen halten und sein Oberteil war deutlich mit Blut verschmiert. "An-toinette?", brachte er mühevoll hervor. Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. "Ich bin da.", versicherte ich ihm. Was zur Hölle war passiert?!

Ich musste unbedingt schnell handeln, denn nun bemerkte ich auch, dass er schrecklich fror und am ganzen Leib zitterte. Ich tastete seine Jackentaschen nach einem Hausschlüssel ab und wurde glücklicherweise fündig. "Halte noch ein bisschen durch.", murmelte ich, steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür.

Jetzt müsste ich ihn nur noch hinein schleifen, doch ich hatte keine Ahnung, wie ich das anstellten sollte.

Zögernd griff ich ihm unter die Arme und versuchte seinen Körper anzuheben. Mit viel Mühe zog ich ihn langsam auf die Beine und versuchte so gut wie es ging ihn abzustützen. Seinen linken Arm legte ich um meine Schulter und glücklicherweise konnte River sich mit meiner Hilfe gerade noch so auf den Beinen halten, wodurch er mir vieles erleichterte.

"Wir haben es gleich geschafft.", flüsterte ich und steuerte auf das Sofa zu. River atmete schwer. Ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, welche Schmerzen er in diesem Moment erdulden musste. Vorsichtig legte ich ihn auf das Sofa, richtete mich wieder auf und schloss die Haustür zu.

"Kannst du mir sagen, wo der Verbandkasten ist?" Ich zog meine Jacke aus und deckte ihn mit dieser mehr oder weniger zu. "Im-", ein Husten unterbrach ihn. "Schrank."
Welcher Schrank? Hier gab es viele Schränke.

Doch ich wollte ihm keine weiteren Fragen stellen, da ihm das Reden nach wie vor schwer fiel. Ich wiederum konnte nicht mehr klar denken. Verzweifelt versuchte ich mich zu erinnern, wo wir normalerweise erste Hilfe Koffern und Verbandkästen verstauten. Soweit ich mich erinnerte, bewahrten wir solche Dinge in Wandschränken auf.

"Ähm, okay- Warte hier!", stammelte ich und bemerkte, wie unlogisch ich mich anhörte, da er sowieso nicht in der Lage war sich zu bewegen und eilte von einer Ecke zu der Anderen. Wahrscheinlich hinterließ ich einen Saustall zurück, zumal ich vieles aus den Händen fallen ließ oder nicht mehr an den Platz zurücklegte, doch dies schien mir in diesem Moment ziemlich unwichtig zu sein.

Dann öffnete ich den letzten Wandschrank und atmete erleichtert aus, als ich fand, wonach ich gesucht hatte. Ich holte den Verbandkasten heraus und ging damit zurück zu River. Nachdem ich auch das Licht anschaltete, kniete ich mich erneut neben ihn. "Wer hat dir das nur angetan?", entfuhr es mir fassungslos.

Als aller erstes fielen mir seine blutigen Hände auf. Die Haut an seinen Fingerknöcheln war völlig aufgerissen und schienen bei der kleinsten Berührung zu brennen. Gewisse Stellen an seinem Gesicht waren voller frischer Wunden, während er mit schmerzverzerrter Miene die Augen geschlossen hielt. Das Einzige, was sich zu normalisieren schien, war sein hektischer Atem und das Husten ließ auch ein wenig nach.

Danach fühlte ich seine Stirn, wodurch ich bemerkte, dass er hohes Fieber hatte. Er glühte förmlich. "Ich komme gleich wieder." Ich erhob mich, ging ins Badezimmer und wusch mir zuerst die Hände. Dann holte ich zwei kleine Eimer, die ich in den Schränken fand und füllte eins mit kalten und das Andere mit warmen Wasser auf. Dazu nahm ich zwei saubere Lappen.

Bei ihm angekommen tunkte ich ein Lappen ins kalte Wasser, rang diesen aus und legte ihn auf seine Stirn. Er gab bloß leise Laute von sich. River so zu sehen zerriss mir das Herz. Er wirkte ziemlich erschöpft und litt offensichtlich an seinen Schmerzen mehr als ihm und mir lieb war.

Distanz hin oder her, jetzt könnte ich mich erst recht nicht mehr von ihm fern halten.

Im nächsten Augenblick öffnete ich eine Verbandspackung und hatte vor, ihn so gut wie es mir gelang zu verarzten. Jetzt war es höchste Zeit um mein übrig gebliebenes Wissen einzusetzen, welches ich bei den Sanitätern gelernt hatte.

Zuerst machte ich mich an seine Hände ran. Ich spülte die Wunde an seiner linken Hand mit lauwarmen Wasser, um sie erstmal zu reinigen, wobei ein kurzes, schmerzerfülltes Zischen seinen Mund verließ. "Halte noch ein bisschen durch. Es ist gleich vorbei."

Anschließend desinfizierte ich die Wunde und nahm das Verband. Vorsichtig wickelte ich das weiße Ding um seine Hand. Nachdem ich fertig war, tat ich das Gleiche auch mit seiner rechten Hand.

Nun kümmerte ich mich um sein Gesicht. Bevor ich aber diese Wunden ebenfalls säuberte, desinfizierte und mit Pflastern beklebte, konnte ich mich nicht zurückhalten und strich mit meinen Fingern sanft seine Wange auf und ab. Meine Berührung brachte ihn dazu, die Augen zu öffnen, nur um sie dann wieder zu schließen. Dennoch bemerkte ich das kleine Lächeln, welches sich auf seine Lippen stahl.

"Ich wollte uns nie aufgeben, Antoinette.", hauchte er plötzlich, kaum vernehmbar und legte mühevoll seine Hand auf meine. "Das weiß ich."

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