Epilog
Ich liebte den Frühling. Die Tage wurden allmählich heller und länger, der liebliche Duft der blühenden Blumen lag in der Luft, die Vögel zwitscherten munter und die warme Mittagssonne, oben am strahlend blauen Himmel, küsste meine Haut.
Umgeben von meinen Freunden, genoss ich die angenehme Atmosphäre, während ich auf der großen grünen Wiese auf einer Picknickdecke saß. Ich betrachtete die Natur, welche wieder neu zum Leben erwachte und blickte zu den blühenden Apfel- und Birnenbäumen herüber.
Mir drang der Geruch von Essen in die Nase. Der Ort war perfekt um zu grillen. Ich war Keshav dankbar dafür, weil er uns alle spontan dazu angestiftet hatte, einen Grilltag zu veranstalten. Josh, Lana, Hunter und River waren alle hier. Manche ein wenig abseits, andere dagegen viel zu nahe.
"River, hör auf dich so stark an mich zu lehnen!", sagte ich dezent genervt und drückte grob seinen Oberkörper von mir. Seit Minuten versuchte er sich vor den Insekten, insbesondere sich vor den Bienen zu schützen, weshalb er ständig zusammenzuckte und dichter an mich rückte.
"Aber hier fliegen überall hässliche Viecher herum!", beschwerte er sich. "Siehst du die Biene da vorne? Die hat es locker auf mich abgesehen!" Leider hatte er Schiss vor fliegenden Insekten. Und ich wünschte wirklich, es wäre dem nicht so. Er hatte sich kaum entspannen können.
"Die Biene hat dir nichts getan. Sie wird dich auch nicht angreifen, wenn du es endlich sein lässt, dich auffällig zu verhalten! Du erregst ihre Aufmerksamkeit", erklärte ich und versuchte, ihn zu beruhigen, doch River starrte weiterhin auf das kleine fliegende Tierchen.
Leise seufzte ich auf. Er fühlte sich erst dann wohl, sobald er das Insekt aus den Augen verloren hatte. Wobei er sicherlich sich nach neuen umschauen und erneut Panik bekommen würde. "Ich erinnere dich daran, dass du Angst vor Spinnen hast. Du schreist wie verrückt, wenn du eine entdeckst! Da darf ich ja wohl Bienen scheußlich finden."
Augenblicklich verzog ich das Gesicht zu einer empörten Miene. Es war unfair, dass er meine Angst gegenüber Spinnen erwähnte. Das war keinesfalls dasselbe! Spinnen waren widerliche und gruselige Wesen. Im Vergleich zu Bienen waren sie weitaus Furcht einflößender.
"Du hast versprochen diesen Moment nie mehr zu erwähnen!", erinnerte ich ihn beleidigt, worauf River auflachte. "Schönheit, dir ist es doch nicht etwa peinlich, dass du vor einigen Tagen zuerst geschrien und dann angefangen hast zu weinen, nur weil du die Spinne gesehen hast?"
Sein belustigter Gesichtsausdruck verriet mir, dass er absichtlich Salz in die Wunde streute. Dieses Arschloch. "Pssst! Nicht in Gegenwart der Anderen!", mahnte ich ihn, wobei ich mich leider mehr flehend als streng anhörte und drückte reflexartig meine Hand auf seinen Mund.
Er umfasste sanft mein Handgelenk und befreite sich sofort aus seiner Redesperre. "Sie haben nichts gehört", meinte er dann grinsend. "Und ich wünschte, du hättest es auch nicht gehört, geschweige denn gesehen!", erwiderte ich trotzig.
Mein Freund schaute mich bloß schweigend an, während ich merkte, wie sehr er sich gerade das Lachen verkniff. Wahrscheinlich weil er wusste, dass ich ihm gleich eine scheuern würde, wenn er nicht endlich damit aufhörte, mich an dieses beschämende Ereignis zu erinnern.
Plötzlich fiel mir sein rechtes Handgelenk auf. Er trug daran nichts. "Wo ist eigentlich mein Haargummi, das du eine Zeit lang getragen hast?" Automatisch sah er ebenso auf die Stelle, ehe er unbekümmert mit den Schultern zuckte. "Es ist mir vor Monaten beim Training gerissen."
Vor Monaten? Mittlerweile hatten wir Mitte März, er trug das dünne Band noch im Oktober. Irgendwie war das traurig, dass ich es danach nie mehr im Auge behalten hatte, was auch River zu bemerken schien, da ich mir meine Verwirrung anmerken ließ. "So achtest du also auf mich?"
In seiner Stimme schwang ein leichter Vorwurf, weshalb diesmal ich auflachte. "Wenn ich ehrlich bin, habe ich die Haargummi-Sache längst vergessen. Ist mir plötzlich wieder in den Sinn gekommen." River schüttelte bloß den Kopf, als er mein entschuldigendes Lächeln bemerkte.
"Ja, war schon belastend gewesen, als es kaputt ging. Kann man nichts machen, passiert eben", meinte er anschließend ruhig, so als hätte er vorhin nicht noch ängstlich der Biene nach gestarrt. Wie von selbst fiel mein Blick auf meine Armbänder.
Auf eins ruhten meine Augen besonders lange. Es besaß ein geknöpftes Muster und trug die Farben schwarz und rot. Mein Lieblingsstück. Wieder schaute ich zu meinem Freund. Im nächsten Moment zog ich instinktiv das Band aus und hielt es zwischen meinen Fingern.
"River, reich mir bitte deine Hand", forderte ich lächelnd, dem er erst einige Sekunden später verwirrt nachging. Er verstand mein Vorhaben, als ich das Armband an seinem Handgelenk befestigte. "Das ist doch dein Lieblingsarmband!", entfuhr es ihm verblüfft.
"Da siehst du mal, welche Ehre ich dir hiermit erweise!", bestätigte ich lachend. "Pass bitte darauf auf!", fügte ich schmunzelnd hinzu. Bei diesem wollte ich nur ungern hören, dass es ihm beim Training gerissen war. Im Gegensatz zum Haargummi war das wichtiger.
River schloss mich in eine innige Umarmung. "Werde ich!", versicherte er mir, wodurch ich wieder lächeln musste. Noch im selben Moment erblickte ich Lana und Hunter.
Es war immer noch unklar, was genau zwischen ihnen lief, aber sie waren definitiv mehr als nur zwei gute Freunde. Vielleicht sogar schon ein Pärchen. Wir mischten uns da nicht ein.
"Jetzt sieh dir mal die Beiden an!" Mein Freund atmete gereizt aus, da er auch ohne Hinsehen wusste, worauf ich ihn aufmerksam machte. Mittlerweile hatte er sich zwar damit abgefunden, dass die Beiden mehr füreinander empfanden, aber nun störte ihn etwas ganz anderes.
"Antoinette, hör auf so erfreut dahin zu sehen. Die sind nicht süß, sondern nervtötend!", entgegnete er dementsprechend und schnalzte mit der Zunge, während er seine Sonnenbrille wieder aufsetzte. Nur pure Eifersucht ließ ihn so denken.
Für Rivers abfällige Reaktion war folgendes nämlich der Grund; Seiner Meinung nach würde Lana seinen besten Freund ganz für sich einnehmen.
Jedes Mal, sobald Hunter bei den Adams zu Besuch kam, freute sich River, nur um dann enttäuschenderweise festzustellen, dass er für seine Schwester herkam. Zudem hielten sie sich für mehrere Stunden in ihrem Zimmer auf und verriegelten die Tür.
Dabei übertrieb er maßlos. Die zwei Freunde unternahmen nach wie vor viel miteinander. Manchmal tat mir Hunter sogar leid, da er oft zwischen die Fronten geriet. Das führte dann meist dazu, dass Lana sauer auf ihn wurde, zumal er letztendlich immer zu River hielt.
Freundschaft hatte nun mal bei beiden höchste Priorität, was Lana glücklicherweise mehr oder weniger zu respektieren schien. Hunter bewies River oft genug seine Loyalität, tief im Inneren wusste er selbst, dass er ihn nicht an seine Schwester verlieren würde.
"Er steckt Lana gerade eine Blume ins Haar!", erzählte ich ihm enthusiastisch. Da ging wirklich mein Herz auf, diese harmlose Geste war nur unfassbar süß. River weigerte sich jedoch in ihre Richtung zu sehen. Dann eben nicht. "Wieso steckst du mir eigentlich nie eine Blume ins Haar?"
Wegen meiner Frage schob er seine Sonnenbrille sogleich in sein wirres Haar und blickte mich verständnislos an. "Warum sollte ich dir Blumen ins Haar stecken?" Natürlich, wieso sagte ich das auch zu jemanden, der von Blumen nichts hielt? "Weil das romantisch ist, vielleicht?"
River verlieh seinem Gesicht einen unbeeindruckten Ausdruck. "Klar, ganz deiner Meinung! Wenn du möchtest, flechte ich dir sogar ein Haarkranz aus Gänseblümchen." Ich wollte seinen Sarkasmus nicht wahrnehmen, weshalb ich begeistert nachfragte, ob er das wirklich tun würde.
"Nein, gib dich mit dem Rosenanhänger an deinem Hals zufrieden. Außerdem verstehe ich wirklich nicht, wieso du unbedingt Blumen haben möchtest. Die sind doch nur schön verpacktes Unkraut! Sobald sie austrocknen, schmeißt du sie sowieso weg", gab er schroff zurück.
"Du bist so unromantisch, River." Nach diesen Worten sorgte ich zwischen uns für einen Abstand und wandte meine Augen von ihm ab. Er lachte belustigt auf. "Sagt die Richtige." Ich spürte weiterhin seinen Blick auf mir, welchen ich jedoch gekonnt ignorierte.
"Sag nicht, du bist deswegen jetzt angepisst", sprach er einige Sekunden danach verunsichert. Ich war nicht angepisst. Lediglich sollte er ein wenig Reue verspüren, weil er mir andauernd derartige Kleinigkeiten schlecht einredete, bloß weil er nichts von ihnen hielt. Das war nicht fair.
Ich reagierte auf ihn auch nicht dann, als er plötzlich seine Arme um mich legte und mich näher an sich zog. Die Sonne schien an dieser Stelle direkt auf uns herunter und ich liebte es, die Sonnenstrahlen auf mir zu spüren.
River fing an, sanft meine Schultern zu massieren und verteilte hinterher Schmetterlingsküsse auf meiner warmen Haut, bis es dann um mich geschehen war. Er erreichte sein Ziel- weiter konnte ich ihn nicht mit Schweigen bestrafen. "Du bist ganz schön manipulativ."
Ich lächelte verstohlen und erwartete eine Antwort seinerseits, doch stattdessen hielt er vor meinen Augen stumm ein Gänseblümchen in die Höhe. "Verzeih mir bitte", raunte er in mein Ohr, da er sein Gesicht dicht an meines geneigt hatte.
Zufrieden nahm ich ihm die kleine Blume ab. "Schon vergeben und vergessen!", lachte ich und lehnte mich anschließend gegen seine Brust. Eigentlich wollte ich nun meine Augen schließen und entspannen, doch da sah ich Joshua auf uns zukommen.
"Eww, wenn ich euch so sehe, wird mir schlecht", sagte dieser missbilligt, als er vor uns zum Stehen kam. "Wieso lässt der Kerl ständig seine Frust an uns aus?", kam es seufzend von River. "Er ist nur neidisch, weil Cecilia für zwei Wochen in Pakistan ist", antwortete ich belustigt.
Während ich zu Josh blickte, um seine Reaktion erleben zu können, stimmte mir mein Schönling amüsiert zu, weswegen wir uns einen High-Five gaben. Der Blondschopf lachte zuerst gekünstelt auf, bevor wir einen Killerblick kassierten. "Ihr Witzbolde", fügte er murrend hinzu.
Im selben Moment legte Keshav einen Arm um seinen Kumpel und betrachtete uns neugierig. "Worüber redet ihr?", wollte er wissen. "Toni und River ziehen mich wieder auf, weil Cece weg ist", erklärte Joshua, während er den Finger anklagend auf uns richtete.
"Hört mal auf, so fies zu sein!", tadelte zwar Kesh, aber seine Worte waren keinesfalls ernst gemeint. "Habt ihr nichts besseres zu tun?", setzte mein Freund wieder zu Sprechen an, doch verstummte sofort, als das Handy meines besten Freundes klingelte.
Ceces fröhliche Stimme ertönte, sie rief per Videochat an. Ein Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen, als ich bemerkte, wie sich wieder Joshuas Laune innerhalb von Sekunden besserte. "Und wir haben gerade noch von dir gesprochen!", erzählte er ihr grinsend.
Wir alle riefen ihr zur Begrüßung etwas zu. Hinterher richtete Josh die Kamera auf uns, worauf wir ihr zuwinkten. "Ihr seid ja draußen!", bemerkte sie. Ihr Bruder nickte. "Wir chillen hier und haben vorhin noch gegrillt. Nur du fehlst."
"Ja, ich wäre jetzt auch gerne bei euch. Hier ist nicht viel los, da wollte ich mal sehen, was ihr so macht." Cecilia klang betrübt. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ihr nicht nur ihre Abwesenheit zu schaffen machte. Schließlich reiste sie nicht zum Spaß nach Pakistan.
Bedauerlicherweise wurde nämlich ihre Oma schwer krank. Da wollte Cece mit ihrem Vater selbstverständlich in ihrer schwierigsten Zeit bei ihr sein, weshalb sie sich von der Schule beurlauben ließ. Die erste Woche brachte sie bereits hinter sich.
Hoffentlich kam sie demnächst mit guten Neuigkeiten zurück nach Hause. Ehrlich gesagt fehlte sie mir genauso. Ich konnte das Empfinden meines besten Freundes gut nachvollziehen. Ohne Cecilia war es einfach nicht dasselbe.
Die Jungs entfernten sich von uns, um in Ruhe mit Cece sprechen zu können. Nachdenklich sah ich ihnen nach. "Josh vermisst sie fürchterlich. Es ist immerhin schwer, wenn man plötzlich von jemandem getrennt ist, den man liebt. Zudem man viel Zeit mit dieser Person verbringt."
Ich spürte, wie River in seiner Bewegung inne hielt. "Das sollten wir am besten wissen", erwiderte er leise. Wortlos griff ich nach seinen Händen und verschränkte unsere Finger miteinander. "Aber wir sind wieder gesund und glücklich. Letztendlich zählt nur das!"
Wir machten Fehler, lachten und weinten, standen schwierige Zeiten durch und verloren die Normalität aus den Augen. Aber das war menschlich. Nun wussten wir zumindest, dass es immer etwas gab, wofür es sich zu leben lohnte. Das Leben blieb nicht immer trostlos, früher oder später wendete sich alles wieder zum Guten.
Ich setzte mich auf, ehe mein Blick wieder seinen traf. "Jetzt bekamen wir sogar bestätigt, dass nach jedem Regen tatsächlich wieder die Sonne scheint", ergänzte ich metaphorisch. Ein schwaches Lächeln konnte ich dabei nicht verhindern, welches er sofort erwiderte.
"Oder dass nicht alles schwarz und grau bleibt", warf er ein. Es überraschte mich, dass River selbst eine Farbmetapher machte. Schließlich tendierte ich normalerweise zu derartigen Denkweisen.
"Vielleicht ist es manchmal sogar nur eine bestimmte Person, die einem wieder seine Farben zurückbringt." Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sehr er mich mit diesem Satz gerade glücklich machte. "So wie bei uns?", hauchte ich und malte Kreise auf seinem Handrücken.
Seine Grübchen stachen hervor, als er nickte. "So wie bei uns." River legte schließlich hingebungsvoll seine Lippen sanft auf meine. Es war zwar nicht unser erster Kuss, und gewiss nicht der Letzte, aber er bedeutete mir in diesem kleinen Augenblick alles.
Vielleicht, weil darin so viel Liebe und Vertrauen steckte. Er bestätigte, dass das, was River und mich verband, echt war. Für nichts auf dieser Welt würde ich das aufgeben wollen. Ich hatte mein sicheres Zuhause bei ihm gefunden. Jede Faser meines Herzens liebte diesen Jungen.
Schweigend lagen wir nach einer Weile auf der großen Decke und genossen weiterhin das schöne Wetter. Mein Blick huschte zu River. Er hielt die Augen geschlossen, während seine Gesichtszüge unglaublich entspannt wirkten. Diesen Anblick mochte ich an ihm am liebsten.
Ein Windzug machte sich bemerkbar und ließ mich erschaudern. Ich rieb mir über meine nackten Oberarme und hielt Ausschau nach meinem Cardigan. Als ich fündig wurde, zog ich sie mir sogleich über. Danach sah ich auf meine Handyuhr. 18:49 Uhr.
Kein Wunder, dass es kälter wurde. Wir hatten bereits Abend. Ich bemerkte, dass der Himmel sich lila und pink gefärbt hatte, während die Sonne allmählich unterging. "Hast du deine Kamera da?", erkundigte sich plötzlich River und setzte sich auf.
"Wieso?", wollte ich verwundert wissen. Er nahm bereits an, dass ich sie mitgebracht hatte, weswegen er mir meinen Rucksack reichte "Mir ist danach, deine Fotos anzusehen", erklärte er anschließend lächelnd. "Du interessierst dich nie für meine Fotos", entgegnete ich misstrauisch.
Trotzdem gab ich ihm die Kamera. "Gar nicht wahr!", stritt er lachend ab und schaltete in der nächsten Sekunde das Gerät an. "Wehe du löschst Bilder!", warnte ich ihn, weshalb River bloß die Augen verdrehte. Ich hasste das, nur ich durfte etwas an meiner Fotosammlung ändern.
Während er sich also meine Werke anschaute, betrachtete ich den Sonnenuntergang und beantwortete ihm hin und wieder seine Fragen bezüglich der Fotos. Gedankenverloren konzentrierte ich mich auf die Natur. "Das Farbenspiel am Himmel ist wunderschön", murmelte ich verträumt vor mich hin.
Im Augenwinkel nahm ich meinen Schönling wahr. Offenbar schenkte er seine Aufmerksamkeit weiterhin dem Fotoapparat, bis ich wieder seinen Blick auf mir spürte. Nur am Rande bekam ich mit, wie er sich die Kamera um den Hals hing. "Schnappschuss!"
The End
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