Noah war nervös. Sehr nervös, um genau zu sein, denn Carly sang heute. Vor ihrer Klasse. Und Noah wollte dabei sein. Denn Carly war die einzige Freundin, die er hatte und er wollte sie unterstützen so gut es ging. 
"Du bist aufgeregter als ich", sagte Carly amüsiert. Die ganze vergangene Woche hatten sie beide die freie Zeit vor der Schule damit verbracht, durch die Gänge zu wandern, und miteinander zu reden. Noah vertraute Carly. Und er hoffte, dass sie ihm auch vertraute. 
"Ich weiß", sagte Noah und machte einen Hüpfschritt. In seinem Kopf lief '21 Guns' in Dauerschleife, Carly würde es singen. Ihre Stimme klang großartig bei dem Lied. 
"Heute, vierte Stunde." Carly sah ihn an. "Kannst du irgendwie vor der Stunde kurz auftauchen. Zum ermutigen?" 
"Ich werde da sein." 

Noah hielt sein Versprechen und tigerte im Gang vor dem Musikklassenzimmer auf und ab. Eigentlich hätte er jetzt Sport, aber er hatte einem Klassenkameraden gesagt, er würde bisschen später kommen - und Herr Rosenbaum war ohnehin entspannt. Die Achtklässler betrachteten ihn schon neugierig, doch Noah wartete nur darauf, dass Carly kam. Und schließlich winkte sie ihm zu und er ging zu ihr einen Gang weiter, damit die anderen aus ihrer Klasse sie nicht sahen. 
"Ich werde das vergeigen. Sowas von." Carlys Gesicht zierten rosa Flecken und sie raufte ihre braunen Haare. Ihre Finger tippten einen Rhythmus auf dem Buch, das sie in der Hand hielt. Noah hatte das Bedürfnis, sie zu umarmen, ihr zu sagen, dass alles okay werden würde. Sie würde es schaffen. Aber Carly war kein Fan von körperlicher Nähe und so standen sie sich nur unbeholfen gegenüber. Bis Carly ihren Kopf gegen seine Schulter fallen ließ. "Ich hab Schiss", murmelte sie und Noah strich ihr vorsichtig über den Rücken. "Du kriegst das hin, bestimmt. Du hast eine wunderschöne Stimme. Und ich bin da. Ich werde zuschauen. Irgendwie." 

Frau Buchner machte die Tür zum Glück nicht zu. So schaffte Noah es, sich so zu platzieren, dass er zuhören konnte, als Carly sang. 
"So Kinder", hörte er Frau Buchner, "Carly singt für uns heute... 21 Guns, nicht? Du hast ein wunderschönes Lied rausgesucht." Die Musik ging an. Und als Carly anfing zu singen, vorsichtig, leise, ein wenig zittrig, und doch wunderschön, bekam Noah Gänsehaut. "Do you know what's worth fighting for? When it's not worth dying for? Does it take your breath away and you feel yourself suffocating?" Ihre Stimme war wunderschön und Noah veränderte den Winkel, in dem er stand, um Carly singen sehen zu können. Sie stand dort, verkrampft und in Abwehrhaltung, aber auch stolz. Und die Gesichter ihrer Klassenkameraden versüßten Noah den Tag.