Seitdem sie im Bus nebeneinander gesessen waren, sah Carly Noah praktisch die ganze Zeit. Sie sprachen nicht miteinander, nickten einander höchstens zu. Aber er schien überall zu sein, wo sie auch war. In der Schule hatte sie ihn nie realisiert, aber er war da. Jetzt bemerkte sie ihn. Entweder vor den Physikräumen, oder nach Kunst war er oft bei den Proben der Schulband dabei, nur um zuzuhören - und manchmal spielte er auch selbst die E-Gitarre.

Die meiste Zeit verbrachte Carly alleine - sie war der Büchernerd, sie hatte keine Freunde. Aber es störte sie nicht. So hatte sie keine Leute, mit denen sie sprechen musste, die sie ständig in ihrer Nähe hatte. Und sie konnte tun, was sie wollte. Also verbrachte sie die meisten Pausen in der Bibliothek. Miss Murphy, die Bibliothekarin, kannte und mochte sie - Carly durfte mittlerweile auch selbst Bücher ausleihen und sie scannen und auch Bücher, die eigentlich nicht für ihr Alter gedacht waren, ließ Miss Murphy bei ihr durchgehen. Miss Murphy gehörte zu den wenigen Leuten, die Carly mochte. 
'Wunder' war eins von Carlys Lieblingsbüchern. Zum ersten Mal hatte sie es mit acht Jahren gelesen, mittlerweile konnte sie es fast auswendig und der Ausgabe, die sie daheim liegen hatte, konnte man ansehen, wie oft sie schon gelesen wurde. Doch als sie zum wiederholten Male anfangen wollte, das Buch zu lesen, ließ sich jemand auf den Sitzsack neben sie fallen. "Noah", sagte Carly, als sie den Jungen aus der zehnten Klasse erkannte. 
"Hi, Carly." Noah nestelte an seinem Ohr herum und Carly konnte einen Kopfhörer erkennen. 
"Du..." Noah zögerte. "Also, ähm. Ich brauch jemanden, der mir hilft." Carly legte den Kopf schief und legte das Buch zur Seite. "Wobei?" 
"Ich habe demnächst ein Musikreferat. Und wir müssen uns etwas Kluges, Interessantes dafür einfallen lassen." Noah schien sichtlich unwohl zu sein. "Und ich habe gedacht, ich könnte ein Cover von einem Lied aufnehmen. Und am liebsten würde ich Heavy von Linkin Park nehmen. Und ich bräuchte eine weitere Stimme." Es dauerte eine Weile, bis Carly realisierte, was er von ihr wollte. "Ich? Wieso fragst du mich?" 
"Weil..." Noah zögerte. "Nun ja, ich weiß nicht wirklich, wen ich sonst fragen soll. Ich bin nur der Musikfreak, niemand mag mich wirklich." Carly überlegte einen Moment. "Ich helfe dir. Aber nur, wenn du nicht sagst, dass ich mitgesungen habe." Noah atmete aus. "Danke, Carly, danke. Und Ehrenwort. Ich geb dir nach der Schule meine Nummer, okay?" Carly nickte und Noah ging wieder. Sie ließ sich hinten in ihr Kissen fallen. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.