Carly vermisste Noah mehr als sie gedacht hätte. Sie vermisste es, ihn wirklich zu sehen und seine Stimme nicht nur über elektronische Geräte zu hören. Da er im Urlaub weniger schreiben konnte als sonst, stattete sie der örtlichen Bücherei einen Besuch ab und nahm sich sechs Bücher mit. 
Sie hatte einen Lieblingsplatz. Hinter dem Garten ihres Zuhauses ging alles in Wald und Wiesen über und wenn Carly ungefähr einen Kilometer durch das Gebüsch gewandert war, kam sie an ein altes Bahngleis. Es stand schon mehrere Jahre lang still und nach und nach hatten die Pflanzen die Kontrolle übernommen. Kleine, dünne Bäume wuchsen innerhalb des Bahngleises und auch wenige Blumen. Kaum jemand kannte diesen Platz und die nächste Straße war ein paar hundert Meter weiter erst. Carly war hier immer allein. 
Hier verbrachte sie viel Zeit. Ihrer Familie gefiel es nicht, dass Carly immer alleine umherstreifte, anstatt etwas mit gleichaltrigen zu unternehmen, aber sie ließ sich nicht davon abhalten. Wenn Carly hierher kam, hatte sie immer einen Stift dabei. Einen Stift und ein Buch. Unter einem großen Stein hatte Carly ihr Notizbuch versteckt. Dort waren ihre Gedanken, ihre Ideen untergebracht. Wenn Bücher nicht mehr weiterwussten, dann half ihre Fantasie Carly, der Realität zu entkommen. Die Geschichten hatte noch niemand gelesen, und es würde sie auch niemand verstehen, denn es waren nur kleine Ausschnitte von dem, was in Carlys Kopf vorging. Alles würde sie niemals in ein Notizbuch bekommen, nicht in zwei oder drei. Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf. 
Zwischen Wurzeln und jeder Menge Moos war Carlys Stammplatz. Dort saß sie immer, entweder sah sie einfach nur geradeaus und dachte nach, oder las. Diesmal las sie. Sie verschlang eine Seite nach der anderen immer weiter, bis sie so weit in das Buch eingetaucht war, dass sie fast nicht mehr auftauchen konnte.