Träumen ist wie Tanzen, und Alice ist wie Pauline eine Tänzerin: Sie tanzt ihren Weg ins Wunderland. Alices Briefe sind wie Zaubersprüche; sie haben Macht, weil sie handgeschrieben und ein Tanz mit Worten sind. Merci beaucoup, pola4friends, für all die Briefe, die dieses Segelschiff der Fantasie über jede Stromschnelle tragen, bis wir die Insel der Königin tief unten im Kaninchenbau erreicht haben werden.

"Every time they try 2 clock U,
tick more than they tock."

Prince & The New Power Generation, Push 

Ich glaube, deine Bilder sind die Matrix, und unabhängig von deinen ganz eigenen Gefühlen lege ich meinen Geist in sie, solange ich mich in Oz bewege, und wenn ich dort bin, gelten andere Gesetze als die, mit denen ich aufgewachsen bin. Ich trete durch den Rahmen deiner Bilder, und die Landschaften werden weit. Ein bisschen ist das wie in Stephen Kings Rose Madder, unheimlich manchmal, und ich bin glücklich, dass deine Welten meistens schön für mich sind und ich mich nicht irgendwo im Labyrinth verirren kann, wo der Stier auf mich wartet. Du nimmst mich meistens an die Hand und zeigst mir etwas, machst mich auf ein Detail aufmerksam, das ich zuvor übersehen habe, und dann muss ich lachen, weil diese ganze Jagd nach Gold so absurd ist, wenn doch alles aus Gold gemacht ist. Manchmal ist es zu dunkel, um es zu sehen, aber dann dringt ein Sonnenstrahl durch die Wolken, und...mein Gott: Es funkelt überall...

Alice legte das Buch zur Seite, und als sie aufschaute, drang tatsächlich endlich die Sonne durch die bis dahin dicht geschlossene Wolkendecke, und obwohl es schon die ganze Zeit angenehm warm war, bekam jetzt alles so richtig Farbe, wurde angemalt wie von einem unsichtbaren Pinsel, und einen Augenblick lang glaubte sie fast, die Hand sehen zu können, die den Pinsel hielt. Es war eine große und kraftvolle, aber doch sehr geschmeidige Hand, und jetzt musste sie an den Arm denken, der zu der Hand gehörte. Der Arm musste gewaltig sein, schwer wie Säulen aus Marmor, und der Schatten, der jetzt von hinten über sie fiel, erschreckte sie sehr, denn sie war sicher, dass der Maler nun aus den Wolken herab gestiegen war - aber konnte jemand, der so schöne Dinge malte, einem Mädchen wie ihr Angst einjagen wollen?
Oh, es gab vieles in dieser Welt, und vor vielem hatte ihr Vater sie gewarnt! Aber ihre Mutter hatte niemals vergessen, ihr all die kleinen Dinge zu zeigen, die das große Bild, wie sie es nannte, immer wieder von Neuem mit Leben erfüllten, und die Farben auf dieser so seltsamen Leinwand, die sogar das Sternenlicht einfangen konnte, würden niemals ausbleichen. Das war der geheime Zauber dieser Welt, und die Namen, all die Namen spielten eine so wichtige Rolle dabei! Sie hatte sie von Kindesbeinen an gelernt, und einer von ihnen zippelte und zappelte jetzt zwischen ihren Lippen und verschaffte sich kitzelnd Bahn, bis sie seinem Drängen genüge tat und leise "azimha" flüsterte.
"Oh, ich kann ihn nicht hören!", dachte sie - nun war er ausgesprochen, und mächtig und schön war er, denn nur die leisen Dinge haben wirkliche Macht.
Alice lächelte, und der Schatten verschwand, wohin alle Schatten verschwinden: Sie suchen die dunklen Plätze auf. Immer sind es die wirklich dunklen Plätze, wohin die Schatten gehen, hatte ihre Mutter ihr erklärt, und die dunklen Plätze sind es, die du meiden musst. Oh, von so nahe konnte sie sie hören! So nahe, weil wohl der Wind immer noch ihre Stimme trug, nachdem sie so lange fortgegangen war, um dort zu suchen, wo noch niemand war, und dort zu graben, wo die Tiefe ist ungeheuer.
Ja, Alice war ein Waisenkind. Seltsam, anders, Träumerin. Sie war alleine von ihrem ersten Tag an, und manchmal war dieses Gefühl so intensiv, dass die Einsamkeit sie beinahe erstickte. Dann machte sie einfach die Augen und die Ohren zu, und sie sah und hörte mehr als zuvor, und all die Farben kamen, und aus den Farben kamen die Töne, und die Töne brachten auch all die kleinen und großen Wesen mit sich, die sie dahin und dorthin trugen und ihr Lieder beibrachten, die sie niemals zuvor gehört hatte.