38 ~ Mein Tod
Bevor ihr weiterlest, muss ich erst etwas erklären. Also:
Blauschwalbe hat zur Feier von hundert Followern ein Buch begonnen, dass sie parallel mit Felix schreibt. Das Ganze funktioniert so, dass sie ein Kapitel schreibt, er es erst liest, wenn es veröffentlicht wurde, er schreibt das nächste Kapitel und sie liest es und muss eben das nächste Kapitel schreiben, bis sie das Buch beenden. Ein sehr interessantes Konzept.
Auf jeden Fall hat Blauschwalbe ein paar ihrer Follower in die Geschichte eingebaut, als Freunde, darunter mich. Und - Achtung Spoiler- in dieser Geschichte bin ich gestorben. Keine Sorge, es war abgesprochen. Da Blauschwalbe es geschafft hat, eine absolut einzigartige und herzzereißende Beerdigung für mich zu schreiben, möchte ich meine Todesszene hier noch einmal schreiben, aber aus meiner Sicht diesmal. Wer das originale Buch noch nicht gelesen hat, kann dieses Kapitel hier überspringen.
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Felix steht vor mir, mit erhobener Pistole, der Lauf zeigt direkt auf mein Gesicht. Seit wann kann er damit umgehen? Die Waffe zittert nur für einen Moment. Will er mich wirklich umbringen? Er ist doch mein bester Freund! Er sieht mich an, in seinen Augen liegt ein Ausdruck, der mir alles auf einmal sagt.
Er will es nicht tun. Aber er muss. Was ist es, das in seinem Blick steht? Reue? Entschlossenheit? Es fällt ihm schwer, das kann ich sehen, aber er versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Er muss es tun. Er muss es tun. Ich weiß nicht, warum, aber es gibt keine andere Erklärung. Eine andere Erklärung lasse ich nicht zu. Er muss es tun.
Es heißt, in solchen Momenten steht die Zeit still und man sieht das ganze Leben an einem vorbeiziehen. Und es stimmt, ich sehe jeden Augenblick, jedes Lachen, jedes einzelne Mal, wenn ich geweint habe. Gibt es etwas, das ich bereue? Ich weiß es nicht. Eigentlich sollte es für mich noch nicht so weit sein.
Da mein Leben ziemlich kurz war, habe ich noch etwas Zeit, über andere Dinge nachzudenken, wichtigere. Was wird Blauschwalbe denken? Und Ani? Schoki? Meine Eltern? Meine Eltern...
Das T-Shirt, das sie mir zum letzten Geburtstag geschenkt haben, wird durchtränkt von meinem Blut sein. Werden sie mich so finden?
Ich muss an meine Beerdigung denken. Wer wird kommen? Meine Familie, sicher, und Blauschwalbe, Ani und Schoki. Aber wer noch? Wie viele Leute kenne ich, denen ich tatsächlich etwas bedeute?
Wird Moony kommen? Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.
Und Becca? Ich werde sie nie wieder sehen. Ich schicke ein Stoßgebet zu ihr. Pass gut auf meinen Harry auf, bitte ich sie. Auf ihn und Harriet.
Auch Kyu werde ich nie wieder sehen. Wird er zu meiner Beerdigung kommen? Mir wird klar, dass ich World of living Art niemals zu Ende lesen werde, aber als ich mich wehren möchte, ist es schon zu spät.
"Es tut mir wirklich aufrichtig leid", flüstert er, und ich kann nichts sagen. Ich will schreien, mich wehren, ihn zur Seite schlagen. Mein Leben ist noch nicht zu Ende! Das kann es nicht gewesen sein, das ganze Geheimnis des Universums, diese paar Jahre, die du mir jetzt einfach nimmst!
Felix drückt ab, ein leises Klicken, der Schlitten fährt elegant über den Lauf, ich sehe alles ganz genau. Das ist mein Ende, ich weiß es jetzt, es lässt sich nicht leugnen. Wieso sieht es so friedlich aus? Und was kommt nach diesem Schuss, der aus den Tiefen des Laufes auf mich zukommt? Ich weiß es nicht. Das ist mein Ende, und ich sehe dem Tod genau in die Augen, wie er kalt vor mir steht. Ein Knall. Und dann?
Stille.
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