-(18)- Jesus wird dir nicht helfen, Bruder
Okay, es wundert mich immer wieder aufs Neue, wie ich von einer beschissenen Situation in die Nächste hereintaumele.
Vorallem kann ich die Schuld dieses Mal nicht auf die fünf Jungs in viel zu engen Lederhosen schieben, die mir sonst das meiste der vergangenen Taten eingebrockt haben, da diese schlicht und ergreifend nicht in unmittelbarer Nähe sind.
Außer natürlich Liam und Louis haben sich in den letzten paar Stunden ein paar Bärte wachsen lassen und einen komischen Akzent angeeignet. Zuzutrauen wäre es den beiden auf jeden Fall.
Voller Schock bleibt mir also erst einmal nichts anderes übrig, als zu starren. Denn auch mir hat es gerade die Sprache komplett verschlagen.
Ich starre zu Shawn und Cameron, die schluckend nach vorne gucken. Ich versuche nicht zusammen zu zucken, als der Kriminelle wütend etwas in Chaos Richtung schreit. Wahrscheinlich will er sein Geld haben.
"Was sollen wir tun?", flüstere ich den beiden mir gegenüber so leise wie möglich zu.
Shawn schüttelt nur fassungslos seinen Kopf.
"Wir machen gar nichts! Wir bleiben an Ort und Stelle und beten", flüstert Cameron klar stellend zurück.
Ich schüttele nur meinen Kopf, um ihm zu sagen, dass das nicht in die Tüte kommt.
Mittlerweile erkenne ich wie Shawn versucht unauffällig unter den Tisch zu rutschen. Da ist er nicht viel sicherer, dieses Weichei.
"Hey!", schreit die Stimme des Maskierten auf einmal durch das Lokal. "Wer redet hier?! Haltet verdammt noch einmal eure verfickten Fressen, oder ich knall' euch alle ab!"
Ich zucke ungewollt zusammen.
Ganz ruhig, Emma.
"Ihr Penner nehmt jetzt alle eure schmutzigen Finger nach oben. In die Luft. Los!", brüllt er auffordernd.
Ich tue, was er sagt. Ebenso wie alle anderen.
"Du! Warum hast du nur einen Arm oben?!", schreit er aufgebracht. Ich blicke in die Richtung. Ein Mann mit Brille, der verängstigt an seinem Tisch sitzt, den Kopf gesenkt.
"I-Ich-"
"Ich rede mit dir!", ruft er lauter und hält die Knarre in seine Richtung.
"Ich habe nur einen Arm!", stoßt der Mann mit bebender Stimme aus.
Der Typ starrt ihn für einen Moment nur irritiert an. Seine Erklärung scheint ihn aber durchaus zufrieden zu stellen, denn er wendet sich wieder von ihm ab. In Richtung Chao, der panisch mit geweiteten Augen nach Hilfe sucht.
Ruf die Polizei an!
Vorsichtig suche ich, zuerst nur mit meinem Blick, nach meiner Tasche. Bis mir eben einfällt, dass ich kein Handy habe.
"Cameron!", flüstere ich vorsichtig. Den Blick, den er mir zuwirft, werde ich wohl nie wieder vergessen.
Ich glaube er fängt gleich an zu weinen.
"Du musst die Polizei-"
Ein Stuhl fliegt durch den Raum. Ich zucke etwas zusammen.
"anrufen."
Mein Gegenüber schüttelt nur panisch seinen Kopf.
"Komm schon, du Pussy! Wir müssen Hilfe holen!"
"Vergiss es!", haucht er in meine Richtung. "Ich habe nicht vor heute zu sterben!"
"Ach, und Chao schon?", frage ich ihn ernst. Er verstummt, starrt mich aber weiter finster an.
"Wenn du ihn ablenkst", sagt er dann nach kurzem Überlegen.
Meine Augen werden groß.
"Oh ja, warte. Ich werfe mich kurz auf den Typen, der mit seiner Knarre im Laden umher fuchtelt!"
Cameron zieht seine Schultern hoch. Wir beide verstummen, als Chaos Stimme zu hören ist.
"I-ich habe kein Geld hier. Das wird regelmäßig auf die Bank gebracht. Meine Mitarbeiterin ist vor einer halben Stunde losgegangen!". erklärt er mit zitternder Stimme.
"Und dass soll ich dir glauben, du Wichser?", fährt ihn der Typ an, während er seinen Kopf gewaltsam auf den Tresen drückt. Ich erkenne, wie Chao unter Angst die Augen schließt.
"Ich brauche etwas zum ablenken", flüstere ich zu Cameron.
Der Knarrentyp funkelt einmal mit seinem Blick durch den Raum.
Leiser reden, Emma.
Cameron mir gegenüber schüttelt nur den Kopf. "Ja warte, ich hole kurz mal mein Maschinengewehr aus meiner Unterhose!"
Augen verdrehend wende ich meine Aufmerksamkeit von ihm ab. Stattdessen starre ich wieder auf den Rucksack an meinen Füßen.
"Shawn", flüstere ich also, da dieser sich nun erfolgreich unter unserem Tisch verkrochen hat.
Wow.
"Was?", höre ich ihn wispern.
"Du musst mir mein Nudelholz aus dem Rucksack geben", verlange ich leise.
"Wie bitte?", höre ich ihn nach einer Pause sagen.
"In meinem Rucksack muss ein großes Nudelholz sein."
"Und?"
"Ich brauche es."
"Was?", stottert er zu mir hoch.
"Jetzt!", verdeutliche ich, ohne auf seine Frage einzugehen.
Ich höre einen aufgehenden Reißverschluss.
"Wer zum Fick redet denn hier die ganze verfickte Zeit?!", stürmt der Typ vorne los und blickt sich im Lokal um. Durch einen kleinen Fußtritt warne ich Shawn. Wehe er bewegt sich jetzt. Dann sind wir alle dran.
Ein Wimmern zieht sich durch den Raum. Ansonsten ist es still wie in einer Geisterstadt. Abgesehen von dem Gebrüll des Typens natürlich. Der denkt gar nicht daran, die Klappe zu halten. Stattdessen rennt er laut durch den Raum, während er immer wieder die wildesten Beschimpfungen ausspuckt.
Da ist heute aber jemand ganz bestimmt mit dem falschen Fuß aufgestanden.
Sein Blick landet einen kurzen Moment auf mir. Ich spüre den Schauer, der sich über meinen ganzen Körper zieht.
Aber neben dem Blick schenkt er mir keine weitere Beachtung. Stattdessen tritt er an den Tisch einer Vierköpfigen Familie, die gerade einen Abend zusammen verbrachte.
Zwei Kinder. Ein Junge, etwa in meinem Alter und eine etwas ältere Schwester. Die Eltern starren panisch zu ihm hinauf. Die Hände sind bei allen noch oben.
Er steht etwas weiter weg von mir, außerdem mit dem Rücken in meine Richtung.
"Jetzt Shawn!", flüstere ich ihm zu und halte meine eine Hand schnell unter den Tisch. Es dauert einen einzigen Moment, bis ich das Holz meiner geliebten Bethanie in meinen Händen spüren kann.
"Ich brauche eure Hilfe", meine ich zittend. "Wenn ich ihn ablenke, dann müsst ihr nach seiner Waffe greifen!"
"Spinnst du jetzt total?", fährt mich Cameron mit großen Augen an.
"Ich glaube das Sushi hat ihr nicht gut getan", stimmt Shawn von unten zu.
"Haltet endlich eure Fresse und helft mir gefälligst!"
Cameron antwortet mir nicht, stattdessen senkt er seinen Blick.
"Hey! Du!", ertönt es durch den Raum. Ich wende meinen Blick von Cameron. Stattdessen starre ich auf den Typen, der mit großen Schritten näher an unseren Tisch kommt.
"Warum ist deine zweite Hand nicht oben?!", brüllt er mich aggressiv an.
Ich antworte ihm nicht. Starre nur nach vorne.
"Ich rede mit dir, du Fotze!", schreit er weiter. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie er seine Knarre in meine Richtung hält. Cameron atmet erschrocken ein.
Ich schließe einen Moment meine Augen, ehe ich tief einatme.
"Ich gebe dir noch eine letzte Warnung, ehe ich dir deinen beschissenen Schädel wegblase! Hände hoch! Und zwar beide!", knurrt er mich an.
Mir bleibt nichts anderes übrig, als meine zweite Hand zu heben und Bethanie zu enthüllen.
Der finstere Blick des Verbrechers fällt etwas in sich. "Warum zum Teufel hast du ein Nudelholz in deinen Händen?!"
"Selbstverteidigung", antworte ich angebunden.
Er lacht auf, vernachlässigt dabei etwas die Spannung mit der Knarre in seiner Hand.
"Ein Nudelholz kann dir doch damit nicht helfen!"
"Ach ja?", frage ich zurück, mutiger als ich sein sollte.
"Vorsichtig, junge Lady", zügelt er mich zugleich. Einen Moment darauf herrscht Stille. Ich blicke in seine Richtung, nur um zu sehen, dass er mich anstarrt.
"Irgendwoher kenne ich dich doch", höre ich ihn murmeln.
Oh bitte nicht. Wenn sich herausstellt, dass er auch noch One Direction Fan ist, ist das sicherlich mein Todesurteil. Da bringt Diskutieren auch überhaupt nichts. Beschlossene Sache.
"Ja klar", lacht er dann auf. "Die Tante von dieser Band. Meine Cousine ist verrückt nach der", lacht er auf.
Das er mich so bezeichnet stört mich dann schon etwas. Ich bin niemandem die Tante. Schon gar nicht von fünf behinderten Inselbewohnern!
"Also, damit das klar ist. Mein Name ist Emma, nicht Tante. Ich habe einen Namen. Also, wenn ich bitten darf!", wende ich auch entrüstet ein. Was denkt der sich eigentlich?
"An deiner Stelle würde ich nicht vergessen, wer hier die Knarre hat!", warnt er mich erneut und spannt seinen Arm wieder an.
Ich schüttele nur genervt mit dem Kopf. "An deiner Stelle würde ich nicht vergessen, wer das Nudelholz hat!"
Der Mann starrt mich einen Moment nur entrüstet an. Seine Maske lässt ihn dabei nur dämlich aussehen. Aber er hat braune Augen. Etwas, das ich mir merken kann.
Er tritt einen Schritt näher, was mich aufzucken und ihn daraufhin auflachen lässt.
"So taff wie du tust, bist du nun auch nicht", erkennt er analysierend.
Ich reagiere nicht.
"Wie wäre es, wenn du dich neben den Chinesen hier stellst. Der will mir nämlich nicht seine Kohle geben. Unverständlich, wenn man auf die Umstände blickt."
"Ich bleibe lieber hier sitzen", lehne ich dankend ab.
"Oh das war verdammt noch einmal keine Bitte. Los, steh auf!"
Mit einem starken Griff packt er mich völlig unangekündigten am Ärmel und zieht mich von meinem Sitz runter.
Ich erkenne, wie Cameron sich zurückhalten muss nicht aufzuspringen. Oh, ich hoffe diese Ablenkung reicht ihm verdammt noch einmal aus, in die verschissene Polizei anzurufen!
"Los, beweg dich!", schubst er mich durch den Raum. Ich kann den Schaft seiner Pistole an meinem Rücken spüren. Ebenso die ängstlichen Blicke von jedem, der hier in diesem Raum sitzt.
Na ja, ausgenommen die des Typen natürlich.
"Hier ist doch ein perfekter Platz, oder?", fragt er mich spöttisch und wirft mich geradezu schon an den Tresen. Direkt neben Chao, der die Augen geschlossen hat und vermutlich betet oder so etwas.
Jesus wird dir nicht helfen, Bruder.
"Per-fekt!", kommentiert der Verbrecher.
"Ansichtssache", murmele ich zu mir selbst.
"Meine Verehrten Damen und Herren", ruft er auf einmal durch den Raum, was alle nur zum Aufzucken bewegt. "Wir haben uns heute hier versammelt, um mir, das bin ich, Hi!", er zeigt untermalend auf sich, "um mir und auch nur mir das gesamte Geld zu geben. Denn ich bin Geldgeil. Geld. Geld. Geld."
Er lacht als Einziger auf, was ihm nicht zu gefallen scheint
"Lacht gefälligst!", brüllt er dann und hält seine Knarre in die Richtung der Gäste. Diese tun tatsächlich was er sagt und lachen ihm gezwungen entgegen.
Das klingt ja schon wie Folter.
"Sehr gut, sehr gut", lobt er zufrieden. "Ich möchte euch nun alle bitten, eure Gelübde abzulegen. Das bedeutet übersetzt: Geldbeutel raus!"
Ich schüttele nur fassungslos meinen Kopf und verstärke die Kraft um Beth, bereit sie jeden Moment einzusetzen.
"Ja, ich kann es schon riechen", murmelt der Psycho freudig.
Ist das der Moment, in dem ich es wagen soll? Oder wäre es jetzt nur reiner Selbstmord?
Er jedenfalls tritt einen Schritt nach vorne, mit dem Rücken zu mir. Ich blicke zu Chao, der immer noch wie versteinert in einem Paralleluniversum zu sein scheint. Auf seine Hilfe kann ich wohl nicht zählen.
Dann muss ich eben wieder die Einzelgänger heraushängen lassen.
Aus irgendeinem komischen Grund muss ich genau in diesem Moment an die Jungs denken. Ich stelle mir automatisch schon vor, wie wir in dieser völlig verrückten Situation mit unserer völlig verrückten Kommunikation auf völlig verrückte Weise wieder einmal unversehrt herauskommen.
Aber im nächsten Moment wird mir klar, dass sie nicht hier sind.
Nach so langer Zeit fühle ich mich das erste Mal tatsächlich wieder wie ein Einzelgänger.
Ich schlucke voller Frust und Wahrheit meine eigene Spucke herunter, ehe ich meinen Arm anspanne und aushole, um meine geliebte Bethanie mit aller Wucht, die ich habe, gegen den Dumpfschädel des Mannes zu schmettern, der daraufhin einen überraschten Schrei ausstößt.
Anscheinend war meine Kraft nicht ausreichend genug, um ihn in Ohnmacht zu befördern, denn er dreht sich wütend in meine Richtung um. Wütender als je zuvor.
Ich höre den Schuss, als er abfeuert, aber gegen aller Abfindung spüre ich ihn nicht. Ich spüre keine Kugel in meinem Körper, denn ich schlage ein weiteres Mal zu. Total gegen die Knarre, die mit lautem Scheppern in die Weite, direkt unter einen Tisch, fliegt.
Mit großen Augen starre ich in die des Typens.
"Ruf die verfickte Polizei an, meine Fresse!", schreie ich nur voller Panik in Camerons Richtung, als ich sehe, wie der Mann mir immer näher kommt.
Hier gibt es keine Telefonzelle, in der ich mich verkriechen kann, oder Zayn, der mir rettend die Autotüre neben mir öffnet, damit wir mit quitschenden Reifen hinfort fahren können. Es gibt auch keine Mülltonne, in die ich mich versteckend werfen kann, nein.
Hier, gerade jetzt, bin ich komplett alleine.
"Na warte!", werde ich angeknurrt. Böse angeknurrt.
So böse wurde ich wirklich noch nie angeknurrt.
Also mache ich das, was jeder wohl in dieser Situation gemacht hätte.
Ich schlage erneut zu.
Ich schließe meine Augen, schreie und schlage erneut auf den Typen ein.
Um mich herum bricht die Eskalation aus. Die Leute springen aus ihren Bänken und in Richtung Ausgang. In Panik.
Alles eskaliert gerade um mich herum. Nicht einmal Chao kann ich noch finden.
Aber der Typ kriecht nieder. Mit jedem Schlag, den ich ihm gebe, sackt er weiter auf den Boden, bis er irgendwann regungslos darauf liegen bleibt.
Ich starre atemlos zu ihm herunter.
Voller Adrenalin bemerke ich gar nicht Cameron, der auf einmal neben mir steht und die Arme um mich schlingt.
Oder wie Shawn leise unter unserem Tisch hervor gekrochen kommt.
Oder das eigentlich niemand mehr in dem Laden ist, da alle vermutlich gerade draußen vor Erleichterung umkippen.
Der Abend verlief nach dieser Situation eigentlich nur noch entspannt.
Chao hat sich übertrieben bei mir bedankt, indem er mir eine lebenslanges, kostenloses Abo für seinen Schuppen geschenkt hat. Das doofe ist, dass ich Sushi nur überhaupt nicht mag.
Aber hey, ich kann es kostenlos mein komplettes, kommendes Leben essen.
"Kommst du?", ruft mich Cameron leise, als er gerade damit fertig ist dem Polizisten den Überfall zu beschreiben.
Ich stehe von der Liege auf, auf die ich von den Sanitätern verdonnert wurde und trotte in seine Richtung. Leicht lächelnd.
"Du überrascht mich echt immer wieder", sagt er dann, als ich bei ihm stehe.
"Ist es okay, wenn du alleine nach Hause gehst?", frage ich leise. "Ich muss mich bei jemandem entschuldigen."
Er wirft mir einen überraschten Blick zu. "Klar. Ja, klar. Geh' nur. Meine Türe ist eh kaputt, also brauchst du nicht mal einen Schlüssel."
Ich nicke und verabschiede mich von ihm und Shawn. Wünsche ihm noch eine schöne Zeit in New York oder wo immer er auch hingeht.
Und dann fühle ich mich wie ein richtiger Stalker, während ich in der Nacht durch eine Stadt laufe. Zu einer Adresse, die ich spontan im Internet herausgefunden habe.
An seiner Türe klopfe ich drei Mal.
Einen Moment herrscht nur Stille, ehe ich leises Fluchen aus dem Zimmer wahrnehmen kann. Ich lehne mich abwartend an die Türschwelle.
Mit einem Ruck geht die Türe vor mir auf. Ein verschlafener Lockenkopf schaut mich überrascht an.
"Emma? Was machst du hier?"
Ich schaue ihn müde an. Er trägt ein pinknes Schlabbershirt, bedruckt mit hoppelnden Häschen und die passende Schalfanzughose.
"Nettes Shirt", meine ich einfach nur und lehne mich müde an seine Brust. Um meine Arme um ihn zu schlingen bin ich auf einmal viel zu müde.
Ich kann mir gut vorstellen, wie verwirrt er gerade sein muss.
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Hiiii!
Cute oder? Ich weiß doch :))
Ich hoffe es hat euch gefallen!
Till zhe next taim!
Ily.
Alina xx
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