10. You're Lying!
Der Mann drehte sich um, aber es war nicht George, dem ich gefolgt bin. Der Mann hatte einen anderen Schnauzbart und große, grün-braune Augen mit langen Wimpern, die mich überrascht musterten.
" Paul .. ".
" Dani .. ".
Auf einer Seite war ich überrascht über unsere zufällige Begegnung, aber andererseits hatte ich auch Angst. Bevor Paul etwas sagen konnte, drehte ich mich schnell um und lief zurück in die Richtung, aus der ich gekommen bin. Doch diesmal gab der Beatle nicht so schnell auf.
" Dani, bitte warte!".
Ich versuchte schneller zu rennen, aber die Schritte hinter mir wurden nicht langsamer und das Ende vom Park war doch weiter entfernt als ich gedacht habe. Automatisch wurde ich langsamer und lief im Joggingtempo weiter. Eine Hand griff nach meiner Schulter und drehte mich zu sich. Ich schlug diese reflexartig weg. Paul schaute mich bei der Reaktion verletzt an und ließ von mir ab. Etwas atemlos musterte ich ihn und nahm etwas Abstand. Unser dichtes Beisammensein gefiel mir ganz und gar nicht.
" Ich habe dich vermisst ".
Mit einer gewissen Kälte in den Augen starrte ich Paul an. In ihm spiegelte sich Trauer und Reue wieder. Doch ich sah kein Grund, Mitleid zu zeigen. Er ist im Leben weitergekommen genauso wie ich. Im Beruf als auch in der Liebe. Ich verstand nicht wirklich, was er noch von mir wollte.
" Paul, zwei Jahre meines Lebens habe ich dich vermisst und kaum ein Lebenszeichen von dir bekommen. Du warst derjenige, der den Kontakt abgebrochen hat, nicht ich. Und jetzt denkst du ernsthaft, ich komme zu dir wie so ein Schoßhündchen zurückgekrochen?!".
" Nein, so meinte ich das nicht. Lass uns das doch alles bitte bereden. Komm zu mir und John in die WG. Die anderen sind bestimmt auch da, also brauchst du dir keine Sorgen machen, dass ich irgendetwas anstelle ".
Der Gedanke, die anderen wiederzusehen, ließ mich meine Meinung ändern. Vielleicht sollte ich nicht so eine gehässige Hexe sein, und Paul alles erklären lassen. Aber der Kerl soll sich ja nichts darauf einbilden. Zwischen uns ist es vorbei, komplett. Außerdem gibt es mir die Gelegenheit, mich bei George zu entschuldigen.
" Na schön. Aber ich warne dich. Solltest du mich in irgendeiner Weise anfassen, bin ich auf ewig verschwunden ".
" Ich merke es mir ".
[ Lennon/McCartney WG]
Paul ließ mich zuerst in die warme Wohnung eintreten. Aus dem Wohnzimmer hörte ich Buddy Holly singen und in der Küche brühte ein gut riechender Kamilentee. Hilflos stand ich im Flur und wartete darauf, dass Paul endlich fertig wird mit seinem Entkleiden. Unter dem Mantel hatte er ein schwarzes T Shirt an und eine blaue Jeans. Mit einem Ruck hatte er sich den Bart abgenommen und den Hut legte er auf das obige Regal ab.
Wir durchquerten das Wohnzimmer, bis wir zu einem Raum gelangten, aus dem leise Musik zu hören war. Ohne zu Klopfen trat Paul ein und drei Köpfe drehten sich automatisch zur Tür. Ich quetschte mich an Paul vorbei und John war der Erste, der überrascht aufstand.
" Dani!".
Er kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und schloss mich in eine feste Umarmung. Ich war wirklich froh, ihn wiederzusehen und vergrub mein Gesicht in seine Halsbeuge. Dabei bemerkte ich, wie Paul sich anspannte und demonstrativ in eine andere Richtung schaute. Er war eifersüchtig. Ich spürte Johns Atem an meinem Ohr, als er seinen Kopf etwas zu mir drehte.
" Tut mir leid, wenn ich dir den Abend im Club versaut habe. Ich hatte danach so ein schlechtes Gewissen ".
" Ist schon okay. Ich weiß, dass du es nicht böse gemeint hast ".
John löste sich mit einem Lächeln und ich wendete mich Ringo und George zu. Dem hing ich auch länger in den Armen und flüsterte eine kurze Entschuldigung in sein Ohr. Als Antwort drückte er mich noch näher an sich heran, bis sein Griff langsam auf meine Wirbelsäule ging. Wir standen alle etwas peinlich berührt da, bis Paul sich räusperte und seine Stimme erhob.
" Würdest du dann mitkommen?".
Ich nickte und ignorierte die fragenden Gesichter der anderen, als ich zur Tür ging. Paul führte mich in sein Zimmer. Es war nicht gerade groß. Ein Doppelbett sowie Schrank und Sessel fanden hier Platz. Eine Akustikgitarre lag auf dem Bett, welche Paul vorsichtig gegen die Wand lehnte. Er setzte sich und zeigte mir, dass ich mich neben ihn setzten sollte. Mein Herz klopfte wild vor Nervosität. So lange haben wir uns nicht gesehen und Paul hatte sich in meinen Augen kein Stück verändert. Zurückhaltend setzte ich mich neben ihn, behielt einen gewissen Abstand. Paul bemerkte dies und seufzte.
" Dani ... es tut mir wirklich leid, was passiert ist. Ich hatte niemals vorgehabt den Kontakt mit dir abzubrechen. Es ist nur soviel ... passiert und ich hatte einfach keine Zeit gefunden. Ich habe mich wirklich über jeden Brief von dir gefreut und alles ehrlich gemeint, was ich dir geschrieben habe. Und als wir damals nach Hamburg zurückgekommen sind, habe ich dich sofort aufgesucht und wollte dir alles erklären. Aber deine Mutter hat uns gesagt, dass du zurück nach England gegangen bist. Ich habe wirklich gedacht, ... dass ich dich verloren habe. Und dann treffe ich dich hier ".
Ich hörte Paul genau zu, saugte jedes einzelne Wort in mir auf. Leider musste ich zugeben, dass ich seine Stimme vermisst habe. Man, ich habe den ganzen Typen einfach vermisst. Wenn er nur wüsste, wie lange ich um ihn geweint und keinen Schritt in die Öffentlichkeit getan habe. Jetzt durfte ich auf keinen Fall weich werden. Ich musste stark bleiben und ernst. Paul wollte mich nur klein kriegen.
" Und ich meine es auch ehrlich, wenn ich dir hiermit sage, dass ich dich immer noch liebe. Ich liebe dich, Dani ".
Diese Worte. Früher haben sie mir Schmetterlinge in den Bauch gezaubert und mein Herz höher schlagen lassen. Jetzt ließen sie mich weinend und frustriert zurück. Paul erschrak, als Tränen aus meinen Augenwinkeln liefen und mein Gesicht rot wurde. So sehr hatte ich mich angestrengt, stark zu bleiben und jetzt wurde ich wieder weich. Wie kann ein einzelner Mann mir nur so den Kopf verdrehen und meine Emotionen springen lassen?
" Du lügst! Du lügst, du lügst, du lügst!".
Es herrschte Stille. Paul war erschrocken über meine erhobene Stimme. Ich schüttelte den Kopf und vergrub mein Gesicht in den Händen. Schluchzen entfloh aus meiner Kehle und mein Atem kam unregelmäßig. Paul wollte mich anfassen, doch er hielt sich krampfhaft zurück.
" Du lügst, du lügst!".
Ich schlug bei jedem Wort gegen seine Brust. Die ganze Frustration und der ganze Ärger, welches sich über die zwei Jahre in mir festgesetzt hat, kam endlich hervor. Endlich konnte ich alles an der Person rauslassen, die mein komplettes Leben auf den Kopf gestellt hat.
" Warum lügst du mich an? Sag es mir, Paul!".
" Ich lüge dich nicht an, Dani .. ".
" Warum lügst du mich wieder an? Glaubst du wirklich, ich bin so leichtsinnig? Ich weiß verdammt nochmal, dass du mit Jane zusammen bist! Und du liebst sie, dass hast du selber gesagt. Also lüg mich nicht an, hast du mich verstanden?!".
Es gab nur einen Gedanken, den ich in Ärger und Panik in meinem Kopf hatte. Raus. Ich lief aus dem Zimmer, Paul ließ jedoch nicht locker. Fast wäre ich mit John und George zusammengekracht, die gerade auf dem Weg zu uns waren. Ihre erschrockenen Gesichtsausdrücke ließen mich fast inne halten. Doch als ich Pauls Stimme hinter mir hörte, fing ich wieder an zu rennen und stieß fast mit Ringo zusammen, der mit einem Tablett, auf dem heißer Tee draufstand, aus der Küche kam. Ich konnte gerade noch einen Hacken schlagen und war auch schon aus der Tür raus. Ich wusste nicht, wohin. Mein Instinkt führte mich nicht nach Hause. Ich wusste rein gar nichts mehr.
Ich wollte einfach nur sterben ...
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