Kapitel 1
Seit gut einem Monat stand meine Entscheidung fest, auch wenn es nicht unbedingt meine war.
Dies musste ich leider gestehen, denn diese Idee stammte vom meinem Vater. Einer der besten Chirurgen des Landes, welcher von seinem Sohn mindestens genauso viel erwartete.
Aber naja...man kann eben nicht alles haben, was man will. Auch eine der vielen Tatsachen, die ich mir in letzter Zeit eingestehen musste.
Während ich also in meinem Mercedes der Landstraße in Richtung Nirgendwo folgte, kreisten meine Gedanken um nichts anderes, als die Worte meines Vaters.
,,Du solltest vielleicht etwas kürzer treten. Erfahrung sammeln", hatte er gesagt, kurz bevor er mir einen Vertrag unter die Nase schob, der mein jetziges Leben besiegelte. Er schickte mich ins Exil und das alles nur wegen einem Fehler?
So gingen Geschäftsleute mit so etwas um, aber leider war ich nicht irgendein Arzt...nein ich war auch noch der Sohn, der seinen Vater enttäuscht hatte.
Ich trommelte langsam auf dem schwarzen Leder meines Lenkrades herum, während ich mich einem kleinen Ort näherte.
Ein Seitenblick auf das eingebaute Navi, verriet mir, dass ich meinem unerwünschten Ziel näher kam.
Eine Kleinstadt mitten in den Rocky Mountains: Woodshill, die ihren Namen alle Ehre machte. Berge, Wald, und noch mehr Berge. Mitten im Nirgendwo. Besonders wenn man das sonnige Seattle gewöhnt war.
,,Ihr Ziel befindet sich auf der linken Straßenseite", flötete mir die Navistimme entgegen und ich schluckte, als ich meinen Blick auf die linke Seite richtete.
Also war es doch kein Scherz. Die Bürgermeisterin, welcher ich den Vertrag zu gesendet hatte, sprach von einem Hubschrauber, der mich in die Stadt bringen würde.
Laut ihr die schnellste und sicherste Variante, weil die Bergkette in den Wintermonaten zu gefährlich war zu befahren, besonders wenn man nicht ortsansässig war und es somit gewöhnt war.
Ich dachte es wäre pure Übertreibung. Aber dieser silberne Hubschrauber mit der blauen Schrift ,,Grahams Transport" sah mehr als echt aus.
Fuck.
Ich parkte mein Auto und stieg aus, während ich den Hubschrauber musterte. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein.
Nach mehreren Stunden Fahrt waren meine Glieder etwas verspannt und steif, weswegen ich meine Schultern kurz nach hinten kreisen ließ und meine Finger knackte. Die Zeit nutzte ich die Gegend zu scannen und mich innerlich darauf vorzubereiten, was auf mich wartete.
Die Luft war sehr kalt, weshalb sich eine Gänsehaut auf meinen Armen bildete. Das weiße Hemd und die dunkelblaue Jeans waren anscheinend die falsche Wahl für diese Temperaturen gewesen.
Aus dem Hubschrauber stieg ein junger blonder Mann. Er war in einer dicken schwarz-roten Flanelljacke gehüllt und kam mir mit einem breiten Lächeln entgegen.
,,Hey, du musst der Doktor sein", begrüßte er mich und streckte mir die Hand hin. Während er mich fast schon amüsiert musterte.
Zwischen uns lagen Welten. Er war praktisch und warm angezogen und ich stand hier mit einem Designerhemd und einer maßgeschneiderten Jeans. Dafür fror er wenigstens nicht, oder ließ es sich zumindest nicht anmerken.
Ich hätte doch etwas Bequemeres anziehen sollen. Einen schlechten Eindruck wollte ich jedoch auch nicht hinterlassen, da dieser Job mir wieder auf die Beine helfen würde, endlich wieder die Karriereleiter hochzuklettern. Trotzdessen fühlte ich mich leicht overdressed.
,,Ja, der bin ich und mit wem habe ich das Vergnügen?", ich griff nach der Hand. Der Mann lächelte und strich sich seine blonden Haare aus dem Gesicht.
,,Elliot Graham persönlich. Chef des ein-Mann-Betriebes Grahams Transportes", stellte er sich stolz vor und ich nickte langsam. Das konnte ja ein toller Flug werden.
,,Was verschlägt eigentlich einen so jungen Arzt hier her? Bisher hatten wir nur irgendwelche Rentner, die uns lediglich eins, zwei Jahre beehrten", erklärte Elliot mir, während wir meine Koffer in den Hubschrauber luden.
Ich griff nach meiner Jacke auf dem Beifahrersitz und schloss mein Auto ab. Diese Frage hatte ich mir dutzend Mal im Kopf gestellt, da ich nun wirklich nicht mit der Wahrheit herausplatzen durfte.
Ich war ja nicht ohne Grund aus dem Krankenhaus entlassen wurden. In meinem Lebenslauf stand zwar bisher nur ein kleiner Satz dazu, aber das konnte sich schneller ändern, als das es mir lieb war...und dann konnte ich meine Arztkarriere an den Harken hängen, so wie ich es sonst immer mit meinen Kittel tat.
,,Der Alltag im Krankenhaus ist wirklich sehr stressig, weshalb ich meinen Horizont erweitern wollte und naja, Erfahrungen sammeln ist ja nie etwas Schlechtes", sagte ich mit einem Schulterzucken und folgte Elliot zu dem Hubschrauber. Das war die einfachste Ausrede, die nicht wirklich viel Spielraum für Nachfragen ließ.
,,Wie sieht es eigentlich mit meinem Auto aus? Kann ich mir das irgendwie in die Stadt bringen lassen?", hinterfragte ich, was Elliot nur zum Lachen brachte, weshalb ich ihn etwas irritiert musterte.
,,Mit einem Mercedes kommst du bei uns nicht weit. Ein Geländewagen wäre praktischer. Ich hole dich ja nicht aus Spaß mit dem Heli ab", antwortete mir Elliot wie selbstverständlich, als er auf seinen Sitz rutschte.
Oh Himmel, wo wurde ich hier nur rein geritten?
***
Der Flug dauerte circa eine Stunde, da wir um die Bergkette fliegen mussten, die die Stadt umgab.
Die Stadt lag im Tal dreier großen Berge, welche mit dichtem Nadelwald bewachsen waren, in welchen schlängelte sich ein kleiner Fluss. Das war auch das Spektakulärste, was man von oben sehen konnte.
Eine Stadt irgendwo im nirgendwo, das war also wirklich keine Übertreibung gewesen. Ich unterdrückte ein frustriertes Stöhnen, da ich das Gefühl hatte, dass Elliot mich unter die Lupe nahm.
Die Dächer der Stadt waren mit feinen Pulverschnee bedeckt und das Anfang Oktober. Vermutlich hatte ich mich wirklich verschätzt mit dem Wetter hier oben.
,,Ist es nicht wunderschön?", meldete sich plötzlich Elliot zu Wort und riss mich damit aus meinen Gedanken.
,,Es ist das glatte Gegenteil zu Seattle, das kann ich schon mal sagen", umging ich die Frage geschickt und schluckte. Ich hoffte, dass ein halbes Jahr ausreichend würde, damit Gras über die Sache wuchs und ich zurückkehren konnte. Woodshill war eine Zumutung. Hier sagten sich vermutlich Fuchs und Hase Gute Nacht.
,,Oh ja das ist es. Hier ist alles sehr familiär, also nimm es den Einwohnern nicht für übel, falls sie sich in dein Leben einmischen. Sie meinen es nur gut", sagte Elliot lachend und setzte zur Landung an. Ich verzog mein Gesicht und hoffte, dass Elliot einfach nur übertrieb. Ich brauchte nun wirklich keine neugierigen Fremden, die sich in mein jetzt schon kompliziertes Leben einmischten.
,,Achso, ich habe versucht ihnen das auszureden, aber besonders Maggie ist sehr hartnäckig", erklärte Elliot, als der Hubschrauber zum stehen kam und er seinen Gehörschutz abzog.
Seine blonden Haare waren dadurch etwas zerzaust, jedoch passte das perfekt zu seinem Look. Er passte einfach perfekt in diese verschneite Kleinstadt, was ich nie erreichen werde...beziehungsweise überhaupt nicht will.
Was er damit meinte, wurde mir in genau dem Moment klar, als ich aus dem Heli stieg.
Ich wurde zunächst von einer extrem kalten Luft gepackt, welche im Gesicht förmlich brannte. Danach steuerten vier Leute auf uns zu, welche von einer Frau angeführt wurden, die mich mit ihrem freundlichen Lächeln fast schon erschlug.
,,Doktor Sullivan. Wir sind so froh, sie in Woodshill begrüßen zu dürfen", flötete sie mir entgegen, bevor sie mich in eine feste Umarmung zog, die mich leicht überforderte. Ein Empfangskomitee hatte ich weder erwartet noch gewollt.
Im Vergleich zu mir war sie ziemlich groß, was auch an ihren hohen Stiefel liegen könnte, aber sie war fast genauso groß wie ich, was bisher nur wenige Frauen geschafft hatten.
Im Augenwinkel sah ich einen schmunzelnden Elliot, der meine Sache aus dem Heli räumte. Belustigte er sich gerade wirklich über mein Leid? Na Dankeschön.
,,Ich bin Maggie Brooks, wir hatten telefoniert", erklärte sie freundlich, als sie von mir abließ. Ich nickte souverän und ließ mir meine Überforderung nicht anmerken.
,,Sie sind die Bürgermeisterin, nehme ich an." Maggie nickte eifrig und ich schluckte. Danach winkte sie zwei ältere Herrschaften heran. Vermutlich ein Ehepaar, da sie sich gegenseitig untergehakt hatten.
,,Willkommen in der Stadt, Doktor Sullivan. Meine Frau Eloise hat ihnen eines unserer Ferienhäuser zurecht gemacht, damit sie fürs erste eine warme Unterkunft haben. Ich bin Frank Scott", erklärte mir der Mann und reichte mir seine Hand, welche warm und rau war.
Er wirkte wie ein ruhiger und ausgeglichener Mann, der sein Glück in diesem Loch gefunden hatte.
,,Unsere Tochter wird ihnen nachher Holz vorbei bringen und ihnen alles erklären", erklärte Eloise höflich. Sie trug einen braunen langen Mantel, der ihr bis zu den Knien reichte. Dazu trug sie einen dicke Bommelmütze, die perfekt zu ihren Schal passte. Vermutlich alles selbst gemacht.
,,Wo ist denn Ava? Wollte sie nicht bei dem Begrüßungskomitee dabei sein?", fragte Elliot und stellte sich neben mich, während er die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
,,Du kennst sie doch, der erste Schnee hier und sie ist mit Bucky unterwegs", erklärte Frank lachend und Elliot nickte. Maggie hatte sich während dem Gespräch mit einer jungen Frau unterhalten, die ein kleines Mädchen auf dem Arm trug. Sie sah ziemlich jung aus, definitiv jünger als ich.
Elliot schlenderte zu der Frau rüber und lächelte das Mädchen strahlend an. ,,Hast du Lust einmal im Heli sitzen zu dürfen, Ivy?", fragte er süß und nahm das Kind auf den Arm, was sofort begeistert gequietscht hatte. Danach lief er mit dem Kind zu dem Hubschrauber. Die Frau trat zu uns und lächelte mich etwas unsicher an.
,,Ich bin Lou, Maggis Tochter und kümmere mich um alles Organisatorisches hier im Ort", erklärte sie freundlich und strich sich eine ihrer roter Locken aus dem Gesicht, welche sie in einen lockeren Dutt zusammen gesteckt hatte. Danach sah sie an mir vorbei und musterte Elliot, welcher mit Ivy in den Heli geklettert war.
Ihr Blick war besorgt, vermutlich würde sie gleich los rennen und Elliot das Kind aus der Hand reißen.
○○○
,,Lou hat es schon nicht einfach mit ihren jungen Jahren", meinte Frank, als wir meine Koffer zu dem rustikalen Holzhaus schleppten, welches nun vorerst mein Zuhause war, was aus großen Holzstämmen gefertigt war und ein dunkelgrünes Dach besaß. Vor der Haustür befand sich eine kleine Veranda
,,Was meinen sie?",fragte ich und Frank lachte kurz rau auf.
,,Och bitte nenn mich Frank, sonst fühle ich mich noch älter, wenn du mich siezt", erklärte er und klopfte mir kurz auf die Schulter, bevor er die drei Stufen runterlief um einen weiteren Koffer zu holen. Ich folgte ihm.
,,Das kleine Mädchen ist Ivy. Lous Nichte. Ihre Schwester starb an Gebärmutterhalskrebs als Ivy gerade mal zwei war. Lou hat sie auf genommen wie ihre eigene Tochter", erklärte Frank und Eloise verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Jetzt hör doch auf den armen Doktor mit dem Dorfgeschwätz zu belästigen", tadelte ihn seine Frau belustigt, danach trat sie in das Haus und schaltete die Beleuchtung an.
Innen war es ebenfalls sehr rustikal gehalten, durch die Holzwände. Wenn man rein kam, gelangte man in einen kleinen Flur. Rechts war das Bad und links eine Art Arbeitszimmer.
,,Ich fand ein junger Arzt benötigt eher ein Arbeitszimmer als ein Kinderzimmer. Aber die Einrichtung können sie natürlich jeder Zeit ändern", meinte Eloise und ich folgte ihr in den größten Raum, der nahtlos vom Flur überging. Rechts war eine große Kochnische mit einer Theke. Links befand sich ein gemütliches Wohnzimmer mit einem Kamin aus Steinen. Dazu gab es eine riesige Fensterfront, die den Blick auf eine kleine Wiese freigab, die von Nadelbäumen gesäumt war. Vermutlich war das der Garten, der seit Jahren nicht wirklich genutzt wurde. An das Wohnzimmer grenzte das Schlafzimmer, was noch ziemlich trostlos wirkte.
Nachdem Frank und Eloise gegangen waren, sah ich mich nochmals gründlich um, während ich meine Sachen verstaute.
Der Kühlschrank war gefüllt mit dem Nötigsten. Da Sonntag war, war Maggie vermutlich für mich einkaufen.
Etwas überfordernd fand ich sie ja schon. Das meinte Elliot also mit dem Einmischen. Dabei stand ich lieber auf eigenen Beinen und wurde nur ungern bemuttert, besonders nicht von Wildfremden.
●○●
HeyHey♡,
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