prolog | ↠ so we went on our way
28. Januar 2018 | New York
Harry || Die Tür der Limousine flog mit einem Krachen auf und sobald sie sich öffnete, drängte sich der tosende Lärm in meine Ohren. Ich verließ das Auto und im ersten Moment war ich wie geblendet von dem ganzen Licht. Ein Zustand, an den ich mich nie gewöhnen würde. Sobald ich den roten Teppich betrat, sog mich die Hektik in sich auf.
Das Schreien der Reporter, das Kreischen der Fans, das Klicken der Kameras.
„Mister Styles! Hier rüber, hier rüber!"
Ohne mein Zutun bildete sich ein Lächeln auf den Lippen. Mittlerweile war ich so geübt darin, der Welt ein Bild von mir vorzuspielen, dass es mir mühelos gelang.
Ich strahlte in die Kameras der Fotografen, dessen Hände wie verrückt auf den Auslöser drückten. Ich fragte mich, ob sie nachts während des Schlafens Krämpfe in ihren Fingern bekommen von all den Bewegungen.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen ich das Rampenlicht geradezu in mich aufgesogen hatte. Ich hatte es geliebt, mich in ihm zu suhlen und von allen bewundert zu werden. Doch ich war älter geworden.
Ich hatte gelernt, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Das vieles ganz anders ist, als man es von außen sieht.
Ein Lächeln von mir konnte Herzen höher schlagen lassen, ein falscher Blick konnte alles zerstören.
Ich hasste es.
Allerdings liebte ich die Musik immer noch, mehr als alles andere. Es gab nichts kein schöneres Gefühl als das pulsierende Adrenalin in meinem Körper, während tausende von Menschen deine eigenen Worte sangen. Die Bühne war immer noch mein Zuhause.
Nichts fühlte sich besser an als ein Stück meiner Seele in jedes meiner Lieder einzuflechten. Es machte mich zugleich unfassbar verletzlich und unbesiegbar.
Die Musik liebte mich und ich liebte sie. Fast so sehr wie ich sie liebte.
„Stimmt es, dass wir heute Abend einen neuen Song zu hören bekommen, Mister Styles?", schrie einer der Fotografen in meine Richtung.
„Das stimmt", antwortete ich ihm.
Sofort richteten sich Millionen an Kameras auf mich. Ich musste mich davon abhalten, mir durch die Haare zu streichen, um mich zu versichern, dass sie richtig lagen. Das Rampenlicht mag mich verändert haben, die Unsicherheit an der Fülle von Unberechenbaren ist geblieben.
„Worüber handelt das Lied?"
Ich trat näher an das Mikrofon, dass mir die Frau hastig entgegenstreckte.
Ein Lächeln formte sich auf meinen Lippen. „Über das Leben und die Liebe", erklärte ich ihr.
Das Gekreische ging weiter.
„Dreht es sich in dem Song um eine Frau?"
„Es gibt Gerüchte, dass Taylor Swift und Sie sich wieder nähergekommen sind. Hat Taylor Swift das Lied inspiriert?"
„Glauben Sie, dass Sie Menschen mit ihrer Musik erreichen können?"
Ich lächelte bloß ein kryptisches Lächeln und schritt weiter den roten Teppich entlang. Einen Schritt vor den anderen, nur nicht stehen bleiben. Ich durfte nie stehenbleiben, denn sollte ich einmal ins Stocken geraten, dann würde sich die ganze Welt auf mich stürzen. In meinem Leben gab es keine Pause mehr, stattdessen machte ich immer weiter.
Ich musste funktionieren.
Es dauerte einige Minuten, bis ich die letzten Meter des roten Teppichs hinter mir bringen konnte, da Justin Bieber sich ein Wortgefecht mit einem der Fotografen lieferte, der zu sehr in seinem Privatleben bohrte. Nur schwer konnte ich mir ein Grinsen verkneifen.
Dann endlich betrat ich das Innere das Madison Square Gardens, in dem heute Abend die Grammy-Verleihung stattfinden würde. Ich atmete erleichtert durch und genoss das Gefühl der frischen Luft, die durch meine Lunge flog. Während ich über den Teppich geschritten war, hatte ich befürchtet, ich müsste ersticken. Jetzt endlich war ich wieder lebendig.
„Harry, schön dich zu sehen, Mann!"
Ich drehte mich in die Richtung der Stimme und zum ersten Mal am heutigen Abend lächelte ich wirklich, einfach weil ich es wollte.
Ed Sheeran, den seine Stylistin ausnahmsweise einmal zu einem klassischen Anzug überreden konnte, kam auf mich zu und zog mich grinsend in eine feste Umarmung.
„Das letzte Mal ist viel zu lange her", stimmte ich Ed zu.
Der Sänger legte mir einen Arm über die Schulter und zog mich dann zu einem der Stehtische herübe. Auf dem Weg dahin passierten wir einige bekannte Gesichter und klauten uns obendrein schon einmal vorsorglich etwas vom Buffet, das offiziell noch nicht eröffnet hatte. Aber diese Awardsshows konnten sich unheimlich in die Länge ziehen und wir würden das nicht mit leerem Magen überstehen. Die Grammys boten da keine Ausnahme.
Bei meiner ersten Verleihung hatte ich den Fehler gemacht, vorher keine Kleinigkeit zu essen und war während der folgenden Stunden fast gestorben. Glücklicherweise rettete mich Justin mit ein paar Keksen, die er und Selena Gomez damals in den Saal geschmuggelt hatten. Niall hatte sich damals so euphorisch auf die Kostbarkeiten gestürzt, dass er den beiden wahrscheinlich auch noch einen Heiratsantrag gemacht hätte, nur um an etwas Essbares zwischen die Zähne zu bekommen.
Mit einem kleinen Lächeln schwelgte ich in der Vergangenheit, während ich meinen Teller auf einem der Stehtische in dem hinteren Teil des Raumes abstellte.
Zu Anfangszeiten von One Direction war alles aufregend gewesen. Ein guter Tag jagte den nächsten und der folgende wurde nur noch besser. Manchmal wünschte ich mir diese Stunden zurück, denn wir hatten uns unbesiegbar gefühlt.
„Wie läuft das neue Album, Ed?", fragte ich meinen Freund und biss ein großes Stück von der Frikadelle ab, nachdem ich sie vorher ordentlich im Ketchup gewälzt hatte.
„Die Lieder fließen mir dieses Mal wirklich erstaunlich leicht von der Hand. Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche ich nun wieder streichen soll", erzählte er mir lächelnd.
„Ich könnte dir helfen", bot ich an.
Ed spielte mir ein paar seiner Lieder vor und wir verbrachten die nächsten Minuten damit, zu fachsimpeln, welche es nun wirklich aufs Album schaffen sollten. Keine einfache Aufgabe, denn in meinen Augen war Ed Sheeran ein absoluter Gott beim Songschreiben und jedes seiner Lieder ließe sich problemlos verkaufen.
Ich liebte seine Werke, von denen selbst die schlechtesten noch besser waren als die Songs der meisten anderen Musiker. Umso geehrter fühlte ich mich deswegen, dass ihn meine Meinung wirklich interessierte.
„Wie wäre es, wenn wir uns nächste Woche in London treffen? Wir könnten die Lieder bei mir Zuhause durchgehen?", schlug ich Ed schließlich vor.
Er grinste mich an. „Kochst du dann auch was Schönes?"
„Aber nur, wenn wir danach noch etwas um die Häuser ziehen", erwiderte ich. „Der Alkohol geht dann auf dich."
„Abgemacht." Ed streckte mir die Hand entgegen und ich schlug ein.
Schon jetzt freute ich mich darauf, denn meine Treffen mit Ed beinhalteten immer jede Menge Spaß.
Wir alberten eine Weile miteinander herum und tauschten uns über all das aus, was wir in den letzten Monaten bei dem jeweils anderen verpasst hatten. Dadurch, dass wir beide sehr viel auf Reisen gewesen waren, hatten wir uns seltener sehen können als wir uns gewünscht hätten.
„Kommt Taylor auch?", fragte ich meinen Freund, als der Saal aufgrund der vielen geladenen Gäste beinahe aus allen Nähten platzen zu schien. Nicht mehr lange und die offizielle Verleihung würde beginnen.
Er musterte mich lange und versuchte mich zu lesen. „Die Presse hatte also Recht? Dein neues Lied handelt über Taylor?"
Mich wunderte es nicht, dass er davon wusste. Die Gerüchte hatten sich in den letzten Tagen nahezu überschlagen und ich hatte es sogar auf das Titelblatt der Sun geschafft. Etwas, worauf man niemals stolz sein sollte.
„Kommt sie nun oder nicht?"
Ich hatte seit Monaten nicht mehr mit Taylor gesprochen, doch Ed ist ein guter Freund von ihr und sollte wissen, ob sie die Grammys heute mit ihrer Anwesenheit beehren würde.
Ed zog die Augenbrauen hoch. „Wieso willst du das wissen?"
„Ich möchte mich bloß darauf einstellen können, ob sie im Publikum sitzen wird oder nicht. Eine Überraschung würde ich gerne vermeiden, das ist alles", antwortete ich ihm. Das war keine Lüge, zumindest redete ich mir das ein.
Ein Kellner trug ein Tablett mit Champagnergläsern vorbei und ich schnappte mir eines, welches ich direkt in einem Zug leertrank. Eigentlich zu schade, denn ich bin mir sicher, dass sie nicht an der Qualität des Alkohols gespart hatten, aber ich brauchte gerade einfach etwas in meinem Rachen, was mich vergessen ließ.
„Tay ist bereits hier, Harry", klärte Ed mich auf. Sofort ließ ich meine Augen durch den Raum gleiten, doch ich konnte sie nirgendwo entdecken. Zu hektisch und überfüllt ging es im Foyer umher, während sich die ersten Gäste bereits zu ihren Plätzen begleiten ließen, denn die Show würde gleich starten.
Ed und ich machten uns ebenfalls auf den Weg in den Hauptraum, nachdem uns einer der Mitarbeiter gesagt hatte, wo wir unseren Tisch finden konnten. Da ich gleich einen Auftritt hinlegen musste, befand sich dieser in der Nähe des Backstagebereichs.
„Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, heute ein Lied über sie zu performen?"
Ich schob den Stuhl zurück, auf dessen Sitzfläche sich mein Name lesen ließ und setze mich. Ed folgte meinem Beispiel.
Außer Ed und mir befand sich noch niemand anderes an unserem Tisch, aber als ich auf das Kärtchen neben mir schielte, konnte ich mir ein erleichtertes Lächeln nicht verkneifen. Shawn Mendes gehörte zwar eher zu Nialls Freunden, aber auch ich verstand mich blendend mit ihm. Außerdem war er stets eine angenehme Gesellschaft. Dieser Abend würde lustig werden.
„Wieso nicht? Taylor schreibt doch auch andauernd Lieder über ihre Verflossenen", antwortete ich meinem Freund.
„Weil ich nicht will, dass ihr wieder mit gebrochenen Herzen endet."
Ein Teil von mir konnte ihn verstehen. Es musste nicht schön gewesen sein, als er damals zwischen den Stühlen stand und nicht wusste, welchen der beiden Scherbenhaufen er wieder flicken sollte. Doch Ed ist immer schon ein guter Freund gewesen, jemand, auf den man sich verlassen kann. Er hatte es gemeistert, sowohl mit mir als auch mit Taylor weiterhin befreundet zu bleiben.
„Es ist nur ein Lied, Ed. Nichts weiter", murmelte ich schließlich. „Ich habe nicht vor, ihr meine ewige Liebe zu gestehen. Ich singe einfach nur über unsere Vergangenheit."
Mein Freund räusperte sich und sah sich kurz um, um sich zu versichern, dass wir keine ungewünschten Zuhörer hatten. Erst dann sprach er. „Wir wissen beide, dass es für dich mehr als nur ein Lied ist."
Ich wich Eds Blick aus. Die Bühne zu meiner rechten war plötzlich äußerst interessant.
Doch mein Schweigen war Antwort genug.
Ich wurde aus der unangenehmen Still erlöst, als Shawn und Hailee Steinfeld an unseren Tisch traten. Sekunden später folgte Niall ihnen, womit ich hätte rechnen sollen. Die drei gab es oft nur in einer Gruppe. Mit einem Lachen zog ich ihn in eine feste Umarmung und genoss es, meinen Bandkollegen endlich einmal in echt vor mir zu sehen, anstatt immer einen dämlichen Bildschirm beim Skypen zwischen uns zu haben.
Seine Haare hatten wieder ihre natürliche Farbe und er war erwachsener geworden, seitdem sich unsere Wege getrennt hatten. Aber ansonsten war er immer noch der gleiche geblieben.
„Bereit für deinen Grammy?", flüsterte mir Niall ins Ohr.
Ich grinste. „Ich werde ohnehin nicht gewinnen. Aber alleine eine Nominierung ist schon eine Ehre."
„Ich habe vor Freude fast mein Sofa zerstört, als du mir davon erzählt hast." Ein von Herzen kommendes Lachen bahnte sich einen Weg aus seinem Mund und ich stimmte mit ein, als ich an die Szene denken musste. Wir hatten gerade geskypt, als mein Manager mir die Neuigkeit mitgeteilt hatte und Niall hatte sich beinahe mehr gefreut als ich mich selbst. Was eine Leistung war, denn ich bin ebenfalls vor Freude durch mein Wohnzimmer gehüpft. Eine Grammy-Nominierung bekam man schließlich nicht alle Tage und zu Zeiten von One Direction war uns das vergönnt gewesen.
Unser Tisch, an dem noch drei andere Musiker saßen, die ich bis dato noch nicht kennengelernt hatte, vertiefte sich in eine angeregte Unterhaltung. Ich hatte so viel Spaß, dass ich langsam anfing, den Abend zu genießen und mich auf die Aftershowparty zu freuen.
Die Show begann und ich merkte, wie ich mit jeder Minute nervöser wurde. Meine Handflächen fingen an zu schwitzen und Niall war mir einen besorgten Blick zu. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf, damit er sich keine Sorgen machte, doch die Besorgnis wich nicht aus seinen Augen.
Nach einer Stunde war es dann so weit und einer der Mitarbeiter winkte mich zu sich.
„Mister Styles, Zeit für ihren Auftritt", verkündete die Dame mit einem geschäftlichen Lächeln und geleitete mich dann zügigen Schrittes hinter die Bühne, auf der ich gleich auftreten sollte.
Ich wischte mir meine nassen Hände an der Innenseite meines Jacketts ab und hoffte, dass mir gleich nicht das Mikrofon aus der Hand rutschte.
Ein weiterer Mitarbeiter drückte mir dieses nun in die Hand und fing an rückwärts zu zählen.
Auf der Bühne wurde mein Name angekündigt und berichtet, dass die Anwesenden heute die Ehre hätten, meinen neuesten Song ‚Pain Pill' als Allererste hören zu dürfen. All die Leute interessierten mich nicht. Alleine ihre Meinung zählte.
„3, 2, 1. Action!"
Ich atmete noch einmal tief durch, dann betrat ich die Bühne und wurde von einem tosenden Applaus empfangen.
„Guten Abend, New York!", rief ich und gab dann meiner Band ein Zeichen.
Die erste Note schwirrte durch den Saal und dann war ich ganz in meinem Element.
Ein Lächeln schlich sich ohne mein Zutun auf meine Lippen und ich merkte, wie all die Nervosität von mir abfiel. Hier auf der Bühne war ich Zuhause. Hier fühlte ich mich wohl.
Routiniert flossen die Wörter über meine Lippen, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes getan. Sie ließen die Geschichte von zwei Menschen auferstehen, die gut füreinander waren und sich dennoch nie lieben sollten.
Während des Refrains rutschte mir ein trauriges Lächeln ins Gesicht, doch weiterhin kamen die Wörter über meine Lippen. Sie zauberten, kämpften und liebten einander.
Dann sah ich Taylors Gesicht in der Menge und mein Atem stockte. Sie war so wunderschön in ihrem roten, langen Abendkleid und dem dazu passenden Lippenstift. Ihre Augen strahlten all die Liebe aus, die uns nie vergönnt gewesen war. Doch am meisten verzauberten mich ihre Lippen, die sich nun zu einem kleinen Lächeln verzogen.
Für einen Augenblick lang blieb die Welt stehen. Es gab nur noch sie und mich.
Doch dann drehte sie sich weiter, immer schneller und schneller. Sie wirbelte so rasch, das ich beinahe die Kontrolle verlor.
Ich verpasste meinen Einsatz, doch es merkte keiner.
Wie in Trance brachte ich das Lied hinter mich, während mein Herz hüpfte und weinte und schrie zugleich. Der Applaus rauschte dumpf in meinen Ohren, als wäre ich ganz woanders.
Ich wollte nur noch weg, doch meine Füße trugen mich wieder zu meinem Platz. Ed klopfte mir auf den Rücken, Niall musterte mich besorgt und Hailee zog mich in eine Umarmung, die morgen sicherlich auf allen Zeitungen zu sehen sein würde. Es war mir egal, ich ließ mich einfach in ihre Arme fallen. Sollte die Presse doch eine Beziehung zwischen uns zaubern, gerade brauchte ich einfach diesen Halt. Meine Finger krallten sich in Hailees Kleid, während ich versuchte, die Fassung zu bewahren. Ich durfte nicht zusammenbrechen. Nicht jetzt, wo alle Kameras der Welt auf mein Gesicht gerichtet waren. Ein gezwungenes Lächeln erschien auf meinen Lippen und ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen.
Der Rest der Show zog wie in einem Film an meinen Augen vorbei. Als wäre ich gleichzeitig wach und könnte mich nicht bewegen. Die Zeit verging schleppend, während ich innerlich immer mehr verzweifelte.
Ich hatte mein Herz offengelegt und nun konnte ich nur noch warten.
Wie in einer Sanduhr rutschten mir die folgenden Stunden durch die Finger. Ich wollte sie mit aller Macht aufhalten, kriegte sie aber nicht zu fassen. Unaufhaltsam kam mein Schicksal auf mich zu.
Taylor fand mich auf der Aftershowparty, auf der ich gerade einen weiteren Tequila herunterkippte, in der Hoffnung, mein schlagendes Herz zum Stoppen zu bringen.
„Harry." Mehr sagte sie nicht.
Ihre Stimme war Musik in meinen Ohren. Das war sie schon immer gewesen.
Ein Teil von mir wollte sich in ihre Arme flüchten, der andere Teil von mir wollte wegrennen. Doch egal wie weit ich rennen würde, die Entfernung zwischen uns wäre nie genug.
Viel zu sehr zog sie mich immer wieder zu sich hin. Als wäre sie die Luft, die ich zum Atmen brauchte.
„Taylor", murmelte ich. Meine Hände zitterten, während ich ihr zulächelte.
„Du hast also ein Lied über mich geschrieben?"
Ich schob ihr einen der Drinks herüber, die ich bereits gebunkert hatte. Alkohol war vielleicht nicht immer die beste Lösung, aber heute konnte ich einfach nicht ohne.
„Das machst du doch andauernd, oder? Deine Beziehungen in deinen Songs verarbeiten?"
Es sollte beiläufig klingen, dennoch befürchtete ich einen Augenblick lang, zu weit gegangen zu sein. Die meisten hätten meine Worte als Beleidigung aufgefasst. Doch Taylor war noch immer das gleiche Mädchen, in das ich mich mit 18 Jahren Hals über Kopf verliebt hatte. Seitdem hatte sie mein Herz nie wieder freigegeben.
Statt meine Worte ernst zu nehmen, lächelte sie bloß und zog mich in eine feste Umarmung. Ihr einzigartiger Duft, der mich immer schon an Sonnenblumen und Sommer erinnerte, stieg mir in die Nase.
„Es ist schön dich zu sehen, Harry."
„Das letzte Mal ist viel zu lange her", murmelte ich mit rauer Stimme.
Ich wollte nie wieder loslassen. Doch sie gehörte mir nicht, hatte sie niemals und würde sie niemals. Also ließ ich sie gehen.
Taylor lehnte sie gegen den Barhocker und drückte mir einen weiteren Drink in die Hand. Wir stießen an und kippten sie herunter.
„Gefällt dir das Lied?", fragte ich schließlich.
Der Alkohol hatte meine Stimme gelockert, ansonsten hätte ich mich nie getraut zu fragen. Aber vielleicht war es genau das, was wir brauchten. Einfach nur einen Abend, in dem nichts anderes zählte. Einen Abend, an dem wir einfach mutig waren.
„Ich liebe es." Ein Lächeln erschien auf Taylors Lippen.
Mein Herz klopft wie verrückt, während ich mich zu ihr herunterbeugte.
Kurz bevor sich unsere Lippen berührten, hielt ich inne. Ich konnte ihren warmen Atem spüren.
Eine Sekunde lang sah ich sie einfach nur an und nahm jedes Detail in mich auf. Die dunkleren Flecken in ihren blauen Augen, die kleine Narbe auf ihrer Stirn, die angedeuteten Lachfalten.
Vorsichtig hob ich meine Hand an ihre Wange und hielt sie fest, als wäre sie das Kostbarste, das mir je untergekommen ist.
„Küss mich, als hättest du nie etwas anderes gewollt", flüsterte Taylor atemlos.
Also tat ich es. Ich küsste sie mit allem, was ich zu geben hatte.
Mein Herz zersprang, während die Welt still stand.
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