9. Kapitel
Die Muskeln angespannt und bereit für seinen ersten Kampf starrte Wieselpfote genau auf die Stelle im Schilf, wo es gerade geraschelt hatte. Plötzlich blitzte ein weißer Pelz zwischen den Halmen auf, im selben Herzschlag teilten sich die Schilfhalme vor ihm und eine reinweiße Kätzin kam zum Vorschein. Ihr Pelz war mit funkelnden Sternen übersäht und ihre blauen Augen blickten verwirrt auf Wieselpfotes immer noch ausgefahrene Krallen.
„Tut mir leid, Wieselpfote. Ich wollte dich nicht erschrecken", fing die fremde Kätzin plötzlich an zu miauen. Instinktiv zog er seine Krallen wieder ein, konnte sich jedoch nicht entspannen. „Wer bist du? Und woher kennst du meinen Namen?" fragte der junge Kater und versuchte dabei nicht allzu irritiert auszusehen. Die Schnurrhaare der Kätzin fingen kurz an, amüsiert zu zucken.
„Ich bin Holunderblüte, die ehemalige Heilerin des FlammenClans." Stellte sie sich freundlich aber knapp vor. „Komm mit, ich muss dir etwas zeigen", ohne auf eine Antwort zu warten stolzierte Holunderblüte an ihm vorbei und führte ihn wieder die Böschung hinauf zu der Wiese, auf der Wieselpfote aufgewacht war. Während er hinter ihr herlief ratterten die Gedanken nur so in seinem Kopf. Holunderblüte muss eine SternenClan Kätzin sein! Aber wieso will sie ausgerechnet mir etwas zeigen? Und wenn wir hier gerade im Territorium des SternenClans sind...wo ist dann Sonnenstern? Mal wieder hatte der junge Kater zu viele Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Aber die letzte Frage beschäftigte ihn am Meisten. Sonnenstern? Wo bist du? Mit dem Wissen beim SternenClan zu sein fühlte er sich seinem Vater etwas näher und trotzdem hatte er das Gefühl, Sonnenstern wäre unerreichbar.
Nachdem sie die Wiese überquert hatten, wurde das weiche Gras von einem harten Waldboden abgelöst und winzige Kiefernnadeln piekten sich in Wieselpfotes Ballen. Doch plötzlich blieb Holunderblüte stehen und Wieselpfote lief schneller, um zu sehen was die Kätzin zum Anhalten veranlasst hatte.
„Wir sind da", schnurrte sie und deutete mit den Ohren auf einen kleinen Tümpel. Wieselpfote sah sich um. Beinahe hätte er den Tümpel gar nicht erkannt, da der voller Algen war und man das Wasser kaum sehen konnte. Die Luft war hier im Wald deutlich kühler und komischer Weise waren jedes Vogelzwitschern verstummt. Er fühlte sich nicht wohl zwischen den dunklen Kiefern und Unbehagen machte sich in seinem Magen breit. Wo bin ich hier bloß? Ist das hier wirklich nur ein Traum? Es gab so viele Fragen, die er der weißen Kätzin gerne gestellt hätte. Aber aus irgendeinem Grund wusste er, dass sie ihm sowieso nicht darauf antworten würde. Sein Blick fiehl wieder auf den Tümpel. Warum sind wir hierhergekommen?
Als hätte Holunderblüte seinen Gedanken gehört, beugte sie sich näher zum Tümpel und rührte mit einer Pfote darin herum, sodass die grünen Algen etwas zur Seite gespült wurden und man nun sogar Wasser erkennen konnte. Mit einer Schweifgeste zeigte sie Wieselpfote, dass er näher herantreten solle. Als er nun ganz dicht am Tümpel stand, beobachtete Holunderblüte ihn gespannt von der Seite.
„Was kannst du sehen?", fragte sie ihn leise. Wieselpfote musste sich bemühen, keine bissige Bemerkung zu machen. Weiß sie nicht, wie ein Tümpel voller Algen aussieht? dachte er leicht genervt, traute sich jedoch nicht ihr in die Augen zu schauen. Also starrte er auf den Tümpel. „Nunja...Wasser und...", ein energisches Kopfschütteln von Holunderblüte ließ ihn verstummen. „Du musst genauer hinschauen!" miaute sie bestimmt. Wieselpfote streckte seinen Kopf noch näher ans Wasser heran und verengte vor Konzentration seine Augen. Irgendetwas von großer Bedeutung hatte in Holunderblütes Stimme gelegen, weshalb er sich Mühe gab zu erkennen, was sie meinte. Doch er konnte nur sein eigenes Spiegelbild im Wasser sehen, welches ruhig vor ihm lag und ihn genauso konzentriert ansah.
Und plötzlich begann sich sein Spiegelbild wie durch leichte Wellen zu bewegen, obwohl nicht einmal ein winziger Lufthauch wehte. Erschrocken wollte Wieselpfote zurückweichen, doch Holunderblüte stand hinter ihm und ließ es nicht zu. Sein Herz klopfte so laut, dass er dachte die weiße Kätzin müsste es auch hören, aber trotzdem zwang er sich wieder genau auf die Wasseroberfläche zu starren.
Ein kleiner Wasserstrudel sorgte dafür, dass das Bild vor seinen Augen verschwamm und er bohrte seine Krallen in die harte Erde, um nicht zu schwanken. Gleich darauf erschienen Bilder auf der Wasseroberfläche, die schnell hin und her zuckten und jeden Herzschlag zu wechseln schienen. Wieselpfote konzentrierte sich, um jedes dieser Bilder schnell erkennen zu können. Als erstes konnte er eine Amsel entdecken, eine Amsel die bei einem Gewitter versuchte zu fliegen, jedoch abstürzte und dann dunkle Umrisse von Katzen, magere Katzen die schreckliche Angst hatten. Als nächstes konnte Wieselpfote einen Sturm wahrnehmen, der Wolken herumschleuderte, Bäume ausriss und Feuer ausblies. Dann sah er plötzlich nichts mehr. Der Tümpel schien endlos schwarz vor ihm zu liegen und ließ ihn erschaudern. Nach einigen Herzschlägen jedoch lag sein Spiegelbild wieder glatt und ruhig vor ihm, als wäre nichts gewesen. Wieselpfote atmete einmal tief aus, als er bemerkte, dass er die ganze Zeit seine Luft angehalten hatte.
Langsam drehte er sich zu Holunderblüte um. „Was war das?" fragte er sie heiser und suchte ihren Blick, um daraus vielleicht etwas deuten zu können.Die SternenClan Kätzin sah ihn zufrieden an. „Ich wusste, dass du es siehst" schnurrte sie und Wieselpfote meinte einen kleinen Hauch von Triumph in ihrer Stimme erkannt zu haben. Verwirrt legte er den Kopf schief und starrte die Kätzin weiterhin fragend an.Holunderblüte sah ihm tief in die Augen und seufzte schließlich. „Gut, du hast ein Recht es zu erfahren." Gab sie schließlich nach und setzte sich auf den nadeligen Waldboden. Wieselpfote tat es ihr gleich und spitze die Ohren gespannt. Was soll ich erfahren?
Doch bevor Wieselpfote nachfragen konnte, erhob Holunderblüte ihre Stimme: „Der Feuerclan wird wie eine Wolke im Wind sein, die hin und her gepustet wird, der Wind wird mehr , ein Sturm bricht auf, es wird unnötig Blut vergossen. Der Feuerclan wird eine Geschichte sein, eine Geschichte die Hauskätzchen ihren Jungen Erzählen, wenn er nicht gegen den Wind und gegen den Sturm ankämpft." diese Sätze raunte sie so leise, dass Wieselpfote nicht sicher war, ob sie das gerade wirklich gesagt hatte. „Warum erzählst du mir das?" fragte er die weiße Kätzin erstaunt. Ich bin ein Schüler, der noch nicht einmal richtig trainiert hat, weil er Schuld an dem Tod seines Vaters ist. Was will eine SternenClan Katze von mir?
„Wieselpfote! Aufstehen!" eine laute Stimme drang plötzlich in Wieselpfotes Ohr.
„Denk an meine Worte..." miaute Holunderblüte leise und löste sich vor seinen Augen auf.
„Wieselpfote! Du hast dich in den letzten Tagen schon genug ausgeruht!" schon wieder war da diese laute Stimme. Wieselpfote öffnete schläfrig die Augen. Der Bau war fast leer, nur Teichpfote schlief noch und ließ sich von dem Lärm keines Wegs stören. Als Wieselpfote jedoch sah, wer ihn da die ganze Zeit gerufen hatte, wünschte er sich er wäre nie aufgewacht. Denn niemand anderes als Himmelblüte stand zwischen einem Bogen aus Efeuranken, welcher den Eingang den Schülerbaus bildeten und sah ihn vorwurfsvoll an.
„Hast du vergessen, dass wir heute zusammen trainieren?!" fragte sie kühl. Wie hätte ich das je vergessen können? fragte sich Wieselpfote und musste sich auf die Zunge beißen, um diesen Satz nicht laut auszusprechen. Unmotiviert trottete er zu seiner Mentorin, in seinem Kopf drehte sich jedoch alles um den nächtlichen Traum.
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