Kapitel 87
Wie jetzt schon häufiger, saßen Tyler und ich gemeinsam im großen Speisesaal. Gefühlt bewegte ich mich immer nur in den gleichen drei Räumen und mir fiel etwas die Decke auf den Kopf.
Milo hatte ich nicht mehr gesehen, dafür saßen wir jetzt wieder mit den Zwillingen zusammen und aßen.
Seit Tylers Biss schien es völlig im Ordnung zu sein, dass ich einen eigenen Stuhl hatte und auch schien sich niemand daran zu stören, dass ich ihn oder sie ansah.
Jared ging es so weit gut. Wie Tyler vermutet hatte, war wirklich der Alpha bei ihm aufgetaucht und ihm die Nachricht, dass er Beta werden würde, zu überbringen. Da schien der Alpha jedoch bei weitem bessere Laune gehabt zu haben, als noch bei uns.
Jared strahlte jedenfalls übers ganze Gesicht und bedankte sich gefühlt hundert Mal bei Tyler, da er mit dieser 'Ehre' nie im Leben gerechnet hatte.
Das tat er übrigens in einer solchen Lautstärke, dass es vermutlich schon das ganze Rudel mitbekommen hatte.
Luke, welcher mir gegenüber saß, war nämlich, was mir ein kurzer Blick durch den Raum bestätigte, bei weitem nicht der einzige, der mittlerweile bei jeder Erwähnung des Wortes 'Beta' die Augen verdrehte. Tyler neben mir grinste nur und schien es zu freuen, dass Jared so glücklich war.
Nach einer Viertelstunde schien aber auch Jared endlich mal mit dem Thema abgeschlossen zu haben, hatte jedoch schon gleich ein neues Thema parat.
,,Habt ihr eigentlich schon das Neueste gehört?", fragte er in die Runde.
,,Wenn es um den neuen Beta geht, ja, haben wir", sagte Tyler belustigt.
,,Nein! Das meine ich doch gar nicht. Ich rede von der Gruppe 'Flüchtige', die die Späher nicht weit von hier gefunden haben."
Überrascht horchte ich auf.
Flüchtige waren Menschen, die sich, meist schon zu Zeiten der Revolution, den Werwölfen entzogen haben und seither allein in der Wildnis lebten.
In den ersten Jahren haben die Werwölfe auch viele Menschen wieder eingefangen, doch nach Jahrzehnten waren es nur noch sehr wenige Menschen und für die Werwölfe zu viel Arbeit mit relativ wenigen Resultaten. Daher jagten sie die Flüchtigen seit Jahrzehnten nicht mehr und schnappten sie nur noch, wenn sie zufällig auf sie stießen.
Ich selbst konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie es Menschen geschafft haben, so lange den Werwölfen zu entkommen und über Generationen in der Wildnis zu überleben.
,,Wie sind die auf einmal gefunden worden?", wollte Tyler wissen.
,,Es soll wohl eine Gruppe sein, die immer umher wandert und sich diesmal zu weit ins Territorium gewagt hat. Dadurch sind sie aufgespürt worden und sollen morgen aufgegriffen werden. Ich hab sogar gehört, es sollen mindestens drei Frauen dabei sein, wovon zwei sogar jünger sein sollen und somit potentiell Gefährtinnen sein könnten."
,,Und du hoffst darauf, dass eure dabei ist?", fragte Tyler noch mal nach mit einem eher skeptischen Ton.
,,Natürlich hofft er", mischte Luke sich in die Unterhaltungen ein, ,,Jeder einsame Wolf hofft doch immer. Wobei es, der Erfahrung nach, mit solchen Frauen immer sehr kompliziert wird und diese eine doch überproportional hohe Selbstmordquote haben. Gepaart mit der Tatsache, dass das mit Gefährten bei Werwolfzwillingen immer so eine Sache ist, hofft man zwar, aber nicht so sehr wie bei den bekannten Methoden, um eine Gefährtin zu finden." ,,Wobei es keinen Unterschied macht, woher die Gefährtin oder der Gefährte kommt", ergänzte Jared. ,,Ja da gebe ich dir recht. Doch ist die Arbeit mit Frauen, die zu den 'Flüchtigen' gehören, immer sehr schwierig, da diese meist immer hundertprozentig kontra Werwölfe eingestellt sind", ergänzte Luke.
Es herrschte ein kurzes Schweigen, bis Tyler wieder sprach, ,,Ihr wärt die Ersten, oder? Die ersten eineiigen Werwolfzwillinge mit einer Flüchtigen zur Gefährtin?"
Der Blick der Zwillinge wurde bedrückt.
,,Ja, wären wir", sagte Jared. ,,Aber die Wahrscheinlichkeit auf ein gutes Ende steht bei der Konstellation ziemlich schlecht für uns", beendete Luke den Satz.
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