Kapitel 77
Der Alpha wirkte kurz verwirrt oder er war sich unsicher, was er nun tun sollte, doch fing er sich relativ schnell und schaltete wieder auf aggressiv.
Er begann wieder zu knurren und legte die Ohren an. Erst starrte er noch auf die Stelle, an der kurz zuvor die Luna stand, wandte sich aber dann uns, genauer gesagt mir, zu. Er bleckte die Zähne und ging ein paar Schritte auf mich zu, doch da stand schon Tyler vor mir und knurrte seinerseits den Alpha an. Ich selbst ging unsicher ein paar Schritte zurück, traute mich aber nicht, den Alpha aus den Augen zu lassen, da ich fürchtete, er würde mich gleich anfallen. Zutrauen würde ich es ihm ja durchaus.
Doch es passierte nichts. Der Alpha stand da und knurrte, während Tyler die ganze Zeit schützend vor mir stand. Der dritte Wolf war in der Zwischenzeit irgendwohin verschwunden, wie mir ein kurzes Schielen zur Seite verriet.
Nach einigen Minuten hörten, wie auf ein geheimes Signal, sowohl Tyler, wie auch der Alpha, auf zu knurren. Ich verstand nicht ganz, warum sie es jetzt auf einmal taten, doch war ich froh, dass das Knurren endlich mal ein Ende fand.
Der Alpha wandte sich von uns ab und ging Richtung Wald. Ob er wohl jetzt seiner Gefährtin hinterher wollte?
Immerhin war sie ja seine Gefährtin.
Tyler drehte sich zu mir und musterte mich. Er wirkte, soweit ich es bei einem Wolf beurteilen konnte, besorgt. Ein lautes Knacken ertönte und Tylers wölfische Gestalt wandelte sich wieder in seine menschliche. Nackt, wie es nicht anders zu erwarten war, stand er vor mir.
,,Geht es dir gut?", fragte er mich. Ich nickte, auch wenn 'gut' gerade keine wirkliche passende Beschreibung war, wie ich mich fühlte.
Mir war noch ein wenig unwohl aufgrund der vorherigen Situation, doch war mir ja nichts passiert. ,,Nimm es mir nicht übel, aber ich glaub dir nicht ganz. Du bist nämlich verdammt bleich zum die Nase herum."
Da ich ehrlich gesagt nicht wusste, was ich dazu jetzt machen sollte, zuckte ich einfach mit den Schultern. Schließlich konnte ich ihm ja schlecht widersprechen, da ich mir schlecht selbst ins Gesicht gucken konnte.
,,Komm, lass uns rein gehen", sagte Tyler und kam auf mich zu, was mir in Anbetracht der Tatsache, dass er immer noch nackt war, dezent unangenehm war. Doch Tyler störte das nur wenig, legte einen Arm um meine Schultern und ging zusammen mit mir zum Rudelhaus zurück. Im Haus selbst saßen wir im großen Speisesaal. Hier war überraschend viel Betrieb. Einige ältere Personen saßen zusammen und spielten Karten, an einem anderen Tisch saßen einige, wahrscheinlich, Mütter mit kleinen Kindern, die zum Teil noch gar nicht selbst laufen konnten.
Tyler und ich saßen allein an einem Tisch. Die Haushälterin hatte, nach einem kurzen Blick in mein Gesicht, mir gleich eine Tasse Tee gebracht und etwas Gebäck. Auch tätschelte sie mir im Vorbeigehen immer wieder meine Hand. Ich sah anscheinend wirklich so blass aus, wie Tyler es bereits gesagt hatte. Auch einige andere, die an uns vorbei kamen, sahen mich besorgt an. Das empfand ich doch als etwas seltsames Verhalten von Werwölfen. Besorgnis um einen Menschen, passte irgendwie nicht wirklich in mein bestehendes Bild von ihnen.
Dass Tyler nackt neben mir saß, interessierte jedoch niemanden. Keiner der Anwesenden, abgesehen von mir, kam es komisch vor.
Während wir hier saßen, ich meinen Tee trank und Tyler mich besorgt beobachtete, schien man mir glatt beweisen zu wollen, dass nackt sein hier total normal war. Mehrere Personen traten Nackt ein, sowohl Männer wie Frauen, alte, wie junge Personen. Niemand fand es anstößig, keiner schenkte dem besondere Aufmerksamkeit. Na ja, außer mir. Für mich war es einfach komisch und auch unangenehm. Vor allem, da ich außerhalb meiner Familie noch nie andere Menschen überhaupt nackt gesehen hatte, von den Bildern in meinem Biologiebuch abgesehen.
Das alles wurde aber auch nur getoppt, als, sowohl der Alpha, wie auch die Luna, ebenfalls nackt im Raum erschienen.
Warum zur Hölle war dieses ganze Nackt-Sein hier nur so 'normal'?
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