Lichtblick
Als sich die Tür ein weiteres Mal öffnete, stand Rabu und ein schlaksiger Kerl vor mir. Entsetzt blickten sie auf mich herab. Der Kerl wandte sich kreidebleich an Rabushka, welche wortlos warnend ihren Kopf schüttelte.
„Wenn du uns folgen möchtest. Ich habe für dich verhandelt", flüsterte sie atemlos.
Mein Herz erhöhte seinen Takt. Konnte dies die Wirklichkeit sein? Hatte ich es geschafft? Habe ich all die Qualen erleiden müssen, um endlich eine andere Behausung zu bekommen? Klein Lola lugte hervor, blieb jedoch dezent im Hintergrund. Zitternd stand ich auf. Meine Beine gaben jedoch mehrmals nach. Zu lange war ich hier unten gewesen. Hatte mich nicht wirklich bewegt. Lag nur dort auf dem feuchten steinernen Boden und wartete. Der schlaksige Kerl war unmittelbar an meiner Seite und stützte mich. Meine Rippen schmerzten stark, als ich mich aufrecht stellte. Ich biss meine Zähne zusammen.
„Wo bringt ihr mich hin?", krächzte ich und erneut bekam ich einen Hustenanfall.
„In dein Zimmer", gab der schlaksige Kerl mitleidig von sich. Als wir meinen Kerker verließen, stockte mir der Atem. Hier unten in diesem Kellergewölbe waren etliche Zellen angebracht. Nicht solch wie die meine. Nein, Zellen mit Gitterstäben. Hinter denen viele so litten wie ich gelitten hatte. Dies war der Moment in dem ich mir schwor, komme was wolle. Ich würde sie alle befreien. Jeden einzelnen von ihnen. Sobald Mason an seinem eigenen Blut erstickt war. Mein Hass und Groll gegen ihn, war ins Unermessliche gewachsen. Wie konnte man nur so schrecklich sein? Die Stufen hinauf aus dem Kellergewölbe, stellten das nächste Problem für mich da. Denn ich konnte mich so schon kaum bewegen. Mit zusammengebissenen Zähnen quälte ich mich die Treppe empor. Mehrmals mussten wir rasten. Aber Rabu und der hochgewachsene Kerl waren geduldig. Sagten kein Wort. Als wir oben ankamen, empfing mich das Sonnenlicht. Lächelnd schloss ich meine Augen und ließ mich von ihm durchdringen. Ich spürte ihre Kraft. Wie die Wärme unmittelbar in meine kalten Glieder eindrang. Wie sie mir schmeichelte.
„Komm, weiter Lola", flüsterte Rabu nervös und ich folgte ihr artig. Was sonst hätte ich auch tun können.
Ich war viel zu schwach. Hier oben war richtig was los. Etliche junge Leute, kreuzten unseren Weg. Sie alle sahen mich entsetzt an. Ja schaut nur was er mir angetan hat. Euer Alpha! Schrie ich in meine Gedanken hinein. Sie alle konnten doch nicht so blind sein. Sie mussten doch wissen, was er dort unten in seinen Kerker trieb. Ich fragte mich, warum sie nicht einfach die Flucht ergriffen? Von hier verschwanden. Rabu bemerkte meinen inneren Monolog.
„Ihre Alpha's sitzen in den Kerkern. Mason schindet nun richtig Eindruck. Jetzt da sie alle sehen, was dort unten vor geht", hauchte sie so leise, dass nur ich sie verstehen konnte.
Dies war kein Leben für ein Rudel. Niemals würde ich so agieren. Oder Cay. Er war ‚zwar manchmal launisch und stur. Doch so etwas würde ihm im Traum nicht einfallen. Sie alle hatten etwas besseres verdient. Und wir würden ihnen ihr Leben zurückholen.
Als wir vor einer Tür zum stehen kamen, japste ich schweratmend nach Luft.
„Dies ist dein neues Zimmer", nickte Rabu und öffnete die Tür. „Die Gitter an den Fenstern und um den Balkon herum, waren Teil der Bedingung. Damit du nicht flüchten kannst. Mehr konnte ich nicht für dich herausschlagen", sprach sie weiter und faste sich an die Beule in ihrem Gesicht. Welche mir zuvor nicht aufgefallen war. Auch sie schien unter seiner Herrschaft zu leiden.
Doch von mir würde sie kein Mitleid erfahren. Auch wenn sie mir geholfen hatte. Sie hatte uns verraten. Mit dieser Bürde musste sie nun leben. Kraftlos schleppte ich mich in dieses Zimmer. Es sah aus wie die Zimmer in unserer Hütte. Nur eher pragmatisch eingerichtet. Keine Blumen oder Gemälde an den Wänden. Aber ein Bett und ein Badezimmer, mit einer Wanne. Welche laut nach mir rief. Der Kerl ging seines Weges und Rabu blieb noch einen Moment.
„Ich werde dir etwas zu essen bringen, du solltest dich waschen. Hier sind Medikamente. Nimm die, sie lassen die Schmerzen verblassen", gab sie mir zu verstehen. Dann ging auch sie. Als die Tür ins Schloss fiel und abgesperrt wurde, grinste ich in mich hinein.
Natürlich vertraute Mason mir nicht. Doch dieser Aufstand? Für ein völlig entkräftetes Mädchen? Was musste er doch für eine Angst haben. Ich ließ mir ein Bad ein. Als ich mich meiner Kleider entledigte, blickte ich in den Spiegel. Ersetzen. Pures Entsetzen blickte mir entgegen. Mein Auge war völlig zugeschworen. Meine Wange hatte eine unnatürliche Färbung angenommen. Ich war viel zu dünn geworden. Tiefe schwarze Ringe unter meinen Augen, wiesen auf den fehlenden Schlaf hin. Etliche schürfwunden überzogen meine sanfte Haut. Blutergüsse wohin man auch sah. Angeekelt wandte ich mich ab und stieg in das warme Wasser. An manchen Stellen brannte es arg, doch meine Muskeln und Knochen schreiten förmlich nach Glück. Ich weiß nicht wie lange ich in der Wanne lag. Wie oft ich heißes Wasser nachlaufen ließ. Doch als ich zurück in meine neue Behausung trat, war es bereits dunkel. Ich sah den Teller mit Brot und Aufschnitt. Fiel über ihn her und aß mich satt. Dann öffnete ich die Tür zu meinem Balkon. Blickte dem vollen Mond entgegen. Ich musste mich verwandeln. Ihnen ein Zeichen geben. Damit sie wussten, dass es mir gut ging. Fieberhaft lief ich auf und ab. Sah mir die Gitterstäbe genau an. Wer auch immer diese angebracht hatte, hatte ganze Arbeit geleistet. Dennoch bildete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht. Ein Schraubendreher wurde vergessen. Er lag in einem Schlitz am hölzernen Geländer. Grinsend nahm ich ihn auf und machte mich an die Arbeit. Denn das hölzerne Geländer bestand war einfach nur angeschraubt. Wenn ich vier dieser Bretter abbekam, könnte ich flüchten. Vorausgesetzt, ich würde den Weg überhaupt schaffen. Wie in Trance ignorierte ich erneut die schmerzenden stellen an meinem Körper und drehte die Schrauben auf. Was mich unendliche Kraft kostete. Dennoch schien es zu funktionieren. Ich war achtsam. Sah mich immer wieder um. Doch die rechtlichen Balkone lagen in stille neben dem meinen. Auch meine Zimmertür behielt ich im Auge. Zu meinem Glück, ließ er mich heute jedoch in Frieden. Als ich das vierte Brett in meinen zitternden Händen hielt, atmete ich erleichtert auf. Voller stolz blickte ich auf mein werk. All die Qualen, welche ich auf mich genommen hatte. Hatten sich bezahlt gemacht.
Klein Lola war unglaublich aufgeregt. Auch die Ameisen bewegten sich nun um einiges schneller. Sie spürten den Umbruch. Für denen, der diese Arbeit verrichtet hatte, tat es mir bereits jetzt schon leid. Denn er würde sicherlich mit seinem Leben dafür bezahlen. Doch auch diesen würden wir rächen. Ich gab klein Lola frei. Gab mich meiner Verwandlung hin. Auch wenn Mason allen Geruch übertünchte, roch ich einen ganz genau heraus. Er ließ mein Herz höher schlagen und füllte es mit liebe. Cay.
Ich vernahm seinen Duft, welcher mir die Sinne raubte. Dann ließ ich meinen Gedanken freien lauf und hoffte er würde mich hören können. Denn alleine würde ich den Weg nicht schaffen.
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