Kapitel 9
Sturm blinzelte. Die Sonne ging bereits auf und sie verengte ihre Augen zu Schlitzen. Das wütende Knurren klang noch in ihren Ohren, die verzweifelten Schreie des fremden Rudels.
Es schien ihr, als waberte der Blutgeruch immer noch um sie herum. Sie schüttelte sich um ihren schrecklichen Traum zu vergessen. Sie blickte zur Seite und zuckte zusammen.
Tiger war nicht da!
Sie schnüffelte an seinem Platz, er war kalt. Er musste schon länger weg sein. Sturm lauschte, doch sie hörte nur das gezwitscher der Vögel, die die Sonne begrüßten. Sturm schüttelte sich den Schlaf aus dem Pelz und witterte. Sie entdeckte eine leichte Spur von ihm und folgte ihr. Sie führte in den Wald.
Sturms Herz schlug immer schneller. War ihm etwas passiert? Oder hatten die Eiswölfe ihn doch gefunden? Sturm lief immer weiter, die Spur führte im zickzack immer wieder durch dichte Hecken und Sträucher.
Sie folgte der Spur, bis sie zu einem Fluss kam. Sturm hatte keine große Lust zu schwimmen, sie fühlte sich immer noch ein wenig schwach und der Traum den sie in der Nacht hatte schwirrte ihr im Kopf herum.
Wer war dieses Rudel gewesen? Waren es die Feuerkrieger und wenn ja, hatte es eine Bedeutung? Sturm schüttelte den Kopf um sich von den Gedanken zu befreien, sie wollte nicht an die schrecklichen Dinge erinnert werden. Sie schlich am Ufer entlang, doch die Spur hatte sie verlohren. Plötzlich raschelte es im Unterholz und ein kühler Hauch umwehte sie. Eiswölfe!
Sturm wirbelte herum, doch es war Tiger. Er hatte zwei Hasen im Maul und kam auf sie zu. Er ließ die Hasen fallen "Wo warst du? Ich habe nach dir gesucht als du nicht mehr auf der Lichtung warst."
Leichte Verärgerung klang in seiner Stimme mit. Sturm blickte ihn ungläuig an. "Ich habe dich gesucht! Du warst nicht mehr auf der Lichtung." Tiger zuckte mit den Ohren. "Ich war nur jagen. Hier ein Hase für dich."
Er schlug seine Zähne in den Hasen. Er war also nur jagen. Sturm war mit dieser Antwort nicht zufrieden. Die ganze Nacht und dann hatte er nur zwei Hasen gefangen? Sie sprach es jedoch nicht laut aus, da sie selber sehr hungrig war.
***
Die Sonne stach vom Himmel und Sturm hatte das Gefühl gleich zu verbrennen. Tiger hatte es wahrscheinlich noch schwerer mit seinem dicken Pelz.
Sie waren nachdem sie gegessen hatten gleich aufgebrochen.
Sturm hing wieder ihren traurigen Gedanken nach. Der Schmerz über den Verlust ihrer Familie stach sie immer noch wie Disteln am ganzen Körper und sie konnte es nicht unterdrücken. Tiger trabte im gleichen Tempo immer weiter, wärend Sturm etwas zurückfiel und die Zunge aus dem Maul hängen ließ.
Mox war ihr Wurfgefährte gewesen, auch wenn er ein Fuchs war. Sturm hätte alles getan um sie wieder zurück zu bekommen. Wäre ich nur da geblieben und hätte mitgekämpft, und nicht feige weggerannt.
Sturm wusste, dass es so kommen musste und dass sie nichts dagegen hätte tun können. Ihre Gedanken schweiften zu ihrem Traum diese Nacht. Wer waren die fremden Wölfe gewesen?
Sturm überlegte, ob das ihr Schicksal war. Alle die ihr wichtig waren, würden für sie sterben müssen, damit sie leben kann im Leid ihrer Freunde. Nein! Sturm spannte energisch die Muskeln. Das war nur ein Traum, sie würde nicht hilflos zusehen, wenn ihren Freunden so etwas passiert.
Eines war klar, das in der Nacht waren ihre Freunde, dass wusste Sturm tief in ihrem Herzen. Sie würde für das Rudel mir ihrem Leben kämpfen und nicht tatenlos zusehen, wie sie für ihr Überleben kämpften.
Oder doch? was wenn es mein Schicksal ist und ich überleben muss? Sturm kam sich sehr klein und schwach vor, gegenüber der ganzen Welt. Wie sollte sie ihr Schicksal als Alpha nur erfüllen? Sie war doch noch fast ein Welpe.
"Wir machen ein wenig Pause, du siehst erschöpft aus." Sturm zuckte zusammen, als Tiger plötzlich neben ihr war. Sie hatte ihn nicht kommen gehört. "Ich kann noch weiterlaufen!"
Sturm wollte nicht schwach sein und Tiger zeigen, dass sie ihm ebenbürtig war. Doch Tiger zuckte leicht belustigt mit den Ohren und setzte sich in den Schatten eines Ahornbaumes.
Sturm unterdrückte ein verärgertes Schwanzschippen, wie konnte Tiger wissen wie erschöpft sie war? Sturm seufzte und legte sich hin.
Eine Frage zuckte durch ihren Kopf, sie musste einfach nachfragen. "Tiger? Da war ein Eiswolf, der mit der schwarzen Zeichnung auf seinem Kopf. Wer ist er?" Tiger blickte auf "Scarlett, er ist der Beta."
Tiger redete kaum hörbar "er hat das Zeichen auf seiner Pfote und wird Alpha der Eiswölfe." Tigers Blick hing an einen Punkt weit am Horizont.
Es war klar, dass er nicht darüber reden wollte. Sturm wandte sich ab und stand auf. Scarlett. Der Name klang grausam und kalt. "Ist er gefährlich?" Sturm kniff den Schwanz zwischen die Beine. Tiger blickte sie an, doch er antwortete nicht.
Frustriert legte sie sich wieder hin. Ihr Blick viel auf Tiger, der angefangen hatte, sich wieder einmal putzen. Er hatte die Pfote ausgestreckt und zog seine Zunge in langen Zügen darüber. Sturm kniff die Augen zusammen. Nein! Das konnte nicht sein! Sie starrte auf etwas an Tigers Pfote.
***
Tiger sah Sturm aus dem Augenwinkel. Sie blickte ihn so erschrocken an. "Was ist? Habe ich mich in eine Katze verwandelt?" fragte er.
Sturm antwortete nicht und senkte den Blick. "Nichts ich..." Sturm murmelte etwas vor sich hin. Tiger stand auf. Sturm war schon etwas länger misstrauisch.
Nein, sie konnte es nicht wissen. Sie ist noch ein Welpe. Tiger sah sie an. Die Erschöpfung konnte man ihr direkt von den Augen ablesen. Sie wollte es nicht zugeben, dass sie nicht mitkam. Sie war so ehrgeizig und stolz.
Tiger beobachtete sie, wie sie unbeholfen ihre Pfoten putzte. Tiger wandte den Kopf ab, um nicht loszulachen. Sturm versuchte sich an ihn anzupassen. Verunsichert schaute sie ihn an.
Sturm war nicht dumm und sie würde es herrausfinden. Irgendwann, da war Tiger sich sicher. Eine kalter Ruck ging durch seinen Körper. Vielleicht war es doch besser, es einfach zu sagen. Doch sie würden dann nicht ungestört bleiben und er hatte nicht viel Zeit. Beim letzten mal hätte er fast alles verloren.
Er hatte vorhin ihren Blick bemerkt. Er war vorsichtig gewesen, doch sie musste es herrausgefunden haben. Nein, nur einen Teil der Wahrheit. Sie war noch ein Welpe und wusste nicht viel. Verzweifelt blickte er Richtung Himmel. Was sollte er tun?
Er musste sich entscheiden und es war auch schon klar wofür. Doch er konnte nicht. Wieso war das seine Bestimmung?
Seine Zunge fuhr fast von selbst an seiner Pfote entlang, bis sie die feinen Rillen spürte und das Zeichen berührte.
Das Zeichen, dass sein ganzes Leben verändert hatte und eine unglaubliche Last der Verantwortung und Entscheidungen auf ihn übertragen hatte. Ein Knurren stieg tief in seiner Kehle auf. Er straffte seine Muskeln und ließ die ganze Macht durch ihn Fluten. Er hatte einen Grund und das bedeutete für ihn alles.
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