5-Schuldige Augen leuchten heller
Irgendwann kam Melanie rein, kommentierte meinen Anblick mit einem Schnauben und warf ihre Schultasche in die Ecke ihrer Seite des Zimmers. Ich drehte mich einfach auf die andere Seite und pennte weiter. Sie ging, bewaffnet mit zehn verschiedenen Dosen und Tuben in Richtung Duscge und kurze Zeit danach klopfte es. Ich stöhnte leise und schob mir das Kissen über den Kopf. Dann klopfte es erneut.
Ziemlich angepisst quälte ich mich aus den Bett und lief über den eiskalten Boden zur Tür.
Ich war noch im Halbschlaf, als ich sie öffnete.
„Was?"
Fuhr ich die Person vor mir ziemlich unfreundlich an.
„Ähm...ich suche Melanie."
Mein Herz machte einen erschrockenen Satz und sofort war ich hellwach.
Vor mir stand Nick, das beige, lockere Shirt reichte über den Bund seiner schwarzen, zerrissenen Jeans und seine schwarzen Locken hingen ihm in die Stirn. Nicht auf die wirre Art, sondern so als wüsste jede Locke genau; wo ihr Platz war.
Er hatte die Brauen hochgezogen und liess seinen Blick zögernd über meinen Körper wandern.
Ich erstarrte und bemerkte jetzt ganz genau, dass ich nichts als Unterwäsche trug. Wie peinlich.
Ich lief knallrot an und versteckte mich sofort hinter der Türe, sodass nur noch mein Kopf und die zerzausten Haare hervor lugten.
„Was soll das, mich so anzugaffen?"
Fuhr ich ihn an. Er hob die Arme.
„Was erwartest du denn, wenn du so die Türe öffnest?"
„Dass du wegsiehst."
Er grinste verhalten und nickte.
„Okay."
Dann sah er übertrieben ernst an die Decke.
Gerne hätte ich ihn in diesem Moment erwürgt.
„Ist Melanie hier?"
Fragte er dann und ich blinzelte. Achso, ja klar. Wieso hätte er auch sonst Klopfen sollen. Er wollte zu seiner Freundin.
Ich fuhr mir durch die Haare.
„Sie duscht gerade. Glaube ich."
„Okay, kann ich drinnen auf sie warten?"
Ich schlug ihm die Türe vor der Nase zu. Schnell packte ich mir das Erstbeste zum Anziehen und stülpte es mir über. Dann öffnete ich die Tür wieder.
Nick hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Bloss seine Braue war gehoben. Er sah mir direkt in die Augen. Dieses Grau, es wirkte als würde ein dauernder Sturm darin wüten. Irgendwie faszinierend. Aber nicht für mich.
„Ok, komm rein."
Meinte ich möglichst desinteressiert und er spazierte in unser Zimmer rein.
Gemütlich liess er sich auf das Bett seiner Freundin fallen und stützte sich mit den Händen darauf ab. Ich setzte mich ebenfalls auf mein Bett und wir schwiegen.
„Du hast hier nicht grade viel Farbe reingebracht."
Merkte er nach einer Weile an.
Ich schnaubte Ironisch.
„Ja, wie auch? Viel Zeit, mich hier einzurichten hatte ich ja nicht, oder?"
Er legte den Kopf schief und beobachtete mich aufmerksam und etwas schelmisch. „Stimmt."
Wieso starrte er mich auch so an? Das brachte mich irgendwie aus der Fassung.
Ich spielte mit dem Saum des Pullis, der viel zu heiss für einen Sommertag war. Er war auch gar nicht von mir. Ich hatte ja keinerlei meiner persönlichen Gegenstände aus meinem Appartement holen können. Also nahm ich wohl oder übel vorlieb mit dem, was ich von den anderen Mädels hier bekam. Nicht gerade gut für mein Ego.
Nick beobachtete mich aufmerksam, blieb jedoch still, während wir auf Melanies Rückkehr warteten. Eigentlich hätte ich das Zimmer auch einfach verlassen können, um dem unangenehmen Blickduell zu entkommen. Aber da war etwas, das ich noch los werden wollte. Und jetzt war der perfekte Zeitpunkt dafür.
„Bin ich eine Alpha?"
Platzte es aus mir heraus und Nicks Gesichtsausdruck blieb reglos.
„Du meinst, eine Luna. Die weibliche Form des Alphas."
„Von mir aus."
Er seufzte und legte den Kopf schief.
„Wer hat dir denn das gesagt?"
Ich bekam langsam das Gefühl dass ich scheisse redete.
„Julian."
Er schnaubte und verdrehte die schönen Augen.
„Das war ja klar. Julian hat ein grosses Mundwerk, dahinter bleibt aber nicht viel Verstand."
Ich verzog den Mund und verschränkte die Arme.
Ich hatte das Bedürfnis, den grossen Blonden zu verteidigen.
„Er ist auch nicht gerade begeistert von dir."
Nick lächelte. „Ich weiss. Aber darum geht es jetzt nicht, oder?"
Ich zuckte die Schultern und wartete immernoch auf eine anständige Antwort seiner Seite.
„Es ist so. Normerweise besitzen nur Alphas die uneingeschränkte Möglichkeit, einzelne Körperteile zu verändern. Andere können das auch erlernen, jedoch ist es ein mühsamer und schmerzhafter Weg bis dahin."
Er zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf.
„Bei dir bin ich mir aber nicht sicher, ob dieselben Regeln gelten wie für sen Rest von uns. Du bist ein Labor Wolf, vielleicht kannst du sowas auch, ohne eine Luna zu sein."
Ich nickte nur. War mir doch egal. Was sollte ich auch damit?
„Okay. Sowas wollte ich eh nie sein."
Nick kniff die Augen zusammen und stützte dann die Ellbogen auf die Knie.
Mein Blick diel auf die angespannten Adern an seinem Hals. Irgendwie sah das ganz schön gut aus. Wenn man auf sowas stand, zumindest.
„Du hast nicht vor, lange hier zu bleiben, nicht wahr?"
Das kam jetzt plötzlich. Ich setzte einen verwirrten Gesichtsausdruck auf und klimperte mit den Wimpern.
„Was?"
„Tu nicht so. Ich weiss schon, wieso du so dicke mit Julian bist. Du nutzt ihn zu deinen Zwecken aus."
Ich schnaubte. Ich musste es dringend leugnen. Andernfalls hätte es bestimmt keine guten Konsequenzen für mich.
„Du spinnst doch echt. Ich finde ihn eben heiss. Ist das verboten?"
Wieder dieses Funkeln in seinen Augen, die so undurchschaubar für mich blieben.
„Tust du nicht."
Ich hob die Brauen. Was bildete er sich auch ein?
„Doch."
„Nein."
Er stand langsam auf und kam Schritt für Schritt auf mich zu, als würde er sich an seine Beute anschleichen. Und ich war irgendwie aus unerfindlichen Gründen nicht in der Lage, mich zu bewegen. Geschweige denn, dem Unfug ein Ende zu machen.
„Er ist nicht dein Typ."
„Ach...und du willst das wissen?", stiess ich mühsam hervor.
Er blieb dicht vor mir stehen. Seine Miene wirkte nachdenklich, als er sich zu mir hinunterbeugte. Unsere Nasenspitzen hätten sich berühren können. Es sah aus, als suchte er irgendetwas in meinen Augen, dass er nicht finden konnte. Und ich? Mein Herz begann einfach grundlos zu rasen.
„Was tust du..."
Flüsterte ich perplex.
In dieser Sekunde wurde die Klinke der Türe runter gedrückt.
Mein Blick ging dort hin und gleichzeitig stand Nick plötzlich auf der anderen Seite des Zimmers. Er war unglaublich schnell.
Locker lehnte er an der Kante ihres Bettes, als Melanie mit neuen Klamotten und tropfenden Haaren das Zimmer betrat.
„Hey", meinte er ruhig und gelassen.
Ihr Blick ging von ihr zu mir und ich versuchte, den Atem anzuhalten. Ich sagte kein Wort.
„Hi Babe. Sorry, dass du dich mit ihr rumschlagen musstest."
Säuselte sie und warf ihm einen liebreizenden Blick zu, während sie ihre ganzen Tuben und Flaschen zurück ins Regal stellte.
„Ich hatte schon schlechtere Gesellschaft."
Erwiderte ihr Freund, während er einen Arm um ihre Hüfte schlang und einen bösen Blick von ihr kassierte.
„Alana, könntest du uns villeicht etwas Privatsphäre lassen?"
Motzte Melanie dann und wies demonstrativ auf die Tür. Es gefiel mir nicht, wie sie versuchte, mich herumzukommandieren.
Mit mahlendem Kiefer stand ich auf und knallte die Türe hinter mir zu.
Ich lief nach unten, wo ich Damian traf, der mir scheu winkte.
Ich gesellte mich zu ihm auf die Couch. Die meisten Mitglieder des Rudels hielten sich hier oder am grossen Esstisch auf. Abendessen hatte ich anscheinend verpasst. Auch egal. Hatte sowieso kein Apetit.
„Wie geht es dir?"
Fragte ich Damian, der die Hände im Schoss gefaltet hatte. Er war wie gemacht für die Omega Rolle. Dabei sollte er besser mal für sich einstehen und seine Stärke beweisen, wenn er ein vollwertiges Mitglied des Rudels werden wollte.
„Ganz gut. Und dir?"
Ich zuckte die Schultern.
„Geht so. Darfst du mit den anderen trainieren?"
Er blinzelte.
„Ehm, ich bin nicht sonderlich geschickt, aber ja ich mache mit."
Ich nickte und suchte mit dem Blick nach Anthony.
Ich entdeckte ihn neben seiner Frau und Kilian.
Ich stand auf und straffte die Schultern.
„Alana, was hast du vor?"
Fragte er und ich nickte entschlossen.
„Für Gleichberechtigung sorgen."
Oder besser gesagt dafür, dass ich bald hier weg konnte.
Ich marschierte geradewegs auf den Alpha zu. Die Blicke hefteten sich an mich.
„Anthony."
Er drehte sich von Margrit weg, die mich jetzt interessiert musterte.
„Ja, Alana?"
Fragte der bärtige Mann mit seiner üblichen, ruhigen Stimme.
„Ich möchte ab jetzt an euren Trainingsstunden teilnehmen."
Es wurde still in der Halle und die Köpfe wurden zu mir gedreht.
Anthony runzelte die Stirn.
„Darüber haben wir doch schon geredet, Alana. Die Frauen in diesem Rudel kämpfen nicht."
Ich verschränkte die Arme trotzig. So leicht würde ich mich nicht abspeisen lassen.
„Die Frauen hier sind auch keine Werwölfe, sondern Menschen."
„Kia und Kayla nicht."
Kia hob die Hand von weiter hinten und rief zu uns hinüber: „Wir wollen davon auch nichts wissen! Wir sind hier die Peace-Fraktion. Wir halten nichts von primitivem Kampf."
Ich nickte demonstrativ.
„Also, ich möchte auch eine Kampf-Ausbildung bekommen, so wie der Rest hier. Es ist mein Recht als Rudelmitglied und nur weil ich eine Frau bin, kann man mir das nicht einfach verweigern."
Da war er wieder. Simon, dieses Arschloch. Entrüstet erhob er sich von seinem Sitzplatz.
„Wie kannst du es wagen, solche Forderungen zu stellen, wenn du noch nicht mal eine Woche hier bist! Frauen gehören in die Küche und basta. So war es immer."
Buhrufe von K und K.
„Das hast ja wohl nicht du zu entscheiden, Simon."
Zischte ich und begutachtete ziemlich zufrieden die verkrusteten Striche auf seinem Gesicht. Das würde schöne Narben hinterlassen.
Anthony, der währenddessen schweigend überlegt hatte, nickte dann auf einmal.
„Okay."
Ich drehte mich mehr verwirrt als freudig wieder zurück zu meinem Alpha. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
„Ja?"
Fragte ich perplex nach und auf Margrits Gesicht schlich sich ein zufriedenes Lächeln.
„Ja. Aber du kannst nicht einfach so in den Unterricht einstiegen. Er würde dich überfordern. Du brauchst ein Einzel-Training."
Ich nickte begeistert.
„Natürlich. Geht klar!"
Ich war mur froh um die Möglichkeit, meine Selbstbeherrschung nun um einiges schneller zu erlernen. Das lief ja alles wie am Schnürchen.
„Gut. Dann wird Nick dein Mentor sein und dich trainieren."
Mein Lächeln verschwand. „Was?"
Kam es gleichzeitig aus meinem Mund und dem von Julian. Er schien nicht erfreut zu sein.
„Das kann ich doch übernehmen, Anthony. Das macht mir nichts aus", bot Julian an.
Ich drehte mich zu ihm um und traf Nicks Blick, der mit Melanie im Arm auf der letzten Stufe der Treppe stand. Ich sah ihm nicht an, ob er sich freute oder ob er sich jetzt gerne die Treppe hinunter gestürzt hätte.
Aber Melanie wirkte ganz und gar nicht erfreut.
„Nein, Julian. Meine Entscheidung steht. Den Rest kannst du mit Nick abmachen, Alana. Beantwortet das deine Frage?"
Ich nickte nur matt und ohrfeigte mich innerlich.
Ausgerechnet Nick, der sowieso bereits misstrauisch war. Na super.
Obwohl es mir ziemlich widerstrebte, lief ich an dem breit grinsenden Kilian vorbei auf Nick zu.
„Du hast es ja mitgekriegt..."
Begann ich und hatte die Hände verschränkt. Sie waren eiskalt.
„Also, wann hättest du mal Zeit zum...trainieren?"
Ich kam mir so dumm vor, das zu fragen.
Zum Glück war der Rest des Rudels wieder in eigene Gespräche vertieft.
Melanie schnaubte angewidert und Nick zuckte die Schultern.
„Keine Ahnung. Da lässt sich schon was einrichten, am bestens Abends."
Ich nickte nur schnell und wollte mich dann umdrehen, um so schnell wie möglich aus dieser unangenehmen Situation zu entkommen.
Doch Melanies lange Finger packten meinen Arm.
Ich erstarrte in der Bewegung. Seit ich ein Wolf war, mochte ich es gar nicht, wenn man mich berührte und ich das nicht ausdrücklich wollte. Noch weniger als zuvor.
„Lass mich los."
Zischte ich, doch sie zog mich nur näher zu sich.
„Lass das, Melanie."
Meinte Nick sichtlich genervt.
Sie hörte nicht auf ihn und blickte mich wütend an.
„Ich bin die Freundin des zukünftigen Alphas. Du lässt die Finger von ihm, kapierst du das?"
Oh, sie machte das überdeutlich.
„Ich sagte, du sollst mich loslassen."
Knurrte ich und war gefährlich nah dran, die Fassung zu verlieren.
„Melanie, es reicht jetzt. Komm."
Meinte Nick entschieden und löste ihre Finger von meinem Arm. Dabei zwickte es leicht. Mein Blick schoss hoch und traf seinen. Er spürte es also auch. Doch er wandte sich dann einfach von mit ab und zog seine zeternde Freundin von mir weg.
„Hier fliegen wohl die Funken."
Meinte dann Kilian, der plötzlich neben mir stand. Ich blickte ihn finster an, doch das breite Lächeln des grossen, kahlköpfigen Jungen war nicht klein zu kriegen.
„Du meinst wohl eher die Fetzen."
Merkte ich an und er schüttelte den Kopf.
„Nein, nein. Zwischen euch geht es ziemlich heiss hin und her."
Ich sah ihn entgeistert an.
„Lass das, du interpretierst hier was rein."
Meinte ich bloss und wandte mich zum Gehen.
Er folgte mir.
„Das glaube ich nicht. Ich habe gesehen, wie Nick dich angesehen hat. Und du ihn. Da ist doch irgendwas. Mir kannst du es erzählen."
Er wackelte freundlich mit den Augenbrauen.
Ukd auch wenn Kilian womöglich die netteste Person hier im Haus war, konnte ich doch nicht anders, als ihn schroff anzufahren: „Lass den Scheiss, da ist nichts. Ich kann ihn nicht im Geringsten ausstehen."
Dann stapfte ich davon. Magrits Lächeln entging mit allerdings nicht. Es folgte mir solange, bis ich in meinem Zimmer verschwunden war.
Die nächsten Tage vergingen schleppend. Es war frustrierend, die anderen Studierenden jeden Morgen zur Uni gehen zu sehen. Ich durfte natürlich noch immer nicht mit.
Stattdessen half ich mit, Kleinholz zu hacken und in der grossen Sägerei etwas weiter hinten die Späne zusammen zu wischen. Nicht gerade mein Traumjob. Aber es reichte, um mich bis zum Abend hin auszulaugen.
An zwei der Abende trainierte ich dann auch mit Nick. Simple Dinge wir Selbstverteidigung und Krafttraining. Ich fragte nach wozu das gut sein solllte. Er hatte mir erklärt, dass die Selbstbeherrschung in menschengestalt von der psychischen Stärke der Person abhing. Und sowas war gut, um den eisernen Willen zu stärken. Keine Ahnung. Ansonsten war er ziemlich wortkarg und mied es auch, sich zu lange in meiner Nähe aufzuhalten. Das nervte mich ziemlich. Er tat ja geradeso als würde ich stinken.
Aber trotz allem halt mir das Training. Irgendwie. Ich fühlte mich danach auf jeden Fall ausgeglichener und das war doch schonmal ein Fortschritt.
Abends gab es die üblichen Gespräche über Schule und Arbeit. Manchmal erzählte einer von einem Einzelläufer und musste Anthony dann genau beschreiben, an welcher Stelle im Wald er ihm begegnet war. Ansonsten nichts spannendes. So lief das gut zwei Wochen ab. Bis ich laut Nick bereit war, für den Nahkampf.
Und da stand ich nun.
In engen Trainingsklamotten und völlig verschwitzt.
Nick war nicht gerade zimperlich mit mir umgegangen. Ich trug bereits einige Bläueln von unseren Kämpfen davon.
Doch ich war auch nicht willens, aufzugeben und mich zu blamieren.
Also erinnerte ich mich an seine Lektion, die Deckung oben zu lassen und wichs einem ersten Hieb aus, indem ich meinen Körper knapp an seinem vorbeischob. Die Luft zwischen uns schien zu knistern. Den zweiten Schlag blockte ich mit meinem Arm ab und holte aus, um Nick eine zu verpassen.
Doch in letzter Sekunde schnellte sein Arm vor, er packte mein Handgelenkt und schwups, lag ich auf dem Rücken.
Er kniete triumphierend über mir.
Unser Atem ging schnell und ich blickte ihm in die Augen.
Er erwiderte den Blick, während er sich den Schweiss von der Stirn wischte.
Es war bereits gegen sieben Uhr abends, die Sonne wärmte uns also nicht mehr auf. Trotzdem war mir ziemlich heiss.
„Uff, okay, können wir pause machen?"
Stöhnte ich und er reichte mir die Hand, um mir aufzuhelfen.
Dabei fiel mein Blick auf Melanie, die uns mit ihren Gefolgsleuten von oben aus einem der grossen Fenster beobachtete.
Ich seufzte.
„Beobachtete sie dich immer bei allem?"
Meinte ich genervt und schüttelte meine müden Glieder aus.
Er zuckte die Schultern.
„Sie macht sich eben Sorgen."
Ich hob eine Braue, um ihm zu zeigen dass diese Erklärung ziemlich mager war.
„Genau. Weil ich ja offensichtlich in der Lage bin, dir so weh zu tun."
Meine stimme triefte vor Sarkasmus. Es war echt ziemlich anstrengend wenn Melanie mir bei allem was ich tat im Nacken sass.
Ich konnte doch nichts dafür, dass Anthony ausgerechnet Nick als meinen Mentor ausgewählt hatte. Sollte sie das doch mit ihm ausdiskutieren.
„Konzentrier dich lieber aufs Training."
Nick stellte sich wieder aufrecht hin und ging dann in die Knie.
„Wofür ist das ganze gut? Ich dachte ich muss meine wölfische Seite im Zaum halten und nicht zu einem Ninja-Kid mutieren."
Motzte ich und schüttelte meinen Kopf, sodass meine Haare im Pferdeschwanz hin und her geschleudert wurden.
Jetzt wo ich mich nicht mehr bewegte, fröstelte ich.
„Ganz einfach. Desto besser du dich in deiner menschlichen Form verteidigen kannst, desto weniger hat der Wolf in dir das Gefühl, herauskommen zu müssen, um dich zu verteidigen."
Klang logisch. Aber kompliziert. Wieso hatte das auch ausgerechnet mir passieren müssen.
„Also, bereit?"
Nick hob die Arme. Darunter konnte ich gut trainierte Muskeln spielen sehen. Nur war er eben nicht so aufgepumpt wie Julian.
„Hey, Alana. Sieht gut aus."
Wie gerufen stand der blonde massige Typ plötzlich bei uns und musterte mich unverhohlen. Es störte mich nicht sonderlich.
„Hey Julian, danke. Willst du mitmachen?"
Er grinste breit und blickte dann herausfordernd zu Nick.
„Wir sind fertig für heute. Du kannst dich umziehen gehen."
Meinte Nick nur und fuhr sich dann mit einem Tuch durch die lockigen Haare.
Ich blickte vom einen zum anderen.
Julian wirkte ziemlich aggressiv, als Nick wortlos an ihm vorbeilief.
„Du hast doch einfach schiss davor, dass ich dich fertig mache!"
Knurrte er. Ich sah wie angespannt Nick war, doch er drehte sich nicht einmal um und verschwand einfach im Haus.
Julian wandte sich mir zu.
„Ich halte mich da raus. Ich habe nichts damit zu tun."
Kam ich ihm zuvor, bevor er zu einer Schimpftirade ansetzen konnte.
„Es ist ziemlich kalt. Ich geh dann auch mal rein. Wir sehen uns."
Meinte ich dann lächelnd und eilte dann ebenfalls an dem breiten Mann vorbei.
Als ich ziemlich verschwitzt und frierend meine Hälfte des Zimmers betrat, wartete Melanie schon mit einer ihrer Freundinnen.
Sie sass auf ihrem Bett und sprang sofort auf.
„Alana..."
Ich seufzte.
„Dafür habe ich jetzt echt keine Zeit. Mir ist kalt und ich will nur duschen gehen."
Ich sammelte einige frische Kleidung ein und wollte mich zur Türe drehen.
Doch die junge Frau, deren Namen ich nicht einmal kannte, hatte sich davor gestellt. Melanie hatte demonstrativ die Arme verschränkt.
„Du hörst mir jetzt zu. Ich will dass du mit diesem Training aufhörst und Nick in Ruhe lässt!"
Ich musste glucksen und deutete auf die halbstarke Frau.
„Und was genau wird das? Soll mich das etwa irgendwie aufhalten?"
Ich versuchte, das ganze ins Lächerliche zu ziehen. Was es ja auch war. Wenn Melanie so verzweifelt war, sollte sie mal einen Therapeuten aufsuchen. Sie sollte ihrem Freund doch einfach vertrauen, dass er niemand anderen als sie wollte. Das ganze Drama war echt anstrengend.
„Du brauchst dieses Training doch gar nicht! Das machst du einfach mit Absicht, um in seiner Nähe zu sein!"
Ich schnaubte und verdrehte die Augen.
„Was ich tue und wieso geht dich gar nichts an."
Meinte ich, während ich mich gerade vor ihre Freundin hinstellte.
Der schuldete ich doch keine Rechtfertigung. Auch wenn ich ihr gerne an den Kopf geschmissen hätte, dass sie ihren Typen gerne behalten konnte. Aber wo wäre dann der Spass geblieben. Es war interessant wie sehr sich mein Denken verändert hatte, seit ich eine Wölfin geworden war. Ich dachte und sagte Dinge, die ich zuvor niemals denken oder tun wollte.
„Aus dem Weg."
Meinte ich dann und die junge Frau schon eine Unterlippe vor.
„Du bist neu hier, ich nicht. Also bin ich genau genommen die Ranghöhere."
„Genau."
Bestätigte Melanie.
Ich nickte bedächtig und atmete dann tief ein.
Als ich meine Augen das nächste Mal öffnete, sah ich alles in einer ungekannten Schärfe. Einzigartige Farben prägten mein Sichtfeld.
Ich konnte meine violetten Augen als Spiegelung in den aufgerissenen Augen meiner Gegenüber erkennen.
„Und was denkst du jetzt? Willst du mir noch immer im Weg stehen?"
Flüsterte ich und genoss die Überlegenheit.
Die junge Frau schluckte und schüttelte dann langsam den Kopf.
„Gut. Dachte ich mir. Und jetzt aus dem Weg."
Schroff zog ich sie zur Seite und überliess sie Melanie, die sie sofort als Feigling beschimpfte.
Ich eilte über den Gang und spürte, wie sich mein Sichtfeld wieder klärte. Wieder menschlich wurde, wenn man das so sagen konnte.
Gerade wollte ich die Klinke zum grossen Badezimmer aufdrücken, als die Tür nach innen aufschwang.
Ich hielt in der Bewegung inne und mein Blick wanderte langsam nach oben.
Vor mir stand Nick. Er hatte wohl dieselbe Idee gehabt wie ich.
Er sah mich erstaunt an und hatte einen Arm am Türrahmen abgestützt.
Er trug nur ein Handtuch um die Hüfte.
Es sass tief. Echt tief.
Und von seinen Haaren tropfte Wasser auf die vollen Lippen.
Verdammt wieso sah er auf einmal so gut aus? War mir vorher natürlich noch nie aufgefallen.
"Oh tut...tut mir leid, ich dachte es sei frei."
Wisperte ich und verfluchte meine leise Stimme. Wirkte ja ganz und gar nicht selbstbewusst.
Nicks Mundwinkel zuckten und ich kniff sofort die Augen zusammen.
"Es wäre nett wenn du mich raus lassen würdest Alana."
Merkte er amüsiert an und ich bemerkte mit roten Wangen dass ich mich wie ein Stein vor der Türe aufgebaut hatte.
"Uhm, ja klar."
Ich drehte mich seitlich um mich an ihm vorbei ins Bad zu quetschen, welches bereits angenehm warm war.
Wir wechselten den Platz und ich konnte nicht anders als ihn ansehen.
Aber da war er selbst schuld wenn er einfach draussen stehen blieb und mich mit schief gelegtem Kopf beobachtete.
Ich biss mir auf die Lippe damit ich aus dieser Starre erwachte.
Sofort lag der intensive Blick seiner grauen Augen darauf und ich war mir nicht sicher, wieso mein Bauch plötzlich so rumorte.
Er öffnete den Mund leicht und in mir explodierte alles.
Dann schlug ich ihm vor der Nase die Türe zu.
So etwas heisses war mir noch nie untergekommen und es war ganz eindeutig ungesund ihn so lange anzusehen.
Ich atmete tief durch und hörte ihn draussen leise lachen.
Mistkerl.
Aber was war denn bitte dieser kurze Moment gerade gewesen? Ich hatte mich einfach beim besten Willen nicht von ihm losreissen können und ihm schien es genauso ergangen zu sein. Das war echt merkwürdig. Auch egal. Ich hatte grössere Probleme.
Ich schnaubte entschlossen und entledigte mich der engen Kleidung, bevor ich mir das warme Wasser gönnte. Es spülte die klamme Kälte aus meinen Gliedern. Doch was es nicht fortzuspülen vermochte, war dieser kleine Moment zwischen Nick und mir. Irgendetwas ging da vor sich. Ich musste nur noch herausfinden, was es war.
Die nächsten Paar Tage verliefen alle gleich. Holzhacken, Training, Essen, Schlafen. Dazwischen gab es allerlei Streitereien mit Melanie oder auch Simon, der es noch immer auf Damian abgesehen hatte. Jedoch hatte ich es mit in den Kopf gesetzt, den Omega mit allen Mitteln vor dem Grobian zu schützen.
Heute war ein wolkiger Tag. Und Nick hatte das Training ausfallen lassen, da er und Melanie ein Date hatten. Was mir auch recht war. So arbeitete ich einfach noch etwas länger daran, die kleinen Holzscheite zu spalten. Ich spürte bereits, wir sich die Muskeln in meinen Armen verstärkten.
Der Rest war bereits im Haus. Aber was wollte ich dort. Mich konnten die Meisten sowieso nicht ausstehen. Und Kia und Kaya hatten nur Augen für sich. Nur Kilian konnte anständige Gespräche mit mir führen.
Ich streckte mich einmal, um meinen schmerzenden Rücken zu entlasten, als ich eine Bewegung vom Waldrand her wahrnahm. Sofort fuhr ich herum. Mein erster Gedanke war: Einzelläufer.
Sie getrauten sich ja laut Anthony immer näher an das Grundstück.
Aber als ich sah, wer da stand, erstarrte ich in der Bewegung.
Wer könnte da nur stehen? Ich denke ihr habt da so eure Vermutungen! Ab in die Kommis damit :)
Ich freue mich über den grossen Zuwachs an Leserinnen und Lesern! Das motiviert mich echt sehr!
Bis zum nächsten Kapitel, meine Sternchen ★
Eure Angora77 ☽
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