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Als wir uns später gemeinsam auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machen, spüre ich plötzlich Remus neben mir. Er flüstert mir zu: „Ich muss mir dir reden, hast du kurz Zeit?" Mit einem kurzen Blick zu Alice gebe ich ihr zu verstehen, dass sie ohne mich weitergehen sollen – nicht ohne dass ich meine Augen verdrehe, als Alice mit den Augenbrauen wackelt und Mary mit dem Mund „Schnapp ihn dir" formt. Dann folge ich Remus in ein leeres Klassenzimmer, das er mit einem Muffliato belegt. Als ich mich zu ihm drehe, fängt er schon an: „Ich weiß nicht, ob du das vielleicht schon mitgekriegt hast, aber ich steh auf Jungs. Also nicht nur, ich war ja letztes Jahr auch ein paar Mal mit Cilia aus, aber egal". „Wow", sage ich nach einer kurzen Pause. „Ich wusste das definitiv noch nicht, und ich bin überrascht, dass du so offen damit umgehst. Es reagiert sicher nicht jeder so ruhig wie ich, oder?" Er schüttelt den Kopf: „Genau genommen bist du die Erste, der ich es erzählt habe. Ich weiß ja, dass du kein Problem damit hast, und ich musste mit irgendwem darüber reden". „Und da nimmst du mich und nicht deine besten Freunde? Ich fühle mich geehrt", erwidere ich scherzhaft, aber tatsächlich glücklich, dass er mir so vertraut. Remus seufzt: „Über sowas reden wir normal nicht. Ich meine, klar, wir alle wissen, dass James auf Lily steht, aber das hat wahrscheinlich schon die ganze Schule mitbekommen. Ich bin mir auch sicher, dass sie kein Problem damit hätten, aber... naja. Ich muss dir vielleicht noch eine Kleinigkeit dazu erzählen. Das was ich eigentlich besprechen wollte". „Und das wäre?", hake ich nach, nachdem Remus keine Anstalten macht, weiter zu reden. Stöhnend setzt er sich auf das Lehrerpult und sagt: „Das ist schwerer, als ich dachte. Egal, raus damit: Ich habe einen Crush auf einen Jungen, ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, und du bist die Einzige, mit der ich darüber reden kann". „Wow", sage ich erneut. „Ich weiß auch nicht wirklich, was du jetzt tun sollst. Willst du mir sagen, auf wen du stehst?" „Eigentlich nicht", erwidert Remus mit schiefem Grinsen, „aber du kommst wahrscheinlich selbst drauf". Nachdenklich lege ich den Kopf schief. „Du kannst nur mit mir darüber reden. Also könnte es einer von den anderen Jungs sein. Ich glaube nicht, dass Peter dein Typ ist. Ich schätze, es ist Sirius. Einfach in der Hoffnung, dass du dich nicht in James verliebt hast, denn wie du vorher schon gesagt hast, steht er definitiv auf Lily. Stimmt's?" Ergeben nickt Remus. „Was soll ich tun? Selbst wenn Sirius auch auf Jungs stehen würde, ich weiß, wie seine Familie dazu steht. Auch wenn er jetzt nichts mehr mit ihnen zu tun hat, werden sie ihm dafür das Leben zur Hölle machen. Er wird es nicht riskieren, jemand anders in Gefahr zu bringen. Und außerdem ist er mein bester Freund. Was, wenn ich es ihm sage und ich damit unsere Freundschaft kaputt mache? Was, wenn ich es ihm nicht sage und ich dadurch nichts mehr mit ihm unternehmen kann, weil es mir zu sehr weh tut, ihn immer zu sehen? Was soll ich nur tun?", verzweifelt sieht Remus mich an. „Weißt du noch, Ende letztes Schuljahr, als du mir von deinen Gefühlen für mich erzählt hast? Natürlich ist das hier etwas anderes, aber es ist doch gut ausgegangen. Wer sagt denn, dass es mit Sirius nicht so ist? Ich an deiner Stelle würde den anderen erstmal ganz allgemein erklären, dass du auf Mädchen und Jungs stehst. Vielleicht outet sich dann noch jemand. Und wenn nicht, hat das trotzdem nichts zu bedeuten. Je nachdem, wie Sirius reagiert, kannst du ihn vielleicht auch auf ein Date einladen. Nicht unbedingt vor den anderen, sondern wenn ihr allein seid. Wenn du willst, kann ich auch versuchen, herauszufinden, wie er dazu steht. Aber erst nachdem du dich geoutet hast. In Ordnung?" versuche ich, meinem Freund zu helfen. Dankbar lächelt er mich an, dann löst er den Zauber und verschwindet. Eine Weile bleibe ich noch sitzen, um meine Gedanken zu sortieren und mir zu überlegen, was ich über dieses Gespräch gleich im Schlafsaal erzählen soll. Denn ich weiß ganz genau, dass die anderen mich löchern werden.
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