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𓆈 1. Kapitel 𓆈 Unglück kommt selten allein

Als Amelie mitten im Unterricht laut aufschrie, fuhren alle Mitschüler vor Schreck aus ihren Stühlen und Frau Donnewetter schnalzte missbilligend mit der Zunge.

„Ruhe auf den billigen Plätzen!", schnarrte die Stimme, die Amelie sonst in ihrem Sitz zusammenschrumpfen ließ. Doch heute glitten die Worte wirkungslos über sie hinweg.
Sie konnte nur auf den Zettel in ihren zitternden Fingern starren und versuchen zu begreifen, was sie gerade gelesen hatte. Auf dem Fetzen einer Seite aus Gehobene Geschichtskunde für die 6. Klasse prangte in blutroter Farbe ein einziger Satz:

Johannes und seine Jungs wollen nach der Schule einen der Hunde ertränken

Die Handschrift ihrer besten Freundin war krakelig und schief und der Filzstift verschmiert. Amelie riss sich von der Nachricht los und suchte mit panisch geweiteten Augen Raffa, die eine Sitzreihe weiter hinten ihren Blick mit finsteren Augen und kämpferisch zusammengezogenen Augenbrauen erwiderte. Stumm formten Amelie die Worte: Ist das wahr?
Mit einer Geste zu den Ohren formulierten die gepiercten Lippen ihrer Freundin zurück: Hab's im Flur überhört.

„Bauer! Wozniak! NACHSITZEN!", durchschnitt Frau Donnewetters messerscharfes Kommando den Klassenraum und Amelie zuckte zusammen als wäre sie geschlagen worden.
„Nein!", keuchte sie entsetzt und zog sofort den Kopf ein, als sie merkte, wie unabsichtlich laut ihr Ausruf gewesen war. Nicht heute! Nur nicht heute! Natürlich hatten die Fuchsohren ihrer Geschichtslehrerin alles mitbekommen.

„Oh? Widerworte von Fräulein Bauer?"

Frau Donnewetters lila Lippenstift formte sich zu einem Halbmond des Grauens und ihre Finger, die mit unzähligen dicken Klunkern besetzt waren, trippelten vorfreudig auf dem Lehrerpult. Amelie biss sich auf die Zunge und beobachtete mit einem hohlen Gefühl im Bauch, wie die winzige Frau mit der Haltung eines Zinssoldaten auf sie zumarschierte. Eilig stand sie auf und stellte sich kerzengerade neben ihr Pult, wie es Vorschrift war. Als Frau Donnewetter vor ihrem Tisch ankam, rann ihr bereits der Schweiß den Rücken hinunter.

Niemand, dem sein Leben lieb war, würde je ein Wort über die Körpergröße von Frau Donnewetter verlieren. Es gab Gerüchte, dass die krallenartigen Fingernägel der Geschichtslehrerin nicht nur ästhetischen Zwecken dienten. Amelie müsste in die Knie gehen, um auf Augenhöhe mit ihr zu sein, was ihre Furchteinflößigkeit aber nicht im Geringsten minderte.

„Fräulein Bauer. Sie erstaunen mich", lächelte die kleine Frau sie wenige Zentimeter unter ihrem Gesicht an. Ihr frischer Minzelutschbonbon-Atem stieg zu Amelies Nase empor. „Du zeigst in meinem Unterricht ohne Ausnahme ein vorbildliches Verhalten, lernst vorbildlich, machst vorbildlich deine Hausaufgaben und bist sonst ein vorbildliches Mäuschen." Sie sagte die Worte, als wären es Beleidigungen.

Amelie blickte starr nach vorne und versuchte, ihre Lippe vom Zittern abzuhalten. Frau Donnewetter streckte sich noch ein bisschen näher an ihr Gesicht heran. "Sie können sich vorstellen, wie erstaunt ich bin, dass Sie mich heute so enttäuschen." Irgendwie klang es, als wäre sie überhaupt nicht enttäuscht. Eher als hätte sie gerade ihr sehnlichst erwünschtes Geschenk unter dem Weihnachtsbaum entdeckt. 

"Das ist jetzt schon das sechste Mal, dasss ich Sie heute schelten muss. " Ihre Krallenfinger spatzierten auf Amelies Pult herum, als würden sie etwas suchen, das sie packen konnten.  "Na? Irgendetwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen, Fräulein Bauer?", näselte sie direkt in ihr Ohr. 

Amelie überrollte eine Flut von Gefühlen und Worten, die sie dieser Schreckschraube ins Gesicht schreien wollte. Die Angst um den Hund, ihre Verzweiflung, etwas falsch gemacht zu haben, die Wut ihrer Mutter, falls sie heute, ausgerechnet heute nicht pünktlich zuhause sein sollte,  ihre Verunsicherung, warum heute morgen all ihre Sachen in Koffern vor der Tür standen, weshalb ihre Mama so hektisch gewesen war und wieso überhaupt alles heute schiefging.

Doch sie bekam kein Wort heraus. Es war, als würde jemand ihren Hals zudrücken. Hitze kroch ihr in den Kopf und sie hörte ihren Herzschlag viel zu laut. Was konnte sie schon sagen? Sie fühlte sich überfordert und machtlos. Ihre Brust wurde so eng, dass es weh tat. Nur nicht weinen! Auf keinen Fall weinen! 

"Jetzt machen Sie mal halblang, Donnewetter!"

Amelie fuhr erschrocken herum und starrte ihre Freundin Raffa entgeistert an. Ihre Freundin hatte sich lässig in ihrem Stuhl zurückgelehnt und hob vernichtend ihr Kinn. "Immer auf die Schwachen losgehen, darauf fahr'n Sie ab, was?" Amelie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Sie wusste ja, dass Raffa mehr einer rebellische Oberstufenschülerin ähnelte als einer Sechstklässlerin, doch gewohnt hatte sie sich daran nicht.

Amelie spürte, wie Frau Donnewetters Körpertemperatur anstieg und ihr Atem zum Pfeifen einer kochenden Teekanne mutierte. Noch war die Geschichtslehrerin sprachlos, also hatte die 11-Jährige Zeit, nachzulegen. Sie genoss sichtlich, von der Klasse voller pikfeiner Zöglinge reicher Menschen mit einer Mischung von Entsetzen und Bewunderung angestarrt zu werden, während sie gemütlich einen streng verbotenen Kaugummi hervorholte und ihn sich auf die Zunge warf. Dann legte sie den Kopf schief und lächelte süffisant.  Ihre weißen Zähne blitzten diabolisch aus ihrem fast schwarzhäutigem Gesicht. "Na? Irgendetwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen, Frau Donnewetter?" 

Sowohl Amelie als auch ein paar andere Mitschüler konnten ein unfreiwilliges Prusten nicht verhindern, doch es blieb ihr sofort im Hals stecken. Das ganze Klassenzimmer kühlte plötzlich massiv ab und die Spannung im Raum ließ die goldenen Deckenlampen wie in einem schlechten Horrorfilm flackern. Bildete sie sich das nur ein oder war das ihre eigene Angst, die ihr da einen Streich spielte?  Amelie sank so tief auf ihren Stuhl zurück, bis nur noch ihre Augen über den Tischrand lugten. Sie sah, wie Frau Donnewetters Lippen zitterten und ihre winzigen Fäuste vor Anspannung ganz blass wurden. 

Die Intensität im Blick ihrer Geschichtslehrerin jagte Amelie einen Schauer über den Rücken. Sie hatte Frau Donnewetter noch nie so erlebt. Sie war schon so gruselig genug, doch jetzt sah sie aus, als würde sie ihrer besten Freundin tatsächlich weh tun wollen.  Amelie beobachtete, wie Raffa eine ihrer weißen Rasterlocken um ihren Finger wickelte und nicht im Geringsten eingeschüchtert aussah. 

Wie macht sie das nur? fragte sie sich ungläubig und konnte nicht anders, als Raffas Mut zu beneiden.

"Fräulein Wozniak." Frau Donnewetters Stimme war kaum noch menschlich. In Amelies Ohren klang es nach dem tiefen Grollen einer schrecklichen Bestie. 

"Wer so mit mir redet, kommt nicht ungestraft davon." Amelie glaubte ihr jedes Wort und ging noch weiter in Deckung. Die Luft war jetzt so eiskalt, dass ihre Zähne anfingen zu klappern. Raffa lächelte noch breiter. 

"Sie kommen mit mir zum Direktor. Sofort." Wann war Frau Donnewetter zu Raffas Pult gegangen? Amelie musste es irgendwie verpasst haben, denn jetzt stand die bedrohliche Frau direkt vor der dunkelhäutigen Rebellin. Raffa erhob sich vollkommen ruhig und richtete sich zu ihrer ganzen Größe auf, was für eine 11-Jährige tatsächlich ungewöhnlich groß war, und blickte auf die Lehrerin hinab. Sie überragte die Lehrerin um fast zwei Köpfe. 

"Und was, wenn ich mich weigere?" 

Für einen kurzen Moment konnte Amelie die Spannung im Raum nicht ertragen. Ihr linkes Ohr fing an zu piepsen und irgendwo im Hintergrund verfluchte sie sich selbst dafür, so zart beseitet zu sein. 

Eine endlose Ewigkeit lang beherrschte eine erdrückende Stille das Klassenzimmer der sechsten Jahrgangsstufe der St. Augustin Nobelus Schule. 

Dann schritt Frau Donnewetter schnurstracks zur Tür, stieß sie mit Wucht auf und drehte sich im Türrahmen um. "Sie folgen mir oder Sie werden sehen, was Sie davon haben." Und ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging. Das harte Klacken ihrer Stöckelschuhe erzeugte schaurige Echos im Flur. 

Im Klassenzimmer war es mucksmäuschenstill. Schockstarre hatte sich unter den Schülern ausgebreitet. Wenn die Bedrohung nicht so greifbar gewesen wäre, hätten sie vielleicht über die ganze Dramatik gelacht. Doch keiner lachte. 

Amelie traute sich immer noch nicht zurück über den Tischrand und blinzelte Raffa nur mit großen Glubschaugen an. Ihre beste Freundin grinste über beide Ohren und schwang gut gelaunt ihre langen Arme, als sie sich auf den Weg zur Klassenzimmertür machte. "Ihr könnt mir später applaudieren", gluckste sie, machte einen ironischen Knicks und vollendete ihren Abgang, indem sie ihren Kaugummi auf die Türklinke klebte, bevor die Tür ins Schloss fiel. 



Irgendwann läutete der Gong. Das ohrenbetäubende Vibrieren schubste Amelie zurück in die Realität. Eilig und verwirrt packte sie alles zusammen und stolperte dem Strom an Schülern hinterher, wobei sie wie immer von den anderen gestoßen und angerempelt wurde, als wäre sie unsichtbar. Ihr war schwindelig von all den Dingen, die heute passierten. Sie war das definitiv nicht gewohnt und der Strudel an Gefühlen riss sie fast von den Füßen. 

Hatte sie jemanden da oben verärgert und jetzt wollte ihr Gott oder sonst wer einen Strafzettel dafür verpassen? Anders konnte sie sich das nicht erklären. 

Für einen kurzen Moment rettete Amelie sich in die Mädchentoilette und ließ sich auf den geschlossenen Toilettendeckel plumpsen. Sie vergrub ihr Gesicht in den Handflächen, atmete mehrmals tief ein und aus und versuchte, ihr klopfendes Herz zu beruhigen. Was sollte sie tun? Nachsitzen... Das war ihr noch nie passiert. Wie würde ihre Mutter reagieren? Sie griff nach dem Anhänger ihrer Kette, die sie seit ihrer Geburt trug. Ein Talisman, der sie beschützen sollte. Raffa... würde ihre beste Freundin jetzt endgültig von der Schule geschmissen werden? Nach allem, was sie schon angestellt hatte, wäre es kein Wunder...  Aber dann hätte Amelie gar keine Freunde mehr! Raffa war doch die Einzige, die sie irgendwie verstand. 

Kurz drohte die Panik sie zu überwältigen, da fiel ihr ein, dass Raffa zu viel Geld hatte, um von der teuren Privatschule zu fliegen. Und dass der einzige Grund, warum sie nicht schon längst geflogen war, das Vermächtnis ihrer verstorbenen Eltern war. Erleichtert seuftzte Amelie und rieb sich die Stirn. 

Kaum hatte sie Hoffnung geschöpft, erinnerte sie sich plötzlich, warum die Situation im Klassenzimmer überhaupt eskaliert war. Der Hund! 

Wie von der Wespe gestochen, schoss Amelie auf die Beine und rannte aus der Toilette hinaus, den Flur entlang und hastete zum Treppenhaus. Beinahe wäre sie auf den glatten Marmorfließen ausgerutscht, doch sie konnte sich gerade noch an dem Geländer festhalten. Scham schoss ihr in die Wangen. Das wäre wieder gefundenen Fressen für den Hohn ihrer Mitschüler gewesen. Sie rappelte sich auf und verdrängte den Gedanken. Ihre Füße flogen über die Stufen und ihre Augen jagten hin und her. Sie musste einen Lehrer finden!  Sie waren die einzigen, die etwas tun konnten! Johannes und seine Jungs machten ihr viel zu viel Angst und sie befanden sich bestimmt auf dem verbotenen Teil des Schulgeländes, wo Amelie nicht hin durfte. 

Erst bog sie in den Flur zum Lehrerzimmer ab, aber als sie den vertrauten kugelrunden Körper von Herr Duddluff entdeckte, der gerade aus einem der Klassenzimmer auftauchte, machte sie kehrt und lief auf ihn zu. "Herr Duddluff! Herr Duddluff, Sie müssen mir helfen!", japste sie, noch bevor sie bei ihm ankam. Der pumelige Mann mit den Knopfaugen eines Teddybärs breitete verdattert seine Arme aus. "Ja du meine Güte, Fräulein Bauer! Was ist denn los?"

Erleichtert ergriff Amelie seinen Arm. Er war der einzige der Lehrer, bei dem sie sich annähernd wohlfühlte. Da er selbst gewichtiger war als der Durchschnitt, zog er auch Amelie nie wegen ihrer Pummeligkeit auf. "Herr Duddluff, Sie müssen Johannes van  Jägersfeld aufhalten! Er will einem der Straßenhunde wehtun!" Herr Duddluff zuckte zusammen und versuchte sich aus ihrem Klammergriff zu befreien. "Sappalott, Sie tun mir weh, junges Fräulein!", keuchte er und starrte sie erschrocken an. Amelie begriff, was sie gerade getan hatte und konnte es nicht fassen. Wie konnte sie die eine Regel ihrer Mutter vergessen! Niemals, niemals, niemals eine andere Person anfassen. Sie ließ ihn sofort los  und wiederholte ihre Worte: "Johannes! Sie müssen Johannes aufhalten!" 

Herr Duddluffs kleinen Augen wurden noch runder und knopfiger, als er die Stirn runzelte. Seine Reaktionszeit kam ihr vor wie die einer Schnecke in Zeitlupe. "Johannes van Jägersfeld, sagen Sie? Straßenhunde?" Er kratzte sich über seine Koteletten. Seine butterweiche Stimme klang verwirrt. "Sie wissen doch bestimmt, Fräulein Bauer, dass es diesseits der Stadtmauer keine Straßenhunde gibt. Und dem jungen Herrn Jägerfeld so etwas zu unterstellen..."

"Ich unterstelle nichts! Sie müssen mir glauben! Bitte sehen sie beim Löschteich nach!" Ihre Stimme überschlug sich. Mir läuft die Zeit davon!  Herr Duddluff atmete hörbar ein und seine runde Brust plusterte sich auf wie bei einem Frosch. "Aber Fräulein Bauer! Wer würde denn einem Hund weh tun wollen?", fragte er mit einer fast kindlichen Entrüstung und griff an sein Herz. Amelie wollte was erwidern, da fügte er hinzu: "Nein, so was.. Am Löschteich... Der ist doch abgesperrt." Amelie schüttelte unwirsch mit dem Kopf und stampfte vor Frustration auf. Unter ihr knackte etwas, doch sie merkte es kaum. Stattdessen sah sie sich hilfesuchend nach einem anderen Lehrer um. Irgendwer musste ihr doch glauben!

Hinter ihr stammelte Herr Duddluff immer noch vor sich hin. "Fräulein Bauer, so kenne ich sie ja gar nicht... Bewahren Sie Ruhe und wir finden heraus, was es damit auf sich hat. Das ist bestimmt nur ein Missverständnis..." Amelie wandte sich ihm wieder zu und wollte gerade etwas erwidern, da packte jemand ihre rechte Hand und zog sie herum. Es war Raffa. "Was trödelst du hier rum, Am? Komm!", zischte ihre Freundin und rannte mit ihr im Schlepptau los. 

"Hey, wir müssen einen Lehrer finden!", protestierte sie, als sie am Lehrerzimmer vorbei Richtung Schulhof gezogen wurde und über die Schulter sah, wie Herr Duddluff kopfschüttelnd zurückblieb. Raffa war nicht gerade sanft mit ihr, während sie Amelie durch die großen Flügeltüren der Eingangshalle bugsierte. "Am, vergiss endlich die Lehrer!", schnaubte sie genervt und warf ihr einen strengen Seitenblick zu. "Du musst endlich mal für dich selbst einstehen!" Verletzt verzog Amelie den Mund. "Tu ich doch!" "Tust du nicht!", sagte Raffa platt und sah sich um.

Die meisten Schüler und Lehrer waren schon weg und auf dem Schulhof war niemand mehr zu sehen. Zusammen rannten sie an den fein säuberlich geschnittenen Zierbäumen und den Sitzbänken aus Mahagoni-Holz vorbei und schlängelten sich durch die dichten Buchsbaumhecken, die den Schulhof begrenzten. Raffa war mit ihrer atheltischen Kondition sehr viel flinker auf den Beinen, während Amelie wie ein rundliches Robbenbaby schnaufte und Schwierigkeiten hatte, mitzuhalten. 

Endlich bogen sie um die Ecke des Nebengebäudes. Im Schatten blieben sie  kurz stehen, um Amelie Luft schnappen zu lassen. Erst jetzt ließ Raffa sie los und Amelie rieb sich den schmerzenden Arm.
Neben ihrer Mutter war ihre beste Freundin die einzige, die sie anfassen konnte, ohne dass sie Angst haben musste, sie zu verletzen.
Im Gegenteil, Raffa schien das gleiche Problem zu haben, mehr Kraft zu haben, als Mädchen in ihrem Alter haben sollten. Sie waren beste Freundinnen geworden, als sie am ersten Schultag beide von der Klassenlehrerin für ihre zerbrochenen Stifte geschimpft wurden.

 "Wie bist du eigentlich so schnell vom Direktor zurückgekommen?", fragte sie keuchend und warf einen Blick zurück, um sicherzugehen, ob jemand sie gesehen hatte. Raffa kicherte. "Ich bin einfach nicht hingegangen. Hab mich in den Gängen verlaufen" Amelie schnappte nach Luft. "Aber... was ist mit Frau Donnewetter? Sie war so wütend!" Raffa zuckte mit den knochigen Schultern, kramte in den Rocktaschen ihrer Uniform und warf sich einen Kaugummi in den Mund. "Soll sie doch. Was geht mich das an?" Bevor Amelie etwas erwidern konnte, drangen auf einmal laute Geräusche zu ihnen durch. 

Raffa duckte sich und lugte im Schatten des Gebäudes durch den hohen Metallzaun, der das Schulgelände eingrenzte. Amelie griff nach dem Metallstäben und spähte ebenfalls hindurch. Ihr ganzer Körper versteifte sich, als sie sah, dass Raffa recht gehabt hatte. Drei Jungs kamen aus einem Spalt in der Stadtmauer gegenüber gesprungen. Einer von ihnen hatte ein Fellbündel im Nacken gepackt, das sich wand und quietschte, während ein anderer versuchte, mit einem Stock einen großen, struppigen Streuner davon abzuhalten, ebenfalls durch die Mauer zu gelangen. Übermütiges Lachen hallte von den Stadtmauern zurück. 

Ein Welpe! Amelies Herz zog sich zusammen.

Johannes und seine Jungs. Das feurige Haar des schlaksigen Rotschopfs leuchtete auf, als ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen. Er hatte ein Lächeln im Gesicht, dass Amelie mit einem Schlag eiskalt wurde.

Plötzlich schepperte der Zaun in ihren Fingern und bevor Amelie sie aufhalten konnte, war Raffa über den Zaun geklettert und jagte mit wehenden Rasterlocken den Hang hinab.

Fassungslos starrte Amelie hinterher. Ihr Herz raste. Ihr Mund war staubtrocken. Sie wollte schreien, aber kein Wort kam heraus. 

Hatte Raffa die Taschenmesser der Jungs nicht gesehen? Johannes irres Grinsen?

Schweiß kroch aus jeder Pore. Ihre Finger krallten sich zitternd um die Eisenstäbe. 

Endlich fand sie ihre Stimme wieder.

"RAFFA!!!" 

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Vielen Dank für alle, die hierhergefunden haben und mitfiebern (๑>ᴗ<๑) Ich freu mich, euch im nächsten Kapitel wiederzusehen! 

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